Protocol of the Session on September 26, 2013

Der Abgeordnete Büttner spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich fühle mich gerade ein bisschen wie auf einem Geburtstag.

(Jürgens [DIE LINKE]: Sind Sie aber nicht, oder?)

- Warte es doch mal ab.

Sie wollen ein Geschenk überbringen, und vor Ihnen in der Reihe steht einer und überreicht dasselbe Geschenk, das Sie überreichen wollen. Ich weiß also nicht genau, was ich zu dem Antrag noch sagen soll.

(Zuruf von der SPD: Stimmen Sie zu?)

- Natürlich stimmen wir zu.

Herzlichen Dank für den Antrag, Frau Kollegin von Halem und natürlich Frau Kollegin Große. Es ist alles gut. Sie unterstützen den Antrag - insofern ist es ein gemeinsamer Antrag, das bestreitet hier keiner. Kollegin von Halem hat schon darauf hingewiesen, dass sich die heutige Berufswelt, verglichen mit der vor einigen Jahrzehnten, völlig verändert hat. Was wir in unserem Ausbildungsberuf einmal gelernt haben, reicht nicht mehr für die nächsten 30 oder 40 Jahre. In einer immer komplexer werdenden Welt ändern sich auch die Anforderungen an jeden Einzelnen; lebenslanges Lernen hat deswegen einen deutlich höheren Stellenwert bekommen.

Das hat die Europäische Union - hier ist schon darauf hingewiesen worden - mit dem Programm „Lebenslanges Lernen“ dann auch aufgegriffen. Auch das Programm ProfilPASS - es geht zurück auf die Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung - ist aufgrund der Erkenntnis, dass lebenslanges Lernen richtig und wichtig ist, entstanden.

Ich will darauf hinweisen - der Kollege Hoffmann hat mir das auch schon vorweggenommen -, dass der Antrag auf der Grundlage des Perspektivvertrages aus Niedersachsen entstanden ist das kann man ruhig zugeben, Frau von Halem, das ist gar nicht schlimm -, den Frau Ministerin Wanka eingebracht hat; er wurde damals unter der schwarz-gelben Koalition in Niedersachsen beschlossen.

Die Begründung der Grünen - die haben sie ja nun geschrieben, und Sie haben sie übernommen - zeigt aber auch, dass dieser Bereich in Brandenburg unterfinanziert ist und deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegt. Insofern ist ein Perspektivvertrag - insbesondere auch mit dem höheren finanziellen Ansatz - natürlich wichtig, um Weiterbildungseinrichtungen eine gewisse Planbarkeit und Planungssicherheit zu geben.

Nun will ich kein Wasser in den Wein gießen, aber auf eines hinweisen: Wir müssen natürlich an diejenigen herankommen,

denen wir Weiterbildungsangebote unterbreiten. Eines sollten wir jedoch verhindern - darauf hat der österreichische Bildungsforscher Riboltis einmal deutlich hingewiesen -, nämlich dass wir durch ein noch größeres Angebot an lebenslangem Lernen geradezu eine Legitimation für Ausgrenzung begründen und etablieren, nach dem Motto: Wer es nicht schafft oder nicht bereit ist, sich permanent anzupassen, ist selbst schuld. - Das darf nicht passieren. Das heißt, die Angebote vonseiten des Landes, auch der Perspektivvertrag, die gebündelt werden sollen, müssen natürlich so strukturiert und gestaltet sein, dass wir an die Menschen herankommen, dass für alle die Möglichkeit besteht, am lebenslangen Lernen teilzunehmen.

Viel mehr ist zu dem Antrag nicht zu sagen; wir stimmen ihm zu. - Insofern herzlichen Dank.

(Beifall FDP sowie vereinzelt DIE LINKE und B90/ GRÜNE)

Jetzt hat die Landesregierung das Wort; wir sind in spannender Erwartung, ob sie auch zustimmt. Frau Ministerin Münch, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Weiterbildung - da sind wir uns fraktionsübergreifend einig - öffnet vielfältige Wege für das lebenslange Lernen und für mehr gesellschaftliche Teilhabe. Ich freue mich, dass Sie, liebe Gäste, heute zu diesem Weiterbildungsantrag hier sind, denn ich denke, viele von Ihnen sind direkte Nutznießer der Weiterbildung, die von den vielen Trägern in unserem Land umgesetzt wird.

Weiterbildung fördert Lebensqualität in jedem Lebensalter, unterstützt erfolgreiche Berufskarrieren und sichert auch Chancen für sozialen Aufstieg durch Bildung. Deshalb ist es ein wichtiges bildungspolitisches Ziel der Landesregierung, Bürgerinnen und Bürgern aller Altersgruppen und in allen Regionen ein Weiterbildungsangebot zu gewährleisten, das leistungsfähig, bedarfsorientiert und von hervorragender Qualität ist. Wir haben im Land Brandenburg ein gutes Weiterbildungsangebot für lebenslanges Lernen. Die 20 Volkshochschulen und 50 Weiterbildungseinrichtungen in freier Trägerschaft sowie viele engagierte und innovative Projekte bieten ein differenziertes Angebot an allgemeiner, beruflicher, kultureller und politischer Bildung.

Ich habe mir bei meinen Kreisreisen die Angebote vor Ort angesehen und mir dabei ein umfangreiches Bild verschafft, wie intensiv bestimmte Angebote wahrgenommen werden. Das betrifft Sprachen, aber auch kulturelle Bildung und die unterschiedlichsten Angebote zum großen Bereich Gesundheit. Diese Weiterbildungsangebote sind ein ganz wichtiger Faktor auch für das Leben in ländlichen Regionen. Denn das Gute ist: Von diesen Angeboten können alle profitieren. Die Weiterbildungseinrichtungen motivieren Menschen zum Lernen, stimmen ihre Angebote auf die Teilnehmenden ab und setzen mit lokalen Vernetzungen neue Entwicklungen in Gang. Das ist auch sehr wichtig für den sozialen Zusammenhalt, gerade in Regionen, die eben nicht so dicht besiedelt sind wie der Potsdamer Raum.

Wir haben im Land ein bewährtes Weiterbildungsgesetz, das die Strukturen und die Förderung der Weiterbildung regelt und das Recht auf Weiterbildung realisiert. Um das Themenspek

trum und die Qualität der Angebote weiterzuentwickeln, die Grundbildungs- und die Alphabetisierungsangebote zu stärken wir haben in der letzten Landtagssitzung intensiv darüber gesprochen - und um die Erwartungen an die Weiterbildungsorganisationen zu schärfen, werden wir Gespräche mit den Landesorganisationen und Verbänden führen. Für die Umsetzung der Zielstellungen sind in der Folge die Träger der Weiterbildung, nicht die Verbände zuständig. Deswegen warne ich davor, zu glauben, dass Perspektivverträge jetzt das Allheilmittel seien. Sie sind ein Instrument, um hier tatsächlich im Gespräch über Qualitätskriterien zu bleiben. Zuständig sind jedoch die Träger vor Ort und nicht die Verbände.

Die Klärung der qualitativen Erwartungen an Weiterbildung ist ein wichtiger Schritt, aber danach müssen wir natürlich auch über Fragen der Finanzierung in den bewährten Strukturen von kommunaler Grundversorgung und ergänzender Landesunterstützung sprechen. Auch hier brauchen wir die kommunale Seite mit im Boot. Es ist nicht damit getan - wie Sie es in Ihrem Antrag formulieren -, auf den Einzelplan 05 zurückzugreifen.

Im Übrigen, meine Damen und Herren Abgeordnete, möchte ich Sie daran erinnern, dass Sie der Haushaltsgesetzgeber sind. Ich hätte mir so viel parteienübergreifende Einigkeit gewünscht, als wir über den Doppelhaushalt 2013/14 gesprochen haben. Das wäre der richtige Ort gewesen, um ein Zeichen für die Weiterbildung zu setzen.

Ich halte den fraktionsübergreifenden Antrag heute für wichtig und erwarte mit Spannung die Diskussion um die Aufstellung des Haushalts 2015. Ich gehe davon aus, dass wir dann gemeinsam einen erheblichen Schritt in diese Richtung unternehmen. Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Frau von Halem ist zufrieden mit dem Verlauf der Debatte und nimmt ihre Restredezeit nicht in Anspruch. Bei so viel Einigkeit verstehe ich das. - Wir kommen also zur Abstimmung über den Antrag der Koalitionsfraktionen und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/7732. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Oder Enthaltungen? - Beides ist nicht der Fall; damit ist der Antrag angenommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 7 und rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Arbeitspolitisches Landesprogramm effizienter gestalten

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/7773

Des Weiteren liegt ein Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 5/7996 vor.

Die antragstellende Fraktion beginnt; die Abgeordneter Schier hat das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Brandenburg hatte im August 2013 eine Arbeitslosenquote von 9,4 %. Das ist ein Ergebnis, das man nach vielen Jahren der hohen Arbeitslosigkeit kaum zu glauben wagt. Ich erinnere an die Zahlen aus Senftenberg in den 90er-Jahren: 30 bis 32 %. Eine Arbeitslosenquote von 9,4 % heißt, dass 772 100 Frauen und Männer in sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnissen stehen. Das sind übrigens 1 500 mehr als im Vorjahresmonat. Auch die Jugendarbeitslosigkeit ist gesunken. Von den 15- bis 25-Jährigen waren 10 954 arbeitslos gemeldet. Über diese Zahlen kann man sich freuen, sind sie doch das Ergebnis der guten bundespolitischen Weichenstellung und einer erfolgreichen Arbeit, die wir unbedingt fortsetzen müssen und werden.

Aber wie es immer so ist: Nichts ist so gut, als dass man es nicht noch verbessern könnte. Fast 11 000 Menschen im Alter von 15 bis 25 Jahren sind ohne Arbeit. Das können wir uns nicht leisten, denn sie fehlen uns im täglichen Arbeitsprozess. Die 52 400 Langzeitarbeitslosen nach dem SGB II müssen ebenfalls die Chance bekommen, einer Beschäftigung nachzugehen und ihren Lebensunterhalt zu verdienen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für die Jüngeren gibt es Programme wie die Berufseinstiegsbegleitung, aber auch Landesprogramme wie die überbetriebliche Lehrunterweisung im Handwerk. Die Berufseinstiegsbegleitung ist ein Programm der Bundesregierung und zielt darauf ab, Jugendlichen schon ab der 7. Klasse bei der Berufswahl bzw. der Eignungsfeststellung zu helfen und sie bis in die Ausbildung hinein zu begleiten. Das ist ein Programm mit einer großen Wirkung, das unbedingt fortgesetzt werden muss.

Bei den Erwachsenen sind es unzählige Maßnahmen, die zum Tragen kommen. Alle kosten Geld, Bundesmittel, ESF-Mittel, Mittel aus kommunalen Haushalten. All das sind Steuermittel. Nun sprudeln die Steuereinnahmen ja in Größenordnungen. Dennoch müssen wir mit dem Ausgeben etwas zurückhaltend sein, denn Steuereinnahmen richten sich immer nach der wirtschaftliche Situation eines Landes. Bei den ESF-Mitteln gibt es eine gewisse Verlässlichkeit. Die Förderperiode geht von 2014 bis 2019; über wie viel Geld man in dieser Zeit verfügt, wird festgelegt. Waren es bis 2013, also bis zu diesem Jahr, noch 90 Millionen Euro jährlich, werden es ab dem Jahr 2014 nur noch ca. 45 Millionen Euro jährlich sein.

Auf den Punkt gebracht: Wir haben weniger Geld für weniger Arbeitslose zur Verfügung. Das ist eigentlich kein ungewöhnlicher Tatbestand. Allerdings brauchen wir für jeden Schulabgänger und jeden Arbeitslosen eine Ausbildung; das hat auch die Diskussion in der heutigen Aktuellen Stunde zum Thema Fachkräftemangel gezeigt.

Deshalb ist es Ziel unseres Antrages, vorhandene Möglichkeiten und Bedarfe passgerecht zusammenzufügen. Das Regionalbudget ist beispielsweise eine gute Möglichkeit vor Ort und es hat meines Wissens eine gute Erfolgsquote. Deshalb möchte ich ganz klar sagen: Die CDU-Fraktion bekennt sich zum Regionalbudget. Wenn wir langzeitarbeitslose Menschen erreichen wollen, müssen wir ihnen vermitteln, dass Arbeit besser ist, als zu Hause zu bleiben, und sie dazu peu à peu befähigen. An den kleinen und mittelständischen Unternehmen soll es

nicht liegen, denn diese suchen bereits händeringend Arbeitskräfte. Das Zusammenspiel von Bildungsträgern, Jobcentern und der Wirtschaft muss besser werden und vor allem messbar.

Deshalb unsere Forderung, alle gewährten Maßnahmen an Erfolge zu koppeln. Bei der Integrationsbegleitung sind es beispielsweise 15 % der Maßnahmeteilnehmer, die mindestens sieben Monate sozialversicherungspflichtig beschäftigt sein müssen. Das Beschäftigungsverhältnis muss mindestens für 12 Monate zu tariflichen Vereinbarungen, oder - soweit diese nicht bestehen - zu den ortsüblichen Bedingungen geschlossen werden. Nicht, dass mich hier jemand falsch versteht: Ich weiß, dass zahlreiche Maßnahmenträger viel leisten und dass sie auch oft an Grenzen stoßen. Aber mit Blick auf immer knapper werdende Mittel können wir es uns einfach nicht leisten, 85 % der Teilnehmer wieder gehen zu lassen. Diesen Anteil beziehe ich auf die Integrationsbegleitung.

Jeder, der arbeitsmarktpolitische Programme umsetzt, muss sich an einer Vermittlungsquote messen lassen. Das ist Kern des Antrages. Viele Ihrer Positionen bzw. Gegenargumente, die wir jetzt in der Debatte austauschen, kann ich mir schon denken.

Damit bin ich bei Ihrem Entschließungsantrag: Ich musste ja ein wenig schmunzeln. Dass in Ihrem Entschließungsantrag der öffentliche Beschäftigungssektor vorkommt, war mir schon klar. Aber ich möchte einmal in Erinnerung rufen: Die Linke wollte 16 000 Menschen in den öffentlichen Beschäftigungssektor bringen, im Koalitionsvertrag waren es dann 8 000, später dann 6 500, und bis zum nächsten Jahr sollen es 2 400 werden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich mache doch etwas nicht besser oder schöner, indem ich es ständig wiederhole.

Allerdings habe ich mich sehr über den zweiten Punkt Ihres Antrages gefreut. Daraus zitiere ich jetzt - es geht um langzeitarbeitslose Menschen -:

„Für diese Menschen sind langfristige, systematisch aufeinander aufbauende Integrationsaktivitäten erforderlich.“

Das ist genau das, was ich jedes Mal in jeder Debatte sage. Würden wir über diesen Entschließungsantrag punktweise abstimmen, könnte ich diesem Punkt ohne Bedenken zustimmen.

(Frau Lehmann [SPD]: Das ist doch schön! Da haben wir schon mal eine Schnittstelle!)

In Gänze allerdings - ich sagte bereits: der öffentliche Beschäftigungssektor ist darin enthalten - lehnen wir Ihren Antrag ab. Ich bitte bei dieser gesamten Diskussion daran zu denken, dass wir nur noch halb so viel Geld haben. Von daher müssen wir unsere Programme effizienter gestalten. - Vielen Dank.

(Beifall CDU sowie vereinzelt FDP)

Der Abgeordnete Baer spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Schier hat darauf hingewiesen: Die Arbeitsmarktsituation sieht derzeit gut aus. Die Arbeitslosenquote befindet sich auf einem histori

schen Tiefstand. Die Zahl der Langzeitarbeitslosen konnte seit 2005 halbiert werden.