Wenn ich mir ansehe, was ich von Frau Tack - Ihrer Verbraucherschutzministerin - zu hören bekomme, dann muss ich sagen: Ich wäre froh, wenn wir wenigstens eine Ankündigungsministerin hätten.
Es kommen nicht einmal Ankündigungen von ihr, wie der Verbraucherschutz in Brandenburg wirksamer, effektiver ausgestaltet werden soll. Ich muss Ihnen das so deutlich sagen. Das Einzige, was ich in den letzten drei Monaten von ihr gelesen habe, ist mindestens ein Dutzend Pressemitteilungen, in denen sie immer wieder schreibt, ganz oben stehe die Eigenverantwortung der Landwirte und der Betriebe für die Verhütung von Lebensmittel- und Futtermittelskandalen.
Im Gegenzug hat sie aber die Preisliste beim Landeslabor zum 1. Januar vervierfacht. Wenn ein Landwirt heute einen Verdacht hat und eine Probe an das Landeslabor schickt, zahlt er für eine Geflügelbeprobung nicht mehr 100 Euro, sondern 450 Euro. Landwirte sagen mir, sie wüssten gar nicht, wie sie das bezahlen sollten, und fragten sich, ob sie es künftig in jedem Verdachtsfall noch machen könnten, die Laboruntersuchungen in unserem staatlichen Landeslabor auf den Weg zu bringen.
Nein. Ich möchte in meiner Rede fortfahren und keine Zwischenfragen beantworten. Ich möchte gerne fortfahren.
Ich muss Ihnen wirklich sagen: Sie haben diese Preisliste zu verantworten. Sie ist nicht vom Himmel gefallen, sondern von der Politik in Brandenburg gemacht worden. Das muss ich Ihnen so deutlich sagen!
Ich muss Ihnen auch deutlich sagen, „Fehlanzeige“ heißt es bei Ihrer Verbraucherschutzministerin auch, wenn es darum geht, ein Maßnahmenpaket vorzulegen, wie wir den Verbraucherschutz in Brandenburg stärken und ausbauen wollen. Das wundert mich sehr. Die Linken haben in ihrem Programm immer davon gesprochen, dass wir an dieser Stelle einen starken Staat mit entsprechenden Kontrollmechanismen brauchen und dass die Politik und der Staat in der Pflicht sind, die Bürgerinnen und Bürger zu schützen. Ich sehe von Ihnen nichts.
Wenn ich mir den Antrag für die Aktuelle Stunde angucke, dann muss ich feststellen, dass wir hinterher sagen können: Schön, dass wir mal darüber gesprochen haben. Es ist in Ihrem Antrag aber nicht ein einziger konkreter Ansatzpunkt, was wir in Brandenburg beim Verbraucherschutz anders oder besser machen wollen.
Wir haben es im Ausschuss vor zwei Wochen thematisiert. Frau Kircheis war leider nicht dabei; sie hat aber immerhin das Protokoll gelesen. Wir haben im Ausschuss von der Staatssekretärin gehört, dass es bis zum Jahr 2018 mit dem Personalabbau beim Verbraucherschutz weitergehen wird. Im Ministerium ist die Situation so, dass es im Futter- und Lebensmittelbereich einen Abbau von 38 auf 29 Planstellen geben wird und im Landesamt für Verbraucherschutz einen Abbau von 80 auf 42 Planstellen im Jahr 2018. Diesen gravierenden Abbau des Personals beim Verbraucherschutz haben Sie beschlossen und haben Sie zu verantworten. Daran möchte ich Sie ganz deutlich erinnern
Ich muss Ihnen noch etwas mit auf den Weg geben - die Information wurde mir gestern bestätigt -: Seit dem 15. Dezember 2011 ist im Ministerium für Verbraucherschutz die Referatsleiterstelle, die sich mit der Futtermittel- und Lebensmittelüberwachung beschäftigt, nicht besetzt; sie soll auch künftig nicht besetzt werden, sondern ist mit einem kw-Vermerk versehen.
Mir ist kein anderes Agrarland in Deutschland bewusst, das in seinem zuständigen Ministerium die Referatsleiterstelle für diesen hochsensiblen und wichtigen Bereich, nämlich den der Lebensmittel- und Futtermittelkontrollen, nicht besetzt hat und auch nicht zu besetzen vorhat. Auch dafür müssen Sie sich gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern ein Stück weit verantworten, und ich bin gespannt, was uns die Ministerin nachher in ihrer Rede dazu mit auf den Weg gibt.
Ich sage auch ganz deutlich: Natürlich haben die Bürger einen Anspruch auf Verbraucherschutz, aber es wird auch - da sind wir uns, denke ich, alle einig - keinen lückenlosen Schutz geben können. Wir alle sind in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass wir in Brandenburg - die Landkreise gemeinsam mit dem Land - die Kontrollmöglichkeiten ausbauen, die wir schon haben, um hier einfach besser und wirksamer helfen zu können. Wenn wir die Eigenkontrolle der Landwirte, die wir begrüßen und richtig finden, wirklich ernst nehmen wollen, müssen wir uns auch noch einmal über die Preisliste bei unserem Landeslabor verständigen,
Ich sage es Ihnen noch einmal ganz deutlich: Das Einzige, das wir bei Ihrer Verbraucherschutzministerin und bei all diesen Skandalen erleben, ist, dass sie sagt, Frau Aigner sei schuld, der Bund sei schuld, die EU sei schuld.
Wir haben im Verbraucherschutzministerium keine Ankündigungsministerin, sondern eine Ablenkungsministerin, die sich ihrer Verantwortung für Brandenburg offensichtlich nicht bewusst ist und die bisher nicht einen einzigen konkreten Vorschlag erarbeitet hat, wie wir den Verbraucherschutz in Brandenburg stärken wollen.
Wir haben in unserem Entschließungsantrag sechs Punkte formuliert; Sie haben am Ende dieser Debatte heute die Chance, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. Dann hätten wir zumindest einmal für Brandenburg sechs konkrete Punkte, die wir gemeinsam angehen und abarbeiten könnten, um unsere Verbraucherinnen und Verbraucher etwas wirksamer zu schützen, als wir dies bisher tun. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich auf das Themengebiet eingehe, zu dem Herr Wichmann
sich geäußert hat, lassen Sie mich erst einmal deutlich sagen: Der Weltverbrauchertag, aus dessen Anlass wir heute die Aktuelle Stunde abhalten, geht auf eine Rede von John F. Kennedy zurück. In seiner Rede im Jahr 1962 stellte er heraus, dass jeder Mensch auch Verbraucher sei, dass Verbraucher Rechte hätten und diese Rechte von der Politik durchgesetzt und geschützt werden müssten. Die vier grundlegenden Rechte, die Kennedy damals erwähnte, waren erstens das Recht auf Sicherheit - soll heißen: Schutz vor der Vermarktung von gesundheits- oder lebensgefährdenden Waren -; zweitens das Recht auf Informationen, welches den Schutz vor betrügerischen, arglistigen oder absichtlich irreführenden Informationen beinhaltet; drittens das Recht auf Wahlfreiheit - jeder Verbraucher muss das Recht haben, frei zu entscheiden und Produkte zu fairen Marktpreisen zu erwerben; und viertens das Recht, Gehör zu finden - die Gewissheit, dass Verbraucherinteressen umfänglich und wohlwollend bei der Formulierung von Regierungsrichtlinien beachtet werden. Auf Basis dieser Rechte verabschiedeten die Vereinten Nationen 1985 die Leitlinien für den Verbraucherschutz - dieser Zeitpunkt liegt weit zurück.
Nach diesem kleinen Exkurs zur Geschichte des Weltverbrauchertags komme ich nun zum aktuellen Stand des Verbraucherschutzes im Land Brandenburg. Die Besonderheit ist, dass der Verbraucherschutz im Land Brandenburg unter einer rot-roten Regierung besonderes Augenmerk besitzt. Das wird auch an Folgendem deutlich: Im Jahr 2012 hat dieser Brandenburger Landtag erstmals eine Verbraucherschutzpolitische Strategie verabschiedet; so etwas gab es vorher nicht im Land Brandenburg. Diese ist in einem offenen Prozess nicht nur unter Beteiligung der verschiedensten Ressorts, sondern auch im Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes über eine Internetplattform erarbeitet worden.
Zu den Kernbereichen des Verbraucherschutzes zählen Kontrollen im Lebensmittelbereich - das hat Herr Wichmann auch angesprochen. Wenn es aber in diesem Bereich nicht gerade zu Skandalen - die sich in letzter Zeit leider gehäuft haben kommt, laufen diese Kontrollen meist unbemerkt von den Verbrauchern ab. Deswegen nenne ich Ihnen einige Zahlen: Im Rahmen der Lebensmittel- und Produktkontrollen wurden im Jahr 2011 in Brandenburg 24 750 Betriebe überprüft. Es fanden 46 250 Kontrollbesuche statt, und es wurden 12 266 Proben entnommen.
Die aktuellen Krisen in den letzten Wochen haben auch gezeigt, dass das Land in der Krisenbewältigung gut aufgestellt ist. Nachdem die Verdachtsfälle bekannt wurden, haben die Informationsketten, die Sicherstellung, die Beprobung, die Analysen und die Information der Öffentlichkeit funktioniert. Das ändert nichts an dem verwerflichen Verhalten, dass in die Lebensmittel Dinge gelangen, die nicht hineingehören. Aber man muss einfach zur Kenntnis nehmen, dass die Sicherheitsvorkehrungen im Land Brandenburg funktioniert haben, nachdem diese Skandale bekannt geworden sind. Dafür ist natürlich das Verbraucherschutzministerium des Landes verantwortlich, und deshalb sei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern dieses Ministeriums, des Landeslabors und auch der Kreise, die gute Arbeit leisten, einmal Dank für ihre Arbeit ausgesprochen. Sie opfern ihre Zeit, sie machen Überstunden, wenn aktuelle Krisen anstehen, und das muss man an dieser Stelle auch einmal würdigen.
Damit sind wir bei dem Thema Personalbereich im Verbraucherschutz des Landes Brandenburg. Das betrifft das, was Herr Wichmann gerade gesagt hat: Sie kritisieren seit Jahren die unzureichende Personalausstattung im Verbraucherschutz. Man muss zugeben, dass das Personal knapp ist und die Personalbedarfsplanung enorme Herausforderungen an uns stellt, aber es kann doch nicht sein, dass diese Kritik nun ausgerechnet von Ihnen, der CDU, kommt. Ich verrate Ihnen kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage: Nicht die Linke ist die Partei, die in der letzten Legislaturperiode für Brandenburg die Weichen für einen drastischen Stellenabbau gestellt hat. Das waren Sie!
Die Linke hat in dieser Legislaturperiode gemeinsam mit der SPD die Weichen wieder in eine andere Richtung gestellt, und wir haben dafür gesorgt, dass die Stellenanzahl auf 43 000 im Gesamtbereich aufgestockt wird.
Dazu, wie das im Verbraucherschutzministerium und in den angrenzenden Bereichen funktionieren soll, können Sie gern konkrete Vorschläge unterbreiten, aber Sie können nicht immer Personalabbau und Finanzeinsparungen fordern und dann in jedem Einzelbereich immer wieder sagen: Hier fehlen aber die Leute. - Das geht nicht!
Um Ihnen das noch einmal deutlich zu machen - Sie nehmen gern diese aktuellen Skandale auf -, möchte ich hier für die Linke und die Koalition ausführen:
Verbraucherschutz ist vielschichtig und betrifft nicht nur Lebensmittelkontrollen. Sie sind gut und wichtig, werden auch durchgeführt und müssen bundesweit in einen größeren rechtlichen Rahmen gestellt werden, aber sie sind nur ein Teil des Verbraucherschutzes. Ein anderes Beispiel für aktiven Verbraucherschutz hat dieser Landtag auch geliefert, beispielsweise hat er einen Antrag zur Deckelung von Dispozinsen durchgestimmt.
- Auch dies ist aktiver Verbraucherschutz, auch wenn es ein anderer Bereich ist als der Lebensmittelbereich, über den wir heute besonders reden.
Zu dem, was Herr Wichmann gesagt hat: Die Selbstverpflichtungen, die Sie gern und vor allen Dingen immer wieder im Bund für die Wirtschaft fordern, helfen in diesem Bereich - das zeigen die Skandale der letzten Zeit - nicht weiter. In Zeiten von Lebensmittelgroßkonzernen, die ihre Waren in unterschiedlichsten Ländern produzieren und an unterschiedlichsten Orten verkaufen, muss es bundes- und europaeinheitliche Regelungen geben; hier helfen landesweite Regelungen wirklich nur begrenzt weiter. Für bundesweite oder sogar europaweite Regelungen hat Ministerin Tack auch auf der Bundesverbraucherschutzministerkonferenz die Initiative ergriffen. Die Einzi
ge, die blockiert - das kann man Ihnen nicht ersparen -, ist Ihre Bundesverbraucherschutzministerin Frau Aigner,
die immer wieder nur die Selbstverpflichtungen der Wirtschaft heranzieht. Dass das kein adäquates Mittel ist, genau das zeigen die Skandale in den letzten Wochen und Monaten.
Für die Linke ist Verbraucherschutz eine Querschnittsaufgabe: Verbraucherrechte müssen konsequent in allen Bereichen nicht nur im Lebensmittelbereich - gestärkt werden. Verbraucherpolitik ist in allererster Linie auch Sozialpolitik. Besonders die Finanzschwachen, prekär Beschäftigten, Einkommensschwachen und Bildungsfernen brauchen Unterstützung und müssen am Verbraucherschutz partizipieren. Eine aktive Verbraucherschutzpolitik muss vorsorgen; es dürfen keine gesundheitsgefährdenden Produkte und Dienstleistungen in den Handel gelangen