Das alles - eingedenk dieser Tatsache - muss uns in die Verantwortung bringen, zu erkennen, dass es darum geht, in einem globalen Maßstab die Wettbewerbsfähigkeit unserer Volkswirtschaft - die der Bundesrepublik Deutschland im Allgemeinen und die des Landes Brandenburg im Besonderen - zu erhalten. Es geht also um die Frage der Bezahlbarkeit von Energie für Menschen und Unternehmen.
Ich versuche nun, mich des Punktes des Augenmaßes anzunehmen: Jeder, der sich in diesen Tagen mit Energiepolitik beschäftigt, spürt, dass wir uns an einer Weggabelung befinden. Diese Weggabelung führt dazu, dass wir notwendige und konsequente Entscheidungen treffen müssen. Niemand in diesem Land - egal, in welcher Rolle er sich befindet - kann sich vor diesen Entscheidungen drücken, sie aussitzen oder zuwarten.
Die Eigenschaft dieser Weggabelung ist nicht naiv - nach dem Motto: gehen wir nach links, gehen wir nach rechts oder gehen wir geradeaus -, sondern wir haben es mit einer Vielzahl möglicher Entwicklungspfade zu tun, die eine Gemeinsamkeit haben: Sie sind komplex, kompliziert und verfügen über fragile Wechselwirkungsmechanismen. Die Struktur des Zusammenhangs dieser Tatsache ist eben nicht monokausal und nicht linear.
Insofern geht es im Kern um die politische Aussage, meine Damen und Herren, dass wir diesen Transformationsprozess unserer Energiesysteme unter der Maßgabe zu tätigen haben, innerhalb eines gegebenen Zeitrahmens den für unsere Volkswirtschaft kostengünstigsten Weg zu wählen. Das ist die Hauptaufgabe, vor der wir stehen. Deshalb versuche ich, Ihnen einige wenige Leitprinzipien für diesen Transformationsprozess näherzubringen.
Erster Punkt ist der Bereich Energieeffizienz. Wir sind uns einig, dass man im Bereich der Energieeffizienz einen entscheidenden Beitrag leisten kann, um diesen Transformationsprozess zum Erfolg zu führen. Im Übrigen hätte der Bereich der Energieeffizienz den Charme, dass wir unsere Volkswirtschaft auch binnenwirtschaftlich stärken würden und insbesondere Multiplikatoreneffekte für uns erreichen könnten.
Zweiter Punkt ist die Tatsache, dass wir den staatlichen Dirigismus auf ein ordnungspolitisch vernünftiges und intelligentes Maß zurückführen müssen.
Ich bin der Meinung, dass wir im Bereich des Transformationsprozesses unserer Energiesysteme versuchen sollten, das Prinzip „Nachfrage und Angebot - Angebot und Nachfrage“ in den Vordergrund zu rücken. Ich rate dringend davon ab, einzig und allein den Staat als Preisregulierer in den Blick zu nehmen.
Dritter Punkt ist das Prinzip der Technologieoffenheit. Ich werbe nachhaltig und ausdrücklich dafür, dass wir diesen Prozess technologieoffen gestalten und sich der Staat in der Frage zurücknimmt, ob diese oder jene Technologie die jeweils bessere
oder ob sie besser oder förderungswürdiger sei als die andere. Das darf nicht unser Weg sein. Dies führt im Übrigen dazu, dass bestimmte Technologien überhaupt nicht die Gelegenheit haben, so im öffentlichen Fokus zu stehen, wie sie es vielleicht verdient hätten.
Nächster Punkt ist - damit bin ich bei einem sehr ernsten Thema -: Der Transformationsprozess unserer Energiesysteme ist auch ein Gradmesser für die Leistungsfähigkeit der föderalen Demokratiestruktur unseres Landes. Anders ausgedrückt: Wir werden den Beweis antreten müssen, ob Bund und Länder in der Lage sind, ihre energiepolitischen Zielstellungen miteinander zu harmonisieren, abzugleichen und einen Lastenausgleich zustande zu bringen. Ich sage Ihnen: Dies ist an sich schon eine Herkulesaufgabe, aber sie ist noch klein im Vergleich zu dem, was dann notwendig ist: nämlich auch noch eine europäische Ebene in dieser Diskussion mitzudenken und Entsprechendes zu verabreden.
Lassen Sie mich auch sagen, meine Damen und Herren, dass wir die Energiediskussion nicht immer und ausschließlich nur auf den Strommarkt reduzieren dürfen, sondern sie betrifft die Bereiche Wärme, Strom sowie Lüftung und Kühlung, und wir erleben, dass alle diese Bereiche ineinander verschmelzen. Deshalb komme ich zum letzten wichtigen Leitprinzip, zur Systemintegration. Wir stehen nämlich vor der Aufgabe, all diese Möglichkeiten miteinander zu koppeln und zu verschränken, sodass wir für unser Land eine gute Möglichkeit haben, diesen Transformationsprozess zum Erfolg zu führen.
Gestatten Sie mir zum Schluss meiner Rede einen sehr persönlichen Satz: Sehr geehrter Herr Ministerpräsident! Sehr geehrter Dietmar Woidke! Ich finde es persönlich gut und unterstütze es ausdrücklich, dass Sie in Berlin mit Ihrem persönlichen Mandat, auch Ihres Amtes, einen Beitrag dazu leisten, die Energiepolitik in der Bundesrepublik Deutschland und für unser Land Brandenburg nach vorn zu bringen, und ich finde, dass sich genau das auch lohnt.
(Beifall CDU - Zurufe von der SPD - Ness [SPD]: Die Rolle der Bedeutung! Jetzt haben wir viel gelernt!)
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Quo vadis, Energiewende?“, möchte man meinen, wenn man die bisher veröffentlichten Ergebnisse der Arbeitsgruppe Energie zur Kenntnis nimmt. Bundesumweltminister Peter Altmaier steht in dieser Arbeitsgruppe für eine radikale Reform des EEG hinsichtlich der Förderung von Fotovoltaik, Windkraft und Biomasse; die SPD, wenn man Medienberichten Glauben schenken darf, versucht zu korrigieren.
Geplant sind starke Einschnitte in die Förderung von Biomasse und Windkraftanlagen. Bei der Windenergie auf hoher See sollen dem Entwurf zufolge die Ausbauziele bis 2020 auf
6,5 Gigawatt und bis 2030 auf 15 Gigawatt reduziert werden. Windkraftanlagen an Land sollen deutlich weniger Förderung erhalten. Außerdem solle das Referenzertragsmodell weiterentwickelt werden.
Der von CDU/CSU vorgesehene verbindliche Ausbaupfad gibt eine Obergrenze von 40 % erneuerbare Energien bis 2020 und von 55 % bis 2030 vor. Das erscheint nicht nur meiner Fraktion wenig ambitioniert. Zum Vergleich: Brandenburg will laut „Energiestrategie 2030“ noch vor 2020 seinen eigenen Strombedarf rein rechnerisch zu 100 % aus erneuerbaren Energien decken können - und noch vor 2030 den gesamten Strombedarf Berlins gleich mit.
Aber selbst diesen Vorschlägen der Verhandlungsgruppe für die Große Koalition kann man noch etwas Gutes abgewinnen, wie man feststellt, wenn man den Vorschlag des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung im Jahresgutachten 2013/2014 liest. Dieser plädiert doch tatsächlich für den sofortigen Förderstopp bei Fotovoltaik, Windkraft und Biomasse. Der Sachverständigenrat spricht sich gegen die Fortsetzung des EEG aus, und natürlich sollen Befreiungstatbestände für stromintensive Unternehmen beibehalten werden, selbst dann, wenn die Großverbraucher auch im Gegensatz zu den Kleinverbrauchern - direkt von den gesunkenen Börsenpreisen profitieren. Deshalb bin ich froh, dass das Thema der Aktuellen Stunde heute von der SPD gesetzt wurde. Dies gibt uns die Gelegenheit, über tatsächliche Alternativen zur Förderung der dringend notwendigen und auch gesellschaftlich noch akzeptierten Energiewende zu debattieren. Die Ausbremsung oder gar der Stopp der Energiewende sind keine Antworten auf diesen gesellschaftlichen Reformbedarf.
Aus Sicht der Linken muss das EEG modernisiert werden. Zukünftig muss es ausreichend finanzielle Anreize für die Investition in erneuerbare Energien, in Kraft-Wärme-Kopplung, in intelligente Netze und mittelfristig auch in Speicherlösungen geben. Die erneuerbaren Energien müssen mehr Systemverantwortung übernehmen. Die Versorgungssicherheit muss durch eine kluge Steuerung von Angebot und Nachfrage und durch den Einsatz intelligenter Netze erhöht werden. All dies muss in ein erweitertes EEG-Energiewendepaket hinein. Ein in diese Richtung überarbeitetes EEG könnte so auch zu einer zentralen Säule der Umsetzung unserer eigenen „Energiestrategie 2030“ werden.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Immer mehr Unternehmen werden von der Zahlung der EEG-Umlage befreit. Das macht keinen Sinn. Die Ausnahmen haben mittlerweile so stark zugenommen, dass sie zur überproportionalen Belastung von Privathaushalten und Kleinunternehmen geführt haben. Außerdem sind diese Befreiungen kontraproduktiv, weil sie Anreize für Unternehmen setzen, immer mehr statt weniger Energie zu verbrauchen. Dabei sollte das Energiesparen statt die Energieverschwendung gefördert werden.
Energieintensive Unternehmen, die hohe Energiekosten haben und im internationalen Wettbewerb stehen, sollte man weiterhin davon ausnehmen. Die EEG-umlagebefreiten energieintensiven Unternehmen zahlen in Deutschland einen relativ günstigen Strompreis. Dieser liegt sogar unter dem EU-Durchschnitt. Die Kosten dafür aber werden auf die anderen, vor allem auf
die kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie die Privathaushalte abgeladen. Das ist ungerecht. Hier muss eine steuerfinanzierte Lösung her.
Wir haben derzeit einen denkbar niedrigen Börsenpreis für Strom. Dieser wird aber nicht an den Endverbraucher weitergegeben, und nicht nur die Linke fragt, warum das nicht hinzubekommen ist. Wenn das passieren würde, könnte der Strompreis schon heute stabil bleiben oder gar sinken. Es ist eben eine Mär, wenn behauptet wird, die erneuerbaren Energien seien ein Preistreiber.
Im Gegenteil: Die deutsche WindGuard hat jetzt ein aktuelles Gutachten zur Kostensituation der Windenergie im Land und in Deutschland vorgestellt. Das Ergebnis: Der Strom aus Windenergie an Land gehört bereits heute zu den kostengünstigsten erneuerbaren Energien. Für die Linke ist nicht der Zubau das Problem, sondern die Fehlanreize in der Vergangenheit und ein nicht funktionierender Strommarkt.
Mit den aktuellen Stromgestehungskosten ist die Windenergie kein Kostentreiber, sondern trägt zur Stabilisierung des Strompreises bei. Eine moderne Windkraftanlage ist in den Stromgestehungskosten günstiger als ein neues Kohlekraftwerk, wenn alle Kosten fair berücksichtigt sind.
Angesichts dieser Fakten wird auch deutlich, dass eben keine flächendeckende Überforderung von Onshore-Anlagen erfolgt. Und auch das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme hat in der letzten Woche neue Ergebnisse zur Entwicklung der Stromgestehungskosten diverser Energiequellen vorgelegt. Die Studie kommt zu dem Schluss, dass die Kosten für Strom aus Fotovoltaik und Windkraftanlagen bis 2030 unter denen fossiler Kraftwerke liegen werden. Es ist also ein Trugschluss zu glauben, mit den jetzt wieder vorgeschlagenen Ausbaukorridoren oder einem über neue Abstandsregelungen erreichten Ausbaustopp würden die Strompreise sinken. Damit wird das Problem, dass die günstigen Preise, zu denen die erneuerbaren Energien schon heute produzieren, nicht bei den Stromkunden ankommen, nicht gelöst. Wir brauchen deshalb neue Regelungen für den Strommarkt.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Aus Sicht der Linken ist ein dezentraler Ausbau im ganzen Land erforderlich. Das hat mehrere Vorteile: Zum einen lassen sich die Netzausbaukosten begrenzen, zum anderen trägt ein breit in der Fläche stattfindender Ausbau zur Versorgungssicherheit bei und regionale Lösungen hinsichtlich der Stromversorgung und der Speicherung erneuerbarer Energien sind möglich. Dafür bedarf es aber einer bundesweiten Koordinierung der Energiewende. Claudia Kemfert vom DIW wünscht sich an dieser Stelle ein Energiewendeministerium.
Dieser Wunsch ist nicht nur knapp einen Monat vor Weihnachten durchaus berechtigt, aber mit dem Wünschen ist es halt nicht getan. Wir brauchen eine legitimierte Institution, die die Energiewende politisch nach innen und nach außen vertritt und vor allem koordiniert.
Dazu muss es auch einen Fahr- und Finanzierungsplan oder wie es Kollege Bretz in der vergangenen Woche so treffend nannte - einen Masterplan der Bundesregierung für die Ener
giewende geben. Der ist aber nicht in Sicht. Wir, nicht nur ich, haben Streitigkeiten der abgewählten schwarz-gelben Bundesregierung im Ohr. Die war und ist es, die Investoren abschreckt und verunsichert.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Speicherung der erneuerbaren Energien im industriellen Maßstab ist eine der zentralen Voraussetzungen für das Gelingen der Energiewende. Noch ist unklar, wie die künftige Bundesregierung dies vorantreiben will.
Unmittelbar mit der Zukunft des EEG ist auch die Diskussion über die Zukunft der Braunkohle verknüpft. Einerseits ist die Nutzung der Braunkohle in Deutschland inkompatibel mit der Erreichung der energie- und klimapolitischen Ziele der Energiewende.
Der Rückgang der Volllaststunden zu einem zunehmend von erneuerbaren Energien dominierten System legt ein Auslaufen der Braunkohlewirtschaft nahe. Der Bau neuer Braunkohlekraftwerke ist aus betriebswirtschaftlicher sowie aus energie-, umwelt- und gesellschaftspolitischer Perspektive kaum vorstellbar. Andererseits können mit Braunkohleverstromung auch angesichts des kollabierten CO2-Zertifikatehandels momentan noch erhebliche Gewinne erzielt werden. Das zeigt eindringlich, dass die deutsche Energiewende Rahmenbedingungen braucht, damit auch in Zukunft die Versorgungssicherheit zu bezahlbaren Preisen sichergestellt werden kann. Strom darf weder Mangelware noch Luxus werden.
Der Linken geht es um bezahlbare Energiepreise für alle, und es geht um entsprechende Sozialmaßnahmen, um Menschen mit niedrigem Einkommen zu helfen. Leider habe ich diesbezüglich bis jetzt nichts Brauchbares aus der Koalitionsarbeitsrunde gehört.
Als eine ihrer letzten Amtshandlungen hat die abgewählte schwarz-gelbe Koalition die Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes in Höhe von 9 Euro beschlossen, die allein durch die zu erwartenden steigenden Energiepreise aufgefressen werden. Auch dadurch ist ein großer Teil der Akzeptanz auf der Strecke geblieben.
Bereits in diesem Jahr sind die steigenden Strompreise nur zum Teil durch die letzte Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze abgedeckt worden. Während der Regelsatz um 8 Euro erhöht wurde, hätte dieser wegen der steigenden realen Stromkosten nach Berechnungen des DIW um 9,67 Euro erhöht werden müssen. Schwarz-Gelb hat also die Energiewende bis jetzt auf Kosten der einkommensschwachen Bürgerinnen und Bürger finanziert. Damit muss aus Sicht der Linken endlich Schluss sein.
Die soziale Komponente gehört endlich in den Fokus der Energiewende. Ansonsten wird die Energiewende scheitern.
Ein weiterer Aspekt, damit die Energiewende ein Erfolgsmodell wird, ist der Umbau von unten. Stadtwerke, Energiegenossenschaften, regionale Produzenten und Versorger müs
sen weiter gestärkt, Beteiligungen und Transparenz ausgebaut werden. Die Menschen wollen und sollen die Energiewende aktiv mitgestalten.
Nach aktueller Umfrage finden 93 % der Deutschen den verstärkten Ausbau der erneuerbaren Energien wichtig. Mehr als die Hälfte der von Emnid Befragten ist bereit, über die Stromrechnung einen Betrag für den Umbau der Energieversorgung zu leisten, wenn es dabei künftig gerechter zugeht. Das finde ich schon beachtlich.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die aktuelle Diskussion über die Zukunft der Braunkohle in NRW, die in jüngster Zeit auflebt, kommt zur richtigen Zeit und eröffnet jenseits tagespolitischer Polemik perspektivisch sogar die Chance für Kompromisse hinsichtlich des von der Linken in Brandenburg seit Jahren verfolgten Ziels des sozial verträglichen Ausstiegs aus der Braunkohleverstromung. Konkreter Aufhänger in NRW ist die Zukunft des Tagebaufeldes Garzweiler II. Die Bedeutung dieses Einzelfalls sowohl für die Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene als auch für die Braunkohleregionen in Mittel- und Ostdeutschland ist erheblich.