Protocol of the Session on June 6, 2013

(Beifall FDP und B90/GRÜNE)

Die Abgeordnete Lieske setzt für die SPD-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Büttner und sehr geehrte Frau von Halem, noch einmal recht herzlichen Dank. Das ist ein zweites Thema der frühkindlichen Bildung, das unmittelbar im Zusammenhang mit dem vorhergehenden Tagesordnungspunkt steht, sodass wir uns jetzt noch einmal explizit mit der Kindertagesbetreuung beschäftigen können.

Ich gebe Ihnen Recht, dass wir eine lebhafte und lebendige Debatte dazu geführt haben und uns die Große Anfrage, damals gestellt von der FDP-Fraktion, sehr viele detaillierte Informationen zu diesem Tagesthema geliefert hat, die uns bisher nur sporadisch aus einzelnen Kreisen oder Fachgesprächen, die die Fraktionen geführt haben, zur Verfügung gestellt wurden. Sie haben all die Befunde ein Stück weit belegt, die uns so nur stückweise zur Verfügung gestanden haben.

Herr Büttner, Sie haben allerdings heute versäumt, darauf hinzuweisen, welch gute Entwicklung die Kindertagespflege in Brandenburg genommen hat. Wir müssen auch sagen, woher die Tagespflege kommt. Sie hat sich traditionell aus einer Nachbarschaftshilfe heraus entwickelt. In Brandenburg besteht sie seit 2002. Sie hat sich praktisch von null auf den Bundesdurchschnitt von 14,1 oder 14,4 % - ich habe es jetzt nicht genau im Kopf - entwickelt. Ich glaube, das ist auf jeden Fall als

ein den Kindergärten oder Kindertageseinrichtungen gleichgestelltes Angebot zu deuten, aber eigentlich nicht nur zu deuten, sondern der Beleg dafür ist erbracht.

Trotzdem ist Kindertagespflege eine besondere Form der Kindertageseinrichtung. Sie hat nämlich den familienähnlichen Anspruch zu erfüllen. Ich glaube, das ist genau das, was sich diejenigen aussuchen, wenn sie auf Kindertagespflege reflektieren. Es gibt aber manchmal auch den - nicht gewollten - Fall, dass Träger, die den Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung zu erfüllen haben, auf Kindertagespflege ausgewichen sind, etwa wenn sie in Kindereinrichtungen nicht genügend Plätze für Kinder von 0 bis 3 Jahren vorweisen konnten. Damit, dass Brandenburg mit dem U3-Ausbauprogramm sehr gut vorangekommen ist und es auch zukünftig vorantreiben und nutzen wird, ist vielleicht auch zu erklären, dass die Tendenz, dass sich hauptsächlich 0- bis 3-Jährige in Kindertagespflege befinden, wieder leicht rückläufig ist. Zukünftig wird es in so manchem berlinnahen Bereich vielleicht weniger Kindertagespflege geben. Ich denke gerade daran, dass im Herbst in Fredersdorf-Vogelsdorf eine neue Kita in Betrieb gehen wird. Vielleicht ist Kindertagespflege dann in gewissem Umfang nicht mehr erforderlich. Das ist eine Tendenz, die wir nicht unbedingt zu beurteilen haben, sondern das müssen die Landkreise und kreisfreien Städte mit sich selbst ausmachen. Sie kennen den Bedarf am allerbesten, und sie wissen auch ganz genau, wo sie den entsprechenden Ausgleich erbringen müssen. Frau von Halem wird sicherlich auch noch einmal darauf eingehen, dass es wichtig ist, hier einen landesweiten Rahmen zu schaffen. Grundsätzlich bin ich an Ihrer Seite. Aber, Herr Büttner, Sie haben nicht verraten, wie Sie das Thema Konnexitätsprinzip tatsächlich ausschließen wollen.

(Frau Lehmann [SPD]: Muss er nicht!)

Die Antwort sind Sie ein Stück weit schuldig geblieben.

(Frau Lehmann [SPD]: Die Opposition muss das nicht!)

Nach der Verkündung des Landesverfassungsgerichts zum Thema Kita-Finanzierung, die ich mir persönlich angehört habe, glaube ich nicht, dass es so einfach sein wird und die Träger - wenn wir einen landesrechtlichen Rahmen vorgeben, der eine Erhöhung von Sätzen vorschreibt - darauf verzichten werden, sich von uns den finanziellen Ausgleich für die Erledigung dieser Angelegenheit zu holen. Da bin ich nicht ganz so blauäugig wie Sie. Ich denke, dass wir die erfolgreiche Praxis zum Beispiel in der Ausbildung fortsetzen sollten. Die hat Brandenburg - das darf man nicht vergessen - sehr gut gemeistert. Wir waren auch für andere Vorreiter, zum Beispiel, als es um das 160-Stunden-Programm gegangen ist, da haben wir nie nachgelassen. Wenn es um die Themen der Zusammenarbeit und Beratungsangebote geht, würde ich Ihnen empfehlen, auf die Internetseite des MBJS zu gehen. Dort sind Fachforen geschaltet, und es werden zu vielen Fragen, die Sie angesprochen haben und die auch ich noch als offene Baustellen betrachte Vergütung, Urlaubsansprüche, Fortbildung und natürlich auch Kooperation von Kindertageseinrichtungen - Auskünfte gegeben. Dazu haben wir weiterhin Handlungsbedarf, und wir alle sind gefordert, uns auf kommunalpolitischer Ebene und bei den Landkreisen einzubringen, dass die Interessen der Kindertagespflege entsprechend berücksichtigt werden. Trotzdem verweigert sich das Land Brandenburg überhaupt nicht, als Moderator in diesen Prozess einzugreifen und mit all seinen Kennt

nissen, die in Bezug auf die Kindertagespflege angesammelt worden sind, die Entwicklung weiterhin positiv voranzutreiben. - Vielen Dank.

(Beifall SPD)

Die Abgeordnete Blechinger spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Ziel dieses Antrags unterstützen wir uneingeschränkt. Allerdings sind wir der Auffassung, dass mit diesem Antrag das Gegenteil erreicht wird; denn die bürokratischen Hürden für die Genehmigung einer Tagespflegestelle würden enorm steigen. So sehr ich Standards für die Arbeit von Fachkräften in der Jugendhilfe, beispielsweise für die Mitarbeiter von Jugendämtern, befürworte, so sehr lehne ich diese bei Tagesmüttern ab. Denn bei der Tagespflege handelt es sich um ein familiennahes, individuelles Betreuungsangebot für Kleinkinder. Da entscheiden die Eltern über das pädagogische Konzept und den Betreuungsumfang und handeln die Rahmenbedingungen mit der Tagesmutter aus.

Das Wohlbefinden von Kindern hängt in erster Linie von der Qualität der Beziehung zur Betreuungsperson ab und nicht in erster Linie von den räumlichen Bedingungen. Die Qualität der Beziehung hängt wiederum von der sozialen Kompetenz ab, und die lässt sich schwer in Standards fassen; denn da geht es nicht nur um Fachwissen. Wenn dem so wäre, müssten alle Kinder von Pädagogen und Psychologen die glücklichsten und kompetentesten Kinder sein, und ich denke, wir wissen, dass das nicht überall so ist - um es einmal vorsichtig zu formulieren.

Natürlich ist eine grundsätzliche Schulung erforderlich, aber die gibt es bereits. Auch hygienische Standards sind gesetzt, aber Standards für Räume sind aus meiner Sicht nicht erforderlich. Oder wollen wir wirklich einer angehenden Tagesmutter zumuten, umfängliche Umbaumaßnahmen in der Wohnung vorzunehmen, weil vielleicht ein halber Quadratmeter Spielfläche fehlt, wie wir das teilweise bei Kitas erlebt haben?

Auch die Bezahlung kann unterschiedlich sein, und zwar nicht nur im Hinblick auf den Betreuungsumfang oder die Qualifikation der Betreuungsperson, sondern natürlich auch im Hinblick auf die Rahmenbedingungen der Betreuung. Da wird individuell gekocht, da werden bestimmte Bedürfnisse wie Allergien berücksichtigt, besondere Fördermaßnahmen und Therapien durchgeführt, da gibt es Anforderungen an die Betreuung zu unterschiedlichen Tageszeiten, oder es werden nur ein bis zwei Kinder betreut. Das sind sehr unterschiedliche Rahmenbedingungen. Auch spielen natürlich die unterschiedlichen Mietkosten beispielsweise in Potsdam und im ländlichen Raum eine Rolle, wenn ich meine private Wohnung für die Tagespflege zur Verfügung stelle. Selbst für Kita-Erzieherinnen ist die Vergütung bei freien Trägern durchaus nicht einheitlich geregelt, und bei Tagesmüttern ist es aus unserer Sicht erst recht nicht möglich.

Was richtig und wichtig für die Qualität in der Kindertagespflege ist, nämlich Beratung und Qualitätskontrolle durch die Jugendämter auszuweiten, können wir mit diesem Antrag nicht regeln, denn das betrifft die kommunale Selbstverwaltung.

Natürlich gibt es vielfältige Weiterbildungsangebote seitens des Landes - sowohl für Kita-Erzieherinnen als auch für Tagesmütter. Aber ob und in welchem Umfang die Angebote wahrgenommen werden und wie Qualitätsstandards - zum Beispiel bei Sprachförderung, gesunder Ernährung oder Bewegungsförderung - umgesetzt werden, liegt selbst bei den Kitas in der Verantwortung der Träger und der Eltern. Deshalb ist es aus unserer Sicht nicht angemessen, an Tagesmütter höhere Anforderungen zu stellen.

Meine Damen und Herren, so sehr wir das Thema Tagespflege unterstützen - ich hatte es bei der Großen Anfrage schon gesagt -, aber mit diesem Antrag befördern wir nicht die Tagespflege, und deswegen können wir dem nicht zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Die Abgeordnete Große spricht für die Linksfraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Büttner, Sie haben mit Ihrer Anfrage hier einen Vorlauf gebracht, und ich finde es wichtig, dass wir das Thema Tagespflege in diesem Hause noch einmal diskutieren - das ist im Parlament noch nicht so häufig behandelt worden.

Sie wollen eine Neufassung der Tagespflegeeignungsverordnung erreichen und haben acht Prämissen vorgegeben. Das alles wollen Sie bis zum Ende des Jahres zumindest eingeleitet oder sogar schon vollzogen haben, und da habe ich jetzt natürlich die Frage: Wie ernst nehmen Sie Ihre eigenen Anträge? Innerhalb eines halben Jahres eine Verordnung zu ändern und zugleich alle Maßnahmen schon im Bericht erfassen zu wollen ist durchaus schwierig. Ich könnte mich in allen Begründungen, weswegen wir diesen Antrag ablehnen, den Argumenten der Kollegin Blechinger anschließen - es kommt ja in diesem Hause nicht so häufig vor, dass ich mich ihr inhaltlich anschließe -, will aber auf zwei Punkte besonders fokussieren.

Entweder wir nehmen das mit der kommunalen Selbstverwaltung ernst, oder wir nehmen es nicht ernst. Wir haben zum Beispiel im Mühlenbecker Land eine Kommune, in der die Betreuung aller Null- bis Dreijährigen zu 80 % über die Tagespflege abgesichert ist; diesen Wert finde ich sehr hoch, da besteht keine Wahlmöglichkeit mehr. Aber ich möchte doch - bitte schön - dieser Kommune hier im Land diesbezüglich nichts vorschreiben, denn ich weiß, was dann passiert: Dann sind sofort Herr Böttcher und der Landkreistag da. Wenn ich sage, in dem Rahmen hat sich das zu bewegen, dann ist natürlich Konnexität das Problem, das uns das verbietet. Mich wundert es einfach, Herr Büttner, dass dieser Antrag von Ihnen kommt, weil sonst Sie immer diejenigen sind, die sagen, hier müssten wir die Konnexität beachten, und in der Frage müssen wir es natürlich.

Dann haben Sie innerhalb Ihrer Forderungen mehrere Dinge aufgezählt, zum Beispiel die Inklusion. Ja, wir haben häufig gerade diese kleinen Angebote in der Tagespflege, die Kindern mit Frühförderbedarfen besser gerecht werden, als das in der Kindertagesstätte möglich ist - aufgrund der Vielfalt der Kinder, auch aufgrund der individuellen Bedarfe an Förderung

von Kindern. Ich bin ganz bei Ihnen, dass es hier Beratungsbedarf für Tagesmütter gibt - unbedingt. Das haben wir beim Runden Tisch Inklusion in der Arbeitsgruppe Kindertagesstätten auch als ein Arbeitsfeld verstanden, und dort gibt es auch von den einschlägig damit befassten Menschen schon sehr gute Vorschläge, was man machen kann.

Wir wissen - und alle, die sie sich angesehen haben, wissen -, unter welcher enormen Belastung Tagespflegepersonen stehen, denn sie haben einen achtstündigen Arbeitstag und müssen danach auch noch vorkochen, damit am nächsten Tag nicht unbedingt im Beisein der kleinen Kinder Essen gekocht werden muss. Die Zeit, diese Tagespflegepersonen in Qualifikationsmaßnahmen, in einer Weiterbildung, in einer Fortbildung zu erfassen, ist natürlich begrenzt - dessen müssen wir uns bewusst sein -, und trotzdem ist es notwendig, das sehe ich auch.

Ich möchte noch auf einen letzten, vielleicht optimistischeren Punkt zu sprechen kommen: Es gibt in diesem Land sehr viel mehr, als wir uns in unserer Parlamentarierfantasie vorstellen können. Ein Beispiel: Wir waren mit der Fraktion bei der „UckerWelle“. Das Haus „UckerWelle“ kennen Sie auch gut, Herr Büttner, es liegt in Ihrem Wahlkreis. Die machen schon vieles von dem, gerade was die Kooperation zwischen Kindertagespflege und Tagesmüttern angeht, um besondere Öffnungszeiten abzusichern. In diesem Bereich der Kooperation passiert, glaube ich, sehr viel mehr, als wir wissen. Auch in kleineren Orten passiert das ganz notgedrungen, weil sich jeder kennt. In Leegebruch ist es selbstverständlich, dass alle Tagesmütter mit ihren Kindern die großen Spielplätze in den Kindertagesstätten mitbenutzen usw.

Ich weiß nicht, ob wir besser würden, wenn wir das alles festschrieben, zumal auch diese Kooperation wieder eine Frage der Konnexität wäre. Insofern danke ich Ihnen für Ihren Antrag und Ihre Bemühungen. Vor allem danke ich allen Tagespflegepersonen, die sich hier zu relativ schwierigen Vergütungsverhältnissen - das wissen wir - und schwierigen Urlaubs- und Krankenvertretungsverhältnissen - auch das müssen wir im Auge behalten - auf den Weg gemacht haben. Aber durch eine kompliziertere Rahmensetzung werden wir selbst Ihren Ansprüchen hier, glaube ich, nicht ausreichend gerecht.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Die Abgeordnete von Halem spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Tageseltern sind ein Erfolgsmodell. Im System der Kindertagesbetreuung nehmen sie eine immer größere und wichtigere Rolle ein, eben deshalb, weil sie vielerorts eine Alternative zu Kindertagesstätten sind, kleinere Gruppen und eine familiäre Atmosphäre anbieten. Aktuell sind es in Brandenburg 14 % aller Kinder unter drei Jahren, die bei Tageseltern betreut werden; im Jahr 2000 waren es gerade einmal 0,4 %. Ich finde, dass dieser Anstieg einerseits ein positives Zeichen ist, weil er einfach zeigt, dass die Vielfalt größer geworden ist, andererseits aber schon bedeutet, dass Kindertageseltern ein fester Bestandteil in der Betreuung sind und wir deshalb auch ernsthaft dorthin schauen sollten.

Wir wissen, wie wichtig die ersten Jahre für die Entwicklung eines Kindes sind, und deshalb sollte uns auch die pädagogische Qualität von Kindertagespflege ein wichtiges Anliegen sein. Die qualitativen Standards, die in Kindertagesstätten Einzug gehalten haben, sind bei der Kindertagespflege noch nicht überall über die Türschwelle gekommen. Um auf das zu reagieren, was Frau Blechinger gesagt hat, und auf das, was ich von dir gehört habe, Gerrit: Ich finde, dass wir schon den Anspruch stellen können, auf Landesebene über Standards in der Kindertagespflege zu reden, weil diese Bestandteil des öffentlich finanzierten Betreuungssystems ist. Das gehört dazu, deshalb ist es auch richtig, dass wir da über einen Standard reden.

Es kann natürlich sein, dass Menschen sagen: Wir wollen es aber ohne jegliche Standards machen. - Dann steht es jedem frei, auf der Basis von geringfügiger Beschäftigung zu arbeiten oder sich mit anderen Eltern zusammenzutun und zu sagen: Dann nehmen wir eben die Frau soundso von nebenan, die macht das klasse. - Das ist immer möglich. Aber Kindertagespflege ist Bestandteil des offiziellen Betreuungssystems, und deshalb finde ich, sollten wir darüber reden.

Wenn einerseits gesagt wird, die Kindertagespflege müsse in den Händen der Kommunen bleiben, weil wir als Land dort nicht eingreifen dürften, aber andererseits vom Land gefordert wird, auf die Einhaltung der Qualität von Kitas zu schauen wir haben vorhin darüber beraten -, weil die Kommunen das nicht könnten, dann ist das nicht konsistent, das geht nicht auf. Entweder die Kommunen können es, oder sie können es nicht. Wenn sie es aber können, dann können sie es sowohl in Bezug auf die Kitas als auch hinsichtlich der Kindertagespflege. Können sie es nicht, dann weder bei dem einen noch bei dem anderen.

Ich will es noch einmal deutlich sagen: In der Kindertagespflege sind hervorragend ausgebildete, engagierte Personen tätig. Es gibt auch Kommunen und Jugendämter, die sich vorbildlich um Weiterbildung, Vernetzung, Betreuung und hohe pädagogische Qualität von Kindertagespflege kümmern. Wenn wir uns aber an die Große Anfrage der FDP-Fraktion aus dem vergangenen Jahr erinnern, wissen wir: Das ist nicht überall so. Wir wollen mit diesem Antrag dazu beitragen, eine Debatte über Standards in der Kindertagespflege zu beginnen. Ziel muss eine gute Qualität sein, ohne die Kommunen unbotmäßig einzuengen. Die Debatte sollten wir nicht gegen die Kommunen, sondern mit ihnen führen.

Für uns Bündnisgrüne ist der wichtigste Punkt in diesem Antrag, dass wir Mindeststandards bekommen, die es Tageseltern ermöglichen, Fortbildungen und berufsbegleitende Weiterbildungen zu absolvieren, insbesondere deshalb, weil die Mindestvoraussetzung für die Erlangung der Erlaubnis zur Kindertagespflege nur ein 160-Stunden-Kurs ist. Ich weiß, dass die meisten besser ausgebildet sind. Dennoch ist festzustellen, dass ein 160-Stunden-Kurs - gemessen an der Erzieherausbildung - schon relativ mager ist. Man kann sich vorstellen, dass in einen solchen Kurs - abgesehen von der Vermittlung organisatorischer Grundkenntnisse - nicht mehr viel hineinpasst.

Ferner ist ein angemessener Vergütungsrahmen wichtig. Klar ist: Die Menschen müssen von ihrer Arbeit leben können. Es kommt hinzu, dass dieser Arbeit hohe Wertschätzung gebührt. Wir verzeichnen gegenwärtig eine Spreizung zwischen 340 und 725 Euro pro ganztagsbetreutem Kind. Das ist merkwürdig hoch, da sollten wir genau hinschauen.

Wir hegen große Sympathien für die Förderung von Kooperationen zwischen Kindertagesbetreuungseinrichtungen und Tagespflegepersonen, weil wir davon ausgehen, dass damit sowohl für die Eltern und als auch für die Betreuungspersonen ein sehr viel verlässlicheres Umfeld geschaffen werden kann. Solche Netzwerke befördern den inhaltlichen Austausch, ermöglichen die Abdeckung von Randzeiten bzw. Ausfallzeiten, etwa wegen Krankheit oder Fortbildung. Da die Tageseltern in der Regel Selbstständige sind, brauchen sie oft Beratung. Viele Jugendämter bieten hervorragende Beratungen an, aber mancherorts funktioniert es nicht so gut.

Letzte Anmerkung: Auch in puncto Inklusion schauen wir nicht gut genug hin.

Dieser Antrag, den wir gemeinsam mit der FDP-Fraktion eingebracht haben, beinhaltet viele verschiedene Aspekte. Er soll Diskussion und Austausch anregen. Er soll nicht einengen, sondern ermöglichen. Es ist unsere Intention, die Tagespflege als feste Säule neben Kitas zu stärken und zu unterstützen.

(Beifall B90/GRÜNE und FDP)

Ministerin Münch spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass Sie die Entwicklung der Kindertagespflege in Brandenburg als Erfolgsgeschichte charakterisiert haben. Zudem nehme ich wahr, dass wir in wesentlichen inhaltlichen Aspekten nahe beieinander sind. In dieser Beurteilung liegt auch ein Lob für die Arbeit der vielen Tagesmütter und -väter und - indirekt - des Jugendministeriums, das diese Entwicklung maßgeblich unterstützt hat.

In den vergangenen zwölf Jahren hat im Land Brandenburg eine rasante Entwicklung stattgefunden; das ist schon erwähnt worden. Mit knapp 5 000 Kindern in der Tagespflege haben wir heute ein Niveau erreicht, das dem bundesdeutschen Durchschnitt entspricht. 14,2 % aller betreuten U3-Kinder sind bei einer der knapp 1 300 Tagespflegepersonen. Die Kindertagespflege genießt - nach anfänglicher Skepsis - in Brandenburg hohe Akzeptanz und entwickelt sich dynamisch.

In der Tagespflegeverordnung vom 22. Januar 2001 hatte Brandenburg als erstes Bundesland überhaupt Qualitätsanforderungen an die Tagespflege definiert. Deswegen fördern wir seit 2001 Qualifizierungsmaßnahmen für Tagespflegepersonen und finanzieren diese auch.

Das MBJS hat eine zentrale Informations- und Beratungsstelle eingerichtet und fördert den fachlichen Austausch der Beteiligten. Es ist tatsächlich so - Frau Große und Frau Lieske haben schon darauf hingewiesen -, dass dieser Austausch stattfindet. Es gibt eine Vielzahl unterschiedlicher Tagespflegeangebote. Zum Teil werden gemeinsame Tagesgruppen geführt, man tauscht sich aus, mietet gemeinsam Einrichtungen an und kooperiert mit Kitas. Das alles zeigt: Es ist eine große Vielfalt entstanden.

Die Kindertagespflege hat sich in Brandenburg nicht nur quantitativ positiv entwickelt, sondern es gibt auch positive Daten

zur Qualität der Kindertagespflege, die in zwei Qualitätsuntersuchungen - 2003 und 2006 - extern ermittelt wurden. Auch die 2012 bundesweit durchgeführte Erhebung - abgekürzt: NUBBEK - belegt, dass die Kindertagespflege im Land Brandenburg qualitativ mit den Kitas mithalten kann. Das ist, wie gesagt, eine sehr positive Beurteilung. Diese ist auch besonders wichtig, weil wir wissen, dass gerade sehr junge Kinder ein hohes Schutz- und Zuwendungsbedürfnis haben und eine anregende, liebevolle und fürsorgliche Umgebung brauchen.