Wir haben heute die 2. Lesung des Gesetzentwurfes und beenden eine Never-ending-Story; das hat Herr Homeyer zu Recht gesagt. Wir beschließen heute das Brandenburger Spielhallengesetz. Ich bin mir sicher, dass die Diskussion dennoch weitergehen wird.
Der Brief vom Hotel- und Gaststättenverband Brandenburg, der uns vor einigen Tagen zugegangen ist, und die Auseinandersetzungen über die schon beschlossenen Gesetze in Berlin oder in Schleswig Holstein machen dies deutlich. Die Interessenlagen sind unterschiedlich. Die Anhörung im Wirtschaftsausschuss hat dies deutlich gemacht.
Eines ist auch klar: Dieses Gesetz wird nicht jedes Problem im Bereich der Bekämpfung der Spielsucht klären. Es wird weder die Brandenburgerinnen und Brandenburger von der unsäglichen Spielsucht befreien und eine umfassende Präventionsund Therapiearbeit ersetzen noch das Gewinnspiel aus Brandenburg verbannen.
Dieses Gesetz soll die sich aus dem Glücksspielstaatsvertrag ergebenden Vorgaben an die Zulassung und den Betrieb von Spielhallen regeln. Ziel ist es, den Bestand von Spielhallen zu begrenzen und ihr Erscheinungsbild so zu regeln, dass von ihnen eben keine zusätzlichen Anreize ausgehen, um der Entstehung der Glücksspielsucht vorzubeugen. Es kann nur einen kleinen Beitrag leisten, die Spielsucht effektiv zu bekämpfen. Das ist doch völlig klar.
Am 6. Juni 2012 wurde der Gesetzentwurf des Hauptausschusses - Herr Kollege Büttner, gucken Sie in Ihren Entschließungsantrag - eingebracht. Dann wurde darüber heftig und emotional diskutiert.
Ein Diskussionspunkt war die Frage der Notifizierung. Ziel der Linken war und ist es, dass hier ein rechtssicheres Spielhallengesetz beschlossen wird. Deshalb war die Zeit für das notwendige Notifizierungsverfahren erforderlich.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich habe den Brief vom DEHOGA Brandenburg schon angesprochen. Gestatten
Sie mir eine Bemerkung: Ich meine, dass nichts so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. Die Bedenken und Hinweise sind ohne Frage ernst zu nehmen und nach der Umsetzung des Gesetzes auch weiter zu besprechen. Es gibt einen guten Dialog zwischen der Politik und dem DEHOGA, und dieser Dialog wird auch in dieser Frage fortgesetzt. Eine weitere Verschiebung der Beschlussfassung halte ich aber nicht für nötig. Sollten sich die Befürchtungen bewahrheiten, sind die Kontakte sicherlich schnell hergestellt.
Wenn es Ängste gibt, dass Regelungen in dem Gesetzentwurf überzogen und Informationspflichten zu aufwändig sind und unnötiger bürokratischer Aufwand entsteht, mit dem der einzelne Unternehmer überfordert wird, dann sehe ich gute Möglichkeiten, darüber zu reden und praktikable Lösungsansätze zu finden.
Ich schätze die Branche - vielleicht anders als Sie, Herr Büttner - als sehr kreativ ein. Sie wird Lösungen und Partner finden. Für mich haben auch Unternehmerinnen und Unternehmer eine gesellschaftliche Verantwortung. Zuallererst ist die Automatenwirtschaft in der Pflicht, über Gefahren des Glücksspiels aufzuklären und darüber zu informieren. Die Automatenwirtschaft darf in dieser Frage nicht aus der Pflicht gelassen werden.
Über eine Zusammenarbeit beispielsweise mit den regionalen Suchtberatungsstellen, mit der Verbraucherberatung und nicht zuletzt mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung lassen sich die aufgeworfenen Fragen zu den Informationspflichten mit Sicherheit klären.
Die aufgeworfenen Fragen zu den Internetportalen sind mit Sicherheit berechtigt, aber durch ein Landesgesetz eben nicht zu regeln.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Herausnahme der Hotellerie und Gastronomie aus dem Spielhallengesetz halte ich ordnungspolitisch und aus anderen Erwägungen für falsch. Ob und, wenn ja, wie hoch das Gefährdungspotenzial von Automaten ist, die in Hotels und Gaststätten aufgestellt sind, und ob es überhaupt erhoben wurde, ist, glaube ich, in diesem Zusammenhang eher eine rhetorische Frage.
Fakt ist: Für Einrichtungen, in denen Glücksspiel stattfindet bzw. wo Geld- und Warenspielgeräte stehen, muss es einen ordnungspolitischen Rahmen geben. Dieser soll mit dem vorgelegten Gesetzentwurf geschaffen werden. Deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Domres. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Vogel hat das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Gesetz ist die Folge des Glücksspielstaatsvertrages und wird deswegen auch im Land Brandenburg verabschiedet werden müssen. Wer aber meint, dass das Automatenspiel nur ein Randthema in der großen Glückspiellandschaft in Deutschland oder Brandenburg sei, der irrt.
Bei „Glücksspiel“ denken die meisten von uns natürlich an Lotto. Und richtig: Von den mehr als 22 Millionen Bundesbürgern in einem Alter von 16 bis 65 Jahren spielen die meisten Lotto, mindestens einmal im Jahr. 7 Millionen Bundesbürger spielen an Glücksspielautomaten.
Wenn wir uns angucken, dass die Deutschen pro Jahr 25 Milliarden Euro in Glücksspiele einschließlich Lotto investieren, davon aber nur 7 Milliarden Euro bei den Lottogesellschaften landen, dass aber 8 Milliarden Euro in Glücksspielautomaten in Spielhallen und Gaststätten und 8 Milliarden Euro - man höre und staune - in die Glücksspielautomaten in staatlichen Spielbanken gesteckt werden, dann sehen wir, dass wir es mit einem großen Geschäftsbereich zu tun haben und nicht mit einem kleinen Problem.
Fast zwei Drittel der Spieleinsätze werden im Automatenspiel erbracht. Zurzeit gibt es 170 000 Spielautomaten in Spielhallen und rund 70 000 in Gaststätten. Allein im Jahr 2008 wurden 100 000 Stück solcher Geräte neu aufgestellt. Das ist ein Milliardengeschäft nicht nur für den Staat, der Umsatzsteuer, Vergnügungssteuer und Spielbankenabgabe kassiert, sondern auch für die Unternehmen, und zwar nicht nur für kleine und mittelständische Unternehmen, sondern zum Beispiel auch für die Gauselmann-Gruppe, die 1 Milliarde Euro umsetzt und sehr kreativ darin ist, immer neue Wege der Parteienfinanzierung herauszufiltern.
Es könnte eigentlich alles prima sein, wenn es nur darum ginge, Geld für den Staat zu vereinnahmen und die Wirtschaft anzukurbeln. Die Gefahr der Abhängigkeit von Spielern ist aber natürlich nicht von der Hand zu weisen. Die Zahl der spielabhängigen Deutschen wird auf insgesamt rund 250 000 geschätzt. Die Brandenburgische Landesstelle für Suchtfragen verzeichnet rund 10 000 Menschen mit problematischen Glücksspielverhalten und bezeichnet 9 000 weitere Personen als pathologische Glücksspieler.
Acht von zehn Personen in Brandenburg, die eine der 13 Suchtberatungsstellen des Modellprojekts „Frühe Intervention bei pathologischem Glücksspiel“ aufsuchen, geben als Hauptproblem Geldspielautomaten an. Die Suchtforschung stimmt zumindest darin überein, dass für die Ausprägung der Suchtgefahr die Griffnähe des Suchtmittels, die Begrenzung der Verfügbarkeit das entscheidende Element ist.
Wie der Nichtraucherschutz in Gaststätten zu einem Einbruch beim Absatz von Zigaretten geführt hat, ist auch davon auszugehen, dass eine Reduzierung der Zugangsmöglichkeiten zum Automatenspiel zu einer Reduzierung der Suchtgefahren führt.
Der Einstieg in das Automatenspiel erfolgt übrigens im Regelfall in Gaststätten und nicht in Spielhallen. Das ist auch belegt. Insofern müssen die Gaststätten einbezogen werden. Meine Kritik an diesem Gesetzentwurf ist, dass die Gaststätten etwas „unterbelichtet“ bleiben. Wenn wir die Spielhallen und Spielbanken als „Fixerstuben der Glücksspieler“ bezeichnen wollen, dann sind die Gaststätten eben der Bereich, in denen für das Glücksspiel angefixt wird.
Und das ist ein Problem insbesondere bei Kindern und Jugendlichen. In Rheinlandpfalz, wo die wesentlichen Elemente der
Glücksspielforschung in Deutschland stattfinden, hat man festgestellt, dass 14,2 % der 12- bis 18-Jährigen in den letzten 12 Monaten an Geldspielautomaten gespielt haben, und das ist kein unbeträchtlicher Faktor. Die gehen natürlich nicht in die Spielhallen, in denen in der Tat darauf geachtet wird, ob jemand scheinbar unter oder über 18 Jahre alt ist, sondern die gehen in die Gaststätten.
Insofern ist es zu begrüßen, dass jetzt landesrechtliche Restriktionen auch gesetzlich verankert werden, aber wir stellen fest, dass wesentliche Probleme nicht angesprochen werden. Insbesondere die Spielbanken, also die staatlichen Spielhallen, bleiben völlig außen vor, sie sind in dem Gesetz überhaupt nicht berührt. Ich denke, das geht auf die Dauer nicht, da wird nachgearbeitet werden müssen.
Auch mit diesem Gesetz wird der Spielsucht kein entscheidender Riegel vorgeschoben, und es wird der Ausbeutung der Automatenspieler - auch das muss man sagen - kein Riegel vorgeschoben. Aber es wäre verwunderlich, wenn die FDP-Fraktion mit dem Entschließungsantrag der Gauselmann-Gruppe das Geschäft vermasseln wollte. Ich glaube, das ist wohl nicht ernsthaft gemeint, sondern es stehen andere Interessen im Hintergrund. Deswegen werden wir den FDP-Entschließungsantrag ablehnen. In Bezug auf den Gesetzentwurf in der vorliegenden Fassung werden wir uns mit einer Enthaltung begnügen müssen, weil die Restriktionen unseres Erachtens nicht ausreichend sind. - Recht herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Wir setzen mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Christoffers, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir nur wenige Bemerkungen zum vorliegenden Gesetzentwurf. Erstens: Der Kollege Vogel hat anhand der Zahlen deutlich gemacht, dass wir heute über ein Gesetz sprechen, das in eine hohe Wertschöpfungsdichte und vor allen Dingen in ein Phänomen von großer gesellschaftlicher Reichweite - und das quer durch alle sozialen Gruppierungen - eingreift.
Wir haben uns den Abwägungsprozess nicht leicht gemacht. Berufs- und Gewerbefreiheit auf der einen Seite, die Eindämmung der Suchtgefahr auf der anderen Seite mussten in ein Abwägungsverfahren gebracht werden. Wir haben uns für den vorliegenden Gesetzestext entschieden - in dem Wissen darum, dass es ein Abwägungsprozess ist und wir in der Umsetzung des Gesetzes mit Sicherheit die eine oder andere Frage weiter zu diskutieren haben.
Aber, liebe Kollegen von der CDU, ich habe eine große Bitte: Sie unterstellen uns eine Wirtschaftsfeindlichkeit und bezeichnen Rot-Rot als Gefahr. Wenn Sie anhand des Spielhallengesetzes eine Einschränkung der Berufs- und Gewerbefreiheit im
Land Brandenburg als Spezifikum der rot-roten Landesregierung deutlich machen wollen, bitte ich einfach darum: Kehren wir doch zur Sachauseinandersetzung zurück!
Das Regelwerk ist mit dem in anderen Bundesländern - auch mit dem in Berlin - identisch, und ich gehe jetzt nicht davon aus, dass Sie meinen, was bei uns - nach Ihrer Auffassung - einen tiefen Einschnitt in die Freiheit und die Rechte des Einzelnen darstellt, sei in Berlin Ausdruck der Gewerbefreiheit. Das sollten Sie einfach nicht tun. Es besteht ein Bedarf, es besteht ein regulatorischer Bedarf, und den haben wir in Umsetzung des Glücksspielstaatsvertrages hier tatsächlich aufzugreifen versucht.
Zweitens, meine Damen und Herren: Herr Homeyer hat eine Frage gestellt, was die Spielverordnung des Bundes betrifft. Nach der Föderalismusreform haben die Länder eigene Gesetze zu erlassen, die unter anderem regeln, wie Werbung stattzufinden hat, wie Spielhallen ausgestattet sein müssen, wie Zugangsbedingungen auszusehen haben usw. Die Spielverordnung des Bundes, um die seit Jahren diskutiert wird, regelt die technische Konfiguration der Geräte. Dazu darf ich Ihnen sagen, dass es im Bundesrat mittlerweile quer durch alle politischen Farbenlehren einen breiten Abstimmungsprozess gibt, diese Spielverordnung zu ändern, um die Frage der Suchtprävention ein Stück weit nach vorn zu schieben, unter anderem durch eine technische Konfiguration der Geräte, die hier eingefordert werden soll.
Insofern, meine Damen und Herren, findet der Prozess mit dem heutigen Tage hier sein Ende. Sie wissen, wir haben ein Spezifikum, und wir haben es notifizieren lassen. Nach der festen Überzeugung sowohl des Bundeswirtschaftsministeriums als auch meines Hauses war das ein notwendiger Schritt.
Ich bedanke mich für die Zusammenarbeit mit dem Ausschuss und hoffe auf ein positives Ergebnis der Abstimmung. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Minister Christoffers. - Ich sehe keinen weiteren Redebedarf. Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt, und wir kommen zur Schlussabstimmung.
Es liegt zunächst die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft in Drucksache 5/6982 - Brandenburgisches Spielhallengesetz - vor. Wer der Beschlussempfehlung Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist der Beschlussempfehlung mehrheitlich gefolgt worden. Das Gesetz ist damit in 2. Lesung verabschiedet.
Zum Zweiten liegt ein Entschließungsantrag - ohne Titel - in Drucksache 5/7042, eingebracht durch die FDP-Fraktion, vor. Wer diesem Entschließungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen?- Enthaltungen? - Der Antrag ist mehrheitlich abgelehnt.
Gesetz zu dem Staatsvertrag über die Übertragung von Aufgaben nach §§ 802k Absatz 1 Satz 2, 882h Absatz 1 Satz 2 und 3 der Zivilprozessordnung und § 6 Absatz 1 Schuldnerverzeichnisführungsverordnung und § 7 Absatz 1 Satz 1 der Vermögensverzeichnisverordnung zur Errichtung und zum Betrieb eines gemeinsamen Vollstreckungsportals der Länder