Protocol of the Session on August 28, 2013

Wir erweitern mit diesem Gesetzentwurf die Befassungsrechte des Ausschusses. Es wird die Beratung der Landesregierung ein

geführt, und es geht um zusätzliche Informations- und Befassungsrechte. Ich glaube, dass das gut und richtig ist sowie Ausdruck einer zeitgemäßen Entwicklung ist.

Dennoch gibt es eine Reihe von Punkten, die auch wir kritisch beobachten und begleiten werden. Der Kollege Hoffmann hat bereits kraftvoll auf die richtigen Punkte hingewiesen. Schade ist, dass die bisherigen Mitglieder Ihrer Fraktion im Landesjugendhilfeausschuss bisher nicht an der Diskussion teilgenommen haben; sie nehmen nämlich seit Monaten - ich würde sogar sagen, seit Jahren - nicht an den Sitzungen des entsprechenden Ausschusses teil. Umso schöner ist es, dass Sie ab Montag mit von der Partie sind, Herr Hoffmann, und sich - hoffentlich - in dem Sinne, wie Sie es hier dargestellt haben, in die Beratungen einbringen. Ich unterstütze das und würde mich freuen, wenn Sie dies täten.

Wir haben dazu die Beratungen im Fachausschuss. Es wird eine Überweisung geben; wir entscheiden ja heute nicht schlussendlich über diesen Entwurf. Wir als Linke sehen weiteren Diskussionsbedarf, was die Zusammensetzung dieses Ausschusses betrifft. Wir müssen darüber sprechen, ob eine Reduzierung der politischen Vertreter in diesem Gremium zeitgemäß und vorstellbar ist. Es wurde bereits angesprochen, dass die Qualifikationsvoraussetzungen wegfallen sollen. Ich denke, dass auch dies ein Punkt ist, über den wir uns noch einmal austauschen sollten, da gerade von der fachlichen Eignung und Qualifizierung der Mitglieder dieses Ausschusses die eigentliche Arbeit getragen wird. Ich meine, dass man noch einmal darüber nachdenken sollte, ob es tatsächlich gewollt ist, die Qualifizierungsvoraussetzungen abzuschaffen.

Wir haben ein erweitertes Informationsrecht. Ich finde das richtig, denke aber, dass wir darüber diskutieren sollten, wie wir den Adressaten in diesem Gesetz konkreter fassen können. Außerdem haben wir weiteren Diskussionsbedarf darüber, ob die übertragenen Aufgaben auch anderen Stellen zugewiesen werden können, da dies aus unserer Sicht so nicht der Beschlussfassung vom November 2011 Rechnung trägt.

Der Kernpunkt aber, den wir sehr kritisch und mit Sorge betrachten, ist - wie hier bereits angesprochen wurde - der Verlust des Beschlussrechtes. Ich glaube, dass der Ausschuss in der Vergangenheit gut und richtig mit seinen Kompetenzen umgegangen ist, sich mit den entscheidenden Fragen der Jugendhilfe im Land Brandenburg befasst und wichtige Hinweise und Empfehlungen gegeben hat. Ich kann nicht erkennen, dass der Ausschuss mit seinem Beschlussrecht unverantwortlich, übermäßig oder unsolidarisch umgegangen wäre. Ich denke, dass man darüber noch einmal diskutieren muss, weil auch ich sehe, dass eine Benehmensherstellung allein zumindest unzureichend wäre, was die Beteiligungsrechte dieses Gremiums betrifft.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Deshalb denke ich, dass wir im Ausschuss, in der Anhörung sowie mit den Verbänden nochmals über die Abschaffung des Beschlussrechtes diskutieren sollten.

(Beifall SPD und GRÜNE/B90)

Nun ist es so, dass hier bereits beschrieben wurde, wie Verfahren im Ausschuss und in den Anhörungen ablaufen. Auch ich

sehe dies mit ein wenig Skepsis, denke aber, dass wir gemeinsam daran arbeiten können und mit den Jugendverbänden, auch mit dem aktuellen Jugendhilfeausschuss, gemeinsam eine Chance haben, noch etwas zu bewegen. Ein erster Ansatzpunkt dazu ist das Fachgespräch in der nächsten Woche, und ich würde mich freuen, wenn sich dort alle einbringen würden. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Krause. - Wir kommen zum Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Frau Abgeordnete von Halem hat das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Ich nehme an, die meisten von Ihnen haben den vorliegenden Entwurf nicht wirklich gelesen. Dort steht unter A - Problem - Folgendes:

„Das Landesjugendamt nimmt als Landesoberbehörde die Aufgaben des überörtlichen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe wahr. Im Rahmen der Modernisierung der Landesverwaltung sollen diese Aufgaben dem … zuständigen Ministerium übertragen werden. Daneben sind die fachspezifischen Aspekte der Kinder- und Jugendhilfe bei der Kommunalaufsicht stärker zu gewichten. Deshalb soll die Übertragung der Rechtsaufsicht über die örtlichen Träger der Jugendhilfe (Kommunalaufsicht für den Bereich der Kinder- und Jugendhilfe) vom Ministerium des Innern auf das für Jugend zuständige Ministerium erfolgen.“

Das, meine Damen und Herren, beschreibt lediglich einen Zustand und eine Intention, aber mitnichten ein Problem. Man fragt sich: Wo ist das Problem eigentlich? Um die Kommunalaufsicht auf das MBJS zu übertragen, muss also das Landesjugendamt aufgelöst werden, muss der Landesjugendhilfeausschuss seiner Beteiligungsrechte beraubt werden? Nein!

Schauen wir in die Unterlagen, die dem Ausschuss zur Verfügung gestellt wurden, oder hören wir uns die Redebeiträge der Koalitionsmitglieder an: Da wird als Begründung ebenfalls nur die Liste der Modernisierungsvorhaben der Landesregierung vom November 2011 angeführt - Modernisierungsvorhaben, von denen wir alle wissen, dass sie im Einzelnen nicht aus fachlicher Notwendigkeit heraus aufgenommen wurden, sondern, teilweise sogar ohne ordentliche Einbeziehung der zuständigen Minister, einzig und allein, um die Sparvorgaben zu erfüllen. Jetzt hier immer wieder die Modernisierungsvorhaben als Begründung für diese Umstrukturierung anzuführen ist doch albern. Das ist doch keine inhaltliche Begründung!

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt CDU und FDP)

Da schreibt man „Modernisierung“, „Synergie“ und „Straffung der Aufgabenerfüllung“ auf die Verpackung, und innen drin sind nur Personaleinsparungen. Damit will ich natürlich nicht sagen, dass es nicht auch Fälle gäbe, wo Personaleinsparungen und die Straffung von Abläufen sinnvoll sein könnten, nur muss dies transparent gemacht werden. Den Menschen muss erklärt werden, wo genau und wie diese Straffung von Arbeitsabläufen funktionieren soll und warum es insgesamt etwas Positives ist.

Das ist hier aber nicht passiert. Es sind reine Trockenübungen keiner versteht, was das Ganze eigentlich soll.

Für die Beteiligten reiht sich diese Umstrukturierung in eine Reihe anderer ein, beispielsweise die Auflösung der Schulämter, die Schaffung des Landesschulamtes und dessen Zusammenführung mit dem Landesamt für Lehrerbildung, für die es aus ihrer Sicht keine fachliche Notwendigkeit gibt, deren Gewinn nur theoretisch postuliert wird und hinter denen Stellenstreichungen und unnötige Gängeleien vermutet werden.

Nebenbei bemerkt ist das, was hier passiert, auch eine Abwertung von Regionen: Aus Bernau wird jetzt Potsdam.

Zudem beschneidet - auch das ist schon mehrfach gesagt worden - dieses Vorhaben die Beschlussrechte des Landesjugendhilfeausschusses.

Die Vorgaben der Modernisierungsvorhaben, nach denen die Beteiligung des Landesjugendhilfeausschusses an der Aufgabenerfüllung unberührt bleiben sollte, werden übergangen. Das bedeutet, dass die breite Einbeziehung von Verantwortlichen und Betroffenen zwar in der Theorie durchaus weiter möglich ist - wir haben ja gehört, dass die Befassungsrechte erweitert werden -, aber wir wissen alle, dass Engagement und Beteiligung immer dann sinken, wenn die Einbeziehung nur ein Placebo, echtes Mitreden also nicht mehr möglich ist.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt CDU und FDP)

Ich zitiere Herrn Hoffmann: „Der Ausschuss darf über alles reden, aber er hat nichts zu sagen!“ Das ist ein guter Satz.

Wir sollten umgekehrt eher darüber nachdenken, die Beschlussund Befassungsrechte stärker auszuweiten, anstatt sie zu beschneiden. Wir sollten über Informations- und Anhörungsrechte diskutieren und die funktionierende Struktur des Landesjugendhilfeausschusses mitsamt seinen Unterausschüssen auf jeden Fall erhalten und begleiten. Das fordert die Liga der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege. Sie hat dem Ministerium auch vorgeschlagen, ein gemeinsames rechtliches Gutachten zu der Frage erstellen zu lassen, wie dies umgesetzt werden kann. Vielleicht kann Frau Ministerin Münch uns noch erklären, warum sie dieses Angebot nicht angenommen hat.

Das Argument, mit der Eingliederung seien Beschlussrechte nicht mehr möglich, weil sie mit der Entscheidungshoheit der Ministerin kollidierten, kann nicht gelten, denn das Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes hat gezeigt, dass es in anderen Bundesländern durchaus solche Konstellationen gibt. Dazu sollten wir im Ausschuss Experten anhören.

Denn wenn schon undurchsichtig ist, warum die Eingliederung des Landesjugendamtes in das Ministerium überhaupt notwendig ist, sollten wir doch zumindest darauf achten, dass die beteiligten Akteure mit all ihrer Expertise nicht einfach nebenbei von Bord gekickt werden.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt CDU und FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Das Wort erhält noch einmal die Landesregierung. Frau Ministerin Dr. Münch, Sie haben die Gelegenheit.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Frau von Halem, ich bin ein wenig enttäuscht von dem, was Sie hier geäußert haben, denn ich habe den Eindruck, dass Sie den Entwurf wirklich nur halb gelesen haben.

Sie haben gesagt, man müsse noch viel erklären. Ich denke, wir müssen hier wirklich noch viel erklären und miteinander besprechen. Ich bin vor allen Dingen deshalb ein wenig enttäuscht, weil Sie als Akteurin im Landesschulbeirat durchaus sehr aktiv teilnehmen und daher wissen, dass es nicht nur darum geht, über irgendetwas zu reden, sondern der Landesschulbeirat nimmt seine Rechte sehr intensiv und ernsthaft wahr. Analog soll das neue Gremium entstehen. Deswegen verstehe ich diese Abqualifizierung des Gremiums Landesschulbeirat, in dem Sie ja selbst Mitglied sind, überhaupt nicht.

Ich verstehe ja, dass die Herren Büttner und Hoffmann, die an den Sitzungen des Jugendhilfeausschusses selten teilgenommen haben, nicht verstehen, worum es hier eigentlich geht. Es geht um ein grundsätzliches rechtliches Problem.

(Zuruf von der FDP: Frau Ministerin, Sie waren nie im Ausschuss!)

Ich bin Ihnen auch dankbar, dass dieses Hohe Haus ein Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes in Auftrag gegeben hat, das uns explizit bestätigt, dass unser Vorgehen nach dem Abweichungsrecht der Länder laut Artikel 84 Abs. 1 Satz 1 und 2 Grundgesetz tatsächlich zulässig ist und durchaus dem üblichen Vorgehen entspricht.

Verwaltungsmodernisierung bedeutet natürlich, dass wir diese Verwaltung - die Landesverwaltung, für die wir stehen - den Gegebenheiten, was Personalabbau, Haushaltskonsolidierung und sinkende Bevölkerungszahlen betrifft, anpassen müssen. Eine moderne Landesverwaltung berücksichtigt die künftige Entwicklung, entscheidet nachhaltig und verharrt nicht auf Besitzständen, die nicht mehr der Realität im Land entsprechen. Deshalb ist es so wichtig, hier Verwaltungsmodernisierung durchzuführen.

Lassen Sie mich noch einen Satz zu den geplanten Veränderungen des Landes-Kinder- und Jugendausschusses sagen. Natürlich haben wir das mit den Beteiligten intensiv diskutiert, auch mit der LIGA.

Frau Ministerin gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich möchte das jetzt zu Ende führen. - Die LIGA selbst hat davon Abstand genommen, ein Rechtsgutachten einzuholen, weil man, nachdem die LIGA sich erkundigt hatte, was in anderen Ländern üblich ist, genau gemerkt hat - wie es vom Parlamentarischen Beratungsdienst bestätigt wurde -, dass dieses Vorgehen zulässig ist.

Beispielsweise hat das Land Niedersachsen den Kinder- und Jugendhilfeausschuss komplett abgeschafft. Diese Möglichkeit

hätte es auch bei uns gegeben. Wir haben stattdessen ein Gremium geschaffen, das erweiterte Beteiligungsrechte hat. Es ist aber aus juristischen, rechtssystematischen Überlegungen heraus nicht möglich, dass ein Beirat oder ein Kinder- und Jugendhilfeausschuss Beschlussrechte hinsichtlich der Landesregierung hat. Das steht allein Ihnen zu, meine Damen und Herren! Sie würden damit das Recht der Abgeordneten unterhöhlen - die Abgeordneten sind vom Volk des Landes Brandenburg als dessen Vertreter rechtmäßig gewählt -, die Regierung zu kontrollieren. Dieses Recht haben Sie und nicht ein ernanntes Gremium.

Das ist der Punkt, und das hat die LIGA sehr wohl begriffen. Deswegen hat sie dieses Gutachten gar nicht mehr eingeholt. Wir werden aber noch genug Gelegenheiten haben, in den Ausschüssen des Parlaments, auch in den Anhörungen, intensiv darüber zu diskutieren.

Ich würde mich freuen, wenn Sie die große Chance erkennen, die wir mit einem solchen neuen Gremium - dem wir eine Geschäftsstelle geben und das ein Budget erhalten wird, um Gutachten einzuholen - schaffen. Dieses neue Gremium wird die Möglichkeit haben, sich in alle Themen, die Kinder und Jugend im Land Brandenburg betreffen, intensiv einzubringen. Deswegen würde ich mich sehr freuen, wenn Sie diesem Gremium die Chance gäben, sich tatsächlich analog zum Landesschulbeirat sinnvoll einzubringen.

Wahrscheinlich wird einiges erst dann deutlicher werden, wenn wir im Detail darüber sprechen. Ich würde es auch sehr befürworten, wenn wir die gute fachliche und konstruktive Diskussion, die im Landesjugendhilfeausschuss stattgefunden hat, auch in dem neu geschaffenen Gremium beibehalten könnten. - Vielen Dank.

(Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Ministerin Dr. Münch. - Frau Abgeordnete von Halem hat eine Kurzintervention angemeldet.

Frau Ministerin Münch, ich möchte mich ausdrücklich dagegen verwahren, dass ich die Arbeit des Landesschulbeirates geringgeschätzt und herabgeredet hätte. Ich habe den Landesschulbeirat in diesem Kontext mit keinem Satz erwähnt. Sie selbst wissen, dass ich dort Mitglied bin. So oft es mir möglich ist, nehme ich dort teil.

Ich weiß auch, dass der Landesschulbeirat keine Beschlussrechte, sondern nur Beratungsrechte hat. Das ist eine andere Struktur. Ob man sich für den Landesschulbeirat Beschlussfassungsrechte wünscht oder nicht, ist eine andere Diskussion.

Was ich hier diskutiert habe, ist, dass dem Landesjugendhilfeausschuss die Beschlussrechte genommen werden. Diese Kritik erhalte ich aufrecht, weil es meine Erfahrung ist und ich der festen Überzeugung bin, dass Gremien, die Beschlussfassungsrechte hatten, darunter fielen, wenn man ihnen diese Rechte nimmt. Die gesamte Engagementforschung belegt das. Wenn Sie sich ansehen, wann sich Menschen mit Themen befassen,

wo Bürgerhaushalte und ehrenamtliches Engagement gelingen, stellen Sie fest, dass es dort gelingt, wo Menschen die Kompetenz haben, Dinge auch zu entscheiden. Einem Gremium, das die Kompetenz hatte, diese Kompetenz zu rauben, halte ich für grundsätzlich falsch. Das hat überhaupt nichts mit dem Landesschulbeirat zu tun.