Betrachtet man die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage, entsteht eher der Eindruck, das wäre nicht der Fall. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Eine zentrale Statistik über die Zahl der Hebammen und Entbindungspfleger im Land existiert eben nicht. Die Kollegin Nonnemacher ist darauf eingegangen. Die Differenz zwischen beiden Angaben beträgt 63 Hebammen. Das ist schon eine enorme Zahl. Die entscheidet über Quantität und Qualität im Land.
Es gibt aber auch keine aussagekräftigen Zahlen zu Vollzeitund Teilzeitbeschäftigungen, zu Anstellungsverhältnissen von Hebammen bei Trägern oder Ämtern, zu Frühverrentungen oder bei Aufgabe der Tätigkeit usw.
Ein weiteres Beispiel: Das Bundeskinderschutzgesetz, welches am 1. Januar 2012 in Kraft getreten ist, bestimmt ausdrücklich
die Ausbildung von Familienhebammen. Die Landesregierung hat nicht einmal eine Antwort darauf, wie viele Familienhebammen es im Land gibt, geschweige denn, was sie für Aufgaben haben oder wie viele Familienhebammen sie beabsichtigt, auszubilden.
Ich könnte diese Aufzählung fortführen. Die Landesregierung sagt, sie setze auf gute Information für werdende Mütter. Darauf setze ich auch. Ich wünsche den werdenden Eltern, die sich für ein Kind entschieden haben, die bestmögliche Betreuung und die Freiheit, sich für den nach ihren Vorstellungen richtigen Geburtsort entscheiden zu können.
Ich wünsche den Hebammen im Land, die den schönsten Beruf überhaupt haben, glückliche Eltern und gesunde Kinder.
Um das künftig sicherstellen zu können, wünsche ich mir von der Landesregierung aber eine bessere Datenerhebung. Ich kann nur gegensteuern, wenn ich eine gewisse Datenlage habe.
Der Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN besagt zum Beispiel, dass Sie eine 1:1-Betreuung möchten und dass ausreichende Angebote für die Schwangerenversorgung notwendig und Geburtshelfer für die ambulante und klinisch-stationäre Geburtshilfe einzusetzen seien, weil es in diesem Bereich Lücken gebe. Ich muss Ihnen ehrlich sagen, Frau Kollegin Nonnemacher, die Antwort ist so wenig aussagekräftig, dass ich es nicht sagen kann, ob wir Lücken haben oder nicht. Deswegen stimme ich der Kollegin Lehmann zu, dass man darüber im Ausschuss durchaus noch einmal diskutieren kann.
Bei der Abstimmung über den Entschließungsantrag werden wir uns der Stimme enthalten. - Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, da die Ministerin einen Nachfolgetermin hat, ziehe ich sie mit ihrem Redebeitrag bei Zustimmung der nachfolgenden Redner vor. - Bitte, Frau Tack.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe um 17 Uhr eine Telefonschaltkonferenz mit den Landräten und Bürgermeistern, die sich im Hochwasser befinden. Deshalb bitte ich darum, dass ich …
Ich bin der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dankbar. Ich halte es für eine gute Idee, dass Sie die Große Anfrage gestellt haben. Es wurde sichtbar, das wir uns parteiübergreifend einig sind, dass es um die Hebammen und um deren Zukunft
Es geht damit letztlich auch um die Frauen, Kinder und Familien, die Leistungen von Hebammen in Anspruch nehmen und darauf vertrauen, dass ihnen auch in Zukunft Hebammen zur Seite stehen, wenn sie sie brauchen.
Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN weiß sicherlich auch, dass die Fraktion DIE LINKE im nordrhein-westfälischen Landtag vor zwei Jahren eine ähnlich große Anfrage gestellt hat, damals im Zusammenhang mit dem starken Anstieg der Prämien der Berufshaftpflichtversicherungen für geburtshilflich tätige Hebammen. Sie erinnern sich sicherlich daran. Das war eine heiße Debatte und völlig zu Recht ein politisches Thema auch bundesweit.
Die Hebammenverbände haben damals bundesweit medienwirksam auf ihre Situation aufmerksam gemacht und, wie ich finde, sehr erfolgreich eine Petition beim Deutschen Bundestag initiiert.
Die Verbände hatten damals die Befürchtung geäußert, dass sich die Hebammen in großer Zahl aus der freiberuflichen Geburtshilfe zurückziehen könnten. Zum Glück, kann ich nur sagen, belegen unsere Recherchen - auch wenn Sie die Datenlage immer beklagen; aber wir reden ja immer miteinander - diese Annahme nicht.
Was kennzeichnet nun die Berufsgruppe? - Sie haben es unterschiedlich beschrieben. Ich will es noch einmal zusammenfassen.
Erstens. Der Beruf ist geprägt von großer Verantwortung für Mutter und Kind. Das ist klar. Dafür sind wir den Hebammen sehr dankbar. Die Geburtshilfe ist mit einem hohen Haftungsrisiko verbunden. Das zeigen nach wie vor steigende Haftpflichtprämien.
Zweitens. Der Beruf kann im Angestelltenverhältnis, in freier Niederlassung oder, was oft vorkommt, in Kombination ausgeübt werden. Die Berufsgruppe unterliegt keinem Niederlassungszwang. Hebammen entscheiden selbst, ob und wenn ja, in welchem Umfang sie freiberuflich arbeiten. Sie zeigen ihre freiberufliche Tätigkeit bei den Gesundheitsämtern an. Diese führen die Aufsicht und von diesen ist auch die Datenlage zu erfahren. Dass die Datenlage lückenhaft ist, haben wir Ihnen aufgeschrieben.
Drittens. Die Gebühren für freiberuflich erbrachte Hebammenleistungen werden seit dem Jahr 2007 in direkten Verhandlungen zwischen den Krankenkassen und den Hebammenverbänden auf Bundesebene ausgehandelt. Bislang kam kaum ein Vertrag ohne Schiedsverfahren zustande. Das zeigt, wie unbefriedigend die Einkommenssituation aus der Sicht der Berufsangehörigen ist. Aus meiner Sicht ist sie es im Übrigen auch. Auch viele Kollegen, die schon geredet haben, teilen diese Ansicht.
Viertens. In einem dünn besiedelten Flächenland wie Brandenburg sind teilweise weite Fahrten zurückzulegen. Hinzu kommt, dass immer weniger Kinder geboren werden. - Das sind die Rahmenbedingungen, denen wir unterliegen.
Die Rahmenbedingungen für die berufliche Tätigkeit der Hebammen werden überwiegend auf der Bundesebene bestimmt.
Die Gesundheitsministerkonferenz hat deshalb in ihren Beschlüssen aus den Jahren 2010 und 2012 Lösungen vor allem bei der Haftpflicht angemahnt. Ich bin sehr froh, dass seitdem vieles in Bewegung ist. Wir haben uns darüber auch mit den Kolleginnen vom Landesverband ausgetauscht.
Das Bundesministerium für Gesundheit hat im Jahr 2011 erstmals ein Gutachten zur Versorgung und Vergütungssituation in der außerklinischen Hebammenhilfe in Auftrag gegeben. Frau Nonnemacher, Sie haben davon gesprochen. Die Ergebnisse des mit dem Gutachten beauftragten Instituts bestätigen die häufig schlechte Einkommenssituation. Es wird aber auch auf die lückenhafte und teilweise unzureichende Datenlage hingewiesen. Das wurde heute schon mehrmals erwähnt.
Im Zuge des Versorgungsstrukturgesetzes wurde gesetzlich klargestellt, dass die Kosten der Berufshaftpflichtversicherung bei den Vergütungsverträgen zu berücksichtigen sind. Mitte 2012 erfolgte der Ausgleich im Bundesvertrag.
Auf der Ebene des Bundesvertrags wurden Vergütungsanpassungen - auch das ist erwähnt worden - in Höhe von bis zu 15 % ausgehandelt. Damit ist mit einer Verbesserung der Einkommenssituation der freiberuflichen Hebammen zu rechnen.
Meine Damen und Herren! Landespolitisch haben wir nur begrenzte Steuerungsmöglichkeiten. Das bedauere ich, aber es ist so. Wir kommen immer wieder bei dem Thema Bundesrecht an. Es ist wichtig, dass wir die Situation der freiberuflichen Hebammenhilfe weiterhin aufmerksam beobachten und die uns zur Verfügung stehenden Einflussmöglichkeiten nutzen. Ich erinnere an die Gesundheitsministerkonferenz. Das ist eine wesentliche Einflussmöglichkeit.
Wir werden erstens weiterhin unseren Einfluss auf die Bundespolitik nutzen, damit sich die Rahmenbedingungen für die beruflich tätigen Hebammen weiter verbessern. Wir werden zweitens die landesrechtlichen Regelungen, die Berufsordnung und die Privatgebührenverordnung, so ausgestalten, dass die Tätigkeit attraktiv bleibt. Wir werden uns drittens dafür einsetzen, dass sich die Datenlage verbessert. Wir werden viertens natürlich den intensiven Austausch mit den Kolleginnen aus der Berufsgruppe fortsetzen.
Die persönlichen und regelmäßigen Kontakte mit dem Landeshebammenverband sind für mich und auch für die Gesundheitsabteilung sehr wichtig. Im vergangenen Jahr, 2012, haben wir uns sowohl bei mir am Tisch wie auch bei der Landesversammlung des Hebammenverbandes getroffen. Ich glaube, das ist eine gute Basis, um über die Probleme zu reden und um über unsere Einflussmöglichkeiten Probleme zugunsten der Hebammen zu lösen.
Ich will abschließend sagen - das ist, glaube ich, zum Ausdruck gekommen -, dass wir die Arbeit der Hebammen sehr wertschätzen. Wir brauchen die Hebammen. Aber wir wissen auch: Sie müssen von ihrer Arbeit gut leben können.
Es ist aus meiner Sicht überhaupt kein Zufall, dass die Hebammen um ihr existenzsicherndes Einkommen so vehement kämpfen müssen, denn es ist - strukturell gesehen - wirklich ein typischer Frauenberuf. Da wissen wir ja, dass im Bundesdurchschnitt die Bezahlung nach wie vor ein Viertel schlechter ist als bei Männern für gleiche Arbeit. Deshalb finde ich, es ist
wert, dass wir uns alle bewegen - ich mich in meiner Verantwortung, wir uns in unserer Verantwortung -, damit wir für die Hebammen auch eine Zukunft im Land Brandenburg gestalten können. - Vielen Dank.
Jetzt setzen wir in der Rednerreihenfolge wie geplant fort. Die Abgeordnete Wöllert spricht für die Fraktion DIE LINKE.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Es ist jetzt schon eine ganze Menge gesagt worden. Ich denke, dass Hebammen und Entbindungspfleger hier heute noch einmal ein Podium finden, haben sie sich verdient. Denn - da kann ich nur allen Vorrednerinnen zustimmen - es ist nicht nur ein sehr schöner, es ist auch ein verantwortungsvoller Beruf.
Auf die Anzahl der geborenen Kinder haben die Hebammen allerdings wohl den wenigsten Einfluss. Ich glaube, darin liegt auch eine Frage begründet, nämlich, warum gerade freiberufliche Hebammen tatsächlich in Existenznöte geraten können.
Ich würde Ihnen gern zwei Beispiele nennen, die heute praktisch noch gar nicht angesprochen wurden. Wir haben am Krankenhaus in Spremberg ein Geburtshaus; das wird von Anfang an von drei Hebammen betrieben. Das funktioniert sehr gut. Aber die drei Hebammen haben heute wesentlich weniger Geburten pro Jahr, als sie zu Beginn hatten. Weil sie ihre Leistungen nach den Fällen vergütet bekommen, die sie „bearbeiten“, bedeutet das, dass sie auch weniger Geld haben. Das ist ein Problem.
Die Frage der Versicherung - das wurde hier schon angesprochen - ist inzwischen geklärt. Ich will gar nicht näher darauf eingehen.
Aber ein weiteres Problem ist - das ist in der Frage Familienhebammen schon einmal angeklungen -: Der Zeitraum, in dem Hebammen ihre Leistung nach der Geburt erbringen können das sind nämlich mehrmalige Leistungen -, ist von den Krankenkassen sehr kurz bemessen. Es gibt ganz viele Mütter, die diese Leistungen gar nicht alle in Anspruch nehmen. Deshalb können sie auch nicht alle abgerechnet werden. Aus diesem Grund haben wir damals als eine Maßnahme vorgeschlagen, die Anzahl der Leistungen beizubehalten, aber den Zeitraum auf bis zu ein halbes Jahr zu strecken. Damit wäre den Hebammen, aber auch allen Eltern geholfen, die dann auch über einen längeren Zeitraum frühe Beratungsangebote gehabt hätten. Das wären ganz praktikable Vorschläge gewesen, die den Gesetzgeber nicht einmal zusätzlich Geld gekostet hätten.
Eine dritte Sache möchte ich speziell noch für die freiberuflichen Hebammen erwähnen. Nicht alle Leistungen werden von allen gesetzlichen Krankenversicherungen bezahlt. Ich nenne als Beispiel, dass die Bereitschaftsleistungen bei den freiberuflichen Hebammen vergütet werden müssen. Das kostet in Spremberg - in dem Beispiel, das ich hier angesprochen habe 150 Euro. Es gibt Krankenkassen, die diesen Satz übernehmen, aber es gibt auch Krankenkassen - dazu gehört leider unsere
große AOK; auch die DAK -, die diese Leistungen nicht bezahlen, weil sie nicht im Katalog der vorgesehenen Leistungen enthalten sind. Da wünschte ich mir weniger Wettbewerb. Das müssten alle von den gesetzlichen Krankenversicherungen erstattet bekommen.
Zum Schluss lassen Sie mich nur noch sagen - von Frau Ministerin Tack kamen gute Vorschläge; es sind auch von vielen anderen Rednerinnen gute Ideen gekommen -: Wir sollten, in welcher Form auch immer - vielleicht in Form eines Fachgespräches -, noch einmal ausloten, was wir fachlich auf den Weg bringen können. Ich habe hier gehört, dass es große Übereinstimmung gibt.
Wir werden zwar den Entschließungsantrag ablehnen, aber wir werden die Sache im Ausschuss ganz sicher besprechen. - Danke schön.