Auch das Argument, man solle doch erst einmal eine Freienvertretung ausprobieren und dann nach zwei Jahren die Evaluierung abwarten, ist für uns Liberale kein gangbarer Weg.
Alle Fraktionen waren sich im Hauptausschuss einig, dass eine gesetzliche Regelung deutliche Vorteile gegenüber einem Statut bietet. Somit bleibt für die FDP-Fraktion nur die Ablehnung des Staatsvertrages und somit auch des vorliegenden Gesetzentwurfs. Hierzu möchte ich auch die anderen Fraktionen ermuntern; denn der Landtag von Nordrhein-Westfalen hat es beim Jugendmedienschutzstaatsvertrag gezeigt: eine Ableh
nung ist möglich. Parlamente müssen nicht immer von den Landesregierungen verhandelte Staatsverträge abnicken. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Vogdt. - Die Aussprache wird mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fortgesetzt. Herr Abgeordneter Maresch hat das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Entschließungsantrag, den meine Fraktion initiiert hat, ist ein kleiner Schritt, den rbb moderner und zeitgemäßer auszurichten. Es liegt dabei in der Natur der Sache, dass es diesbezüglich unterschiedliche Auffassungen zwischen der Intendantin und meiner Fraktion gibt. Frau Reim hält den Staatsvertrag laut Aussage von vergangenem Mittwoch im Hauptausschuss im Vergleich zu den Regelwerken des SWR oder WDR für moderner. Aus ihrer Sicht mag das stimmen. Aber wenn man sich nur allein die entsprechenden Regelungen zur Vertretung der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter anschaut oder auch die jetzigen Besetzungen der Rundfunkräte, dann ist aus Sicht der Linken beim WDR oder SWR vieles besser und zeitgemäßer geregelt.
Auch in Sachen Arbeitnehmervertretung der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des rbb haben wir eine grundsätzlich andere Auffassung als Frau Reim. Wir stehen im Gegensatz zu Frau Reim für die vollbetriebliche Vertretung der freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des RBB durch den Personalrat. Deshalb haben wir von Anfang an dafür plädiert, dass das Berliner Personalvertretungsgesetz für alle rbb-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter gilt. Leider sind unsere Intentionen bisher am Berliner Senat gescheitert. Nach § 35 des rbb-Staatsvertrages gilt für den rbb das Recht des Landes Berlin. Deshalb ist aus unserer Sicht das Berliner Personalvertretungsgesetz anzuwenden. Das scheint aber nicht gewollt. Liebe Kollegin Richstein, bitte erkundigen Sie sich - Sie wollten Personen genannt bekommen - bei Herrn Henkel, seines Zeichens Innensenator und Mitglied des Abgeordnetenhauses. Konkret diese Person hat sich daran beteiligt, es zu verhindern.
Nein. - Deshalb halten wir die jetzt vorgeschlagene Statutenregelung zur Stärkung der Freienvertretung für einen ersten Schritt. Allerdings sollte die Erarbeitung eines solchen Statuts transparent und im Dialog mit allen Beteiligten erfolgen. Nur so wird es auch eine Legitimation erhalten. Spätestens mit der im Staatsvertrag festgelegten Evaluierung in zwei Jahren sind weitere Schritte notwendig. Eine effektive, die Interessen aller Beschäftigten des rbb berücksichtigende Arbeitnehmerinteressenvertretung ist für die Linke nur durch die Personalvertretung des rbb möglich. Gemeinsam mit der Berliner Linksfrak
tion werden wir weiter daran arbeiten, dass mit Evaluierung der jetzigen Statutenregelung in zwei Jahren die Voraussetzungen dafür geschaffen werden.
Liebe Kollegen der CDU, die Vorschläge für rechtsverbindliche Regelungen liegen auf dem Tisch. Ich zitiere aus der Stellungnahme des Journalisten-Verbandes Berlin-Brandenburg zum Fall:
„Für den rbb findet das Personalvertretungsgesetz Berlin in der jeweils gültigen Fassung mit der Maßgabe Anwendung, dass Beschäftigte des rbb im Sinne des Landespersonalvertretungsgesetzes auch Personen in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis sowie Personen sind, die auf Produktionsdauer beschäftigt werden.“
Im Punkt 3 unseres Entschließungsantrages heißt es, dass sich die Landesregierung dafür einsetzen solle, einen Sitz für eine Vertreterin oder einen Vertreter von Menschen mit Behinderungen einzuräumen. Das gilt natürlich auch für Seniorinnen und Senioren.
Um es ganz klar und unmissverständlich zu sagen: Wir befürworten eine derartige Erweiterung des Rundfunkrats ausdrücklich, und zwar aus folgenden Gründen:
Im Artikel 8 der UN-Behindertenrechtskonvention heißt es zur Bewusstseinsbildung, dass die Medien aufgefordert werden, in ihrer Berichterstattung über Menschen mit Behinderungen und ihre Rechte aufzuklären. Das betrifft den rbb im Besonderen, allein weil wir 400 000 betroffene Menschen hier in Brandenburg haben. Mit der Neuregelung der Rundfunkgebühren zum 1. Januar dieses Jahres und der häufigen Schlechterstellung für viele Menschen mit Behinderungen, die bisher aufgrund eines bestimmten Merkmals in ihrem Schwerbehindertenausweis keine Rundfunkgebühr entrichten mussten, halte ich es für ein wichtiges Zeichen, dass zumindest ein Vertreter für diese Bevölkerungsgruppe im Rundfunkrat die Verwendung dieser Gelder überwacht. Ein entscheidender Punkt der UN-Behindertenrechtskonvention ist Artikel 21, der barrierefreien Zugang zur Information, also auch Funk und Fernsehen, zu garantieren hat. Der rbb hat sich in dieser Hinsicht in den letzten Jahren weiterentwickelt, jedoch ist erst Anlass zur Zufriedenheit gegeben, wenn das Programm tatsächlich uneingeschränkt barrierefrei ist. Ein wichtiger Beitrag dazu kann ein Mitglied im Rundfunkbeirat sein.
Diese drei Argumente machen deutlich, dass die Passage des Entschließungsantrages keine Lappalie ist und auch nicht als Randbemerkung verstanden werden darf. Das Gegenteil ist richtig.
Nun hört man allerdings durchaus auch Vorbehalte gegenüber dieser Argumentation, und auch ich bin mir bewusst, dass nun auch andere Gruppen folgen und für sich Sitze im Rundfunkbeirat fordern können. Ich bitte Sie, sollten Sie diese Argumente nicht gänzlich verwerfen, folgender Frage nachzugehen: Welche Interessengruppe, die derzeit nicht im Rundfunkbeirat vertreten ist, kann nicht nur inhaltliche Gründe vorbringen, warum ihr Einfluss im Beirat wichtiger wäre, sondern auch rechtlich verbindliche Aspekte beispielsweise aus einer UNKonvention? Sie haben gemerkt, dass ich primär anhand von Artikeln der UN-Konvention und Fakten begründet habe, warum ein Vertreter für Menschen mit Behinderungen im
Rundfunkbeirat wichtig ist. Genau dort liegt der Unterschied. Der Gedanke der Inklusion setzt schließlich daran an, dass in allen Lebensbereichen eine Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen gelten muss. Dies erreicht man aber nicht mit Reden und Absichtserklärungen, sondern mit Taten. Ein Vertreter im Rundfunkbeirat wäre dafür eine Tat. - Danke.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Maresch. Es gibt den Wunsch nach einer Kurzintervention. Frau Abgeordnete Richstein hat dazu die Gelegenheit.
Herr Maresch, Sie hätten es für uns alle ein bisschen kürzer gemacht, wenn Sie meine Zwischenfrage zugelassen hätten.
„Für den Rundfunk Berlin-Brandenburg finden das Bundespersonalvertretungsgesetz und die dazu erlassenen Rechtsverordnungen nach Maßgabe der für die Rundfunkanstalt des Bundes … Vorschriften Anwendung.“
Lesen Sie einmal die Protokolle! Der Chef der Senatskanzlei hat in der Anhörung sehr deutlich erklärt, warum das Bundespersonalvertretungsgesetz zuständig ist. Weil sich nämlich damals bei der Schaffung des rbb Berlin und Brandenburg überhaupt nicht einigen konnten, welche landesrechtliche Regelung gelten soll.
Der Chef der Senatskanzlei in Berlin hat in der Anhörung am 11. September noch darauf hingewiesen: In zehn oder elf Tagen haben wir Bundestagswahl, und dann werden wir eventuell das Bundespersonalvertretungsgesetz ändern.
Es ist nicht so, dass Sie sich immer einen Doofen aussuchen können, der für Sie die Schuld trägt. Sie haben in Berlin nicht dafür geworben, dass hier eine Regelung gefunden wird - egal, ob im Staatsvertrag oder in irgendeinem Personalvertretungsgesetz -, und Sie haben es in Brandenburg genauso wenig getan. Vielmehr gab es eine ganz klare Aussage der Senatskanzlei und der Staatskanzlei: Wir wollen dies jetzt nicht ändern, weshalb wir erst gar nicht überlegen, auf welchem Weg wir überhaupt vorwärtskommen können.
Falls Sie mir nicht glauben, können Sie sich gern das Wortprotokoll des Medienausschusses des Berliner Abgeordnetenhauses anschauen. Dort ist es explizit aufgeführt.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Richstein. - Herr Maresch möchte darauf nicht reagieren, weshalb wir in der Redeliste fortfahren. Frau Abgeordnete von Halem erhält für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN das Wort.
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Die Anhörung im Hauptausschuss war tatsächlich ein Affront gegenüber den geladenen Gästen - das sehen wir auch so -, ganz besonders dadurch, weil die Beschlussfassung direkt im Nachgang erzwungen wurde.
Es war dann aber doch ganz interessant zu sehen, dass diese Anhörung eigentlich in erster Linie zu einer Informationsveranstaltung über die Situation der sogenannten festen Freien im rbb geworden ist: 1 400 feste Freie gegenüber 1 900 Festangestellten. Dabei haben die festen Freien deutlich beschnittene Rechte, auch wenn die 6-monatige Sperrung jetzt aufgehoben ist, was ohnehin überfällig war.
Die festen Freien arbeiten unter weit schlechteren Konditionen, mit großen arbeitsrechtlichen Unsicherheiten und größtenteils mit ziemlich prekärer Bezahlung. Dass hier ausgerechnet die SPD und die Linke - die beiden großen Parteien der Arbeitnehmerrechte und der sozialen Gerechtigkeit - weiterhin den festen Freien die Mitarbeit im Personalrat verweigern wollen, ist absurd und ein weiteres Beispiel für die große Kluft zwischen Anspruch und Realität bei dieser Landesregierung.
Ja, wir Bündnisgrünen unterstützen die Forderung der festen Freien nach Aufnahme in den Personalrat, und wir tun das sowohl in Berlin als auch in Brandenburg. Dagmar Reim, die Intendantin, hat aus unserer Sicht nicht darlegen können, warum es nicht möglich sein sollte, die festen Freien in den Personalrat aufzunehmen. Allein die Tatsache, dass sie zu unterschiedlichen Konditionen arbeiten und unterschiedliche Funktionen erfüllen, heißt noch nicht, dass sie nicht im Personalrat vertreten sein könnten. Alle anderen Anzuhörenden waren schließlich auch dieser Meinung.
Zudem ist sehr merkwürdig, dass von Berliner Seite auf Brandenburg gezeigt wird: Die Brandenburger hätten das so gewollt. Also die Staatskanzlei und die Fraktionen der SPD oder der Linken? - Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich werden Sie am Ende dieser Debatte dem Staatsvertrag auch zustimmen, was der Debatte bereits jetzt zu entnehmen war.
Da nützt dann auch dieser dünne nachgeschobene Entschließungsantrag nichts. Nein, aus unserer Sicht offenbart dieser Entschließungsantrag genau die jämmerliche Hilflosigkeit dieses Prozederes, weil Sie einem Vertragswerk zustimmen und das, was Sie eigentlich wollen, im Entschließungsantrag formulieren und nachschicken. Das Gesetz als solches sieht aber etwas ganz anderes vor.
(Görke [DIE LINKE]: Sie haben die falsche Bildungs- veranstaltung besucht! - Beifall B90/GRÜNE und CDU)
Staatsvertrag: Dass das Thema der Zusammensetzung des Rundfunkrates bei der Anhörung kaum zur Sprache gekommen ist, ist bedauerlich. Im Sinne der Programmvielfalt wäre es wünschenswert gewesen, eine bessere Einbeziehung der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen auch tatsächlich im Staatsvertrag festzuschreiben. Das betrifft die Menschen mit Behinderung, aber auch die verschiedenen religiösen Gemeinschaften. Auch der Frauenanteil ist weit davon entfernt, zufriedenstellend zu sein.
Ich habe weitere Kritik in puncto Medienpolitik am Katzentisch. Das Erste ist das Prozedere der Erarbeitung von Staatsverträgen. Die Art und Weise, wie die parlamentarische Beratung damit vonstattengeht, ist zutiefst undemokratisch. Es kann nicht sein, dass die Parlamente nur fressen oder sterben können, aber nicht die inhaltliche Gestaltung beeinflussen können.
(Beifall B90/GRÜNE - Jürgens [DIE LINKE]: Das ist das Wesen von Staatsverträgen, liebe Frau von Halem! Ändern Sie es in Baden-Württemberg, da regieren Sie mit!)
Es bringt auch nichts, ein halbes Jahr vorher eine kurze Information in wenigen Sätzen zu bekommen. Vielmehr müssen wir umfänglich und rechtzeitig über die zu verhandelnden Inhalte informiert und eingebunden werden. Das haben wir schon oft gefordert. Zudem verstehe ich nicht, warum die Mehrheit dieses Parlaments sich so entmündigen lässt.
Das liegt aber wahrscheinlich an der grundsätzlichen Unterwürfigkeit von SPD und Linksfraktion gegenüber der Landesregierung.