Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Herr Abgeordneter Dombrowski, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der heutige Tag hier im Parlament ist sehr vielfältig. Er begann sozusagen mit den Folgen politischer Katastrophen, nämlich mit der Arbeit dieser Landesregierung,
wie zum Beispiel der letzten Flut und den daraus verursachten Mückenbeschwernissen und Mückenplagen in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Bayern. Ich glaube, in Brandenburg doch nicht. Aber die Menschen, die in den betroffenen Gebieten wohnen, wissen das besser.
Allerdings scheinen Sie, Frau Ministerin, in Ihrer Potsdamer Amtsstube die Probleme und Wirklichkeiten der Brandenburgerinnen und Brandenburger schon lange nicht mehr zu sehen. Das ist jedenfalls mein Eindruck, wenn ich den Bericht Ihres Hauses auf die Fragen der CDU-Fraktion im Umweltausschuss von vor zwei Wochen lese.
Entsetzt bin ich von den Ausführungen Ihres Abteilungsleiters, die er im Ausschuss machte. Herr Steffen vertrat dort die Auffassung, dass es sich für ihn um ein ganz normales Mückenjahr handelt. Das Problem sei nur der demografische Wandel und die Abnahme der brandenburgischen Bevölkerung.
Er schlussfolgerte daraus - so jedenfalls wurde es mir berichtet -, dass die gleiche Anzahl Mücken nun auf weniger Brandenburger trifft, die demzufolge öfter gestochen werden.
Also bei aller Sachlichkeit: Diese Erklärung grenzt schon an ein Stück aus dem Brandenburger Tollhaus.
Worum geht es in unserem Antrag? Das letzte Hochwasser in Brandenburg und in anderen Regionen Deutschlands hat nicht nur Schäden an den Deichen, an der Infrastruktur, an privatem Eigentum und an landwirtschaftlichen Kulturen hinterlassen. Als unmittelbare Folge der Überschwemmung und der günstigen Witterung, insbesondere der hohen Temperaturen, vermehrten sich die Mücken in vielen Regionen unseres Landes rapide. Insbesondere entlang der Elbe, der Schwarzen Elster, der Spree oder der Unteren Havel sowie ihren jeweiligen Nebenflüssen werden die Bürger und auch die Touristen seit Wochen von Stechmücken malträtiert. Diese Mückenplage beeinträchtigt nicht nur das Allgemeinwohl der betroffenen Brandenbur
gerinnen und Brandenburger, sondern birgt überdies auch potenzielle Gefahren für die Gesundheit der Menschen. Auch in diesem Jahr wurden erneut invasive nichteinheimische Mückenarten in der Bundesrepublik Deutschland nachgewiesen.
Im Übrigen: Wenn sich das herumspricht, ist das auch ein Thema für den Tourismus bzw. für die Entscheidung, dann vielleicht fernzubleiben.
Nehmen Sie zum Beispiel die asiatische Tigermücke, die in Deutschland bereits auf dem Vormarsch und für die Übertragung von Denguefieber verantwortlich ist. Oder nehmen Sie die asiatische Buschmücke. Auch diese Art breitet sich nordund ostwärts aus.
Ein drittes Beispiel: Wissenschaftler des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin in Hamburg haben erst im Juli dieses Jahres wiederholt Larven des Hundehautwurms in drei in Brandenburg vorkommenden Stechmückenarten nachgewiesen.
Im Osten unseres Landes, also entlang der Oder, sind nach jedem Hochwasser die Kriebelmücken da, die ausschließlich im Bereich der Oder vorkommen. Sie verletzen ihren Wirt nicht durch einen Stich, sondern raspeln sozusagen mit ihren Mundwerkzeugen die Haut auf, um Blut zu saugen.
Bislang gibt es kein ernsthaftes Gesundheitsrisiko, das ist wahr, bzw. es sind nur Fälle bekannt, bei denen sich Betroffene im Ausland infiziert haben. Aber das potenzielle Gesundheitsrisiko besteht selbstverständlich und selbstverständlich auch in Brandenburg.
Gesundheitsministerin Tack - so ihre eigene Aussage im Gesundheitsausschuss - sieht hier kein Risiko, und sie sieht sich und ihr Haus auch nicht in der Verantwortung. Ich zitiere: „Das ist keine Landesaufgabe.“ So Ihre Worte, Frau Ministerin.
Ich frage mich allerdings, wofür Sie überhaupt noch zuständig zeichnen und welche Probleme Sie überhaupt noch jucken.
Soweit ich Ihre Zuständigkeiten verstehe, sind Sie auch für die Gesundheitsprävention und -vorsorge zuständig und damit auch für diese Mückenplage und entsprechende Präventionsmaßnahmen in der Zukunft. Die Zunahme der Anzahl von Stechmücken und die Ausbreitung von invasiven Stechmückenarten sind keine Bagatelle, sondern mittlerweile ein ernstzunehmendes Problem, auf welches Kommunen im Land sachlich, aber gemeinsam reagieren sollten.
Frau Ministerin, Sie sagen, das ist keine Landesaufgabe. Ich wäre ja dankbar, wenn Sie sich um Ihre zentralen Landesaufgaben kümmern würden. Im letzten Bericht des Landesrechnungshofes über Ihren Bereich kann man in Bezug auf die Prüfung der Unterhaltung der Gewässer I. Ordnung lesen, was Sie alles nicht gemacht haben, eine ganze Seite nur Beanstandungen, Desorganisation, Fehlentscheidungen und nicht erledigte Aufgaben.
Meine Damen und Herren, mit unserem Antrag fordern wir die Landesregierung auf, künftig mit den für die Bekämpfung von Mückenplagen zuständigen Kommunen wirksame Maßnahmen gegen die Stechmücken zu erarbeiten und zu ergreifen. Wir können und wollen die Mücken nicht gänzlich beseitigen, sie haben in der Nahrungskette selbstverständlich ihre Bedeutung. Auch können und wollen wir die Mücken nicht flächendeckend bekämpfen. Es geht darum, stark betroffene Regionen im Kampf gegen Mückenplagen zu unterstützen. Dafür ist eine geeignete Bekämpfungsstrategie notwendig, die sich an den ökologischen Gegebenheiten orientiert und die Belange des Naturschutzes ausreichend berücksichtigt. Gleiches trifft auch für die Anwendung des seit Jahrzehnten im Einsatz befindlichen Insektizids Bacillus thuringiensis, genannt Bti, zu. Aber auch dafür muss man wissen, welche Regionen besonders betroffen sind und wie man das Insektizid richtig anwendet.
Es sollte deshalb eine Aktionsgemeinschaft gegründet werden, in der betroffene Kommunen und Landkreise zusammen mit Vertretern des Landes, der Forst- und der Fischereiwirtschaft denn die sind ebenfalls davon betroffen - gemeinsam eine Konzeption zur Bekämpfung und Vermeidung von Stechmückenplagen in stark betroffenen Regionen erarbeiten. Dies kann nur miteinander funktionieren.
Meine Damen und Herren, es gibt bereits positive Beispiele in anderen Regionen Deutschlands. In der schon 1976 gegründeten kommunalen Aktionsgemeinschaft zur Bekämpfung der Schnakenplage haben sich bis heute 100 Städte, Gemeinden und das Land Baden-Württemberg zusammengeschlossen, um das Stechmückenaufkommen entlang eines knapp 300 km langen Rheinabschnitts mit biologisch umweltverträglichen Methoden zu kontrollieren und zu realisieren. Darüber hinaus haben auch der Landtag von Sachsen-Anhalt sowie der Bayerische Landtag im Juli fraktionsübergreifend ihre jeweilige Landes- bzw. Staatsregierung aufgefordert, in den Überschwemmungsgebieten mit geeigneten Maßnahmen gegen die Stechmücken vorzugehen. Ich darf nur sagen: In Bayern waren daran die CSU, die SPD, die Freien Wähler und die FDP beteiligt. In Sachsen-Anhalt waren es die CDU, DIE LINKE, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, die nach dem letzten Hochwasser gemeinsam ein Problem erkannt haben. Sie aber, Frau Ministerin, handeln nach dem Prinzip „Nichts sehen, nichts hören, nichts sagen“. Mit Ihrer aktiven Politik der Vernässung, der feuchten Enteignung, wie ich immer sage, die Sie seit Jahren im Land betreiben, tragen Sie sogar noch zu einer Verstärkung des Problems bei. Wer warnt denn hier andauernd vor dem Klimawandel? Wer weist denn dauernd darauf hin, dass die Sommer in Zukunft immer heißer werden? Wer redet denn ständig davon, dass Starkregenereignisse in den Sommermonaten in Zukunft zunehmen werden und sich deswegen auch das Hochwasserrisiko in Brandenburg erhöhen wird? Die Versicherungen haben längst reagiert und die Prämien erhöht, nur Sie reagieren nicht. Das sind Sie, Frau Ministerin. Jetzt sagen Sie, dass Sie die Konsequenzen Ihrer Politik nichts angehen. Jetzt sind Sie der Auffassung, Sie als die derzeitig zuständige Umwelt- und Gesundheitsministerin sind für Mückenplagen nicht zuständig. Es ist schade, dass Dietmar Woidke den Saal verlassen hat. Er wollte sicherlich nicht dabei sein,
wenn Sie, Frau Ministerin Tack, an der Stelle dann wieder auf die CDU verweisen. Aber der letzte Minister, der zuständig war, war der jetzige Ministerpräsident des Landes. Das hätte nicht gepasst, das ist der einzige Grund, nicht wegen des Themas. Das Thema, das ich hier auch im Auftrag von Kommunen angebracht habe, ist es wert, dass wir es hier besprechen und auch positiv entscheiden.
Frau Ministerin, meine Fraktion ist der Auffassung, dass Sie sehr wohl zuständig sind. Meine Fraktion ist auch der Überzeugung, dass wir auch in Brandenburg schauen müssen, wo derzeit noch Handlungsmöglichkeiten gegen diese Plage bestehen und wie wir in Zukunft mit Mückenplagen umgehen. Es kann doch nicht sein, dass Brandenburg die Hände in den Schoß legt, während andere Bundesländer handeln. Hätte Ihr Kabinettskollege Vogelsänger beim Eichenprozessionsspinner die Hände in den Schoß gelegt, und wäre er nicht gemeinsam mit dem Bund in diesem Jahr so entschieden gegen diesen Spinner vorgegangen,
Meine Damen und Herren, die kommunale Familie und die Landesregierung Brandenburg sollten sich ihrer Verantwortung bewusst sein und jetzt die notwendigen konzeptionellen Vorbereitungen treffen, um Aktionismus bei künftigen Stechmückenplagen zu vermeiden. Ich bitte Sie deshalb auch um die Zustimmung zu diesem Antrag. Es mag nicht jedem einleuchten, aber in Brandenburg gibt es nicht nur ein Problem, sondern viele.
(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Genau! - Dr. Lu- thardt [DIE LINKE]: Kommen wir einmal bei den wichti- gen an!)
Glücklicherweise gibt es Probleme, die regional begrenzt sind. Herr Luthardt, ich freue mich, wenn Sie sich so zu erkennen geben und zu den Sorgen von Teilen der Bevölkerung hier in Brandenburg einfach sagen: Das sind keine Probleme, es gibt wichtigere Probleme. - Sehr gut! Das sollten Sie überall auf Veranstaltungen sagen. Brandenburg und die Sorgen der Brandenburger bestehen aus vielen kleinen und vielen großen Problemen. Einige können wir lösen, bei einigen können wir nicht helfen. Sie sind nicht dazu bereit, da zu helfen, wo wir helfen können. Das stelle ich hier einfach fest. Dafür sollten Sie sich schämen. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Dombrowski. - Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Gregor-Ness hat das Wort.
Frau Präsidentin! Hohes Haus! Erstens ist die Zeit fortgeschritten, und außerdem weiß ich, dass sehr viele dieses Thema eher belustigend finden. Ich stecke jetzt hier in einem ziemlichen
Mückendilemma, das gebe ich zu. Denn es ist schwer zu erklären, warum zum Beispiel in Sachsen-Anhalt fraktionsübergreifend alle einem ähnlichen Antrag zugestimmt haben. Die Verhältnisse in Sachsen-Anhalt sind mit unseren einigermaßen identisch, das ist völlig klar. Auch dort gab es das Hochwasser, die Topografie ist ähnlich. Es liegt ein Mückenatlas vor; wir wissen, dass wir eines der Gebiete sind, die am meisten betroffen sind.
Am meisten hat mich verunsichert, dass es Kollege Dombrowski mit der Mückenplage sogar bis in den „Spiegel“ geschafft hat. Der „Spiegel“ ist ja nun nicht irgendetwas, er ist ein Leitmedium. Nun kann man sagen: Es war gerade Sommerloch, das passte gerade, die mussten noch ein paar Seiten füllen.
Aber ich glaube, die Lage ist schon dramatisch und für die betroffenen Gebiete auch wirklich kaum noch hinnehmbar. Das muss man akzeptieren, aber offensichtlich ist der Aufschrei zum Beispiel aus dem Gewerbe der Campingplatzbetreiber und der Hotellerie noch nicht so groß, dass es bei uns schon bei jedem Einzelnen verfangen hätte. Deshalb findet das sozusagen in der Lächerlichkeit seine Widerspiegelung.