Protocol of the Session on September 26, 2013

Nein, das möchte ich jetzt nicht. - Die Betriebe müssen sich um die Ausbildung ihrer Fachkräfte stärker bemühen. Das hätten Sie ruhig einmal in Ihrem Antrag anklingen lassen können, meine lieben Damen und Herren von der CDU-Fraktion. Ausbildungsverbünde bieten Chancen. Wie nachhaltig aber diese überbetrieblichen Ausbildungen wirklich sind, müssen wir unbedingt evaluieren.

Drittens soll aus Mitteln des ESF das Programm Integrationsbegleitung für Langzeitarbeitslose weiterhin gefördert werden.

Damit hat die Landesregierung einen richtigen und erfolgversprechenden Weg eingeschlagen. Seit Dezember 2012 werden Langzeitarbeitslose durch Integrationsbegleiterinnen und -begleiter gezielt in Arbeit gebracht und wenn nötig noch sechs Monate nach Arbeitsaufnahme weiter betreut. Diesen Programmteil unterstützen wir, weil er auf die Situation von Langzeitarbeitslosen individuell eingeht.

Viertens: Über das Regionalbudget wird Kreisen und kreisfreien Städten eine Mitgestaltung der Arbeitsmarktpolitik ermöglicht. Diese Fördermaßnahme unterstützen und begrüßen wir ebenso wie die Fortführung des Ansatzes. Jedoch muss man jeweils vor Ort evaluieren, welche Nachhaltigkeit diese Projekte aufweisen.

Ich komme nun zum Knackpunkt, nämlich zur Verpflichtung von Maßnahmenträgern, Zielvorgaben zu erfüllen. Diesen Vorschlag teilen wir nicht. Jeder weiß, dass die Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt von der entsprechenden Klientel abhängt. Arbeitsmarktnahe Teilnehmer mit einer kürzeren Phase von Arbeitslosigkeit weisen wesentlich höhere Vermittlungsquoten auf als die Gruppe von Langzeitarbeitslosen mit vielschichtigen Problemen. Hier wird einer Bestenauslese das Wort geredet, die Menschen mit multiplen Vermittlungshindernissen werden abgehängt.

Auch wenn wir immer wieder Kritik an manchen plakativen ÖBS-Projekten von Rot-Rot geäußert haben: Auch wir stehen zu einem nachhaltigen sozialen Arbeitsmarkt, der für bestimmte Menschen vielleicht nicht mehr die Integration in den ersten Arbeitsmarkt, aber eine würdevolle soziale Integration bedeuten kann.

(Beifall B90/GRÜNE und SPD - Dr. Bernig [DIE LIN- KE]: Sehr gut!)

Ihr Antrag enthält Licht und ein paar dicke Kröten, denen wir so nicht zustimmen wollen.

(Beifall B90/GRÜNE, SPD und DIE LINKE)

Das Wort erhält die Landesregierung. Staatssekretär Schroeder spricht.

Sehr geehrter Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist sehr gut, dass am Vorabend des neuen OPs dem arbeitsmarktpolitischen Programm der Landesregierung ein solches Interesse entgegengebracht wird: Zwei Anträge zu diesem Thema, eine lebhafte Debatte, das Herausarbeiten der wichtigsten Akzente - was wünscht man sich mehr? Da gilt in der Tat das, was Frau Schier bereits angemerkt hat: Es gibt nichts, was das Gute nicht eventuell besser machen könnte. Insofern gilt: Nachdenken über effiziente, passgenaue Arbeitsmarktpolitik. Diese Arbeitsmarktpolitik ist ergänzend zu dem, was der Bund macht.

Ich möchte in Erinnerung rufen, was wir als Landesregierung überhaupt machen. Wir haben zwei Einflugschneisen. Erstens soll versucht werden, die Unternehmen und die Beschäftigten

so zu fördern, dass sie auf den Stand der Möglichkeiten kommen. Das ist die erste Dimension. Es geht um die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und um die Verhinderung von Arbeitslosigkeit, indem Beschäftigte durch Maßnahmen und Unterstützungen unmittelbar in die Lage versetzt werden, am Fortschritt und an der Entwicklung von Wissen und Bildung teilzuhaben.

Neben der Förderung von Unternehmen und Beschäftigten geht es zweitens darum zu fragen: Wie können wir die Integration von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt voranbringen? In diesem Lande haben wir ein ganz großes Problem, das mit der Struktur der Arbeitslosen, die wir haben, und mit der Struktur der Wirtschaft als einer kleinteiligen Wirtschaft zusammenhängt, in der viele Maßnahmen, die in altindustriellen Ländern mit Großbetrieben viel einfacher durchzuführen sind, so nicht greifen.

Deshalb möchte ich unterstreichen, was hier schon vielfach gewürdigt worden ist: Wir haben einige sehr gute Programmpunkte wie die Weiterbildungsrichtlinie oder den Bildungsscheck. Herr Büttner hat zu Recht darauf hingewiesen, dass die Nutzung dieser Instrumente nicht so positiv ausfällt, wie wir uns das wünschen und wie wir mit großem Engagement für die Nutzung kämpfen. Insofern kann ich hier nur an jeden appellieren, seine Multiplikatorenfunktion zu nutzen und dafür zu werben, dass Bildungsschecks und Weiterbildungsmaßnahmen gerade in den Kreisen, in denen sie sinnvollerweise ankommen sollten, besser genutzt werden. Es ist überhaupt keine Frage, da muss mehr geschehen. Wir werden das mit allen Kräften fördern und sind dankbar für die Unterstützung, die wir erhalten, wie es heute in der Debatte angeklungen ist.

Der größte Skandal, den wir nach wie vor haben, ist die Massenarbeitslosigkeit. Eine Arbeitslosenquote von 9 % ist einerseits erfolgreich, gemessen an den Zahlen aus der Vergangenheit, andererseits ist jeder Arbeitslose ein Arbeitsloser zu viel.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Bernig [DIE LINKE])

Das große Problem sind die Langzeitarbeitslosen - Langzeitarbeitslosigkeit, verhärtete Arbeitslosigkeit. Der Anteil dieser Langzeitarbeitslosigkeit ist sogar gewachsen. Insofern müssen wir mit entschiedenen Instrumenten darauf achten, wie wir die Langzeitarbeitslosigkeit wieder zurückfahren können. Da haben wir umgeschaltet. Das Instrument ist hier vielfach genannt worden: Integrationsbegleitung. Das ist ein neues Instrument, mit dem wir individueller, passgenauer auf die Nöte und Bedarfe der Einzelnen eingehen wollen.

Es steht ein Problem im Raum, das hier angeschnitten wurde: Wie misst man den Erfolg solcher Maßnahmen? Wenn man Langzeitarbeitslose mit vielfältigsten Vermittlungshemmnissen hat, kann man nicht erwarten, dass sie an einer Maßnahme teilnehmen und sie sodann aus der Arbeitslosigkeit herauskommen und das Ganze funktioniert. Erfolge können bereits dann vorhanden sein, wenn sie zwei oder drei Vermittlungshemmnisse weniger haben und dadurch im Zeitverlauf die Vermittlung vielleicht irgendwann glückt.

Das heißt: Wir brauchen andere Vorstellungen von Integration. Da haben wir mit unserer Bundesratsinitiative angesetzt, in der wir erstens sagen: Die Limitierung auf zwei Jahre ist unzureichend, wir brauchen längerfristige Zeiträume. Zweitens brauchen wir Räume, in denen sich Menschen besser entwickeln können. Das heißt, nicht nur der öffentliche Arbeitgeber ist ge

fordert, sondern auch die Privatwirtschaft. Wir brauchen gesellschaftliche Akzeptanz und Akzeptanz aufseiten der Unternehmen, sich dieser Gruppe der Schwervermittelbaren anzunehmen und ihnen eine Chance im Unternehmen zu geben. Dafür wollen wir Sorge tragen, weil wir Möglichkeiten und Perspektiven der Entfaltung sehen. Die direkte Integration in den Arbeitsmarkt ist das Ziel. Die Realität bei dieser Gruppe ist: Es dauert meist länger. Es muss innovativer sein und es ist anstrengender.

Jetzt kommen wir zu einem Thema, das im CDU-Antrag angesprochen ist, nämlich die Fortsetzung des Regionalbudgets. Wir sind mit der Idee gestartet, Regionalentwicklung und Arbeitsmarktentwicklung stärker zu verketten. Wir mussten im Laufe der Entwicklung feststellen, dass dies nicht so einfach ist, dass die Kosten zu hoch sind, dass wir aus Brüssel Auflagen bekommen haben, die nicht so leicht eine Fortführung dieses Programms zulassen. Insofern mussten wir umsteuern, weil der Begleitaufwand zu groß ist, und wir sind dabei, die guten Projekte, die funktioniert haben, auf jeden Fall fortzuführen. Wir werden jedoch das Gesamtpaket in dieser Struktur so nicht fortführen können, weil die Overhead-Kosten insgesamt zu hoch geworden sind. Frau Schier, Sie haben es zu Recht angeschnitten: Wir haben unsere Arbeit mit geringeren Mitteln fortzusetzen. Das heißt, wir brauchen eine kostengünstige Prioritätensetzung. Dabei wird herauskommen, dass die guten Dinge aus dem Regionalbudget fortgeführt werden. Die Gesamtstruktur werden wir so nicht fortführen können.

Am Ende: Der Entschließungsantrag der Regierungsparteien enthält alles, was die Priorität einer guten, soliden Arbeitsmarktpolitik in Brandenburg verlangt. Insofern denke ich, dass hier sowohl den Herausforderungen als auch den Prioritäten Rechnung getragen wird. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Nachdem nun fast alles dazu gesagt ist, erhält die Abgeordnete Schier für die CDU-Fraktion das Schlusswort.

Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte nur zwei - na gut, drei - Sätze sagen.

Ausbildungsplatzabgabe oder -umlage, lieber Kollege Dr. Bernig: Der Kollege Bommert sagte gerade zu mir, er suche einen Lehrling und finde keinen. Herr Baaske sagte heute in der Presse, 600 Ausbildungsplätze seien unbesetzt. Gehen Sie doch einmal in kleine und mittelständische Unternehmen. Sie treffen auf Bewerber, die nicht ausbildungsfähig sind oder wenn sie eine Ausbildung begonnen haben, diese hinschmeißen. Das sind Kosten, die die klein- und mittelständischen Unternehmen tragen. Ich weiß nicht, warum wir immer der Meinung sind, wir wüssten besser, was in den klein- und mittelständischen Unternehmen los ist, als diejenigen, die sie betreiben.

(Beifall CDU)

Deshalb - zur Integrationsbegleitung ist eine ganze Menge gesagt worden - möchte ich nochmals auf die Berufseinstiegsbegleitung zu sprechen kommen. Das ist ein Bundesprogramm.

Es wird immer gesagt: Alles, was schön ist, machen wir, und alles, was schlecht ist, der Bund. - Daran wird sich vielleicht demnächst etwas ändern. Es gibt Menschen - das hat Kollege Dr. Bernig ausgeführt -, die so in der Arbeitslosigkeit verfestigt sind, dass wir sie nicht mehr einfangen können. Das müssen wir uns eingestehen, das ist so. Aber junge Leute, die von der Schule kommen und diese entweder ohne Abschluss verlassen oder die eine Ausbildung abbrechen, müssen im Fokus stehen. Wir dürfen dort keinen Einzigen irgendwo durch das Raster fallen lassen. Dabei ist die Berufseinstiegsbegleitung - ein Bundesprogramm, bei dem der Bund viel Geld in die Hand nimmt - das richtige Programm, um die Schüler in der Schule und bis in die Ausbildung hinein zu begleiten.

(Beifall CDU)

Ich bleibe dabei: Auf solche Programme müssen wir setzen. Die Hälfte der Mittel steht uns zur Verfügung. Wir brauchen mehr Effizienz. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Wir sind am Ende der Debatte und kommen zu den Abstimmungen. Als Erstes steht der Antrag der CDU-Fraktion, Drucksache 5/7773, zur Abstimmung. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Keine Enthaltungen, mehrheitlich abgelehnt.

Zweitens der Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen, Drucksache 5/7996. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Ohne Enthaltungen mehrheitlich angenommen.

Damit schließe ich Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf:

Ehrenamtliche Betreuung und selbstbestimmte Vorsorge fördern

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/7774

Die Abgeordnete Schulz-Höpfner spricht zu uns.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir bei den neuen Medien sind, schauen Sie doch bitte einmal bei Google unter „ehrenamtlicher Betreuer“ nach. Wenn Sie das eingeben, werden Sie feststellen: Das ist eine sehr gefragte Spezies. Es ist auch nicht verwunderlich, wenn man sich die in der Vergangenheit schon gestiegenen und weiter kontinuierlich steigenden Zahlen von Betreuungen in der gesamten Bundesrepublik, aber insbesondere auch in Brandenburg anschaut.

Aber worum geht es eigentlich? Es geht um Menschen, die aufgrund von Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung ihre Angelegenheiten - zum Beispiel in Gesundheits- und Vermögensfragen - nicht mehr ganz oder auch

nur teilweise selbstständig regeln können. Ein Gericht bestellt dann auf Antrag oder von Amts wegen eine Betreuung. Diese kann für den erforderlichen Umfang der Betreuung ehrenamtlich oder aber durch Berufsbetreuer erfolgen. Die ehrenamtlichen Betreuer sind in Betreuungsvereinen organisiert. Bis zum Jahr 2003 wurden die Betreuungsvereine in Brandenburg mit Zuschüssen zu den Personal- und Sachkosten unterstützt. Damit waren die Vereine in der Lage, ehrenamtliche Betreuer anzuleiten, zu qualifizieren, zu begleiten und des Weiteren auch neue Ehrenamtler zu werben.

Im Zuge der Haushaltskonsolidierung 2003 wurden diese Zuschüsse im Hause des heutigen MASF komplett gestrichen. Doch die erhoffte Entlastung des Haushaltes wurde nicht erreicht, denn die Zahlen der Betreuungen sind weiterhin gestiegen. Laut Bericht des Landesrechnungshofes ist die Zahl der Betreuungen insgesamt im Zeitraum 2000 bis 2011 um 47 % gestiegen, und die Ausgaben für die Betreuung haben sich im gleichen Zeitraum vervierfacht.

Grund für diese Situation ist nicht unbedingt nur die Alterspyramide in Brandenburg, denn die Zahl der über 65-Jährigen ist in diesem Zeitraum nur um 5 % gestiegen, sondern es sind insbesondere die rückläufigen Zahlen der Ehrenamtler, die steigende Anzahl der Berufsbetreuer und deren pauschalierte Vergütung sowie die ungenügende Betreuungsvermeidung, die durch verbesserte Information und Beratung unbedingt mehr Beachtung finden muss. Es ist dringend geboten, die Unterstützung der Betreuungsvereine neu zu regeln.

(Beifall CDU)

Denn sonst werden wir immer weniger Ehrenamtler haben, die sich dieser Aufgabe verschreiben. Es ist außerdem eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, geht es hier doch um Menschen und um die Kenntnisse, die Ehrenamtler vermitteln und die sie mitbringen, um die Vernetzung, Begleitung, aber auch um das notwendige Fingerspitzengefühl und die Sensibilität für diese Menschen. Es geht nicht darum - das möchte ich an dieser Stelle ganz klar einfügen -, hauptamtliche Bedarfe in den ehrenamtlichen Bereich zu verschieben. Es geht aber auch, meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen, um eine bessere Kontrolle, um eine qualitativ gute Betreuung zu gewährleisten und Missbrauch, wie wir darüber in der Presse lesen konnten, zu verhindern.

Aber man darf bei diesen anspruchsvollen Aufgaben die Ehrenamtler nicht allein lassen. Ich kenne eine ganze Reihe von Ehrenamtlern, die sich gern engagieren - meist Leute, die aus dem Beruf ausgeschieden sind - und unsere Unterstützung dafür brauchen. Ich denke, all jenen sollten wir Dank sagen und unsere Unterstützung zusichern.

(Beifall CDU und der Abgeordneten Wehlan [DIE LIN- KE])

Ich möchte etwas zu meinen Erfahrungen sagen, die ich im Zuge der Befassung mit diesem Thema gemacht habe. Viele Menschen, Angehörige von Betroffenen, haben sich bei mir gemeldet, und ich muss sagen, ich habe selten erlebt, dass sich so viele Menschen mit ihren Sorgen und Nöten bei mir melden. Sie beklagen vor allem das zu schnelle und ihrer Meinung nach nicht immer notwendige Anordnen von Fremdbetreuung, ungeeignete oder zu wenig kontrollierte Betreuer, die ungenügende

Beachtung des Datenschutzes und dass Familienangehörige meist wegen fehlender Vorsorgevollmachten nur ungenügend in die Betreuung einbezogen werden.