Protocol of the Session on November 20, 2013

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/7724

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie

Drucksache 5/8176

Die Abgeordnete Schulz-Höpfner wartet schon darauf, die Debatte für die CDU-Fraktion beginnen zu können.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Gleichstellungsgesetz für das Land Brandenburg wurde am 13.11.2013 abschließend im Sozialausschuss beraten. Leider kann ich nicht sagen, dass hier der große Wurf gelungen ist.

Zusätzlich zu den rechtsförmlichen Änderungen lagen dem Ausschuss 33 Änderungsanträge vor. Einige davon waren redaktioneller Art. Aber bei einem derart großen Nachbesserungsbedarf der Koalitionsfraktionen an einem Gesetz darf man schon etwas verwundert sein.

Ich hatte schon bei der Einbringung des Gesetzes angemahnt, dass es sinnvoller wäre, erst den fälligen Gleichstellungsbericht vorzulegen und dann das Gesetz zu novellieren. Der letzte Bericht datiert bekanntermaßen vom Jahr 2009.

Ich will deutlich sagen: Es gibt einige Verbesserungen in der Ausgestaltung der Rechte der Gleichstellungsbeauftragten; das haben wir auch durchaus begrüßt. Aber einer der ganz großen Kritikpunkte ist nach wie vor die Nichtbeachtung der seit Jahren vorgetragenen Belange der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Und geradezu in einem Verzweiflungsakt so würde ich das nennen - haben die Grünen dann im Sozialausschuss eine Änderung der Kommunalverfassung vorgeschlagen. Das geht natürlich nicht. Ich bedauere das. Ich bedauere auch, dass im Zuge der Debatte um die Kommunalverfassung keine Regelungen gefunden wurden, obwohl der Handlungsbedarf bekannt ist und auch gesehen wurde. Noch mehr hat es mich dann gewundert, dass sich gerade die Linke an der Stelle nicht wie in der Vergangenheit lauthals engagiert hat.

Die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten jedenfalls - das kann ich hier deutlich sagen, das hat man nicht nur in der Anhörung gehört, sondern das haben wir allenthalben überall erfahren - fühlen sich inzwischen gar nicht mehr ernst genommen. Sie sehen auch ihre Arbeit, die sie leisten, nicht mehr adäquat gewürdigt.

Verwunderlich war für uns auch der Umgang mit dem Hochschulgesetz und den Regelungen für die Gleichstellungsbeauftragte an den Hochschulen. Das Hin und Her, ob Anträge erst im Hochschulgesetz beraten werden sollen oder eher gleich im Ausschuss, war doch etwas befremdlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle die Gelegenheit nutzen, noch etwas zu unserem Antrag zu sagen. Sie wissen, die Frauenförderverordnung basiert auf dem Gleichstellungsgesetz. Diese ist seit nunmehr 17 Jahren nicht evaluiert worden. Deshalb lässt sich in der Tat sehr wenig dazu sagen, ob sie tatsächlich wirksam war oder nicht. In Stellungnahmen des Bauindustrieverbandes und der auf Vergaberecht spezialisierten Kanzlei, die wir zur Anhörung geladen hatten, wurde sehr deutlich darauf verwiesen, dass die Verordnung oft auch umgangen wird, indem sich zum Beispiel ein Betrieb kurzfristig mit einem anderen - manchmal auch ein Reinigungsbetrieb und ein anders gearteter Betrieb - zusammenschließt, um einen Auftrag zu erlangen. Wenn man den Auftrag dann hat, trennen sich die Unternehmen wieder. Ich glaube, das kann in der Tat nicht im Sinne des Erfinders sein. Von daher ist für uns überhaupt nicht nachvollziehbar, warum Sie unserem Antrag zu einer regelmäßigen Evaluierung der tatsächlichen Wirksamkeit dieser Verordnung nicht zustimmen konnten.

Ich habe schon gesagt, der Landesgleichstellungsbericht liegt nicht vor. Von daher lässt sich auch wenig zur momentanen Situation sagen. Ich fürchte nur, er wird, wenn er uns im I. Quartal 2014 vorgelegt wird, nicht anders aussehen als in der Vergangenheit: dass wir in den oberen Besoldungsgruppen wieder eher weniger Frauen, in den mittleren und den unteren Besoldungsgruppen wieder eher mehr Frauen finden werden. Dem entgegenzusteuern ist auch eine Aufgabe der Landesgleichstellungsbeauftragten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Sie hatten und haben es in der Hand, hier den Rahmen zu setzen und die Novelle wirklich zu einer Novelle zu machen. Ich denke, das, was uns vorgelegt wurde, entspricht nicht den Herausforderungen, vor denen wir tatsächlich stehen. Von daher werden wir dieses Gesetz ablehnen.

Ich denke, im Kontext aller Beauftragten, die am MASF verankert sind - das sind der Integrationsbeauftragte, der Behindertenbeauftragte, die Gleichstellungsbeauftragte -, sollten wir einmal darüber nachdenken, wie sinnvoll diese Konstellation als solche eigentlich ist. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Abgeordneten Heppener für die SPD-Fraktion fort.

Verehrter Herr Präsident! Werte Damen und Herren! Mit dem Koalitionsvertrag verabredeten SPD und Linke, sich uneingeschränkt für die Gleichstellung von Frauen und Männern einzusetzen, bei der Geschlechtergerechtigkeit voranzukommen und strukturelle Benachteiligungen von Mädchen und Frauen abzubauen.

Das Gesetz zur Gleichstellung von Frauen und Männern im öffentlichen Dienst im Land Brandenburg von 1994 bedurfte dringend der Novellierung. Um auf dem Weg zu einer tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern voranzukommen, musste seine Durchsetzungsfähigkeit erhöht werden. Zudem mussten Regelungen aufgenommen werden, die die im

mer noch vorhandene deutliche Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen und bei der Besetzung von Landesgremien angehen.

Die Novellierung wurde unter intensiver Beteiligung der Frauenverbände und in vielen persönlichen Gesprächen erarbeitet und erstritten. Divergierende Interessen und unterschiedliche Perspektiven mussten akzeptiert werden, Kompromisse wurden gefunden.

Das novellierte Gesetz ist das Ergebnis eines langen Diskussionsprozesses. Das Gesetz enthält keine konkreten landesrechtlich einheitlichen Regelungen zur Stellung, zur Kompetenz und zu den Arbeitsaufgaben der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Die Erwartungen der Frauen und gleichstellungspolitischen Aktivistinnen erfüllt dieses Gesetz damit nicht.

(Beifall B90/GRÜNE)

Hier bleiben Problemfelder, die bei der dringend anstehenden Novellierung der Kommunalverfassung angepackt werden müssen. Es bleibt zu fragen: Bieten die Änderungen des Gleichstellungsgesetzes und des Brandenburgischen Hochschulgesetzes, die uns heute vorliegen, trotz alledem eine ausreichende rechtliche Grundlage, um in der Gleichstellungspolitik voranzukommen?

Ich möchte optimistisch an die Sache herangehen - das liegt in meiner Natur, und ich verfüge auch über genügend Erfahrungen -, weshalb ich meine: In das Gesetz sind vor allem in Bezug auf die Zielvorgaben in den Gleichstellungsplänen - Sicherung der Wirkungsbedingungen der Gleichstellungsbeauftragten und ihrer Stellvertreterinnen, quotierte Besetzung von Führungspositionen durch Frauen - wesentliche Regelungen aufgenommen.

Im Ergebnis der Anhörung stellten wir diese noch einmal auf den Prüfstand. Es ging uns um Eindeutigkeit und Klarheit der Regelungen und damit um die Erhöhung der Verbindlichkeit des Gesetzes. Deshalb die Änderungen. So muss der Gleichstellungsplan gemäß § 5 auch Maßnahmen zur Personalentwicklung für die Übernahme von Führungspositionen enthalten. Für die Ausschreibung von Stellen und Funktionen gemäß § 7 gilt, dass für alle Bereiche, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, sie besonders aufzufordern sind, sich zu bewerben, und dass - wenn nach der ersten Ausschreibung keine geeignete Bewerbung einer Frau vorliegt - diese Stelle erneut ausgeschrieben werden muss.

Gleichstellung von Frauen und Männern ist eine Querschnittsaufgabe der Landesregierung. Die Landesgleichstellungsbeauftragte ist im Sinne dieser Aufgabe tätig. Sie wird künftig auf der Grundlage eines Beschlusses der Landesregierung bestellt.

Regelungen für die Gestaltung von Arbeitsbedingungen unter dem Gesichtspunkt der Gleichstellung sind hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ergänzt worden. Dies gilt für Arbeitszeit und Arbeitsort, § 19, und auch dafür, dass in der Familie und im Ehrenamt erworbene Erfahrungen und Fähigkeiten bei der Qualifikation zu berücksichtigen sind, § 9. Zudem ist den Beschäftigten in Eltern- und Pflegezeit die Teilnahme an Fortbildungsveranstaltungen zu ermöglichen.

Im Sinne der Konsequenz des Landesgleichstellungsgesetzes halten wir es auch für notwendig, Paragrafen, die die Bestellung, die Kompetenzen und die Tätigkeit der zentralen und dezentralen Gleichstellungsbeauftragten an den Hochschulen regeln, gleichzeitig mit dem Landesgleichstellungsgesetz zu beschließen. Das betrifft insbesondere die Möglichkeit, dezentrale Gleichstellungsbeauftragte und ihre Stellvertreterin auch in der Verwaltung zu wählen. Auch Studentinnen sind wählbar.

Wir haben einen zusätzlichen Paragrafen aufgenommen: Insbesondere Frauen sind Opfer sexueller Gewalt. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist nicht nur eine verabscheuungswürdige Form der Diskriminierung von Frauen, sie ist nach diesem Gesetz als Dienstpflichtverletzung zu ahnden.

Es geht um tatsächliche Gleichstellung. Die rechtlich verankerte Gleichstellung von Frauen und Männern ist das eine, die gelebte solidarische Geschlechtergerechtigkeit muss hinzukommen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und B90/GRÜNE)

Der Abgeordnete Büttner setzt für die FDP-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zu Beginn darauf hinweisen, dass wir als Liberale uns dem Ziel verpflichtet fühlen, dass in einer offenen Gesellschaft die Gleichberechtigung von Mann und Frau eine Selbstverständlichkeit sein sollte.

(Frau Prof. Dr. Heppener [SPD]: Sein soll! - Weiterer Zu- ruf von der SPD: Es soll so sein!)

- Deswegen ist es im Konjunktiv: sein sollte.

Wir wissen aber auch - darauf will ich aufmerksam machen -, dass es heute immer noch Benachteiligungen von Frauen in Beruf und Gesellschaft gibt. Insofern ist es die Verpflichtung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, dafür zu sorgen, dass Männer und Frauen auf Augenhöhe sind. Chancen und Risiken sind in der Gesellschaft immer noch ungleich zwischen Männern und Frauen verteilt.

Meine Damen und Herren, wir setzen darauf, die Grundlage dafür zu schaffen, dass Frauen und Männer gleiche Karriereund Verdienstmöglichkeiten haben. Dass es zwischen Frauen und Männern auch bei gleicher Qualifikation und Tätigkeit Verdienstunterschiede gibt, ist nicht hinnehmbar. Die Basis dafür ist, dass Mädchen und Jungen ermutigt werden, Berufe jenseits tradierter Geschlechterzuschreibungen zu ergreifen.

Ebenso deutlich sagen wir Ihnen, meine Damen und Herren, dass der vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung weit über das hinausgeht, was aus Sicht der FDP-Fraktion vertretbar ist. Sie versuchen im Kern, die Förderung von Frauen über die Einführung von Quotenregelungen voranzutreiben.

Das haben wir in unserer Stellungnahme insoweit festgemacht, als wir gesagt haben: In diesem Zusammenhang schauen wir

uns § 4 Abs. 3 des Gesetzentwurfs an, in dem die bestehende Unterrepräsentanz von Frauen kritisiert wird. Nach Lesart der Landesregierung liegt Unterrepräsentanz dann vor, „wenn in Besoldungsgruppen innerhalb einer Laufbahn oder in Entgeltgruppen sowie zusätzlich in Funktionen mit Vorgesetzten- und Leitungsaufgaben in der jeweiligen Dienststelle weniger Frauen als Männer beschäftigt sind.“ Ich finde, das ist ziemlich einfach ausgedrückt und es simplifiziert auf leichtfertige Art und Weise die Realitäten.

Ich denke, wir müssen uns vielmehr auf die Ursachen konzentrieren, und diese liegen nun einmal zum Beispiel in dem Problem der Vereinbarkeit bzw. Gewichtung von Familie und Beruf. Es ist nun mal immer noch so, dass wir keine ausreichenden Öffnungszeiten von Kindertagesstätten haben, die auch flexible Möglichkeiten für die berufliche Qualifikation eröffnen können.

Ich möchte Ihnen, Kollegin Heppener, an dieser Stelle sagen es sind etwa 20 Abgeordnete der Koalition hier; so furchtbar spannend scheint das Thema für Sie auch nicht zu sein, wie Sie es immer behaupten -: Wenn ich mir einmal das Problem der Quote, auch der gegenwärtig diskutierten, und das momentan auf Bundesebene vorangetriebene System von 30-%-Quoten in Aufsichtsräten aller börsennotierter, voll mitbestimmter Unternehmen anschaue, dann komme ich zu dem Ergebnis, dass das ähnlich absurd ist, wie wenn wir die Einführung von Männerquoten in Kitas fordern würden. Sie gehen letztendlich an den Grundlagen, Problembeschreibungen und dem Erfordernis, die Ursachen zu bekämpfen, vorbei. Völlig absurd und grober Unfug ist dann auch noch die Aufnahme der Frauenförderung als Kriterium in ein Landesvergabegesetz.

(Beifall FDP)

Zum einen haben wir einen politisch motivierten Mindestlohn, über dessen Ermittlung die Beteiligten Stillschweigen vereinbart haben, wie wir im zuständigen Arbeits- und Sozialausschuss gehört haben, und jetzt soll auch noch ein weiteres vergabefremdes Kriterium Eingang ins Gesetz finden. Ein solches wäre natürlich § 14 Abs. 1 in seiner neuen Fassung, wonach beim Abschluss von Verträgen über Leistungen mit einem geschätzten Auftragswert von über 50 000 Euro bei gleichwertigen Angeboten derjenige Bieter bevorzugt werden soll, der sich der Gleichstellung von Frauen im Erwerbsleben nachweisbar angenommen hat. Das ist ein vergabefremdes Kriterium, und kleinen und mittelständischen Unternehmen werden damit weitere Barrieren in den Weg gelegt.

Statt individuell zu schauen, ob ein Unternehmen zum Beispiel keine 8,50 Euro zahlt oder weniger Frauen als Männer beschäftigt, schwingt das Land die Gesetzeskeule und diktiert der Wirtschaft aus der Amtsstube heraus den Rahmen für ihre wirtschaftliche Betätigung. Meine Damen und Herren, Sie können nicht ernsthaft verlangen, dass wir als Freie Demokraten, als Liberale in diesem Parlament das mitmachen.

Noch etwas zur Arbeit der Landesgleichstellungsbeauftragten, aber auch der kommunalen Gleichstellungsbeauftragten: Wir als FDP-Fraktion sehen keinen Änderungsbedarf gegenüber den bestehenden Regelungen. Allein unter dem Aspekt der Gleichbehandlung einzelner, von Benachteiligung betroffener Personengruppen ist es in keiner Weise darstellbar, warum Gleichstellungsbeauftragte zum Zwecke der Förderung von Frauen mehr Kompetenzen, etwa durch Freistellung von der

Arbeit, erhalten sollen, während diejenigen, die zum Beispiel für Migranten oder Menschen mit Behinderung zuständig sind, keine Kompetenzausweisung bekommen. Deswegen werden wir als Liberale dieses Gesetz ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP)

Die Abgeordnete Böhnisch setzt für die Linksfraktion fort.