Protocol of the Session on September 25, 2013

In den vergangenen sechs Jahren der EU-Förderperiode wurden fast 1 080 Investitionsmaßnahmen unterstützt und so In

vestitionen in Höhe von 375 Millionen Euro ausgelöst. Bis zum Ende der Förderperiode 2013 geht man von fast einer halben Milliarde Euro geförderter Investitionen in Landwirtschaftsbetriebe aus. Das wird ermöglicht durch die EU, den Bund und das Land - dafür herzlichen Dank.

Bei der Nachwuchsgewinnung und -ausbildung sind in Brandenburg mittlerweile Zeichen gesetzt worden. Wir haben eine Eigeninitiative gestartet, die auch vom Land weiterhin begleitet wird: Wir haben Ausbildungsnetzwerke geschaffen, die sehr erfolgreich arbeiten. Betriebe haben sich zusammengeschlossen und organisieren die Ausbildung gemeinsam; dabei werden sie gefördert. Das hat auch damit zu tun, dass wir durch die moderne Ausgestaltung der Landwirtschaft einen Spezialisierungsgrad erreicht haben, dessentwegen nicht mehr alle Tierarten in allen Betrieben vorhanden sind, also im dualen Ausbildungssystem nicht mehr alle Arbeitsabläufe vermittelt werden können; insofern sind diese Ausbildungsnetzwerke wichtig. Die Ausbildungsergebnisse sprechen für den Erfolg dieser Netzwerkarbeit: Die Abschlüsse liegen über dem Durchschnitt. Das sichert Zukunft in der Landwirtschaft, meine Damen und Herren. Die Bewertung der Netzwerke durch die Betriebe und Auszubildenden ist durchweg positiv; das macht Mut.

Im Bereich von Wissenschaft und Forschung sind viele Einrichtungen in der Region präsent: Das Leibniz-Institut für Agrartechnik in Bornim will ich nennen, das ZALF in Müncheberg, aber auch die Hochschule Eberswalde. Brandenburg hat gute Voraussetzungen, diese Einrichtungen noch besser zu nutzen. Die anwendungsorientierte Forschung und der Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis müssen aus meiner Sicht gestärkt, Möglichkeiten, die sich aus Innovationspartnerschaften ergeben, genutzt werden.

Die täglichen Probleme der Landwirtschaft, meine Damen und Herren, sind trotz der guten Rahmenbedingungen nicht von der Hand zu weisen. Die Ernte war dieses Jahr gut, aber die Preise für Getreide rutschen bei steigenden Kosten ab - auch wegen Auflagen, die um uns herum existieren. Diese können nur durch Mehrarbeit und Rationalisierung ausgeglichen werden.

Überschattet waren dieses und das vergangene Jahr von Hochwasserschäden und Vernässungsproblemen. Hierzu sind im Haus Debatten geführt worden und sind auch weiterhin nötig.

Hinzu kommen immer wieder Preiskrisen. Die Forderung nach einer Risikoausgleichsrücklage will ich aus meinem Redebeitrag nicht ausklammern. Diesem Thema sollten wir auch auf Bundesebene nachgehen, um in volatile Märkte mehr Sicherheit geben zu können.

Auch beim Bodenerwerb muss gehandelt werden. Wir haben uns dazu im zuständigen Ausschuss verständigt und werden davon bin ich überzeugt - heute Nachmittag die Arbeitsgruppe Bodenmarkt ins Leben rufen. Im Bodenmarkt sind nämlich Preise aufgerufen, die sich in der Landwirtschaft über den sogenannten Reinertrag der Fläche nicht realisieren lassen. Die Produktionsgrundlage der Betriebe wird damit infrage gestellt.

Probleme gibt es auch bei der Wertschöpfung der nachgelagerten Bereiche. Die Schließung zum Beispiel des Schlachthofes in Kasel-Golzig hat damit zu tun, dass die Tierkonzentration in Brandenburg zu gering ist, um diese moderne Anlage, die nicht einmal älter als 15 Jahre ist, auszulasten.

Wir brauchen ein landwirtschaftsfreundliches Klima. Getreide gedeiht nur, wenn die Rahmenbedingungen stimmen; das gilt auch für die Pflanze Landwirtschaft. Wir brauchen außerdem eine Stärkung der Tierhaltung - Michael Luthardt und Dieter Dombrowski haben es angesprochen. Dies bedeutet eine Stärkung der Landwirtschaft in Gänze und mehr Wertschöpfung und Arbeitsplätze im ländlichen Raum. Dieses Element der Agrarwirtschaftsinitiative muss stärker betont werden.

Meine Damen und Herren, die natürlichen Standortbedingungen sind in Brandenburg nicht optimal. Das Ertragsniveau liegt 20 bis 30 % unter dem bundesdeutschen Durchschnitt; durchlässige, leichte Böden sind die Ursache hierfür. Deshalb ist Veredelung ein Ausweg.

Der hohe Grünlandanteil hat heute schon eine Rolle gespielt. Die Tierhalter brauchen ermutigende Ansätze, stoßen aber bei Genehmigungsverfahren für neue umwelt- und tiergerechte Ställe immer wieder auf Schwierigkeiten. Sie erfüllen die höchsten Standards, bauen Abluftfilter ein, sorgen für ausgeglichene Nährstoffbilanzen und geschlossene Kreisläufe und stehen trotzdem in der Kritik - nur weil die Ställe heute größer sind als beim Bauernhof von anno dazumal. Ich frage: Was ist besser, ein moderner Stall mit 600 Kühen in einem Ort oder zehn verteilte Ställe in einem Ort mit jeweils 60 Kühen bei insgesamt gleichgroßer bewirtschafteter Fläche? Ich glaube, hier ist die Frage des Tierwohls - jeder Stallneubau ist aus meiner Sicht auch eine Investition ins Tierwohl - schnell zu beantworten. Wer einmal in einem Stall mit 600 Kühen war, die dortigen Abläufe kennt und die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Tiere und Menschen sieht, wird davon schnell überzeugt sein.

Beim Schweinefleisch können Berlin und Brandenburg die regionale Nachfrage bei weitem nicht decken. Wir haben vorhin über Regionalität gesprochen. Nur knapp jedes vierte Stück Fleisch kommt aus der Region. Eigentlich müsste jede dreiköpfige Familie ein Schwein halten. Dies war und ist unmöglich. Stattdessen übernehmen in Deutschland gerade einmal 60 000 Betriebe - in Brandenburg sind es nur 700 - diese Aufgabe. Logisch, dass dann die Tierbestände größer ausfallen müssen, meine Damen und Herren.

Bei Eiern und Geflügel sind wir ebenfalls unterversorgt. Hier haben wir noch Potenzial. Als ich vor über 30 Jahren an der Uni Rostock zum Diplomagraringenieur ausgebildet wurde, durfte ich in der Prüfung auf die Frage antworten, wie ich die Kreislaufwirtschaft einschätze. Mit Blick auf den Kreislauf Boden-Pflanze-Tier-Boden bräuchten wir für Brandenburger und Mecklenburger Verhältnisse mindestens zwei Großvieheinheiten je Hektar, um über diesen Kreislauf genug, das heißt mehr Humus zuzuführen als zu entziehen. Michael Luthardt, wir haben unter 0,5 Großvieheinheiten je Hektar; ja, das ist zu wenig. Das ist die halbe Kuh auf dem berühmten Fußballplatz. Daraus kann eine ganze Kuh werden - das ist meine Botschaft. Dann haben wir erst eine Großvieheinheit je Hektar und noch nicht zwei, aber mit der einen sind wir immerhin auf einem guten Weg.

Im ökologischen Landbau sind wir spitze; darauf will ich jetzt nicht weiter eingehen. Auch die Förderperiode ist besprochen worden.

Ich weiß, dass meine Redezeit gleich zu Ende ist; ich habe allerdings noch anderthalb Seiten und würde euch so gerne alles mitteilen, was hier draufsteht,

(Heiterkeit bei SPD - Beifall des Abgeordneten Ness [SPD])

weil wir nämlich als Landwirte die Guten sind! Wir erzeugen nicht nur Nahrungsmittel in der entsprechenden Qualität, sondern auch saubere Energie, bieten Direktvermarktung an, unterbreiten Urlaubs- und Freizeitangebote und erbringen Dienstleistungen für die Kommune. All das ist aus meiner Sicht kein Selbstläufer. Dahinter stehen Menschen, Betriebe, Unternehmen mit Ideen.

Ich war gestern in Brüssel. Dieter Dombrowski hat angesprochen, dass die Ergebnisse, die wir von dort gehört haben, ermutigend sind. Aber wenn man sich zum Beispiel die Kleinteiligkeit der Marktordnung anschaut - gestern haben wir dort das Thema Milch in einer Schwerpunktdiskussion begleitet -, erkennt man, dass wir von einer Einigung noch weit entfernt sind.

Es wird auch wichtig sein, dass wir alles dafür tun, in absehbarer Zeit auch in Deutschland einen einheitlichen Fördersatz zu erreichen, denn es gibt - selbst bei den Kürzungen, die uns erwarten - immer noch einen Unterschied bei der Flächenprämie in der ersten Säule. Sie liegt in Bayern und Niedersachsen bei 332 Euro, in Brandenburg nur bei 269 Euro; die Differenz beträgt 63 Euro.

Meine Damen und Herren, die Landwirtschaft ist die erste aller Künste. Das müsst ihr euch merken, dann sind wir alle miteinander auf einem guten Weg. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Folgart. - Wir setzen mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort; Herr Abgeordneter Beyer hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Brandenburgs Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen - ich denke, darin sind wir uns einig, das unterschreiben wir alle. Eine gute Bilanz - in Teilen auf alle Fälle, aber ich würde sie auch nicht zu positiv malen wollen.

Vieles hat Kollege Folgart eben detailliert dargelegt, wobei ich - was ich nur ungern tue - in einem Punkt ausdrücklich widersprechen muss. Ich weiß nicht, ob jede Brandenburgerin oder jeder Brandenburger unbedingt drei Schweine halten muss.

(Zuruf von der SPD: Nein! - Weitere Zurufe)

- Wie viel waren es?

(Zuruf: Eins!)

- Ach Gott! Wie dem auch sei, lieber Kollege Folgart, ich hole die Schweine immer aus dem Wald oder aus dem Mais und damit habe ich meine Schuldigkeit getan. Das sei nur am Rande bemerkt.

(Beifall SPD und FDP)

- Genau, darin sind wir uns auch wieder einig. Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn sich selbst der Kollege Dr. Luthardt in seinem Redebeitrag auf die Bibel beruft, besteht Hoffnung, dass wir die diversen Probleme lösen können.

Daher kann ich feststellen: Die Landwirtschaft in Brandenburg ist leistungsstark. Sie ist auf alle Fälle innovativ. Sie ist in vielen Regionen des Landes ein wichtiger, in vielen Regionen sogar der wichtigste Arbeitgeber. Leistungsstarke Betriebe sind das wirtschaftliche Rückgrat im ländlichen Raum. Daher ist es richtig, auch wenn man immer über die Frage der Aktualität von Aktuellen Stunden streiten kann - einen herzlichen Glückwunsch an die Kolleginnen und Kollegen von der Linken -, die Landwirtschaft heute erneut zum Thema der Aktuellen Stunde zu machen. Wenn wir uns in dem einen oder anderen Punkt vielleicht etwas einiger sind als sonst üblich, wäre das nach diesen turbulenten Wahlkampfwochen nicht ganz schlecht.

Ich möchte nur erwähnen: Vor fast genau zwei Jahren, nämlich am 28. September 2011, hatte meine Fraktion eine Aktuelle Stunde zur Landwirtschaft beantragt. Damals haben wir über drei Fraktionen hinweg einen Entschließungsantrag verabschiedet, sodass das heute gar nicht mehr notwendig ist.

Ich möchte einige Punkte benennen, die wir meiner Ansicht nach kritisch reflektieren sollten. Klar ist: Wichtig für die Entwicklung des ländlichen Raumes ist die Landwirtschaft. Sie steht aber vor großen gesellschaftlichen Herausforderungen, von denen ich nur wenige benennen möchte: Flächendeckende Ernährungswirtschaft gehört genauso dazu wie die Produktion von Biomasse und nachwachsenden Rohstoffen sowie Themen aus den Bereichen Umwelt, Tierschutz, Erhaltung der Kulturlandschaft und das große, noch nicht abschließend geklärte Thema der veränderten Bedingungen in der neuen EU-Förderperiode.

In vielen Punkten waren wir uns seinerzeit - vor zwei Jahren in dem gemeinsamen Entschließungsantrag einig. Es geht darum, einen Rahmen zu setzen, in welchem sich die Landwirtschaft erfolgreich entwickeln kann. Wir sind gegen Kappung und Direktzahlung. - Jetzt nickt der Minister auch bei mir und nicht nur beim Kollegen Dombrowski: Auch da sind wir uns offensichtlich einig. Wir sind für weniger Bürokratie und mehr unternehmerische Freiheit. Man muss ausdrücklich sagen: Das Ergebnis in den Trilog-Verhandlungen ist noch nicht stabil, denn es muss noch im Plenum und im Agrarausschuss des EUParlaments beraten werden. Deshalb sollten wir sehr vorsichtig sein und auf Basis unserer Beschlüsse hier im Landtag weiterhin ein sehr wachsames Auge auf das werfen, was von Brüssel auf uns zukommen wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei aller Einigkeit in einer ganzen Reihe von Grundsatzfragen gibt es auch Unterschiede nicht nur zur Fraktion DIE LINKE, sondern auch zu anderen. Wenn ich in dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zur heutigen Aktuellen Stunde lese, „Ziel der Landespolitik muss es sein,

die Landwirtschaft und damit den ländlichen Raum im Einklang mit den gesellschaftlichen Anforderungen zu stärken“, dann muss man bei allen Gemeinsamkeiten in den Grundsätzen sehr genau hinsehen, wie sich das im Detail auswirkt. Es gibt eine ganze Reihe von Themen, die ich jetzt alle gar nicht aufzählen kann, denn dann würde es mir genauso gehen wie dem Kollegen Folgart mit seinem Redeskript. Ich möchte nur auf das Thema Schadtiere hinweisen. Beim Biber werden wir heute weiterkommen - das hoffe ich zumindest. Das Thema steht heute auf der Tagesordnung. Beim Kormoran sage ich: Na ja, da ist so einiges im Fluss.

(Domres [DIE LINKE]: Alles ist auf einem guten Weg!)

- Okay, das kommt gleich ins Protokoll: Kollege Domres hat gesagt, wir sind auf einem guten Weg. Richtig?

(Domres [DIE LINKE]: Genau!)

- Wunderbar, das haben wir im Protokoll! - Dann haben wir den Wolf. Das ist, wie viele andere Themen auch, ebenfalls ein schwieriges Thema im Bereich der Landwirtschaft. Gleiches gilt für das Thema der unternehmerischen Freiheit der brandenburgischen Landwirtschaft, liebe Frau Ministerin.

(Zuruf: Genau!)

- Ja, das ist das große Thema. Wie sind wir da aufgestellt? Setzen wir das, was vonseiten der EU kommt, eins zu eins um oder gehen wir darüber hinaus? Das ist eine der großen Fragen, die wir uns stellen müssen. Wir sind noch nicht so weit, jederzeit sagen zu können: Es geht um eine gute Bilanz. Viele andere Fragen haben sich gestellt.

Ich möchte es auf den Punkt bringen: Ja, die Landwirtschaft in Brandenburg ist leistungsstark, sie ist innovativ, sie ist in vielen Regionen der wichtigste Arbeitgeber, aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen auch wirklich etwas dafür tun, dass das so bleibt. Das wäre mein Wunsch. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Vogel erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn die landwirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen, Frau Niels, heute hier nicht steht, dann wissen Sie jetzt auch, aus welchem Grund. Sie hat einen aktiven Beitrag zur Bevölkerungsentwicklung im ländlichen Raum Brandenburgs geleistet.

(Beifall)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn sich fast 40 000 Besucher beim landwirtschaftlichen Erntefest in Kremmen versammeln, so ist das eine gute Bilanz für das Erntefest. Eine gute

Bilanz für die Brandenburger Landwirtschaft ist damit aber noch lange nicht verbunden.

(Zuruf: Doch!)