Auch Ihre Behauptung, die Erhöhung des Spitzensteuersatzes treffe die Brandenburger Mitte der Gesellschaft, ist absoluter Nonsens. Der monatliche Bruttodurchschnittsverdienst in Brandenburg liegt bei 2 383 Euro. Das ergibt ein durchschnittliches Jahreseinkommen von 28 596 Euro. Bei der selbst von uns befürworteten Spitzensteuersatzanhebung - nicht, wie von Grünen und SPD gefordert, auf 49 %, sondern auf 53 %, wie auch zu Zeiten von Helmut Kohl - würde sich bei einem zu versteuernden Einkommen bis 64 000 Euro für Ledige und von 128 000 Euro für Ehepaare überhaupt nichts ändern.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP, bevor Sie auf die Idee kommen, eine Große Anfrage zu Steuerplänen der Linken zu stellen, hier noch so viel: Ich gebe Ihnen nachher unseren Flyer zu diesen Fragen, und dann können wir uns gern beim Kaffee dazu austauschen. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Vogel hat das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP hätte heute zeigen können, was sie steuerpolitisch draufhat. Leider hat das nicht geklappt, Frau Vogdt. Das hat nicht nur damit etwas zu tun, dass die Vermögensteuer abgeschafft wurde bzw. seit 1997 auch nicht mehr erhoben wird, sondern auch damit, dass Sie nicht einmal wissen, wie der Solidaritätszuschlag berechnet wird.
„Ferner hat der brandenburgische Finanzminister im Bundesrat eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes von nomi
nell 42 auf nominell 49 Prozent beantragt. Dabei hat er den Solidaritätszuschlag von 5,5 Prozent nicht einbezogen. In Wahrheit will der brandenburgische Finanzminister den realen Steuersatz von derzeit 47,5 auf 54,5 Prozent erhöhen“,
dann leiden Sie unter akuter Dyskalkulie. Vielleicht sollten Sie da einmal einen Alphaplan für Ihre Fraktion aufstellen, weil nämlich diese 5,5% nicht additiv dazugezählt werden, sondern sie sind ein Prozentsatz von der Einkommensteuer. Das heißt, Sie müssen mal 1,055 rechnen, um zum korrekten Ergebnis zu kommen. Von daher wird eben der Spitzensteuersatz nicht von 42 auf 47,5 % erhöht, sondern, wenn ich das einbeziehe, von aktuell 44,3 auf 51,7 % hochgesetzt. Das ist nun einmal Finanzmathematik, und das sollte man zumindest kennen. Das ist das eine.
Das andere - und viel entscheidendere - für die Bürgerinnen und Bürger ist natürlich der Durchschnittssteuersatz. Selbst bei den aus Ihrer Sicht „völlig überzogenen“ grünen Steuererhöhungsvorstellungen stiege der Durchschnittssteuersatz bei einem Einkommen von 90 000 Euro nur von 30,3 auf 31,6 %.
Nun würde man aber annehmen, dass die FDP wenigstens ihr eigenes Programm kennt. Ich danke, dass Sie mir durch die Große Anfrage die Möglichkeit gegeben haben, mir einmal das FDP-Programm näher anzugucken. Denn die FDP hat ja momentan so Riesen-Brüderle-Plakate, auf denen steht: “Keine neuen Steuern“. Wenn ich mir das hier aber angucke, dann bin ich überrascht. Da heißt es hier:
Hört, hört. Was bedeutet das denn? - Das bedeutet doch letztlich, dass ich die Gewerbebetriebe entlasten will.
Die FDP möchte die Gewerbesteuer in ein kommunales Einkommen- und Körperschaftssteuersystem überführen. Was bedeutet das denn anderes, als dass ich die Gewerbebetriebe entlaste und die Freiberufler und die normalen Einkommensempfänger in ein Einkommensteuersystem mit einbeziehe? Dann kriegt natürlich die ganze Diskussion über die Novellierung der Gewerbesteuer einen ganz anderen Drive, als sie bisher geführt wurde.
Des Weiteren möchte die FDP die Erbschaft- und Schenkungssteuer aufkommensneutral weiterentwickeln. Das ist auch sehr spannend, weil Sie nämlich in Ihrem Papier formulieren, dass Sie die Unternehmen entlasten wollen. Wenn Sie aber bei der
Erbschafts- und Schenkungssteuer die Unternehmen entlasten wollen und das Ganze aufkommensneutral gestalten wollen, heißt das natürlich, Sie müssen die Privatpersonen stärker besteuern. Das finde ich ja auch völlig in Ordnung. Nur dann sollten Sie bitten nicht sagen, dass Sie keine Steuern erhöhen wollen.
Wenn Sie die Überschrift formulieren: „Rot-grüne Steuerpläne schaden dem Wirtschaftsstandort Brandenburg“, dann habe ich, ehrlich gesagt, eher das Gefühl, dass Ihre Steuerpläne den Wirtschaftsstandort Brandenburg gefährden. Sie haben hier zum Beispiel - ich weiß gar nicht, ob Sie das richtig erläutern können; vielleicht können Sie das ja dann auch - in Ihrem Bundestagswahlprogramm stehen:
„Bei der Konzernbesteuerung brauchen wir ein wettbewerbsfähiges Gruppenbesteuerungsrecht nach österreichischem Vorbild.“
Sie wollen „eine steuermindernde Eigenkapitalverzinsung umsetzen“. Das macht minus 10 Milliarden Euro aus.
Sie wollen - das haben Sie auch deutlich gemacht - auch ein bisschen die Privatverdiener entlasten, so um 3 Milliarden bis 5 Milliarden Euro. Das mag dahingestellt sein.
Aber im Endeffekt heißt das, 25 Milliarden Euro weniger Aufkommen bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer.
Wenn ich einmal zugrunde lege, dass Brandenburg ungefähr 1 % Anteil daran hat, dann heißt das, unser Haushalt wird aufgrund der FDP-Steuerpläne um 250 Millionen Euro pro Jahr belastet.
Von daher sage ich: Nicht Rot-Grün gefährdet den Wirtschaftsstandort Brandenburg, sondern Sie gefährden den Haushalt Brandenburgs. Deswegen recht herzlichen Dank dafür, dass wir darüber reden konnten.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Dr. Markov hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich weiß, was es bedeutet, wenn die rote Lampe leuchtet. Aber wenn ich heute möglicherweise meine Redezeit überziehe,
weil man mit den Einnahmen unheimlich viele Dinge bewegen kann, weil es spannend ist, weil man damit alle politischen Notwendigkeiten - natürlich entsprechend den eigenen Vorstellungen - abdecken kann. Und die Vorstellungen - darin sind wir uns ja einig - sind bei FDP, CDU, Sozialdemokraten und Linken komplett - komplett! - divergierend. Deswegen führen wir diese Debatte, und das ist auch gut so.
Ich würde gern ein paar Vorbemerkungen machen, weil Herr Burkardt immer so furchtbar viele Zahlen nennt. Ich staune jedes Mal, wie der sich irgendetwas aus den Fingern klaubt.
Wenn man sich einmal die Finanzplanung des Landes Brandenburg anschaut, als Rot-Rot an die Regierung kam, dann sieht man Folgendes: Wir hatten vorgesehen - ich kann Ihnen die Zahlen der ersten Mittelfristigen Finanzplanung noch sagen eine Nettokreditaufnahme 2010 von 650 Millionen Euro, 2011 von 500 Millionen Euro, 2012 von 350 Millionen Euro, 2013 von 200 Millionen Euro und 2014 keine mehr.
Das sind zusammen 1,7 Milliarden Euro vorgesehene Nettokreditaufnahmen. Woher Sie Ihre komischen 2 Milliarden Steuermehreinnahmen haben, weiß ich nicht. Mir ist das nicht bekannt. Ich weiß exakt - ich kann Ihnen bezogen auf die Jahresscheiben sagen, wie viel das ist, damit Sie es lernen -, dass wir in den Jahren 2010, 2011 und 2012 - 2013 ist noch nicht abgeschlossen - etwas über 800 Millionen Euro Steuermehreinnahmen im Verhältnis zu den geplanten Steuereinnahmen haben.
Wenn Sie das abziehen - fairnesshalber muss man sagen, dass wir im Jahr 2010 tatsächlich eine Nettokreditaufnahme in Höhe von 343 Millionen Euro getätigt haben -, verbleiben noch 1 307 Millionen Euro, die wir nicht als Nettokredit aufgenommen haben - gegenüber den etwa 800 Millionen. Insofern haben wir 500 Millionen Euro konsolidiert. Können Sie das nachrechnen? 500 Millionen Euro konsolidiert! So viel zum Konsolidierungskurs dieser Landesregierung.
Das kann man alles machen, aber es wirkt einfach unglaubwürdig. Schauen Sie sich doch bitte einmal die Länder an - ich habe das getan und könnte Ihnen die Kurven zeigen, was ich beim nächsten Mal auch tun werde -, in denen die FDP in der Regierung ist bzw. viele Jahre in der Regierung war: In diesen Ländern sind die Ausgaben gestiegen. Die Steuermehreinnahmen sind wunderbar - darüber freue ich mich auch -, die gibt es aber in den anderen Ländern auch. Sachsen nimmt schon lange keine Kredite mehr auf. Das muss man anerkennen. Die haben rechtzeitig eine andere Steuerpolitik gemacht. Das war unter den Christlich-Unionierten.
Sie vergessen jedoch immer, dass unter Rot-Rot in Mecklenburg-Vorpommern auch schon eine andere Konsolidierungspolitik betrieben und dort ebenfalls schon lange keine Kreditaufnahme mehr vorgenommen wurde.
Zudem sagen Sie dann mutwilligerweise permanent nicht schließlich kloppen Sie immer so gern auf Rot-Rot -, dass das Land Brandenburg eine Politik macht, bei der sich die Steuer
einnahmen gleich gut entwickeln. Vergleichen Sie einmal, welche Länder in den Jahren 2011 und 2012 keine Nettokreditaufnahme getätigt haben. Da gibt es kaum jemanden außer Brandenburg, der neu hinzugekommen ist. All Ihre FDP- und CDUgeführten Länder haben dagegen Nettokreditaufnahmen getätigt. Das zu erwähnen gehört zur politischen Ehrlichkeit. Dass Ihnen das nicht passt, kann ich nachvollziehen, jedoch ist das nun einmal eine Tatsache.