Protocol of the Session on August 29, 2013

Aber auch die Kommunen brauchen eine gewisse Verlässlichkeit. Die Quadratmeterzahl pro Bewohner zu erhöhen bedeutet eine Verringerung der Kapazität. In diesem Gespräch ist eindeutig gesagt worden, weil es immer darum geht, Gemeinschaftsunterkünfte zu verteufeln: Die Gemeinschaftsunterkünfte werden gebraucht, um die Menschen auf das Leben draußen wie ich einmal ganz platt sagen möchte - und auf das Leben in den Wohnungen vorzubereiten.

(Frau Lehmann [SPD]: Richtig! Als Übergang! Genau!)

Das finde ich außerordentlich wichtig, denn wir brauchen auch eine Akzeptanz der deutschen Bevölkerung. Wenn eine Familie mit zwei oder drei Kindern aus einem anderen Kulturkreis eine Wohnung in einem Wohnblock erhält, geht das von vornherein schief. Es muss ein Aufeinanderzugehen geben. Deswegen sind die Unterkünfte ein gutes Mittel. Man kann die Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften auf sechs Monate befristen. Das ist ein probates Mittel.

Ich möchte auf die Sprachkurse eingehen. Herr Minister, Sie sagten, Sprachkurse dürften nicht besucht werden. Das Asylbewerberleistungsgesetz gibt vor, dass die Sprachkurse darüber abgewickelt werden können. Das betrifft alle, die dem unterfallen. Sie haben Potsdam-Mittelmark angesprochen. Ich sage: Schauen wir einmal nach Bayern. Die Bayern haben ein Programm aufgelegt, für das sie 1,5 Millionen Euro in die Hand nehmen, um damit Sprachkurse zu finanzieren. Die Intention daran gefällt mir so gut. Die Intention der Bayern ist folgende: Wenn die Flüchtlinge hier bleiben, haben sie einen Grundkurs in Deutsch belegt und können sich besser integrieren. Müssen sie zurück in ihr Heimatland, haben sie dort bessere Chancen. Ich teile diese Intention voll und ganz. Man kann einmal überlegen, ob man so etwas nicht auch in Brandenburg übernimmt.

Ich habe mich ein bisschen an das Stipendiensystem erinnert gefühlt, wenn Sie Potsdam-Mittelmark so loben. In Elbe-Elster wird das Stipendiensystem auch gelobt. Bloß das Land sagt: Na ja, wir wollen nicht. Wie gesagt, die Sprachkurse sind für mich ein ganz wichtiger Einstieg, um einfache Behördengänge zu machen.

Ich weiß - und das geht auch aus dem Konzept hervor, das übrigens für mich eher eine Bestandsaufnahme, denn ein Konzept ist -, dass Sie Probleme mit den Kreisen haben. Ich habe es bereits gesagt. Die Kreise brauchen Verlässlichkeit. Wir wollen gemeinsam dafür sorgen, dass die Flüchtlinge eine Willkommenskultur bei uns erleben. Da haben wir noch eine ganze Menge zu tun. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Die Abgeordnete Lehmann spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Ganz klar: Wir wollten mehr, denn die Flüchtlinge brauchen mehr. Wir baten die Landesregierung, gemeinsam

mit den Landkreisen und den kreisfreien Städten eine Unterbringungskonzeption für Flüchtlinge sowie Asylbewerberinnen und Asylbewerber zu erarbeiten. Ich finde, das ist auch unsere landespolitische Verantwortung, und in ebendieser haben wir auch Schwerpunkte für die Konzeption benannt, wie bauliche Voraussetzungen und Mindestausstattung, Verweildauer der Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften, Anforderungen an die soziale Beratung und Betreuung sowie Erfordernisse für besonders schutzbedürftige Flüchtlinge.

Auch aus unserer politischen Verantwortung heraus haben wir in unserem Beschluss unsere Erwartungen zu den einzelnen Schwerpunkten formuliert. Warum betone ich „unsere gesamtpolitische Verantwortung“? Weil ich davon ausgehe, dass diese gesamtpolitische Verantwortung auch von den kommunalen Spitzenverbänden so gesehen wird.

Ein Konzept liegt uns heute vor, das Konzept der Landesregierung. Es ist nicht gelungen, ein gemeinsames Konzept mit der kommunalen Ebene vorzulegen. Falsch verstandene kommunale Selbstverwaltung und das strikte Konnexitätsprinzip haben den gemeinsamen konzeptionellen Ansatz scheitern lassen.

Sicher ist der derzeitige Flüchtlingsansturm eine besondere Herausforderung und hat die Gespräche zusätzlich erschwert, und sicher haben sich daraus aktuell auch andere Prioritäten ergeben, besonders auf der kommunalen Ebene. Unabhängig davon müsste allen Beteiligten klar sein: Dieser Landtagsbeschluss ist in seiner Gesamtheit fachlich-inhaltlich und finanzpolitisch ambitioniert. Das setzt natürlich voraus, dass es einen Nachweis darüber geben muss, wie die finanziellen Mittel bislang verwendet worden sind. Es muss schon die Frage beantwortet werden können, wieso es bei gleicher Finanzausstattung solch konzeptionell gravierende Unterschiede in den Landkreisen gibt. In dieser Frage haben Land und kommunale Spitzenverbände leider nicht zueinandergefunden. Kompetenzklaubereien und juristische Spitzfindigkeiten haben dies leider scheitern lassen. Das ist ärgerlich und auch kein gutes Zeichen an unsere Bürgerinnen und Bürger, von denen wir Weltoffenheit und Toleranz verlangen.

Ausdrücklich danke ich der Landesregierung für die vorgelegte Unterbringungskonzeption, die einen Vorschlag, eine Empfehlung für die Kommunen darstellt. Mehr war nicht drin. Die darin formulierten landespolitischen Zielstellungen greifen vieles aus unserem Antrag auf. Dennoch möchten wir, Herr Minister, an unserem Beschluss von 2012 festhalten und auf einer gemeinsamen Konzeption mit den Kommunen bestehen. In diesem Sinne sollte die bestehende Arbeitsgruppe auch weiterarbeiten. Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und erfolgt vor Ort. Versöhnlich stimmt mich, dass viele Kommunen in dieser Frage sehr engagiert und vorbildlich arbeiten und damit den Spitzenverbänden weit voraus sind. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Büttner spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Rahmen eines im vergangenen Jahr im Fachausschuss durchge

führten Fachgesprächs über die Situation von Flüchtlingen und Asylbewerbern im Land Brandenburg ist eine Reihe von Defiziten im Umgang mit diesen Menschen benannt worden.

Dabei ging es bei Weitem nicht nur um die Dauer des Aufenthalts in der Erstaufnahmestelle in Eisenhüttenstadt oder um die Restriktionen bei der Aufnahme einer regulären Beschäftigung. Es ging auch um ganz grundlegende Dinge wie die Wahrung der Persönlichkeitsrechte der Einwohner von Gemeinschaftsunterkünften. Es ging um das Recht auf abschließbare Sanitärräume und um zugängliche Spiel- und Hausaufgabenzimmer für die mitreisenden Kinder.

Alle Ausschussmitglieder einte damals die Einschätzung, dass eine Verbesserung der Situation dieser Menschen überfällig ist. In der Landtagssitzung Anfang Juni lagen daraufhin Anträge der Koalitionsfraktionen sowie der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP vor, die jeweils Verbesserungen in der Unterbringung der Flüchtlinge vorsahen. Während die Fraktionen von SPD und DIE LINKE die Landesregierung um die Überarbeitung der Landesintegrationskonzeption sowie um die Erarbeitung eines entsprechenden Unterbringungskonzeptes baten, enthielt der von Grünen und FDP vorgelegte und mit den Flüchtlingsverbänden im Land abgestimmte Antrag klare Forderungen, die von den Regierungsfraktionen abgelehnt wurden.

Obwohl unser Antrag damals keine Mehrheit fand, möchte ich gern auf dessen Grundlage einen Abgleich mit der nun von der Landesregierung vorgelegten Unterbringungskonzeption vornehmen.

Unsere erste Forderung war: Die Eigenverantwortung der Flüchtlinge soll gestärkt werden, damit diese mittelfristig ohne Hilfe am wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Leben teilhaben können. Eine möglichst individuelle Beratung und Betreuung in den Gemeinschaftsunterkünften ist hierfür die Grundlage.

Die Landesregierung plant nun eine Bestandsaufnahme der tatsächlichen Kosten der Unterbringung. Zudem sollen die überregionalen Beratungsstellen stärker als bislang eingebunden werden. Mit Verlaub, Herr Minister: Gemessen an den ursprünglichen Forderungen der Migrations- und Flüchtlingsverbände ist ein Prüfauftrag eine sehr dünne Lösung.

(Beifall FDP und B90/GRÜNE)

Statt die Flüchtlinge in eine weitere Warteschleife zu schicken, erwarten wir ein klares Signal für deren Integration. Eine entsprechende Kostenaufstellung hätte längst vorliegen können, genauso wie ein Finanzierungskonzept.

Unsere zweite Forderung: Die Verweildauer in der Erstaufnahmeeinrichtung sowie in den Gemeinschaftsunterkünften ist zu begrenzen. Es sind Mindeststandards der Unterbringung einzuhalten. Wo möglich, soll die Unterbringung in Wohnungen Vorrang vor der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften haben.

Nach Aussage der Landesregierung kann die Verweildauer in den Gemeinschaftsunterkünften nicht begrenzt werden, da der Übergang aus der Gemeinschaftsunterkunft in eine eigene Wohnung von der Situation auf dem jeweiligen regionalen Wohnungsmarkt abhängig ist. Entsprechend sollen Gespräche mit staatlichen und privaten Vermietern stattfinden, um zu prü

fen, wie zusätzliche Wohnungskapazitäten für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden können. Ein kleiner Lichtblick: Künftig soll die Unterbringung in Wohnungen mit einer Investitionspauschale gefördert werden - ein Anfang, mehr aber auch nicht.

Konkrete bauliche Änderungen in den Gemeinschaftsunterkünften sieht die Konzeption hingegen nicht vor. Damit wird es auch künftig in manchen Einrichtungen nicht verschließbare Toiletten und Duschen geben, und Kinder werden ihre Hausaufgaben auf dem Flur statt am Schreibtisch machen müssen.

Auch hier halten wir fest: Die Gespräche mit den Kommunen hätten ebenfalls längst stattfinden können, zumal nicht klar ist, warum die Landesregierung trotz eines Wohnungsüberhangs im Land nicht darauf drängt, deutlich mehr Flüchtlinge in diesen unterzubringen. Den Vermietern - deshalb geht die Kritik auch an sie -, auch den staatlichen, würde dies zusätzliche Einnahmen bescheren, wenn gleichzeitig soziale und kulturelle Probleme entschärft würden - für uns eine klassische Win-winSituation.

Unsere dritte Forderung ist die Verbesserung der medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung. Die Forderung unseres Antrages nach einer Erhöhung der Zahl der Beratungsund Behandlungsstellen für den medizinischen und psychotherapeutischen Bedarf der Flüchtlinge ist nicht aufgegriffen worden. Gleiches gilt für die Aufforderung, ein entsprechendes Konzept vorzulegen, das dieses Vorhaben unter Einbeziehung aller relevanten lokalen Akteure umsetzt.

Zuletzt sollte geprüft werden, inwieweit die derzeitige projektgeförderte Beratungsstelle für Traumatisierte und Folteropfer in Fürstenwalde in eine Regelfinanzierung überführt werden kann. Auch hierzu werden im Bericht keine klaren Aussagen getroffen. Immerhin: Gemeinsam mit den Vertretern vor Ort arbeitet die Landesregierung daran, Modelle zur medizinischen Versorgung auf kommunaler Ebene zu entwickeln, und auch die Akteure der medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung vor Ort sollen stärker vernetzt werden, um flächendeckende Hilfsangebote unterbreiten zu können.

Als Gesamtfazit bleibt jedoch zu sagen: Der hier vorliegende Bericht verdient den Namen „Konzeption“ nicht. Er ist über weite Teile Ausdruck dessen, dass die Landesregierung nicht wirklich willens ist, den Umgang mit Flüchtlingen neu zu gestalten und hierfür auch die Kommunen ins Boot zu holen.

Zentrale Forderungen von FDP und Grünen - etwa bei der Ausstattung der Gemeinschaftsunterkünfte - werden nicht erfüllt. Trotz der drängenden Probleme läuft es leider an vielen Stellen auf ein „Weiter so!“ hinaus. - Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP und B90/GRÜNE)

Die Abgeordnete Fortunato spricht für die Linksfraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordneten! Die Unterkunftsbedingungen sind seit Jahren

ein leider immer wieder aktuelles Thema im Land Brandenburg. Schon häufig haben Flüchtlingsinitiativen, Kirchen und soziale Einrichtungen die Zustände in den Gemeinschaftsunterkünften, wie man sie nennt, kritisiert, auch die Qualität und die Quantität der Betreuung.

Dazu bestand und besteht teilweise auch - das muss man einräumen - immer noch Anlass. Erstmals hat sich in diesem Landtag ein Ausschuss in einem Fachgespräch mit diesen Bedingungen der zentralen Unterkünfte beschäftigt. Eine Arbeitsgruppe erarbeitete einen Vorschlag. Ein Bericht der Landesregierung liegt nun vor.

Ich verhehle nicht, dass ich mit dem vorliegenden Ergebnis nicht zufrieden bin.

(Beifall des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Nein, wir können damit nicht zufrieden sein.

Nachdem man sich noch einigermaßen über eine Verbesserung der bis dato herrschenden Verhältnisse einig war, beherrschte leider bei der konkreten Festlegung das Geld die Diskussion und damit die Debatte über die strikte Konnexität. Das ist wichtig; sie ist verfassungsrechtlich verankert und soll die Kommunen schützen. Aber die konkrete notwendige Verbesserung der Lebensumstände der Flüchtlinge in Brandenburg bleibt dabei auf der Strecke.

Dabei gibt es Kommunen, die mit den geltenden rechtlichen Regelungen und damit mit den finanziellen Bedingungen wahrhaft menschliche und auch anerkannte Verhältnisse für die Flüchtlinge bieten. Deshalb bin ich hier versucht, mich den schlichten Argumentationen der kommunalen Spitzenverbände ich betone: der kommunalen Spitzenverbände, nicht der Kommunen - zu verweigern,

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

dass das alles einzig und allein im Rahmen der strikten Konnexität durch das Land Brandenburg zu erreichen sei.

Hinzu kommt, dass seit mehreren Jahren die Zugangszahlen von Flüchtlingen deutlich angestiegen sind. Jährlich, ja monatlich wurden es - seit 2012 ist das fast dramatisch - mehr Menschen, die Zuflucht in unserem Land suchten.

Zu dem Problem, sich auf ein wirklich menschliches Maß der Unterbringung und Betreuung zu einigen, kamen dann noch die unzureichenden Kapazitäten im Land und in den Kommunen. Die Entwicklung wurde dann zum Teil zum Anlass genommen, nicht mehr über das Wie der Unterbringung nachzudenken, sondern nur noch über die Auslastungsgrenzen.

Damit bin ich beim nächsten Problem. Der Landtag beauftragte die Landesregierung, ein Unterbringungskonzept gemeinsam mit den Kommunen zu erarbeiten - langfristig. Leider mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass das nicht funktioniert hat:

„Aufgrund der noch nicht abgeschlossenen Konsultationen mit den kommunalen Vertretern ist das Ziel einer verstärkten Wohnungsunterbringung als ein länger andauernder Prozess zu verstehen.“

Meine Damen und Herren, das ist mir einfach zu wenig. Die Flüchtlinge können nicht länger warten.