Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da heute früh Herr Vogel behauptet hat, es gebe keine Rechtsgrundlage, und Herr Burkardt das im Nachgang wiederholt hat, würde ich Ihnen gerne etwas vorlesen - da fühle ich mich wieder gezwungen, zu lesen, das ist nicht zu ändern. Die Regelung des § 2 Abs. 4 Haushaltsgesetz 2012 lautet:
„Im Rahmen der Kreditfinanzierung kann das Ministerium der Finanzen auch ergänzende Vereinbarungen treffen, die der Begrenzung von Zinsänderungsrisiken, der Erzielung günstigerer Konditionen und ähnlichen Zwecken bei neuen Krediten und bestehenden Schulden dienen.“
Und in der Erläuterung zum § 2 Abs. 3 des Haushaltsgesetzes 1995 - 1995; so viel zur fehlenden Rechtsgrundlage -, mit der diese Vorschrift erstmals begründet wurde, heißt es:
„Die Nutzung bestimmter Instrumente am Geld- und Kapitalmarkt erfordert den Abschluss von Verträgen oder Vertragsbestandteilen, die über die reine Beschaffung von Kreditmarktmitteln hinausgehen. Weiterhin enthält die Vorschrift die Ermächtigung, Darlehen vorzeitig zu tilgen, um auf diese Weise in den Vorzug günstigerer Konditionen zu gelangen. Gleichzeitig erhöht sich die Kreditermächtigung um die vorzeitig getilgten Beträge. Die Regelung dient der Klarstellung, dass der Minister der Finanzen entsprechend dem Wirtschaftlichkeitsprinzip - § 7 Landeshaushaltsordnung - und unter Abwägung der Risiken alle Möglichkeiten zur Optimierung der Zinsausgaben durch vertragliche Regelungen nutzen kann. Da Deri
vate aus Kassengeschäften abgeleitete Verträge sind, ist eine Ermächtigung im Haushaltsgesetz erforderlich“.
Man muss sich einfach die Mühe machen nachzuschauen. Der vorgelegte Entwurf für ein Drittes Gesetz zur Änderung der Landeshaushaltsordnung schließt sich an eine sehr lange Diskussion im Landesrechnungshof und auch im Ausschuss für Haushaltskontrolle zum Thema Derivate an.
Bevor ich auf den eigentlichen Vorschlag der CDU-Fraktion eingehe, möchte ich diese Entwicklung noch einmal zusammenfassen. Der Landesrechnungshof hat sich bereits im Jahresbericht 2010 kritisch mit dem Einsatz der derivativen Finanzinstrumente befasst. Gestützt auf Empfehlungen anderer Rechnungshöfe kommt er zu der Empfehlung, vom Land Brandenburg getätigte Derivatgeschäfte besser zu dokumentieren, sowohl in der Phase der Entscheidung als auch in der Phase der Durchführung. Diesem Wunsch, diesem Anliegen ist die Landesregierung bereits nachgekommen. Mit den Änderungen im Haushaltsgesetz 2012 wurden eine Regelung zur Begrenzung der Derivatgeschäfte - § 2 Abs. 4 Haushaltsgesetz 2012 - sowie zusätzliche Berichtspflichten - § 18 Abs. 1 Nr. 4 Haushaltsgesetz 2012 - eingeführt. Ergänzt werden diese Regularien um eine zusätzliche Dienstanweisung zur Aufnahme von Krediten am Geld- und Kapitalmarkt und zum Einsatz von Derivaten. Mit diesen Veränderungen wird den Ansprüchen an Transparenz, Regelungsrahmen, Dokumentation und Information - insbesondere seitens der Abgeordneten - schon heute Rechnung getragen.
Ich möchte auf einen weiteren Punkt in den Ausführungen des Landesrechnungshofs aufmerksam machen, nämlich auf die Aussage - das haben Sie nicht gesagt -, dass der Einsatz von Derivaten die Möglichkeit bietet, „die Zinsbelastung durch Begrenzung und Steuerung von Risiken zu reduzieren und die Schuldenstruktur oder die Höhe der Zinszahlungen zu optimieren“. Das ist eine klare Aussage, dass der Einsatz von Derivaten dazu dienen kann.
Jetzt der Übergang zum konkreten Vorschlag der CDU: Es werden Presseberichte - diese bilden sozusagen die Basis - über den Einsatz von Derivaten sowohl in Kommunen als auch in Ländern zusammengetragen. Ich habe die große Bitte, dass man diese beiden Dinge nicht miteinander vermischt. Die zum Teil tatsächlich vorhandenen negativen Erfahrungen in den Kommunen des Landes sind bedauerlich, aber an dieser Stelle eben getrennt zu betrachten. Dafür haben auch die Rechnungshöfe in ihrer Stellungnahme plädiert.
Für das Land Brandenburg kann schon dem Vorwort im Gesetzentwurf nicht gefolgt werden. Es wird in Brandenburg nicht mit Steuergeldern spekuliert. Ich habe das wieder gehört: Das ist natürlich wunderbar, wir spekulieren, und ich bin der Kasinochef oder was weiß ich auch immer. - Es ist in Ordnung, ich habe mich daran gewöhnt, Solidität ist das jedoch nicht.
Unklar bleibt auch, welcher tatsächliche Handlungsbedarf besteht; dazu findet man im Gesetzentwurf der CDU keine konkreten Angaben. Vergleiche mit anderen Ländern sind hier nicht belastbar, da die jeweiligen Regelungen - die habe ich alle da
bei, die kann ich alle vorlesen - eine sehr große Bandbreite haben, auch im Bund. Das ist unterschiedlich definiert.
Um herauszufinden, was der Zweck ist, würde ich Ihnen gern vorlesen, welche neuen Rechtsbegriffe die CDU einführt:
„Spekulative Derivatgeschäfte“, „keine fundierte Einschätzung der Zinsentwicklungen“, „abschließende und vollständige Risikoabschätzung“, „mehrfach abgeleitete, komplex strukturierte Derivate“, „erkennbar riskante Anlagen“, „Anlage in riskanten Anlagen“, „hohes Ausfallrisiko“, „zwingende wirtschaftliche Erwägungen“. Sie können nie und nimmer eine exakte Berechnung - wie von Ihnen gefordert, damit man eine Ausnahmegenehmigung erhält - von Zinsen in drei, vier oder fünf Jahren vornehmen, das kann kein Mensch.
Deswegen wäre es ehrlich, wenn Sie sagen würden: Sie wollen nicht, dass im Land Brandenburg mit Derivaten gehandelt wird. - Das wäre ein klarer Schnitt. Und dann müssen Sie auch sagen: Damit nehmen wir in Kauf, dass das Land Brandenburg höhere Zinsen zahlen muss. - Das wäre fair, das wäre sauber, das wäre nachprüfbar, und dann ist das so.
Was Sie machen, ist Folgendes: Sie machen einen Vorschlag, der davon ausgeht, dass Sie jedes einzelne Geschäft einer Überprüfung unterziehen können. Und Sie können immer beweisen, dass der Markov, das Finanzministerium, die Beamten, die dafür zuständig sind, nicht in der Lage waren, exakt abzuschätzen, wie die Zinsen in viereinhalb Jahren aussehen. Damit unterwerfen Sie dieses Gesetz einer permanenten politischen Betrachtungsweise eines jeden einzelnen Derivates. Dass Sie das politisch wollen, damit Sie wieder Theater machen können, kann ich nachvollziehen, aber das kann doch nicht die Basis eines Gesetzes sein.
Also: Entweder Sie sind so ehrlich und sagen „Schnitt, wir wollen das nicht!“, dann ist das so. Offensichtlich haben Sie damit seit Ihrer Regierungsbeteiligung in diesem Land gut gelebt. Das hat Sie nie gejuckt, nie gestört - mitnichten! Ich habe versucht - ich habe nicht jedes Protokoll gelesen, das geht gar nicht -, nachzuschauen, ob es dazu einmal Debatten gegeben hat, als Sie in der Regierung gesessen haben. Können Sie mir helfen? Geben Sie mir Quellen, denn ich habe keine gefunden. Das heißt also, dass das von Ihnen tatsächlich nicht aus Notwendigkeiten einer möglichen Umstrukturierung oder einer anderen Herangehensweise thematisiert wird. Sie wissen, dass wir gut arbeiten, aber es passt Ihnen nicht, und Sie wollen permanent mit jedem Einzelnen eine politische Debatte führen.
Was uns der Landesrechnungshof aufgegeben hat - das wiederhole ich -, haben wir zum größten Teil schon abgearbeitet. Und: Was ist denn eine Spekulation?
Selbstverständlich: Wenn Sie Festgeld anlegen und hoffen, dass die Zinsen so bleiben, wie sie sind, spekulieren Sie auf konstan
te Zinsen und darauf, dass die variablen Zinsen in dem Zeitraum nicht steigen. Also spekulieren Sie, selbstverständlich! Ein anderer sagt: Sie hoffen darauf, Sie vertrauen darauf. - Sie werden dann sagen: Sie spekulieren! - Und dann hat man wieder dieses „Dingelchen“ auf der Stirn, das sagt: Das ist der Oberspekulant.
das ist ja die Debatte, die wir immer führen; das habe ich heute schon einmal gesagt -: Je höher das Risiko, desto höher der Ertrag. Das Land Brandenburg ist durch die Anlagerichtlinie begrenzt, und das halte ich auch für richtig; das ist noch einmal ein Stück nach unten gesetzt worden. Sie wissen, dass sich das im Derivatebereich im Promillebereich bewegt, aber dieser umfasst angesichts der gesamten Volumina trotzdem einen zweistelligen Millionenbetrag.
Ich sage Ihnen: Wir sind darauf angewiesen, ganz solide und vorsichtig mit diesen Instrumenten zu arbeiten, weil wir die Möglichkeiten, die sich am Markt bieten, um Zinsvorteile zu erzielen, auch nutzen müssen. - Danke schön.
Da wünschen wir Ihnen nur, dass der Umgang damit präziser ist als die Einhaltung der Redezeit, und ich hoffe nicht, dass alle Fraktionen ihre Redezeiten auch noch einmal verdoppeln wollen. - Aber Herr Burkardt hat noch Redezeit, und die kann er jetzt nutzen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Markov, es wäre hilfreich gewesen, wenn Sie wenigstens den Versuch unternommen hätten, zwischen dem zu differenzieren, was wir mit diesem Gesetz verbieten wollen, und dem, von dem ich auch ausgeführt habe, dass es mittlerweile ein durchaus legitimes Instrument zur Zinssicherung ist. Es reicht nicht aus, wenn man sich von demjenigen, der im Hause mehr oder weniger unkontrolliert agiert - der Referatsleiter kontrolliert sich selbst, der Landesrechnungshof fordert ein davon unabhängiges Controlling, das bis heute nicht umgesetzt ist -, aufschreiben lässt, warum alles das, was er macht, für das Land angeblich gut und gelungen ist.
Natürlich liegt in jedem wirtschaftlichen und in jedem politischen Handeln ein Stück Spekulation. Man hofft, dass die Entwicklung so kommt, wie man sie gebrauchen kann oder wie man Vorkehrungen dafür getroffen hat. Nur, je weiter ich in die Zukunft gehe, desto weniger Daten und Fakten stehen mir zur Verfügung, um beurteilen zu können, ob das tatsächlich auch so kommen kann, und desto größer wird das Maß der Spekulation. Wenn ich Swap-Geschäfte im Jahr 2017 oder 2022 beginnen und im Jahr 2041 enden lasse, fehlt es am Grundgeschäft, und dann ist der Rest reine Zinsspekulation.
Dies zu differenzieren wäre Ihre Pflicht, wenn Sie denn hier glauben, anderen Zensuren geben zu können. Und wie Theater sich an dieser Stelle anhört, Dr. Markov, war heute Mittag schon ein andermal zu sehen.
Wir wollen, dass das Land nur vertretbare, nur überschaubare Risiken eingeht, dass es nicht Verpflichtungen eingeht, die spätere Generationen einzulösen haben, wenn keiner mehr weiß, dass es einen Finanzminister Dr. Markov gab. - Schönen Dank.
Die Rednerliste ist erschöpft. Wortmeldungen sehe ich im Augenblick glücklicherweise nicht. Aber es geht hier ohnehin um die Überweisung.
Die CDU-Fraktion beantragt die Überweisung des Gesetzentwurfs auf Drucksache 5/7329 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Dort kann das dann weiter beraten werden, wenn Sie wollen. Wer dem Antrag folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer spricht sich dagegen aus? - Eine knappe Mehrheit.
Da wir also mit der Überweisung nicht weitergekommen sind, stimmen wir über die Vorlage direkt ab. Wer dem Entwurf der CDU-Fraktion zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Ohne Enthaltungen knapp abgelehnt.
Damit kommen wir zum Entschließungsantrag der FDP auf Drucksache 5/7408. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es hier Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen mehrheitlich abgelehnt.