Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Wir kommen nun zum Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Holzschuher erhält das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Um das Fazit gleich vorwegzunehmen: Ich halte es nicht im Geringsten für erforderlich, jetzt über ein neues Versammlungsgesetz nachzudenken. Das derzeit geltende Recht ist in jeder Hinsicht ausreichend.
Nun ist es sicherlich richtig, dass das Gesetz, das wir im Zuge der Föderalismusreform als frühere bundesrechtliche Regelung übernommen haben, schon eine Weile gilt. Aber es muss einen Grund haben, warum seit nunmehr sieben Jahren erst vier Bundesländer versucht haben, ein grundlegendes, eigenständiges Versammlungsgesetz zu schaffen. Alle anderen - darunter unser Bundesland - vertrauen weiterhin auf die bewährten Regelungen im Versammlungsgesetz.
Herrn Goetz ist sicherlich Recht zu geben, dass es einzelne Aspekte gibt, die nicht unmittelbar aus dem Gesetz hervorgehen. Aber es gab über die Jahrzehnte hinweg eine große Zahl von Entscheidungen der Verwaltungsgerichte - bis hin zum Bundesverwaltungsgericht - und natürlich auch der Landesverfassungsgerichte sowie des Bundesverfassungsgerichtes. Dadurch ist die möglicherweise etwas vage Formulierung der einen oder anderen Regelung im Versammlungsgesetz so konkretisiert worden, dass wir jetzt in allen Bundesländern in Deutschland ein auch im internationalen Maßstab absolut modernes, grundlegendes Versammlungsrecht haben, und ich sehe nicht den geringsten Grund, jetzt ad hoc etwas übers Knie zu brechen, wenn wir dieses grundlegende Gesetz doch sehr gut in unserem Land anwenden können.
Ich habe gestern bei dem Thema Akteneinsichtsrecht mit Überraschung vernommen, dass sich die CDU als Partei der Mitte sieht, aber die Linke und die SPD eher als konservative Gruppierung eingeordnet wurde, wenn es um das Akteneinsichts
recht geht. Jetzt sind die Fronten wieder klar, das ist schön. Wir haben die konservativen - ich möchte sagen, in diesem Fall fast schon rückschrittlichen - Positionen, die wir eben von der CDU zu diesem Thema gehört haben, und den Versuch sowohl von der FDP als auch von den Grünen, durch Liberalisierung sehr weit - vielleicht auch über das Ziel hinaus - zu gehen, was das Versammlungsrecht betrifft.
Wir, die Linke, die SPD und die Landesregierung, stehen in der Mitte. Wir haben die richtige Position. Das Gesetz sollte so bleiben, wie es ist. Den Antrag können wir ablehnen. Es würde mich freuen, wenn wir dies heute tun könnten. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Holzschuher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Goetz, Sie haben noch einmal das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Kolleginnen und Kollegen! Frau Stark, Sie sprachen von 15 Jahren. Das Versammlungsgesetz der Bundesrepublik Deutschland ist aus dem Jahr 1953 - das sind 60 Jahre.
Ein 60 Jahre altes Gesetz, zugegebenermaßen mit Modifizierungen. Aber es ist inzwischen wirklich etwas aus der Zeit gefallen und nur durch Richterrecht fortgebildet worden. Ohne die umfangreiche Rechtsprechung dazu wäre dieses Gesetz heute überhaupt nicht mehr anwendbar. Da geht es um Rechtsklarheit, die man schaffen kann, indem man das, was als Rechtsetzung über die Gerichte gekommen ist - als Richterrecht -, in Normen fasst.
Es geht hier nicht um verfassungsrechtliche Angriffe auf irgendwelche anderen Gesetze, sondern einfach um die Ausformung unserer Rechtsetzungsmöglichkeiten aus der Föderalismusreform. Und wenn gefragt worden ist, wieso wir nicht mehr auf einen friedlichen Verlauf der Versammlungen hinwirken wollten, dann sage ich: Es geht uns nicht um diese Regelung, sondern um die Bußgeldbewehrung des Hinwirkens auf den friedlichen Verlauf. Wir meinen, dass eine solche Bußgeldbewehrung unter Umständen dazu führen kann, dass mancher, der sich gern versammeln bzw. demonstrieren würde, im Hinblick darauf von einer solchen Versammlung Abstand nimmt, welche persönlichen Folgen ihm entstehen könnten, wenn irgendjemand meint, er habe seine Pflichten verletzt.
Kollege Lakenmacher - er ist nicht da - stimmt der Überweisung zu. Insofern nehme ich das wohlwollend zur Kenntnis. Klar haben wir in verschiedenen Bereichen unterschiedliche Positionen, aber genau deshalb haben wir nichts Fertiges vorgelegt, sondern gesagt: Wir wollen mit dem Thema Versammlungsrecht in den Innenausschuss gehen, um dort durch die Diskussion über die Fraktionen hinweg zur besten Lösung zu kommen.
Herr Dr. Scharfenberg, wenn Sie auf Halbe Bezug nehmen, dann habe ich nichts dagegen. Es ist gut gelaufen, dass es so gekommen ist, wie es dort gekommen ist. Das ändert aber nichts daran, dass der Gesetzgebungsspielraum für uns als Landtag
des Landes Brandenburg vorhanden ist, von den eigenen Kompetenzen Gebrauch zu machen, und wir das in diesem Falle tatsächlich tun sollten, um in die Jetztzeit hinüberzukommen und die alten Normen sowie die Zersplitterung des Rechtes, die sich aus der Rechtsprechung ergibt, für uns zu beheben.
Selbstverständlich braucht dies einen sensiblen Umgang, und ich hatte eigentlich geglaubt - aus der Antirassismus-Novelle heraus, die im November in den Landtag kommen wird -, dass wir eine Umgangsform gefunden hätten, die so etwas ermöglicht; denn letztlich ist das, was wir im Versammlungsrecht wollen, auch Ausformung dessen, was über die Rassismusnovelle in die Landesverfassung kommen wird. Auch in diesem Punkt können wir also, denke ich, schon ein Stück weit nachvollziehen, was in der Landesverfassung vorgelegt werden soll. Bei Neuruppin ist das ähnlich.
Deswegen haben wir zwar Fristen darin, aber sie gelten nur für die Berichterstattung der Landesregierung. Also, wir sagen, die Landesregierung möge uns irgendwann im Januar sagen, was ihr bis dahin eingefallen ist. Wenn es wenig ist und gesagt wird, es brauche noch Zeit, ist das auch kein Problem. Aber zu sagen, wir wollen nicht einmal das, verblüfft dann schon.
Natürlich, Frau Nonnemacher, wollen wir ein Versammlungsfreiheitsgesetz; liebe Ursula, ganz klar. Das ist die Intention unseres Entwurfes. Dabei sind wir dicht beieinander, auch wenn in Einzelfragen möglicherweise unterschiedliche Auffassungen bestehen, denn genau dazu ist der Innenausschuss da, um in Ruhe und Sachlichkeit eine solche Erörterung führen zu können.
Verblüffend ist vor diesem Hintergrund, Herr Innenminister, dass Sie erklären, Sie hielten nicht einmal ein Nachdenken darüber für erforderlich. Wenn man Nachdenken nicht für erforderlich hält, dann fällt mir nichts mehr dazu ein. Man muss sich schon in dem hinterfragen, was man tut und welches Recht man hat, und da Sie das ständig - wie Sie auch sagen - bei der Polizeireform tun würden, warum wollen Sie es im Versammlungsrecht nicht tun, zumal es zugegebenermaßen - das ist von allen eingeräumt worden - auch bei der Ausformung des Versammlungsrechts im Land Brandenburg zu Problemen gekommen ist - Beispiel Neuruppin -, die doch zum Nachdenken führen sollten und nicht zu einer Nachdenkensverweigerung? Herr Innenminister, das ist nun überhaupt nicht nachvollziehbar.
Über vieles könnte man im Innenausschuss sprechen, dazu ist er da. Das war unser Anliegen, deshalb keine Schlussabstimmung, sondern wir wollten die Überweisung. Ich nehme zur Kenntnis, dass es anscheinend von der Regierungskoalition nicht gewollt ist, über das Thema zu sprechen. Das verblüfft, verwundert andererseits nicht, wenn man das gestern verabschiedete Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz sieht. Es ist einfach bei Ihnen in der Regierungskoalition so - wir nehmen es zur Kenntnis -: Mit Grundrechten, Grundfreiheiten und Bürgerrechten haben Sie es nicht so. Das ist schade.
(Beifall FDP und B90/GRÜNE - Frau Gregor-Ness [SPD]: Das ist eine Unterstellung! - Empörung der Abgeordneten Stark [SPD])
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Wir sind am Ende der Aussprache angelangt und kommen zur Abstimmung. Die
FDP hat die Überweisung des Antrags „Gesetzgebungskompetenz nutzen - modernes Versammlungsrecht für Brandenburg schaffen!“, Drucksache 5/7925, an den Ausschuss für Inneres beantragt. Wer diesem Überweisungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Sehe ich nicht. Der Antrag ist mit deutlicher Mehrheit abgelehnt worden.
Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag in der Sache. Wer dem Antrag der FDP-Fraktion „Gesetzgebungskompetenz nutzen - modernes Versammlungsrecht für Brandenburg schaffen!“, Drucksache 5/7925, zustimmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? Bei einer Enthaltung ist der Antrag mit deutlicher Mehrheit ebenso abgelehnt worden.
Hierzu wurde vereinbart, keine Debatte zu führen. Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der SPD-Fraktion, Drucksache 5/7900, „Ersatzwahl eines Mitgliedes und eines stellvertretenden Mitgliedes des Richterwahlausschusses“. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Sehe ich nicht. Damit ist der Antrag einstimmig angenommen worden. Herr Abgeordneter Kuhnert ist als Mitglied und Herr Abgeordneter Ness als stellvertretendes Mitglied des Richterwahlausschusses gewählt. Herzlichen Glückwunsch dazu!
Dies war die unweigerlich letzte Sitzung für Frau Abgeordnete Wehlan. Frau Wehlan, noch einmal herzlichen Glückwunsch zur Wahl und alles Gute für den Weg.