Siebtens: Unterstützung regionaler Produkte. Diesbezüglich muss sich das Land stärker engagieren, und zwar unter anderem in der Frage: Wie schaffen wir es, die Verarbeitungskapazitäten in den Betrieben und die Veredelung durch eine gezielte Förderung noch stärker auszubauen? - Ziel muss es sein, gute Lebensbedingungen in den potsdamnahen und den potsdamfernen Regionen des Landes zu schaffen. Wir wollen kein exklusiv auf Potsdam ausgerichtetes Land Brandenburg.
Vielmehr wollen wir eine kommunale Selbstverwaltung. Dabei muss die Verwaltungskraft der kommunalen Gebietskörperschaften so gestaltet und harmonisiert werden,
Meine Damen und Herren, die Eigeninitiativen von Landkreisen, Städten, Gemeinden und engagierten ehrenamtlichen Bürgern können in diesem Zusammenhang nicht genug gewürdigt werden. So gibt es zum Beispiel in Elbe-Elster
das verbindliche Modell der Studienbeihilfe für Medizinstudenten und in der Uckermark den KombiBus für mehr Mobilität. Diesen Einzelinitiativen möchte ich heute besonders danken.
Herr Ministerpräsident - Sie halten heute auch noch eine Rede -, sicherlich ist es eine angenehme Aufgabe, jeden Monat verdienstvolle Ehrenamtler und gute Ideen zur Bewältigung des demografischen Wandels zu würdigen und auszuzeichnen. Jedoch fragen sich die Bürgermeister, Wissenschaftler und Landräte zu Recht - dies wurde in der Anhörung im Hauptausschuss in der vergangenen Woche deutlich -: Wo sind die Ideen bzw. Initiativen des Landes? Welches Profil will Brandenburg künftig in den dünn besiedelten Regionen entwickeln?
Sie können also entweder noch 18 Monate lang gute Beispiele auszeichnen oder - dafür plädiere ich ausdrücklich - selbst ein schlüssiges Konzept hier im Landtag vorlegen. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als uns vor etwa 15 Jahren die ersten Meldungen über die Auswirkungen des demografischen Wandels zunächst in der Fachpresse und dann auch in der politischen Debatte erreichten, haben die meisten Menschen das nicht geglaubt. Dies fiel in die Zeit, als Tausende junge Menschen keine Ausbildungsplätze fanden und die Arbeitslosenquote sehr hoch war.
In diesem Zusammenhang kann ich mich an eine Debatte mit unserem damaligen Bildungsminister und mit Abiturienten erinnern. Dabei wurde die Frage gestellt: Was wäre eine erfolgversprechende Studienrichtung? - Darauf sagte der Bildungsminister: Studiert Lehramt und werdet Lehrer! - Dies zog großes Gelächter nach sich.
Schauen wir uns jedoch die heutige Situation an, muss man sagen: Der damalige Bildungsminister hatte Recht. Sicherlich war es auch absehbar; denn man kann die Geburten regelrecht mitzählen. Heute ist das aber nicht mehr so. Uns allen ist das Herr Prof. Schierack hat es eben auch gesagt - bekannt. Die Auswirkungen sind sehr nah an uns herangerückt; nun müssen wir mit ihnen umgehen.
Der dritte Demografiebericht - es gab bereits zwei davor, und es wird noch weitere geben, schließlich ist es ein dauerhafter Prozess - wurde im Jahr 2011 dem Landtag vorgelegt. Die groben Auswirkungen - Bevölkerungsrückgang, Altersstruktur sowie die Besonderheiten Brandenburgs - wurden bereits genannt, weshalb ich mir das sparen kann.
Jedoch möchte ich auf folgende Situation eingehen: die sehr deutliche Zweiteilung in Brandenburg. Das ist eben anders als in Mecklenburg-Vorpommern oder Sachsen-Anhalt. Zum einen gibt es die boomenden Regionen im Berliner Raum und zum anderen die in einer etwas schwierigeren Situation befindlichen und etwas entfernter von Potsdam und Berlin liegenden dünn besiedelten Gebiete. Insofern stellt sich die Frage: Wie können wir es schaffen, in der Uckermark, in der Prignitz, in der Lausitz, in Falkensee, Teltow und Kleinmachnow die kommunale Daseinsvorsorge auch in 20 Jahren für die Bürger sicherzustellen? - Diese zentrale Frage müssen wir beantworten.
Neben den Änderungen in der Bevölkerungsentwicklung hat sich eine weitere Rahmenbedingung deutlich verändert, was wir bereits gestern vom Finanzminister hörten. In diesem Jahr erhalten wir aus den Solidarpaktmitteln noch 900 Millionen Euro, im Jahr 2019 jedoch nicht mehr. Insofern werden wir im Jahr 2019 900 Millionen Euro weniger in der Kasse haben als heute. Wir müssen uns dabei nichts vormachen: Steuerentwicklungen können das nicht auffangen.
Aus diesem Grund werden wir auf allen Ebenen - Land, Landkreise und Kommunen - mit weniger Geld auskommen müssen als heute. Das muss in allen Überlegungen eine Rolle spielen, ohne es zu negativ zu betrachten. Schließlich haben wir dann eine Finanzierung, wie es sie auch in anderen westdeutschen Flächenländern gibt. Insofern müssen wir diesbezüglich nicht zu traurig sein. Zudem zielt eine Reihe von Bundes- und Landesprogrammen darauf ab, die Gesellschaft auf die sich verändernde Situation einzustellen.
Es verläuft natürlich nicht planlos: nicht von Bundesseite her auch dort gibt es gute Programme - und nicht von Landesseite her. Im Demografiebericht sind viele dieser Programme aufgezählt und kurz beschrieben. Eine vollständige Darstellung ist mir jetzt aus Zeitgründen nicht möglich. Dennoch möchte ich einige Beispiele nennen, die auf den ersten Blick nicht so offensichtlich mit dem Thema in Verbindung stehen.
In dem Stadtumbauprogramm - ein gutes Programm - ist unter anderem auch der Rückbau von Wohnungen enthalten. Vielfach wird nur an Neubau gedacht. Wer hätte jemals damit gerechnet, dass wir einmal sehr viel Geld für den Abriss von Wohnungen ausgeben werden? - Das klingt zunächst nicht sehr positiv, war aber notwendig, um die Infrastruktur auf die neuen Situationen einzustellen.
Abreißen, sanieren, neu bauen und erhalten - Schwedt ist ein gutes Beispiel dafür, dass trotz des Abrisses von Tausenden Wohnungen - es waren einfach nicht mehr genügend Einwohner vorhanden - eine lebenswerte Stadt entstehen kann. Insofern gibt es tatsächlich gute Beispiele in unserem Land.
Des Weiteren haben wir einige Regeln ins FAG geschrieben. Sicherlich stehen wir am Anfang der Überlegungen, dennoch sind bereits einige Punkte darin aufgenommen - so zum Beispiel der Demografiefaktor. Den Gebieten, die mit der Anpassung an die neuen Bedingungen ziemlich zu kämpfen haben, wollen wir durch einige Erleichterungen mehr Zeit für die Herstellung neuer Strukturen einräumen.
Zudem gibt es das Gesetz zur Stärkung der kommunalen Daseinsvorsorge. Sicherlich ist noch in Erinnerung, wie umstritten das noch vor etwa einem Jahr war. Dieses Gesetz stärkt jedoch die Kommunen und hilft ihnen bei der Bewältigung der Aufgaben, denen sie sich im demografischen Wandel stellen müssen.
Natürlich gibt es in zahlreichen anderen Fachbereichen - unter anderem in der Gesundheit, in der Bildung sowie beim Älterwerden - vielfältige Programme und Netzwerke, von denen wir eventuell noch einige hören werden, die das Ziel haben, diesen Wandel mit zu organisieren.
Bei einem sehr wichtigen Thema hat sich der Landtag selbst in die Pflicht genommen und die Enquetekommission 5/2 „Kommunal- und Landesverwaltung - bürgernah, effektiv und zukunftsfest - Brandenburg 2020“ eingesetzt, um Vorschläge für leistungsfähige Kommunalstrukturen zu unterbreiten.
Herr Prof. Schierack, wenn Sie hier mit großer Geste unter anderem vor dem Fusionswahn von Rot-Rot warnen, muss ich Ihnen sagen: Meine Erfahrung aus der Enquetekommission ist eine völlig andere. Dort wird sehr verantwortungsvoll über künftige Strukturen gesprochen und gestritten. Zudem steht noch kein Ergebnis fest. Sie wissen anscheinend schon, wie es ausgeht, ich jedoch nicht. Ich bin sehr sicher, dass wir in der Enquetekommission gemeinsam gute Strukturen finden werden.
Insofern macht es keinen Sinn, jetzt einen Popanz aufzubauen. Den Diskussionsstand in dieser Kommission können Sie sowohl in der Presse als auch im Internet verfolgen. Nahezu tagesaktuell kann man dort nachlesen, was geschieht.
Der Wandel in den Kommunen wird für die meisten Menschen am ehesten erlebbar sein. Der Bevölkerungsrückgang, die Änderung der Altersstruktur sowie der Rückgang der Finanzen erfordern neue Überlegungen, wenn wir das Dienstleistungsangebot für die Bürger auch noch in 20 Jahren anbieten wollen. Wir kennen alle die Bevölkerungsprognosen bis zum Jahr 2030. Insofern müssen wir uns auf diese Situation einstellen und nicht auf die von heute.
Besonders interessant und lobenswert sind - Herr Prof. Schierack hat es angesprochen - die vielen Beispiele aus der kommunalen Praxis, die im Bericht genannt werden und auch in der Anhörung im Hauptausschuss vertieft wurden. Das verdeutlicht, dass die Problematik bereits auf der kommunalen Ebene bzw. in der kommunalen Praxis angekommen ist, dort kein Widerstand herrscht, sondern das Thema ernst genommen wird und Lösungen gesucht werden.
Als die SPD vor etwa zwei Jahren mit dem Thema „Brandenburg 2030: Wie wollen wir in Zukunft leben?“ in die Öffentlichkeit gegangen ist, gab es so manchen skeptischen und hämischen Kommentar. Einige haben sicherlich auch gehofft, dass wir uns eine blutige Nase holen werden, wenn wir mit der Bürgerschaft über dieses Thema sprechen. Dies war jedoch ich war auf vielen Veranstaltungen anwesend - nicht der Fall. Es war sogar erstaunlich, wie interessiert, besorgt, aber auch offen die Bürger mit dem Thema umgegangen sind und gesagt haben: Jawohl, so wird es kommen. Insofern haben sie es längst erkannt. Meines Erachtens sind die Bürger zum Teil weiter, als wir Politiker uns das vorstellen.
Es gibt zahlreiche gute Beispiele aus der Praxis, von denen ich nur einige ansprechen möchte. Zum einen gibt es den mobilen Bürgerservice in Wittstock. Dabei fährt ein Bus mit Verwaltung in die dünn besiedelten Flächen und bietet der Bevölkerung Verwaltungsdienstleistungen an. Dies wird derzeit erprobt, sieht bisher recht gut aus und könnte etwas werden.
Zum anderen möchte ich noch einmal - Herr Prof. Schierack hat dies bereits genannt - den KombiBus in der Uckermark erwähnen, weil er für mich symptomatisch ist. Die Selbstverständlichkeit, dass Menschen und Frachten in einem Fahrzeug transportiert werden können, ist heutzutage so weit weggerückt, dass wir Gesetze ändern müssen, um das „Normale“ wieder herzustellen. Das ist einfach aus dem Blick gerückt. In meiner Kindheit fuhr noch der Postbus - die Älteren unter uns kennen ihn vielleicht noch -, der in der Früh die Post brachte und in den man sich setzen und ins nächste Dorf fahren konnte.
Heute gibt es zehn Gesetze, die dagegen sprechen. Insofern müssen wir an der Stelle etwas unternehmen.
Des Weiteren wurden die Rückkehrer-Programme in der Uckermark und in der Lausitz angesprochen. Es ist richtig, wie es
dort gehandhabt wird. Auch im medizinischen Bereich - Studienbeihilfen für Mediziner im ländlichen Raum von Landkreisen in Kooperation mit den Krankenhäusern, unter anderem im Landkreis Elbe-Elster, oder die Initiative der Krankenhäuser in Neuruppin und Brandenburg an der Havel, die eine gemeinsame Ausbildung organisieren wollen - gibt es gute Programme; auch das sind Ansätze in die richtige Richtung.
Meine Damen und Herren, sicherlich hört man zum Teil Kritik. Auch heute haben wir wieder vernehmen müssen, es fehle ein einheitliches geschlossenes Konzept zur Bewältigung der Auswirkungen des demografischen Wandels. Das kann ich gut verstehen.
Es wäre auch schön einfach, wenn man sagen könnte: Hier haben wir nun das Papier, es umfasst 20 Punkte; fünf haben wir schon geschafft; die anderen fünfzehn behandeln wir noch. Ich glaube allerdings, das wird eine Illusion bleiben.
Die Problematik ist so differenziert und verändert sich so schnell, dass sie Einzelkonzepte braucht - die gibt es aber auch schon, zum Beispiel im Bereich Älterwerden und in der Bildung. Dieses einheitliche große Papier wird, glaube ich, schwer zu entwickeln sein, es wird im ständigen Prozess bleiben. Ja, das Land muss Rahmenbedingungen schaffen, richtig, und das geschieht auch auf unterschiedlichen Politikfeldern. Und: Ja, wir müssen die vielen Initiativen in Städten und Landkreisen dabei unterstützen, sich Möglichkeiten zu eröffnen, damit sie die auch umsetzen können.
Der Ministerpräsident hat auf einer IHK-Versammlung Anfang dieses Jahres sinngemäß gesagt - das hat mir gut gefallen -: Wir müssen in Teilen des Landes vom regelnden Staat - das ist der, den wir kennen und den wir seit vielen Jahren aufgebaut und immer mehr verfeinert haben - hinkommen zu einem zulassenden Staat. Der Staat muss Bürger und Menschen und Initiativen auch machen lassen.