Protocol of the Session on September 25, 2013

Meine Damen und Herren, im Antrag der Linken heißt es:

„Brandenburgs Landwirtschaft ist gut aufgestellt.“

Diese Einschätzung mag für viele Betriebe zutreffend sein, aber so pauschal, wie es die Linke hier vorgetragen hat, stimmt sie dann wohl doch nicht. Ein Blick in die Statistiken des Landes - die Auswertungen sprechen eine deutliche Sprache.

Brandenburgs Landwirtschaft fußt auf kleinen und großen Betrieben unterschiedlicher Betriebs- und Rechtsformen - das ist richtig. Allerdings sagt diese Feststellung noch nichts über die Agrarstruktur im Land aus. Nach den Zahlen des Statistischen Amtes Berlin-Brandenburg - das sind die aktuellen Zahlen aus dem Bericht 2012 - gab es in Brandenburg rund 5 500 Agrarbetriebe. Davon haben fast 90 % - das betone ich - eine Betriebsgröße bis zu 500 Hektar. Allerdings bewirtschaften diese 90 % nur ein Drittel der landwirtschaftlichen Nutzfläche in Brandenburg. Fast die Hälfte - genau 47 % - der landwirtschaftlichen Nutzfläche Brandenburgs wird hingegen von 5 % aller Agrarbetriebe bewirtschaftet, die 1 000 Hektar groß und größer sind. Angesichts der von der Linken generell kritisierten Vermögensverteilung in Deutschland stört sich die Linke an solchen Verhältnissen in der Landwirtschaft anscheinend nicht.

(Beifall B90/GRÜNE)

Dass Flächengiganten nicht per se mehr Wertschöpfung generieren, zeigen die Ergebnisse der Gesamtrechnung für den Wirtschaftsbereich Landwirtschaft. Betrachtet man die Bruttowertschöpfung der Landwirtschaft als Maß für die in einer Region erbrachte wirtschaftliche Leistung, stellt man fest, dass Brandenburg im Ländervergleich nur auf Platz 10 landet. Nordrhein-Westfalen, Niedersachen oder Bayern erzielen hingegen eine Bruttowertschöpfung, die entweder doppelt oder dreimal so hoch wie die Brandenburgs ist. Darüber hinaus beschäftigen

natürliche Personen, also Einzelunternehmen, wesentlich mehr Personen pro Hektar und damit mehr Arbeitskräfte als juristische Personen. Zu diesem Ergebnis kam auch die StärkenSchwächen-Analyse, die im Rahmen der Erarbeitung des Entwicklungsprogramms für den ländlichen Raum für die neue Förderperiode im Auftrag unserer Landesregierung durchgeführt wurde - die also nicht irgendwoher kam, sondern im Auftrag unserer Landesregierung erfolgte. Darin kann man nachlesen: Mit 1,7 Arbeitskräfteeinheiten je 100 Hektar liegt die Arbeitsintensität in Brandenburg nicht nur weit unter dem Bundesdurchschnitt - dieser liegt bei 3,3 -, sondern sie liegt auch unter dem Durchschnitt der ostdeutschen Bundesländer.

Meine Damen und Herren, diese Zahlen zeigen, wie unsere Landwirtschaft tatsächlich aufgestellt und strukturiert ist. Daraus kann man die Herausforderungen ableiten. Zudem wird uns dadurch gezeigt, welche Förderschwerpunkte wir setzen müssen und welche Förderinstrumente benötigt werden.

Dass Brandenburg sich in einem Operationellen Programm zum Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes - ELER - auf die vier Schwerpunkte einzelbetriebliche Investitionsförderung, Agrarumweltmaßnahmen und Ressourcenmanagement, Wissenstransfer und Innovation sowie integrierte ländliche Entwicklung konzentriert, ist aus unserer Sicht der richtige Weg, um die Wertschöpfung der Landwirtschaft im Land weiter zu erhöhen. In diesem Punkt bin ich mir mit dem Kollegen Luthardt und allen anderen einig, dass sie sinnvoll und notwendig ist.

Herr Minister Vogelsänger, mit Blick auf die gemeinsame Agrarpolitik will ich jetzt dennoch nicht auf die Frage eingehen, ob die Degression oder die Förderung der ersten Hektare besser oder schlechter für unser Land ist. Die Entscheidungen sind getroffen, und ich habe gesagt: Damit können wir umgehen.

Die Förderung der ersten Hektare, auf die sich die deutschen Agrarminister verständigt haben, ist zwar ein klares Bekenntnis zu den Bauern, sie ist aber kein klares Nein zu den Konzernstrukturen außerlandwirtschaftlicher Investoren. Kapitalanleger, die bei uns in Brandenburg Ackerflächen oder ganze Betriebe aufkaufen und den ortsansässigen Landwirten wertvolle Flächen entziehen, haben weder etwas mit nachhaltiger generationenübergreifender Landwirtschaft zu tun, noch sorgen sie für zukunftssichere Arbeitsplätze und attraktive sowie lebendige, starke Strukturen in den ländlichen Räumen und unseren Dörfern.

(Beifall CDU und B90/GRÜNE)

Es ist deshalb richtig, dass wir uns heute Nachmittag abschließend mit dem von der CDU-Fraktion initiierten Antrag befassen, eine Arbeitsgruppe Bodenmarkt zu errichten. Diese muss sich vor allem mit der wichtigen Frage befassen, wie der Einfluss außerlandwirtlicher Investoren auf den Bodenmarkt künftig innerhalb der verfassungsrechtlichen Grenzen reduziert werden kann. Wenn wir uns in diesem Zuge auch noch damit beschäftigen, wie wir den Flächenverbrauch durch Investitionsmaßnahmen begrenzen, ist das sicherlich ein richtiger Gedankengang.

Meine Damen und Herren, nach unserer Auffassung sollte die EU-Agrarförderung als Strukturförderung im ländlichen Raum angelegt werden. Die Gewinnmaximierung einzelner Unter

nehmen oder der Arbeitsplatzabbau dürfen nicht das Ziel sein, wenn öffentliche Gelder und damit Steuermittel zum Einsatz kommen.

Die bäuerlich-mittelständische Landwirtschaft garantiert eine breite Streuung des Eigentums. Unser Ziel sind starke, wettbewerbsfähige Betriebe im Eigentum ortsansässiger Landwirte, eine hohe regionale Wertschöpfung, viele selbstständige Unternehmer, fest angestellte Beschäftigte sowie ein vitaler ländlicher Raum.

Was wir nicht wollen, ist ein Ausverkauf der brandenburgischen Landwirtschaft. Zudem wollen wir keinen Abfluss von Erträgen und keinen steuermittelfinanzierten Beschäftigungsabbau.

Herr Kollege Luthardt, die Wertschöpfung im Land sollte sich nicht nur auf die Produktion beziehen, sondern auch darauf, wo diese Betriebe ihre Steuern zahlen. Das ist eben bei den Konzernstrukturen, wie sie sich bei uns und auch anderswo entwickeln, nicht der Fall.

(Dr. Luthardt [DIE LINKE]: Revolutionäre Äußerung!)

- Sie wissen ja ganz genau Bescheid, ich weiß das. LPGs fanden Sie schon immer gut.

(Görke [DIE LINKE]: Heute noch!)

Meine Damen und Herren, die Verhandlungen zur gemeinsamen Agrarpolitik in Brüssel sind in einigen wesentlichen Punkten nicht abgeschlossen. Allerdings steht bereits heute fest, dass Brandenburg in der ersten Säule 6 % und in der zweiten Säule 9 % der Mittel verlieren wird. Hierbei sind die Kürzungen der Direktzahlungen Folge der zusätzlichen Junglandwirte- und Kleinlandwirteförderung noch nicht berücksichtigt.

Berücksichtigt man diese Faktoren zusätzlich in der Rechnung, können wir bereits heute mit Sicherheit sagen, dass Brandenburg mit einer Mittelkürzung in der ersten Säule um mindestens 15 % rechnen muss. Deshalb haben Sie, Herr Minister, auch die volle Unterstützung der CDU-Fraktion hinsichtlich Ihrer Entscheidung, keine Mittel in Höhe von 15 % von der ersten in die zweite Säule umzuschichten.

(Minister Vogelsänger: Ja!)

Der Minister nickt - richtig so.

Das bringt weder den Betrieben etwas, die Direktzahlungen erhalten, noch würde es sich nachhaltig auf die Förderkulisse in der zweiten Säule auswirken, in der der Großteil der Mittel für Ökolandbau, Agrarumweltmaßnahmen und die ländliche Entwicklung gebunden ist.

Im Übrigen sage ich an die Adresse der Grünen: Eine zusätzliche Mittelumschichtung von der ersten in die zweite Säule würde sich auch negativ auf die Ökolandbaubetriebe und ihre Betriebsprämien auswirken.

Meine Damen und Herren, große Herausforderungen für die Landwirtschaft ergeben sich auch durch den Hochwasserschutz. Wir alle wissen, dass es allein mit dem Bau höherer Deiche

nicht getan ist. Wir brauchen zusätzlich weitere Retentionsflächen und müssen das Überschwemmungsgebiet in die Hochwasser führenden Flüsse im Notfall entwässern können. Nur so können Hochwasserscheitel gekappt - wir haben letztens erst wieder erlebt, wie wirksam dieses Mittel ist - und der Schutz der Unterlieger verbessert werden.

Frau Ministerin Tack, Sie werden aber keinen Landwirt für den vorbeugenden Hochwasserschutz gewinnen, wenn Sie die Landwirte nicht endlich mit ins Boot holen.

(Beifall CDU)

Meine Fraktion ist der Auffassung, dass eine mit öffentlichen Geldern betriebene Flächenvorsorge zur Schaffung ungenutzter Auen nicht das Ziel des vorsorgenden Hochwasserschutzes sein kann. Die Landwirte sollen schließlich auch in Zukunft Polderflächen bewirtschaften.

Wenn Sie diese Flächen zum Zwecke des Hochwasserschutzes zur Kappung des Hochwasserscheitels bereitstellen, sind die Landnutzer für diesen Katastrophenschutzdienst vollumfänglich zu entschädigen. Auch zu diesem Antrag der CDU-Fraktion, der im August in den Umweltausschuss überwiesen wurde, wird die Debatte noch zu führen sein.

Frau Ministerin, mit Ihrer Politik der feuchten Enteignung bescheren Sie nicht nur den Hausbesitzern nasse Keller, sondern stellen auch die Landwirte vor Probleme - egal, ob an der Müggelspree im Landkreis Oder-Spree oder in den Ungeheuerwiesen entlang des Königsgrabens in Potsdam-Mittelmark.

(Ministerin Tack: Jetzt können Sie die Leier langsam mal einstellen!)

In dem einen Fall realisiert der zuständige Wasser- und Landschaftspflegeverband wasserbauliche Maßnahmen - Altarmanschlüsse sowie den Bau von Rigolen -, für die eigentlich Planfeststellungsverfahren notwendig sind, und im anderen Fall übt Ihr Landesamt das naturschutzfachliche Vorkaufsrecht über einen Landwirt aus, um das Grünland dem dortigen Landschaftsförderverein zu übertragen, dessen Projektziel in der Vernässung und im Moorschutz liegt. Von dem immer wieder bekräftigten Freiwilligkeitsprinzip beim Moorschutz ist hier nichts zu merken.

Ich komme nun zum Ende, meine Damen und Herren:

(Ministerin Tack: Das ist auch besser so!)

Mit dieser Aktuellen Stunde will die Linke Bilanz ziehen und Handlungsfelder diskutieren. Die Bilanz der CDU ist, dass wir als verantwortungsvolle Opposition unsere Hausaufgaben gemacht und fachliche Anträge gestellt haben, die wir auch beraten.

Frau Ministerin Tack, insbesondere Sie sind aufgefordert, den Landwirten, den Fischern und auch den Waldbesitzern das Leben nicht schwerer zu machen, wenn sie in der Landschaft wirtschaften, als es ohnehin schon ist. - Danke schön.

(Ministerin Tack: Immer schön bei der Wahrheit bleiben! - Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dombrowski. - Wir kommen nunmehr zum Beitrag der SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Folgart hat das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen aus dem Parlament! Liebe Gäste!

„Die Landwirtschaft ist die erste aller Künste; ohne sie gebe es […] keine Dichter und Philosophen; nur das ist wahrer Reichtum, was die Erde hervorbringt.“

Das sage ich zunächst einmal heute, das hat aber vor gut 270 Jahren der preußische König - Friedrich II. - schon einmal gesagt, der im letzten Jahr 300 Jahre alt wurde. Das ist ein wahrer Ausspruch, der auch heute noch gilt. Insofern freue ich mich, dass wir heute in der Aktuellen Stunde über den Bereich Landwirtschaft bzw. Agrarwirtschaft sprechen.

Ja, 2013 war ein gutes Jahr für die Landwirtschaft. Wir haben eine gute Ernte zu konstatieren und akzeptable Milchpreise. Der Wermutstropfen ist aber: Wir haben steigende Kosten und niedrigere Erlöse bei Getreide, beispielsweise Raps, zu konstatieren. Auch die Obstbauern und Gemüsebauern - darauf wurde vorhin bereits hingewiesen - kommen in der Bilanz etwas schlechter weg.

Trotzdem ist die Stimmung gut, meine Damen und Herren. Das 10. Brandenburger Dorf- und Erntefest zeigte die Verankerung der Landwirtschaft in den Dörfern und im ländlichen Raum. Als ich vorhin mit dem Kollegen Bommert darüber sprach, wurde deutlich, dass die Stimmung in Kremmen hervorragend war. Es kamen so viele Besucher zum Fest, wie Mitarbeiter in der Landwirtschaft beschäftigt sind, nämlich 36 500. Diese Zahl ist erfreulich stabil - anders als in manch anderer Branche.

In Ergänzung dazu möchte ich sagen: Wenn wir heute über Landwirtschaft sprechen, reden wir im weitesten Sinne über die Agrarwirtschaft. Michael Luthardt hat schon auf die 17 000 Arbeitsplätze im Bereich des Gartenbaus hingewiesen. Ich will auch das Cluster Holz nicht ganz vergessen: Hier gibt es 15 000 Arbeitsplätze bis hin zum letzten Beschäftigten im Sägewerk. Die Fischer vergessen wir heute hier natürlich auch nicht.

Erfreulich ist der positive Trend bei den ständig Beschäftigten in der Landwirtschaft. Immerhin sind das in Brandenburg 22 500. Damit ist die Landwirtschaft ein wichtiger Arbeitgeber im Dorf, ein wichtiger Wirtschaftszweig und ein wichtiger Ankerpunkt im ländlichen Raum. Landwirtschaft ist in der Tat als Wertschöpfungsfaktor zu betrachten.

Die Landesregierung hat bereits im Jahr 2004 - also vor neun Jahren - die Agrarwirtschaftsinitiative formuliert. Die Schwerpunkte darin heißen flächendeckende Landbewirtschaftung, aber auch Investitionen in moderne Tierhaltung fördern. Ein weiterer Schwerpunkt ist, darauf hinzuwirken, dass wir die Nachwuchskräftesicherung sowie Wissenschaft und Forschung im Bereich der Landwirtschaft voranbringen.

In den vergangenen sechs Jahren der EU-Förderperiode wurden fast 1 080 Investitionsmaßnahmen unterstützt und so In