Aber entgegen dem häufig - gerade vonseiten der CDU - falsch erweckten Eindruck ist die Kriminalitätsbelastung in Brandenburg in den letzten Jahren nicht gestiegen, sondern gesunken. Sie ist im Jahr 2012 weiter gesunken. Ich finde es daher schon bemerkenswert, Herr Lakenmacher, dass Sie zur Kriminalitätsstatistik etwas sagen, aber diese grundlegenden Zahlen gar nicht erwähnen. Das ist zwar nur ein leichtes Absinken, aber es ist immerhin wiederum ein Absinken; das gehört zur Wahrheit dazu.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, man kann froh darüber sein, dass dies ein langjähriger Trend in Brandenburg ist. Unser Land ist im Ergebnis in den letzten Jahren Stück für Stück sicherer geworden, und nicht etwa, wie es die CDU den Leuten falsch zu vermitteln versucht, unsicherer. Ich verkenne
überhaupt nicht die Herausforderungen, vor denen wir besonders in bestimmten Deliktbereichen und auch in bestimmten Regionen unseres Landes weiterhin stehen. Ich brauche es den langjährigen Abgeordneten hier im Hohen Haus nicht zu erklären; Sie kennen das alles noch aus eigener Anschauung und wissen, was hier in Brandenburg in den 90er-Jahren - in einigen Teilen auch noch nach der Jahrtausendwende - los war. Wenn wir insbesondere an das Kriminalitätsgeschehen denken, hatten wir damals noch mit einem ganz anderen Kaliber von Zahlen zu kämpfen.
Bei allen Problemen, mit denen wir uns hier selbstverständlich immer wieder intensiv befassen müssen, ist eines festzuhalten: Im letzten Jahr wurde der tiefste Stand der erfassten Straftaten in der Geschichte des Landes Brandenburg verzeichnet und nicht, Herr Lakenmacher, wie Sie es den Leuten weiszumachen versuchen, der höchste Stand. Die Kriminalitätslage in Brandenburg wird also nicht immer schlimmer, sondern sie wird langsam, aber stetig besser. An dieser Tatsache kommt auch kein noch so intensiver parteipolitischer Streit vorbei. - So viel von meiner Seite zur Kriminalitätsbelastung.
Zweitens ist hier das Thema Personalabbau und Strukturreform angesprochen worden. Es gibt zur Strukturreform keinen neuen Stand - schon gar keinen Stand, der im Sinne dieser Aktuellen Stunde als aktuell zu bezeichnen wäre. Die Polizeistrukturreform war notwendig und sie war richtig. Das zeigen besonders auch die Ergebnisse, die wir hier zu konstatieren haben. Ich bin den Vorrednern Herrn Dr. Scharfenberg und Frau Nonnemacher sehr dankbar, dass Sie darauf auch eingegangen sind.
Der Grund für diese Polizeistrukturreform war ganz einfach: Wenn ein Land sich regional und demografisch so stark ändert, wie es das Land Brandenburg nun einmal tut - das wird auch in den kommenden Jahren der Fall sein -, dann können die Strukturen innerhalb der Polizeiorganisation, aber auch in anderen Bereichen, nicht die gleichen bleiben wie bisher; sie müssen weiterentwickelt werden. Ein „Weiter so!“ ergibt angesichts des hohen Problemdrucks, der sich bis zum Jahr 2009 auch in der Polizei abgezeichnet und niedergeschlagen hat, keine Zukunft. Wenn Sie sich die Zahlen anschauen und die Entwicklung, die sich bis zum Jahr 2009 vollzogen hat, dann wissen Sie, dass es damals alles andere als Grund für Optimismus gab. Die Aufklärungsquoten sind damals jedes Jahr gesunken.
Die Arbeit der Polizei muss auch in Zukunft in allen Teilen des Landes in hoher Qualität gesichert werden. Das war unser Anspruch an die Polizeistrukturreform. An diesem Anspruch halten wir fest. Um diesen Anspruch zu sichern, musste die Polizei des Landes neu aufgestellt werden.
Die Umsetzung dieser Reform war nicht einfach und hat auch den Beamten innerhalb der Polizeiorganisation sehr viel abverlangt - daraus haben wir keinen Hehl gemacht. Aber ganz offensichtlich hat die Polizei in den neuen Strukturen wieder festen Tritt gefasst, was unter anderem die Ergebnisse hier, besonders die gestiegene Aufklärungsquote, zeigen. Insofern sage ich: Wir sind mit dieser Reform auf dem richtigen Weg. Wir können dies auch für 2012 - darüber bin ich als Innenminister, wie Sie sicherlich nachvollziehen können, besonders froh - mit eindeutigen Zahlen und Fakten belegen.
Nun zum Personalabbau bei der Polizei: Dieser ist seit mehreren Jahren vor allem für die CDU - erstaunlicherweise insbe
sondere seit deren Ausscheiden aus der Landesregierung - ein ganz großes Thema. Meine sehr verehrten Damen und Herren, hier setzt die CDU, wie so oft, auf das kurze Gedächtnis des staunenden Publikums; Herr Lakenmacher hat das auch heute hier wieder getan. Ein Personalabbau in der Polizei des Landes Brandenburg findet nämlich nicht erst seit Beginn der rot-roten Koalition statt, sondern in Wahrheit schon seit zehn Jahren nur dass die CDU daran merkwürdigerweise bis zum Jahre 2009 nichts auszusetzen hatte, sondern ganz im Gegenteil diesen Personalabbau mit ihrem damaligen Innenminister aktiv betrieben hat.
Gegen die Zielzahl der Landesregierung macht die CDU jetzt landesweit auf Veranstaltungen mobil. Das ist ihr gutes Recht. Aber es passt auch wiederum nicht zu ihren eigenen Konzepten und ihren eigenen programmatischen Erklärungen. Denn das aktuelle Reformkonzept der CDU, Herr Lakenmacher, sieht meines Wissens immer noch den Abbau der Landespolizei auf 8 000 Stellen vor, nur dass Sie das den geneigten Bürgerinnen und Bürgern in den Gemeinden eben nicht erzählen. Bei der Polizei des Landes Brandenburg sind heute aber 8 500 Mitarbeiter beschäftigt. - Jetzt schreibt Herr Lakenmacher ganz eilig ein neues Konzept.
Vor diesem Hintergrund ist die Kritik an unserem Konzept, dem Konzept der rot-roten Landesregierung, vielleicht alles Mögliche; eines ist diese Kritik aber mit Sicherheit nicht: einleuchtend und logisch. In dieselbe Kerbe schlägt auch die FDP ab und an: „Kein weiterer Personalabbau bei der Polizei!“ Das hört sich gut an und lässt sich auf jeder Bürgerversammlung gut verkaufen. Aber auch hier müssen Sie sich einmal entscheiden. Man kann nicht jeden Tag Neuverschuldung Null fordern, die Schuldenbremse hochleben lassen und gleichzeitig jeden Konsolidierungsbedarf beim Landespersonal in Abrede stellen.
Man vergisst dann sehr schnell, dass die Polizei immer noch der zweitgrößte Personalkörper des Landes ist. Herr Goetz und Herr Lakenmacher, diese zwei Dinge gehen eben nicht zusammen, da sollten Sie sich konzeptionell auch einmal in größerem Maßstab äußern.
Ich stehe dazu: Selbstverständlich brauchen wir heute und auch in Zukunft eine leistungsfähige Polizei. Ich habe immer wieder betont: Wir werden in Brandenburg so viele Polizisten haben, wie wir zum Erhalt der inneren Sicherheit auf einem hohen Niveau in allen Teilen des Landes brauchen. Aber ich stehe auch dazu, dass der Einsatz von Polizisten effektiv erfolgen muss und wir auch in diesem Bereich möglichst sparsam mit Personalstellen umgehen müssen. Wir müssen bis zum Jahr 2020 Ausgaben und Einnahmen dieses Landes in Übereinstimmung gebracht haben. Wir können nicht einfach ausblenden, dass dann der Solidarpakt II Geschichte sein wird.
Zu sagen ist noch, dass es auch interessant ist, einmal den Blick auf den Nachbarn zu werfen - Herr Scharfenberg ist schon kurz darauf eingegangen -: Was machen denn andere ostdeutsche Länder? Bleiben wir einmal bei unseren engeren Nachbarn - übrigens sind in Thüringen und Sachsen-Anhalt die Innenminister von der CDU -: Was passiert dort in den Poli
zeien? Sachsen ist mit der Polizeireform und dem Personalabbau bei der Polizei schon seit mehreren Jahren auf dem Weg.
Ich möchte ergänzend zu dem, was Herr Scharfenberg gesagt hat, Zahlen darstellen. In Sachsen-Anhalt sollen von derzeit 8 300 Stellen bei der Polizei bis zum Jahr 2019 2 500 Stellen gestrichen werden. Das ist das Reformkonzept von Herrn Stahlknecht, in Klammern: CDU. Außerdem sollen in SachsenAnhalt 70 Polizeistationen ersatzlos gestrichen werden und als Ersatz 200 Gemeindepolizisten in die Gemeinden gehen.
Das ist keine Kritik an Kollegen. Das Geschehen in Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt macht eines deutlich: Die finanzpolitischen Herausforderungen, Herr Lakenmacher, sind in allen Ländern - vor allem in denen Ostdeutschlands - genau die gleichen, ob Sie nun nach Sachsen-Anhalt, Thüringen, Sachsen oder Brandenburg gucken. Alle Landesregierungen, unabhängig von ihrer Farbgebung, müssen sich diesen Herausforderungen stellen.
Nichts zu tun ist keine Antwort. Mit Nichtstun gewinnt man keine Zukunft, damit gewährleistet man auch keine Sicherheit, und genau das gilt natürlich auch für Brandenburg. Wir werden, wie angekündigt, die Strukturreform ab 2014 evaluieren und aus den Ergebnissen die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen.
Ich will Sie mit den Details der Kriminalitätsstatistik nicht über Gebühr strapazieren, die Einzelheiten konnten Sie der Presse entnehmen, Sie finden alle Daten auch ausführlich im Internet. Auf einige Punkte möchte ich aber kurz eingehen.
Zu einer besonderen Beunruhigung der Bürger führen regelmäßig die schweren Gewaltstraftaten; das ist nur allzu verständlich. Es ist für das Sicherheitsgefühl schon etwas anderes, ob man von Gewalttätern bedroht wird, von Gewalt betroffen ist oder ob ein Ladendiebstahl zu verzeichnen ist. Der Anteil der schweren Gewaltkriminalität an der Gesamtkriminalität liegt bei 2,4 %, die Aufklärungsquote bei knapp 80 %; auch das ist ein guter Wert.
Im Ländervergleich ist Brandenburg eher gering von Gewaltkriminalität betroffen, wir gehören bei diesem Kriminalitätsphänomen - da kann ich Frau Stark nur Recht geben - zu den sichersten Bundesländern in Deutschland. Wir liegen in etwa auf dem Niveau von Baden-Württemberg.
- Und Bayern. Das muss man auch einmal sagen dürfen, denke ich, wenn vom Sicherheitsempfinden der Bürger die Rede ist. Von diesen besonders schweren Straftaten ist Brandenburg also nicht überdurchschnittlich betroffen, ganz im Gegenteil.
Unsere Problemfelder in der inneren Sicherheit liegen nicht in der Gewaltkriminalität, sondern bei ausgewählten Kriminalitätsphänomenen und auch bei regionalen Schwerpunkten. Hier spielen vor allem Diebstähle und Einbrüche eine besondere Rolle - übrigens nicht nur vorrangig in den Grenzregionen, sondern in hohem Maße auch im Umland von Berlin. Wir haben 44 % aller Straftaten im Berliner Umland zu verzeichnen, wobei dort 42 % der Gesamtbevölkerung des Landes Brandenburg leben.
Gleichwohl wird die Bekämpfung der Kriminalität in den Grenzregionen weiterhin ein Schwerpunkt der polizeilichen Tätigkeit in Brandenburg bleiben. Wir haben es hier mit einer besonderen Herausforderung und einem besonderen kriminalgeografischen Raum zu tun. Wir haben - Herr Lakenmacher, das ist vollkommen richtig - mit einem Bündel von Maßnahmen auf diese Herausforderungen reagiert. - Das interessiert Sie offensichtlich nicht. - Alle Maßnahmen, die vom Präsidium, von den Direktionen der Polizei, von der BAO und den Hundertschaften eingeleitet worden sind, sind auf einer abgestimmten konzeptionellen Grundlage erfolgt.
Ich erwähne das deshalb, weil in dem Entschließungsantrag gefordert wird, ein umfassendes und auf Dauer angelegtes Konzept vorzulegen. Eine solche Rahmenkonzeption des Polizeipräsidiums zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität gibt es seit dem Jahr 2012. Das sollten auch Sie bei der CDU endlich zur Kenntnis nehmen, vielleicht auch einmal lesen; dann brauchen Sie im Landtag nicht immer wieder zu fordern, was schon längst existiert.
Was die Pressekonferenz betrifft, Herr Lakenmacher, die wir zur Grenzkriminalität durchgeführt haben: Wir haben in diesem Jahr die dritte zur Grenzkriminalität gehabt, und es gab Pressekonferenzen, in denen wir eine teilweise dramatische Entwicklung darstellen mussten - auch das haben wir getan. Das hat etwas mit Transparenz zu tun, da liegen Sie mit Ihrer Annahme vollkommen richtig. Es hat aber auch etwas damit zu tun, dass wir den Leuten zeigen, dass wir ihre Sorgen - die waren in der Grenzregion besonders groß und sind es in Teilen heute noch - ernst nehmen, darauf mit geeigneten Maßnahmen reagieren und offensichtlich - und das scheint Sie etwas zu ärgern - auch erfolgreich reagieren. - Herzlichen Dank.
Das Wort erhält noch einmal die Fraktion … Entschuldigung, es gab die Anmeldung einer Kurzintervention. Herr Lakenmacher, dann sind zuerst Sie an der Reihe.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Innenminister, wenn ich Sie hier so reden höre, muss ich ehrlich sagen: Meine Wahrnehmung ist, dass Sie den Kontakt zu Ihren Polizistinnen und Polizisten verloren haben. Das muss ich ganz ehrlich sagen.
Wenn Sie mit Polizisten in diesem Land reden, dann stellen Sie fest, dass die innerlich gekündigt haben, demotiviert sind wie noch nie - aufgrund Ihrer Reform. Sie sitzen in ihren Revieren und bewachen die Reviere nachts, weil Schließzeiten noch
nicht eingeführt werden können, da die Technik viel zu teuer ist. Deren einzige Aufgabe ist es, das Revier nachts zu bewachen. Das ist Ihr effizienter Ressourceneinsatz, und das sind die Ergebnisse Ihrer Reform.
- Herr Minister, Sie können gern auf mich reagieren, aber nicht dazwischenreden, das habe ich auch nicht getan.
Die Gesamtzahl der registrierten Straftaten ist zwar um 1,3 % gesunken, aber, Herr Minister, mit der Einführung Ihrer zentralen Anzeigenbearbeitung ist den Leuten doch klar: Massenkriminalität wird in Brandenburg verwaltet, nicht mehr verfolgt. Und dann erstatten die Bürger schlicht und ergreifend nicht mehr Anzeige. Wenn Sie dann auch noch die Reviere mit Öffnungs- oder Schließzeiten - wie immer Sie wollen - versehen, wird die Anzeigebereitschaft der Menschen noch weiter sinken.
Dann sage ich Ihnen noch etwas zu den schöngefärbten Darstellungen, die Sie hier gegeben haben: Fahren Sie einmal nach Elbe-Elster, reden Sie mit einigen Inspektions- und Revierleitern da unten!
Herr Innenminister, wenn Sie das tun, dann werden die Ihnen sagen, dass zum Beispiel bei der Kontrollkriminalität - Drogenkriminalität ist Kontrollkriminalität - die Zahlen nicht das widerspiegeln, was dort tatsächlich los ist. Da gibt es eine neue Droge … Sie gucken so erstaunt, ich sage es Ihnen heute. Fahren Sie hin! Diese neue Droge heißt Crystal Meth, hochgefährlich.
- Na, dann ist es ja gut. Aber sie fließt in die Statistik nicht ein, sie spiegelt sich dort nicht wider, weil Sie das nicht kontrollieren.