Protocol of the Session on August 29, 2013

So einfach kann man es sich nur in der Opposition machen, oder aber man will jemanden vorführen bzw. spielt im Vorfeld

der Bundestagswahl einen vermeintlichen Trumpf im Stimmenfang aus, der letztendlich gar keiner ist. Der Energiepolitische Sprecher der Grünen im Bundestag erklärte nämlich bereits im Mai 2011 zum besagten Gutachten: „Ein klares Ausschlussgebot für komplette Bundesländer gibt es nicht“ und bezog sich damit auf die Äußerungen von Minister Röttgen und der Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein und Niedersachsen. Ich wiederhole, was er sagte: Nach juristischer Prüfung ist ein Ausschluss nicht möglich, nicht haltbar.

Faktisch sind ab Januar 2013 laut Bundesgesetz keine Vorhaben mehr im Land Brandenburg realisierbar. Genau deshalb denke ich, dass dieser Gesetzesentwurf nur eine billige Wahlkampfinszenierung ist. Ich hoffe, dass diese bei den Brandenburgerinnen und Brandenburgern nicht verfängt und sie nicht weiter verunsichert werden.

Uns Linken hat der Gesetzesentwurf noch einmal die Möglichkeit gegeben, uns klar und eindeutig gegen ein unterirdisches Speichern von CO2 in Brandenburg auszusprechen. Dafür bedarf es aber keines Landesgesetzes - welches auch immer -, da es nicht zur Rechtssicherheit beiträgt. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Tomczak setzt für die FDP-Fraktion fort.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Im August 2012 ist das Gesetz zur Demonstration und Anwendung von Technologien zur Abscheidung, zum Transport und zur dauerhaften Speicherung von Kohlendioxid in Kraft getreten. Wir meinen, es ist gut, dass das Gesetz zur Speicherung von CO2 auf den Weg gebracht wurde, denn wir werden den Energiewandel ohne einen kurzfristigen Ausbau von Gas- und Kohlekraftwerken nicht bewältigen können. Das bedeutet aber auch einen Anstieg des Ausstoßes klimaschädlicher Gase. Um das Klima zu schützen, werden wir in Deutschland das Kohlendioxid speichern müssen. Die Forderung nach Erforschung von CCS ist für das Erreichen der Klimaziele deshalb für uns unverzichtbar. Die CO2-Speicherung gilt als Schlüsseltechnologie, um auch in Zeiten von Klimaschutz und Emissionshandel weiter Industrieproduktion in Deutschland zu halten und auszubauen. Gerade ein Industriestandort wie Deutschland - das sagen auch die Deutsche Umwelthilfe und der WWF - darf diese Technologie nicht von vornherein ausschließen.

Der uns vorliegende Gesetzentwurf der Grünen reiht sich in dieser Frage in die Liste grüner Verbotsgesetze ein.

(Vereinzelt Beifall bei der FDP)

Diesen Gesetzentwurf lehnen wir als FDP-Fraktion ab. Ich möchte Ihnen auch ganz konkret sagen, warum.

Erstens: Das Verbotsgesetz behindert Investitionen, die in der Forschung und der Entwicklung neuer Technologien getätigt werden müssen.

Zweitens: Das Gesetz ist wirtschaftsfeindlich. Wir haben in der Vergangenheit gesehen, wohin das führen kann. Vattenfall trenn

te sich von seinen 1,5-Milliarden-Projekten als Pilotprojekt für die Speicherung.

Drittens - und das ist für uns ganz besonders überdenkenswert -: Diese Technologieverhinderungsgesetzgebung, die hier von den Bündnisgrünen geplant ist, gefährdet Arbeitsplätze. Sie Bündnis 90/Die Grünen - wollen mit diesem Gesetz nicht einmal mehr den Versuch bzw. die Erforschung einer Zukunftstechnologie zulassen. Da kann man nur sagen: Gute Nacht Deutschland, Land der Tüftler und Denker!

(Beifall FDP und vereinzelt CDU)

Meine Damen und Herren, der Energiewandel ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Deshalb ist es nicht tragbar, dass einzelne Bundesländer sagen können: Bei uns aber nicht! - Dies kann für zukünftige Gesetzgebungsverfahren zu anderen Themen und anderen Problemkreise gefährlich werden.

Bei aller vorgebrachten Kritik an der CCS-Technologie: Wichtig ist jetzt, transparent und in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung die Demonstrationsprojekte für CCS zu begleiten und danach die Ergebnisse genau zu analysieren. Was wir nicht machen sollten, ist, wie Sie das wollen: Alles von vornherein verbieten, bevor uns überhaupt Ergebnisse und neue Erkenntnisse zu dieser Technologie vorliegen.

Die FDP-Fraktion wird den Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen kategorisch ablehnen. - Danke schön.

(Beifall FDP und CDU)

Minister Christoffers spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Jungclaus, ich habe im Rahmen der CCS-Debatte sehr viele sehr aktive Bürger aus dem Raum Beeskow kennengelernt. Wir waren unterschiedlicher Auffassungen. Wir haben sehr, sehr lange über Zusagen bzw. über Möglichkeiten und Grenzen diskutiert. Deswegen gestatten Sie mir, an dieser Stelle auf drei Dinge einzugehen.

Erstens: Die Landesregierung war nie der Auffassung, dass CCS ausschließlich für durch Verstromung erzeugtes CO2 zum Einsatz kommen sollte. Es galt genauso für den CO2-Ausstoß aus Industrieemissionen. Und ich erinnere mich auch an grüne Stimmen, die durchaus der Auffassung waren, dass IndustrieCO2 möglicherweise dann doch gespeichert werden soll.

Das Zweite ist: Ich habe im Dezember 2009 auf einer Veranstaltung im Raum Beeskow die Zusage gegeben: Wenn wir keine bundeseinheitliche Regelung hinbekommen, werden wir in Brandenburg nicht speichern - und das unabhängig davon, wie die Technologie eingeschätzt wird.

Wir haben uns anhand dieser Grundsätze auch in die bundespolitische Debatte eingebracht. Das geltende Bundesgesetz stellt aus meiner Sicht nicht sicher, dass wir eine einheitliche bundesweite Regelung in den Ländern auch umsetzen können.

Das war der Hintergrund, dass der Landtag nicht ganz schnell mit einem Entschließungsantrag zu Ihrem Gesetzentwurf, sondern bereits zum damaligen Zeitpunkt gesagt hat: Weil die Voraussetzungen, die wir definiert haben, nicht eingetreten sind, wir nicht politisch mehrheitsfähig sind, wird es in Brandenburg auch keine Speicherung geben. - Es gab also in dieser Frage eigentlich nie eine Phase der Unsicherheit, denn der Gesetzentwurf soll einen Gegenstand regeln, der gar nicht existiert. Ich finde, es ist nicht Inhalt von parlamentarischer Tätigkeit, etwas zu regeln, was bereits ausgeschlossen worden ist.

Drittens: Meine Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grünen, wir hatten bereits damals, als Greenpeace die Karte des Bundesbergamtes veröffentlicht hatte, darauf hingewiesen, dass diese Karte für Brandenburg völlig falsch ist. Wir hatten die Karte des Landesbergbauamtes dagegengesetzt, und Sie können uns glauben, dass wir den geologischen Untergrund im Land Brandenburg besser kennen, als das Bundesbergamt das jemals kann. Die Bezugnahme in Ihrem Gesetzentwurf auf die Karte des Bundesberggesetzes bildet also überhaupt nicht die geologische Situation im Land Brandenburg ab. Insofern ist diese Grundlage schon falsch bzw. fehlerhaft.

Der nächste Punkt: Meine Damen und Herren, wir können vielleicht ganz lange darüber reden, aber - Herr Domres hat es schon angeführt -: Das, was Sie an pauschalen Ausschlussgründen vorgenommen haben, wird keinem Gerichtsverfahren standhalten.

Wir müssen, wenn wir das Bundesgesetz umsetzen wollen, für jeden einzelnen Standort vertiefte Planungen und Abwägungsprozesse auch durchführen, damit wir ihn ausschließen oder aber eben auch nicht ausschließen können.

Deswegen, meine Damen und Herren, verstehe ich Ihren Gesetzentwurf in dem Zeitpunkt, wo Sie ihn einbringen, zwar sehr gut, aber dieser Gesetzentwurf ist schlicht und ergreifend überflüssig - überflüssig, weil es den Gegenstand in Brandenburg nicht gibt.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Meine letzte Bemerkung dazu: Ich finde, Sie sind auch nicht stringent. Weil Sie wissen, dass der Bund für den Leitungsbau CO2-gebundener Infrastruktur zuständig ist, schließen Sie die Wirkung des Gesetzentwurfs auf diese Leitungssysteme aus. Aber wenn Sie der Auffassung sind, dass das Gefährdungspotenzial dermaßen hoch ist, dann müssen Sie sich, glaube ich, konsequenterweise auf Bundes- und auch auf Europaebene dazu bekennen, dass diese Infrastruktur nicht gebaut wird. Ich habe bis jetzt aus dem Europäischen Parlament auch von der Grünen-Fraktion keinerlei Anträge gesehen, die das ausschließen wollen, weil gerade vor dem Hintergrund der Ihnen bekannten Speicherung in Norwegen dazu eine interessante Diskussion aufkommt.

Insofern, meine Damen und Herren: Diesen Gegenstand gibt es nicht. Es gibt auch keine Phase der Unsicherheit, weil es keine Projekte gibt und solche bis 2016 bzw. 2018 auch nicht in irgendeiner Form absehbar sind. Insofern brauchen wir diesen Gesetzentwurf nicht, weil der Sachverhalt, den er regeln soll, nicht existiert. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Der Abgeordnete Jungclaus spricht noch einmal für die antragstellende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Ich versuche es einmal in der entsprechenden Reihenfolge.

Frau Hackenschmidt, den Bezug zu dem Preis stellen wir natürlich dar, denn CCS wird ja gerade dazu führen, dass der Strom mit Sicherheit nicht billiger, sondern teurer wird, und dazu, dass noch mehr Tagebaue abgebaggert werden müssen.

Kollege Bretz, wir wollen mit Sicherheit nicht die Forschung verbieten. Es steht auch explizit in unserem Entwurf, dass wir die Abscheidung weiterhin erforschen wollen. Wir sind auch damals nicht schuld daran gewesen, dass der Walkman nicht in Deutschland gebaut wurde.

(Zurufe von der SPD)

Wir unterscheiden das nur von Laborversuchen, so wie Sie es etwas verniedlichend dargestellt haben - als ob das Ganze in einem Reagenzglas stattfindet, sondern wir reden hier von Freilandversuchen, von etwas, was Tausende von Menschen gefährdet. Das ist in meinen Augen zukunftsfeindlich, aber nicht der vorliegende Gesetzentwurf.

(Beifall B90/GRÜNE)

Ich verstehe auch nicht die Kritik an dem Zeitpunkt der Einbringung. Natürlich hat das etwas mit der Entwicklung in Schleswig-Holstein zu tun. Natürlich schauen wir dorthin. Wir haben uns angeschaut, welche Argumente dort vorgebracht wurden und wie da das Gesetz eingebracht wurde. Da kommt es im Übrigen, Kollege Domres, auch wenn Sie das in Ihrer Rede ein bisschen unterstellt haben, nicht von Rot-Grün, sondern dort hat es eine breite Mehrheit über alle Fraktionen gegeben. Vielleicht telefonieren Sie einmal mit Ihren Kieler Kollegen.

(Zuruf von der CDU: Genossen!)

Anstatt aber die Initiative wenigstens für einen eigenen sinnvollen Gesetzentwurf zu nutzen, kommen Sie mit diesem weichgespülten Entschließungsantrag, aus dem das ganze geballte Engagement spricht, mit dem Sie bei der Sache sind. Ich bin gespannt, wie Sie das den Menschen in der Region erklären wollen.

Sie behaupten in Ihrem Antrag, angesichts dieser Gesamtsituation in Deutschland und in Brandenburg bestehe politisch kein Handlungsbedarf für die Verabschiedung eines Gesetzes. Wir sehen das völlig anders. Wir wollen solch wichtige Entscheidungen nicht von der Ehrenhaftigkeit jederzeit austauschbarer Unternehmen, Minister oder Ministerpräsidenten abhängig machen. Wir kennen das Verhalten der Regierungskoalition beim Thema Braunkohleverstromung zur Genüge: Ein erneuter Antrag von Vattenfall oder dessen Nachfolgeunternehmen, und die Regierung rollt für CCS wieder den roten Teppich aus.

Da kann ich verstehen, dass die Zusagen, die der Minister eben gegeben hat, für die Leute in Beeskow nicht ausreichend sind. Lieber Minister Christoffers, schließlich macht die Energiestrategie 2030 den Bau neuer Kohlekraftwerke von CCS abhän

gig. Der Kollege Ness hat vorhin eindrucksvoll erläutert, wie seine Vorstellungen für die Lausitz in den nächsten hundert Jahren aussehen.

Die Landesregierung will neue Tagebaue, also bleibt auch ohne ein entsprechendes Gesetz CCS als Damoklesschwert über uns hängen. Denn im Moment ist die Rechtslage folgende: Wird ein Antrag auf Speicherung gestellt, müsste er genehmigt werden, wenn er den Maßgaben des Bundesgesetzes entspricht. Entgegen Ihrer Darstellung ist die in unserem CCS-Gesetz dokumentierte Abwägung zwischen möglichen Chancen und Risiken aus der CO2-Speicherung keine pauschale Gebietsausschlussplanung, sondern eine vollständige und flächendeckende Abwägung für jeden Ort in diesem Land. Das Gesetz setzt das Ergebnis der Einzelfallprüfung um, indem es die CO2-Speicherung in Brandenburg verbietet. Es ist doch absolute Augenwischerei und scheinheilig zu behaupten, unser Gesetzentwurf sei nicht ausreichend rechtssicher. Schleswig-Holstein macht vor, dass es geht, und das über alle Parteigrenzen hinweg.

Herr Jungclaus, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ich komme zum Ende.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Regierungen kommen und gehen - Endlager bleiben. Deshalb bitte ich Sie vor allem im Sinne der potenziell Betroffenen: Stimmen Sie der Überweisung unseres Gesetzentwurfs zu oder bringen Sie wenigstens einen tauglichen eigenen ein. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)