Protocol of the Session on February 28, 2013

Ich habe den gestrigen Parlamentarischen Abend genutzt, um noch einmal mit den Kollegen aus allen Fraktionen und auch mit der Ministerin Tack ins Gespräch zu kommen. Auf der Grundlage der bestehenden rechtlichen Regelungen könnte man an diesem See eine Menge anderes tun, wenn man denn wollte. Es zeichnet sich im Vorfeld der Debatte ab - ich warte mal den weiteren Diskussionsverlauf ab, wie er sich heute hier gestaltet -, dass wir vielleicht zu einer Bewegung in diesem Prozess und in diesem Verfahren kommen, was ich und meine Fraktion sehr begrüßen würden.

Ich werde in meinem zweiten Redebeitrag auf die Dinge eingehen, die von den Kollegen jetzt vielleicht noch ergänzend vorgetragen werden. Ich bin sehr gespannt auf den weiteren Verlauf der Diskussion und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Die Abgeordnete Gregor-Ness spricht.

Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Herren Vertreter der Bürgerinitiative „Scharmützelsee“, ein herzliches Willkommen hier im Landtag! Den Konflikt um die Steganlagen im Scharmützelsee beilegen - ja, dazu wollen wir einen Beitrag leisten. Rechtsvorschriften im Sinne der Bürger und des Naturschutzes schaffen - ja, auch darüber können wir nachdenken, erst recht, wenn es um den Scharmützelsee geht; denn schließlich ist er eine Perle des Tourismus in Brandenburg und es gilt, da um Akzeptanz vor Ort zu kämpfen.

Mit etwa 660 Steganlagen in diesem Gebiet ist dieser See natürlich einem extremen Nutzungsdruck unterworfen - völlig unstrittig. Die Errichtung und der Betrieb solcher Steganlagen sind immer mit einer wasserrechtlichen Genehmigung verbunden; die baurechtliche Genehmigung haben wir - zum Glück bei der Bauordnungsnovelle abgeschafft - denn auch da wurde immer hin- und hergespielt -, und das war damals ein vernünftiger Zug.

Dass in DDR-Zeiten und zum Teil noch unter Geltung des preußischen Wasserrechts diese Anlagen errichtet und genehmigt worden sind, ist eine Tatsache, und in einigen Fällen ist es auch so, dass die Genehmigungen personenbezogen erteilt worden sind. Um deren rechtlichen Status insgesamt gibt es allerdings seit Jahren einen erbitterten Kampf - ein Streit zwi

schen der Kreisverwaltung und den Anliegern. Ich finde, über die Auffassung der kreislichen Naturschutzbehörde, dass ein Teil dieser Anlagen vor und nach 1990 illegal errichtet worden ist, kann man ja streiten.

(Genau! bei der CDU)

Man könnte solche Sachen auch heilen, wenn man wollte.

Man muss von zurzeit insgesamt 80 eingeleiteten ordnungsbehördlichen Verfahren nur am Scharmützelsee ausgehen. Im Landkreis insgesamt sind es sogar 194 ordnungsbehördliche Verfahren. Gleichzeitig fragt man sich allerdings: Warum wurden von 1 264 Anträgen auf Genehmigung einer Steganlage in der Zwischenzeit auch 877 bearbeitet und genehmigt? Wie soll man das erklären?

(Zuruf des Abgeordneten Homeyer [CDU])

Ich kann es nicht erklären. Ich kann den Anwohnerinnen und Anwohnern, den Bürgerinnen und Bürgern diese Gleichzeitigkeit und dieses Nebeneinander von Versagung und Abrissverfügung auf der einen Seite und Neugenehmigung auf der anderen Seite im gleichen Naturraum, unter den gleichen rechtlichen Rahmenbedingungen nicht erklären.

Diese vollzogene Praxis im Landkreis Oder-Spree trägt nicht zur Klarheit bei, und es ist überhaupt nicht vermittelbar, warum die einen Stege neu bauen dürfen, die einen Stege auch renovieren dürfen und die anderen es nicht dürfen. Es erweckt den Eindruck, als gäbe es hier eine willkürliche Auslegung der rechtlichen Rahmenbedingungen. Ich finde, das nützt uns allen überhaupt nichts. Es entsteht so ein Eindruck von Willfährigkeit und von „Nasenpolitik“, und das darf nicht sein.

Die Bürgerinitiative „Scharmützelsee“ hat in der Zwischenzeit sogar drei Petitionen in den Landtag eingebracht, und der letzte auch extra vor Ort anberaumte Termin des Petitionsausschusses hat alle Mitglieder mehr oder weniger ratlos zurückgelassen. Im Ergebnis des Ortstermins gab es dann die Diskussion darüber, ob diese Rechtsverordnung angepasst werden kann. Es gibt dazu eine Stellungnahme des MUGV, die ich durchaus teilen kann; denn das eigentliche Schutzziel kann man ja erreichen,

(Ja! bei der CDU)

und man kann trotzdem vor Ort Möglichkeiten eröffnen, um ein Miteinander von Naturschutz, von Bürgerinnen und Bürgern und von Tourismus zu erreichen. Deshalb hat sich der Petitionsausschuss auch der Stellungnahme des MUGV angeschlossen und die Petition erst einmal für erledigt erklärt.

Nichtsdestotrotz behandeln wir heute den Antrag der CDU, die genau das noch einmal aufgreift, denn die Situation ist in keinster Weise befriedigend. Ich frage mich: Wie vieler Eskalationsstufen bedarf es denn eigentlich noch, bis man sich endlich mal auf Augenhöhe begegnet - mit einer klaren Ansage auf der einen Seite, und auf der anderen Seite versucht, irgendwo eine Gemeinsamkeit zu erzeugen? Wir brauchen meiner Meinung nach Abwägungsentscheidungen, diese müssen ausgewogen und im Sinne aller Betroffenen auch auf Kompromiss ausgerichtet sein.

Dieser Antrag ist vor diesem Hintergrund für mich noch nicht zielführend, weil es nicht unbedingt die rechtlichen Rahmenbedingungen und die Zielsetzungen des Landschaftsschutzgebietes an sich sind, die dem entgegenstehen, sondern es ist das Verwaltungshandeln vor Ort. Ich bitte und appelliere auch an die Verwaltung des Landkreises Oder-Spree: Machen Sie sich doch einmal Gedanken darüber: Welchen Bärendienst erweisen Sie eigentlich dem Naturschutzgedanken in diesem Land Brandenburg? Verstecken Sie sich nicht weiter hinter vermeintlichen Rechtsverordnungen, die Ihnen Recht geben, auch wenn Sie das vor Gericht längst durchgestritten haben!

Ich finde, wir sollten alle Vernünftigen an einen Tisch holen. Ich appelliere an die Ministerin - sie hat zugesichert, dass sie vor Ort so etwas wie einen Runden Tisch organisiert - und bitte darum, dass die Vernünftigen aus den Fraktionen

(Heiterkeit)

sich mit der Bürgerinitiative an einen Tisch setzen. Der Scharmützelsee regt immer zu Wortspielen an. Ich sage immer wieder Ja zum Rad-Scharmützel um den Scharmützelsee, aber ich sage Nein zu einem Steg-Scharmützel am Scharmützelsee.

(Beifall SPD, DIE LINKE und CDU)

Der Abgeordnete Beyer spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eigentlich muss man sich ja in gewisser Weise an den Kopf greifen, wenn man das Thema als solches sieht.

(Zustimmung bei der SPD)

- Ja, es ist einfach so. - Wenn sich der Landtag des Landes Brandenburg jetzt schon mit der Frage einzelner Stege an Seen beschäftigt, dann stimmt irgendetwas nicht.

(Beifall SPD)

- Ja, es ist so. Da habt ihr wieder zu früh geklatscht. Aber ich bedanke mich ausdrücklich bei den Kolleginnen und Kollegen der CDU, dass Sie diesen Antrag eingebracht haben.

(Vereinzelt Beifall CDU)

- Ja, seht ihr. Immer warten mit dem Klatschen!

Es macht ja deutlich, dass etwas grundsätzlich nicht stimmt, und das ist das Entscheidende. Ich habe mir ganz bewusst vorgenommen, nicht auf die ganzen Details einzugehen. Ich wusste auch, Frau Kollegin Gregor-Ness ist in dieser Frage engagiert. Sie war auch schon vor Ort, das haben wir alles erfahren; und die Darlegungen waren insofern weitgehend stimmig. Aber wir haben das grundsätzliche Problem - ich schaue wieder in die Richtung der Ministerin …

(Ministerin Tack: Es gibt kein grundsätzliches Problem!)

- Ja, natürlich ist es ein grundsätzliches Problem.

Wir haben auf der einen Seite das Problem, dass der Landkreis eine etwas problematische Auslegung diverser Gesetze hat. Aber ganz offensichtlich ist der Rahmen im Land Brandenburg auch nicht so gestrickt, dass er es nicht so tun kann, wie es der Landkreis auslegt. Es sind eben zwei Seiten, und diese muss man bedenken.

Ich würde unterstellen wollen - wenn ich nur an einer Stelle einmal etwas ins Detail einsteige -, dass die Umweltministerin des Landes Brandenburg - sie kommt ja aus der Fraktion und Partei DIE LINKE - eine große Motivation hätte, dies zu ändern, denn der Landkreis bezieht sich bei seiner Rechtsauslegung spaßigerweise auf das Preußische Wassergesetz aus dem Jahr 1913. Ich hätte gedacht, es macht der Ministerin richtig Spaß, da einmal hineinzugehen und zu einer Veränderung zu kommen. Aber das ist offensichtlich nicht der Fall. Es ist auch völlig unverständlich, dass die Ministerin nicht die Notwendigkeit sieht, im Rahmen einer Rechtsverordnung - Sie sind die Ministerin, Sie können Vorschläge machen - den Rahmen entsprechend abzustecken. Dann müssen wir eben an den Landkreis herantreten, und genau dies ist das Defizit, das wir hierbei sehen.

Ich hoffe sehr, dass es hier zu einer Lösung kommt, denn es ist in der Tat so, wie ich eingangs erwähnt habe: Es kann nicht wahr sein, dass wir uns in diesem Plenum mit einzelnen Steganlagen beschäftigen, weil letzten Endes die Landesregierung den Rahmen nicht richtig setzt. Sie sind aufgefordert, Frau Ministerin, Ihren Beitrag dazu zu leisten. Dann können wir an den Landkreis herangehen, und dann müssen diese Probleme wahrlich lösbar sein. - Vielen herzlichen Dank.

(Beifall FDP)

Frau Steinmetzer-Mann setzt für die Linksfraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! 600 Steganlagen existieren am Scharmützelsee, viele auf Privatgrundstücken und viele seit mehreren Jahrzehnten. Der Landkreis überprüfte in den letzten Jahren die Genehmigungslage für diese Stege und stellte fest, dass einige keine gültige Genehmigung mehr haben. Infolgedessen erteilte der Landkreis Abrissverfügungen. Protest entstand, eine Bürgerinitiative gründete sich und Petitionen wurden geschrieben. Dank der Mitglieder des Petitionsausschusses wurden diese seit einer längeren Zeit intensiv bearbeitet. Es wurden Stellungnahmen eingeholt. Es fand eine Vor-Ort-Sitzung statt, und letztendlich wurden diese Petitionen fraktionsübergreifend abgeschlossen. Was passierte nun zwischen August 2012 und Februar 2013?

(Wichmann [CDU]: Ich glaube, nichts!)

Genau kann ich es Ihnen nicht sagen, aber eine Idee habe ich schon. Der letzte Tagesordnungspunkt gestern: die Petitionen 2112/5 und 2461/5 - und heute die Fortsetzung. Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Ich möchte das Problem wirklich nicht kleinreden, aber es geht hier nicht nur um Stege und

Schilf allein. Hier spielen auch noch andere Interessen eine Rolle. Für uns als Linke sind die sozialen und ökologischen Aspekte absolut wichtig.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Bernig [DIE LINKE])

Meine Damen und Herren, ich kann Ihnen versichern: Ich kann den Unmut der Betroffenen vor Ort nachvollziehen, wenn auf einmal Abrissverfügungen ins Haus flattern. Deswegen wurden diese auch mehrfach von den Betroffenen beklagt und die Gerichte haben dem Landkreis uneingeschränkt Recht gegeben. Das strikte Vorgehen des Landkreises ist sozusagen rechtmäßig, und Sie, Herr Wichmann, bestätigen das auch. Der Vorsitzende der Bürgerinitiative und Sie wurden in der letzten Zeit in der Presse zitiert, dass nicht die gesetzlichen Regelungen, sondern deren Auslegung die Probleme bereiten. Also ist doch nicht die LSG-Verordnung, sondern die Ermessensausübung des Landkreises zu thematisieren. Deshalb verstehe ich auch Ihren Antrag nicht, denn darin wollen Sie einen einzigen Punkt in einer von 117 LSG-Verordnungen im Land ändern. Ich finde, das passt nicht zusammen.

(Beifall des Angeordneten Dr. Bernig [DIE LINKE])

Herr Wichmann, ich möchte es noch deutlicher sagen: Hier greift eben nicht nur die LSG-Verordnung, sondern auch das Bundesnaturschutzgesetz, und darin sind Röhrichte als geschützte Biotope ausgewiesen. Das wurde von den Gerichten noch einmal bestätigt.

Klar kann man hier wirklich die Frage stellen, ob die Vorgehensweise des Landkreises angemessen oder verhältnismäßig ist, und es fällt schon auf, dass diese Konflikte, obwohl in anderen Gebieten ähnliche Regelungen bestehen, nur am Scharmützelsee so eskalieren. Von daher würde ich mir wünschen das ist bereits mehrfach angekündigt worden -, dass es ein Uferkonzept gibt und man sich dort auf wenige Sammelstege konzentriert. Ich habe Ihnen gestern auch gesagt: Ich bin für Gespräche vor Ort offen, und wenn wir helfen können, zwischen den unterschiedlichen Interessen zu vermitteln, dann können wir dies gern tun.

Allerdings möchte ich zu Ihrem Antrag sagen: Überzeugend ist er für mich nicht, und wenn ich darüber abstimmen müsste, würde ich ihn ablehnen. - Danke.

(Beifall DIE LINKE)

Der Abgeordnete Jungclaus spricht für die Fraktion B90/GRÜNE.