Protocol of the Session on February 28, 2013

(Senftleben [CDU]: Das würde ich nicht so sagen!)

- Da gibt es geteilte Meinungen, Herr Kollege. Ich glaube jedoch die Meinung der Mehrheit dargestellt zu haben.

Ein weiterer Punkt: Die Sieger kommen aus solchen Ländern wie Aserbeidschan, Georgien oder dem Iran. Noch weitere Fragen?

Ich hätte allerdings auch einen Tipp an die Ringer: Trotz allem Ärger müssen die Ringer weltweit die Zeichen der Zeit erkennen und können das, was ich eben beschrieben habe, nicht ignorieren.

Nun hätte ich noch zwei Vorschläge an die Ringer: Zunächst müssen die Regeln vereinfacht werden, sodass auch der „normale“ Zuschauer, der kein Experte ist, am Ende eines Kampfes, der nicht durch einen Schultersieg endet, weiß, wer gewonnen hat, und sich auch entsprechend engagieren kann. Zudem sollte die Subjektivität verringert, also die Macht der Kampfrichter eingeschränkt werden.

Auch würde ich - das hören viele eventuell nicht gern - die Stilart Griechisch-Römisch streichen und nur noch Freistilringen

befürworten; denn Griechisch-Römisch ist vor allem in den höheren Gewichtsklassen langweilig.

(Die Abgeordnete Stark [SPD] lacht.)

Das sage ich aus eigenem Anschauen. Ich bitte die Ringer, die sich dadurch auf den Schlips getreten fühlen, jetzt schon um Entschuldigung.

Nun habe ich noch einen Vorschlag an das IOC: Vielleicht wäre es angebracht, die Sportart Fußball bei Olympia zu streichen.

(Beifall SPD sowie der Abgeordneten Mächtig [DIE LIN- KE])

Ich glaube, hier gibt es keinen Aufschrei, aber ich relativiere sofort: Fußball männlich. Ich habe nichts gegen das olympische Frauenturnier; denn dort spielen die besten Fußballerinnen der Welt um den Titel des Olympiasiegers. Bei den Männern ist es eine U23-Weltmeisterschaft. Nur drei Spieler pro Mannschaft dürfen älter sein als 23 Jahre. Dieses Turnier interessiert keinen Menschen und auch nicht den DFB, weshalb die Erfolge der deutschen Fußballer bei Olympia weit hinter den übrigen Erfolgen zurückliegen. Es interessiert schlichtweg niemanden. Weg damit, sage ich. Stattdessen sollte Ringen im Programm bleiben.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ein herzliches Dankeschön an den Ausschuss für diesen außergewöhnlichen Antrag. Liebe Kolleginnen und Kollegen, zum Abschluss ein Appell an Sie alle: Lassen Sie uns gemeinsam mithelfen, dass bei Olympia auch künftig der Sport und nicht das Geld gewinnt. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Rupprecht. - Da wir hier offensichtlich eine Leidenschaft teilen, sind wir sehr großzügig mit der Redezeit. Ich bitte dennoch darum, dass sie eingehalten wird. - Für die CDU-Fraktion wird die Aussprache durch die Abgeordnete Frau Richstein fortgesetzt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wurde bereits vieles gesagt. Natürlich ist Ringen bzw. die olympische Disziplin Ringen für uns in Brandenburg ein wichtiges Thema. Zudem wurde bereits auf die Tradition, auf die sportliche Attraktivität und zum Teil auch auf eventuell vorhandene Kritik hingewiesen. Dies ist für uns in Brandenburg von großer Bedeutung; denn wir sind unmittelbar betroffen. Schließlich haben wir einen Olympiastützpunkt bzw. Bundesstützpunkt mit dem Schwerpunkt Ringen in Frankfurt (Oder) und den Bundesstützpunkt Nachwuchs in Luckenwalde.

Ich bin sicherlich keine Schwarzmalerin, wenn ich sage: Ist Ringen nicht mehr olympisch, werden wir das an diesen beiden Standorten richtig zu spüren bekommen. Zum einen werden die Förderung und das Interesse nachlassen, zum anderen werden diese beiden Standorte deutlich geschwächt. Das dürfen wir nicht zulassen.

(Beifall CDU)

Heute Morgen haben wir bereits über Demografie und über den berlinfernen Raum gesprochen. Wir wissen also aus ganz unterschiedlichen Erhebungen, dass vor allem Sport das Bindeglied ist, das die jungen Menschen entweder in der Region hält oder - wenn auch Internatsunterbringung angeboten wird die jungen Menschen aus der Bundesrepublik zum ersten Mal nach Frankfurt (Oder) bzw. nach Luckenwalde bringt.

Ich bin sehr froh, dass wir heute fraktionsübergreifend über das Ringen ringen. Diesbezüglich gibt es auch keine politischen Unterschiede. Der Protest, den wir an den Tag legen sollten, eint uns in diesem Punkt.

Torsten Krause hat bereits erwähnt, dass schon eine Medaille zurückgegeben wurde. Es wurde noch eine zweite Medaille zurückgegeben: Der Russe Sagid Murtasalijew, der im Jahr 2000 in Sydney die Goldmedaille gewann, hat seine Medaille nach schwerem Ringen zurückgegeben. Zudem soll sich seit dem 27. Februar Armen Nasarian im Hungerstreik befinden. So weit sollten wir zwar nicht gehen - dazu möchte ich Sie nicht aufrufen -, aber wir sollten ein Zeichen setzen, und zwar nicht nur mit der heutigen Debatte und mit dem Antrag des Ausschusses.

Frau Ministerin Münch hatte heute Morgen bei der Beantwortung meiner mündlichen Anfrage bereits auf eine Absurdität hingewiesen, die ich zunächst - als ich es im Internet gesehen habe - nicht glauben wollte. Ringen kann sich nämlich wieder darum bewerben, olympische Disziplin zu werden. Auf der einen Seite schmeißt man sie jetzt hinaus, aber auf der anderen Seite können sie sich direkt neu bewerben.

Bei einer Online-Umfrage der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ im Internet - daran können Sie sich gern noch beteiligen, gegenwärtig wurden 12 733 Stimmen abgegeben - wurde gefragt, wie interessant die angebotenen neuen Sportarten sind. Dabei sprechen sich immerhin 2 % für Rollschuhsport aus, 3 % für Wakeboarding und 5 % für Wushu, wobei ich zunächst einmal schauen musste, was das denn ist.

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Was ist es?)

Bei Wushu handelt es sich um eine Sportart, die die Volksrepublik China im Jahr 1950 zur Sportart erklärte, indem sie einige chinesische Kampfsportarten zusammengeführt hat. Dies muss ich nicht unbedingt haben.

Des Weiteren sprechen sich 6 % für Karate, Baseball, Softball und Klettern aus, 8 % für Squash und - vielleicht geht der eine oder andere noch auf diese Seite und gibt auch seine Stimme ab - 64 % für Ringen. Das ist doch schon einmal ein Zeichen.

Zudem stehen Sie, Herr Rupprecht, mit Ihrer Meinung nicht allein da: Bei einer Umfrage unter den Lesern der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“, welche Sportart gestrichen werden könnte, stimmten 12,5 % für Fußball, 11,7 % für Synchronschwimmen - das waren meistens Männer, nehme ich an -, 10,2 % für Straßenradrennen und nur 0,3 % für Ringen.

Insofern ist die Entscheidung des IOC nicht das, was man als allgemeine Mehrheit bezeichnen kann, weshalb ein wenig Basisdemokratie gefragt ist, damit sich die Vollversammlung, die letztlich darüber entscheidet, nicht dem Votum des Exekutivkomitees beugt, sondern eine andere Meinung vertritt.

Wenn Sie der gleichen Auffassung sind wie ich, unterstützen Sie doch mit mir die Unterschriftensammlung des Deutschen Ringer-Bundes, damit Ringen im olympischen Programm bleibt. Ich verteile dafür gern diese Unterschriftenlisten, die wir dann gesammelt als Landtag Brandenburg an den Deutschen RingerBund schicken können. - Vielen Dank.

(Beifall CDU, SPD, DIE LINKE und FDP)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Richstein. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Frau Abgeordnete Wehlan erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Das ist das Angenehme hier im Haus: dass durch alle Fraktionen hinweg eine große Fassungslosigkeit und Enttäuschung spürbar war, die nicht nur die Ringer betroffen, sondern auch die vielen Ringer-Enthusiasten ergriffen hat. Insofern fühlen wir uns in dieser Angelegenheit denen sehr nah, die draußen konkret von dem Problem betroffen sind, insbesondere - Frau Richstein hat es ausgeführt - die Ringer-Hochburgen in Luckenwalde, Potsdam und Frankfurt (Oder).

Aus diesem Grund gehören die Fragestellungen von den Betroffenen in den politischen und bürgerschaftlichen Raum, die hoffentlich nicht beantwortet werden müssen. Die Fragen sind folgende: Wie geht es mit der Sportförderung weiter, wenn Olympisches Ringen nur noch bis 2016 stattfindet? Was ist mit den Zuwendungen durch den Deutschen Olympischen Sportbund? Wie sollen wir unserem Ringer-Nachwuchs dieses Olympia-Aus erklären? - Schließlich wurde er in mühsamer Kleinarbeit langsam wieder an die Weltspitze herangeführt.

Für einen Sportler ist es das Größte, Olympia zu erreichen. Wie sollen wir damit umgehen, wenn den Jungen und Mädchen mit der Entscheidung eine große sportliche Perspektive genommen wird? - Als Ringer-Mutter kann ich sehr gut nachempfinden, wenn der höchste sportliche Anreiz fehlt, um sich fünfmal in der Woche und mehrmals täglich zu schinden. Am Wochenende geht es dann zusätzlich noch zum Wettkampf. Diese Fragen bleiben heute unbeantwortet. Ich hoffe sehr, dass wir sie auch in Zukunft nicht beantworten müssen.

468 Mitglieder gehören dem 1. Luckenwalder Sportclub an. Drei fest angestellte Trainer und mehrere Übungsleiter auf Honorarbasis betreuen sie. 66 Kinder und Jugendliche gehen zur „Eliteschule des Sports“, also zur Friedrich-Ludwig-Jahn-Schule in Luckenwalde. Erst fünf Tage vor der Information, dass Ringen künftig nicht mehr olympische Disziplin sein wird, wurde diese Schule mit dem Titel „Eliteschule des Sports“ geehrt.

Durch die Stadt wird ein Internat betrieben, die Trainingshallen stehen den Sportlern unentgeltlich zur Verfügung und die Betriebs- und Unterhaltungskosten übernimmt die Stadt. Eine sehr kleinteilige Sponsorengemeinschaft versucht - ich bin seit 15 Jahren dabei -, die sehr aufwändige Trainings- und Wettkampfsportart der Nachwuchsringer zu unterstützen.

In Luckenwalde hat Ringen eine 100jährige Tradition. Viele Familien sind mit diesem Sport groß geworden und eng mit

ihm verwurzelt. Meine Brüder waren auch Vize und Dritter der DDR-Meisterschaften im Kinder- und Jugendbereich und haben ihre ersten Ringergriffe - wohl bemerkt sehr sanft - an ihrer Schwester ausprobiert. Ja, damals wäre ich auch gern - ich oute mich jetzt - Ringerin geworden. Das ist nun schon 40 Jahre her. Im Übrigen sind die Ringer, lieber Herr Rupprecht, sexy, und zwar nicht nur die Jungs, sondern auch die Mädels.

(Beifall DIE LINKE)

Im Jahr 2004 wurde Ringen für die Frauen olympisch. Nun haben wir den Fakt, dass alles infrage steht. In den Jahren 1993/ 1994 wurden noch 4 Millionen DM aufgewandt, um die Ringer-Trainingshallen neu- und umzugestalten. Künftig steht infrage, überhaupt eine Grundversorgung über die Sportförderung zu ermöglichen. Damit ist - das muss deutlich gesagt werden - Spitzensport nicht mehr realisierbar. Wer die Illusion hat, noch etwas aufrechterhalten zu können, hat eine unerfüllbare Hoffnung.

Bei Olympia 2012 in London gingen 344 Ringer und Ringerinnen auf die Matte. Dabei wurden im Freistil - lieber Herr Rupprecht, Ihrer favorisierten Sportart - in elf Gewichtsklassen Medaillen verteilt.

Nick Matuchin vom 1. Luckenwalder Sportclub war unter ihnen, und 2008 wurde der gebürtige Wittener Mirko Englich, den wir gemeinsam mit Frankfurt (Oder) eingemeindet haben hätte ich beinahe gesagt -, Silbermedaillengewinner in Peking.

Ja, die Entscheidung der Exekutivkommission muss von der IOC-Vollversammlung im September in Buenos Aires bestätigt werden; dieser Schritt soll jedoch angeblich nur noch eine Formfrage sein. Ich denke, wir sollten hier alle Kräfte bündeln und auch über das Land Brandenburg hinaus deutlich machen, dass dem nicht so ist. Länder, in denen Ringen weit verbreitet ist und eine große Tradition hat wie Aserbaidschan, Georgien, Iran, Kasachstan, Russland, Türkei, die Ukraine und die USA stehen im Kampf für Olympia an unserer Seite. Die USA und der Iran Seit‘ an Seit‘ - schon dieses Signal zeigt, wozu Ringen gut ist.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Wehlan. - Wir kommen nunmehr zum Beitrag der FDP-Fraktion. Herr Abgeordneter Büttner, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Was soll ich jetzt eigentlich noch sagen? Alle meine Vorredner haben das, was notwendig, richtig und wichtig war, gesagt. Herr Rupprecht, vielen Dank dafür, Sie haben das in sehr interessanter und guter, positiver Art gemacht. Wissen Sie, wenn man in Griechenland unterwegs ist und sich alte Tonscherben anguckt, findet man ganz häufig die Darstellung von Ringern. Insofern reden wir hier nicht einfach nur über eine olympische Disziplin, sondern letztendlich von einem weltweiten Kulturgut.

Seit der Antike und seit Beginn der neuzeitlichen Olympischen Spiele 1896 gehört das Ringen zu den Disziplinen der Olympi

schen Spiele - wir reden also hier über eine lange Tradition. Insofern war es völlig überraschend und auch nicht nachvollziehbar, dass der Exekutivausschuss des IOC am 12. Februar entschieden hat, die Sportart Ringen nicht mehr ins Kernsportprogramm aufzunehmen.

Mir ist es ähnlich gegangen wie Ihnen, Herr Kollege Rupprecht: Ich war völlig überrascht. Ich gebe auch zu, ich habe mich noch nie so intensiv mit dem Ringen beschäftigt. Aber das ist auch ein Ergebnis: Noch nie gab es eine solche Aufmerksamkeit in den Medien für das Ringen wie jetzt. Das Problem: Es ist plötzlich negativ besetzt, weil es mit einem negativen Hintergrund daherkommt. Wenn man allerdings die Kommentare unter den Artikeln in der Online-Presse liest, sieht man fast nur Kommentare, die diese Sportart unterstützen.

Der Deutsche Ringerbund hat beim Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbunds in Form eines offenen Briefes bereits protestiert. Ich finde diesen Brief sehr interessant, weil er den angeblichen Mangel an Attraktivität dieses Sports widerlegt. Er schreibt, dass das Ringen sozusagen Teil des olympischen Erbguts sei. Er verweist auch auf die ausverkauften Ringersportstätten bei allen Olympischen Spielen und die Auslastung hinsichtlich der Zuschauerzahlen bei den Kämpfen. Wir reden hier auch über 470 Vereine und 65 000 Mitglieder in diesen Vereinen. Meine Vorredner haben auch schon darauf hingewiesen: Ringen ist Volkssport in vielen Ländern - Aserbaidschan, Georgien, Iran, Kasachstan und auch den USA. Auch Sie, Frau Wehlan, haben angemerkt: Wenn sich iranische und US-amerikanische Sportler in den Armen liegen, versteht man auch, dass Sport ein völkerverbindendes Element ist.