Protocol of the Session on February 27, 2013

Sehr geehrter Herr Minister, ich nehme wohlwollend zur Kenntnis, dass es innerhalb der Regierung Gespräche gibt - das ist doch schon einmal eine Aussage!

Herr Minister, es ist bekannt geworden, dass EFRE-Mittel unter Umständen nicht mehr für Landesstraßen zur Verfügung stehen. Das ist nicht ganz unerheblich in Anbetracht dessen, was wir in den nächsten zwei Jahren für den Erhalt unserer Landesstraßen ausgeben. In der Haushaltsdebatte sagten Sie, dass Sie diese Mittel noch nicht berücksichtigt haben, dass es zu einer Aufsattelung kommen werde, wenn wir die Mittel tatsächlich erhalten. Nun zeichnet sich ab - wenn das auch Ihr Erkenntnisstand ist, können Sie es bestätigen -, dass es diese Mittel unter Umständen nicht geben wird. Können Sie dazu etwas sagen?

Es ist eine außerordentlich schwierige Diskussion, auch mit EUParlamentariern. Ich war wegen des Ausbaus der Oder-Partnerschaft in Warschau und habe dort mit Herrn Zeller gesprochen das müsste ein Europaabgeordneter der CDU sein. Er hat deutlich gemacht, dass EU-Parlamentarier bei Straßenprojekten in der neuen Förderperiode größte Zurückhaltung üben. Ich hoffe, dass wir über regionale Projekte und Fonds Möglichkeiten finden, die Infrastruktur auszubauen. Wir sind sicherlich einer Meinung, dass die Infrastruktur in Deutschland chronisch unterfinanziert ist. Das betrifft übrigens nicht nur die Landesstraßen, sondern auch den kommunalen Bereich. Ich hoffe, dass wir zumindest in der nächsten EU-Förderperiode einen Teil der Infrastruktur auch in diesem Bereich entwickeln können; aber bei Landesstraßen scheint es ein direktes Programm nicht zu geben.

Vielen Dank. - Mit der nötigen Konzentration auf das Wesentliche schaffen wir noch Frage 1207 (Protestaktion der Linksju- gend beim Berufetag am Brecht-Gymnasium in Brandenburg an der Havel am 18.02.2013). Der Abgeordnete Senftleben stellt sie.

Wie der Zeitung „Märkische Allgemeine“ vom 20. Februar 2013 zu entnehmen war, wurde am 18. Februar eine Berufsinformationsveranstaltung am Brecht-Gymnasium in Brandenburg an der Havel durch eine Protestaktion der Linksjugend erheblich gestört. Anlass des Protestes war laut Berichterstattung die Anwesenheit eines Bundeswehroffiziers. Die Linksjugend bekannte sich per Presseerklärung dazu, ein Banner mit der Aufschrift „Berufsperspektive Tod“ und diverse Holzkreuze vor der Schule aufgebaut zu haben. Des Weiteren wurden Protestflyer auf dem Schulgelände verteilt und eine vermeintliche Absage der Veranstaltung an die Tür geklebt. Die Linksjugend bekannt in diesem Land - führte als Begründung aus, dass die Bundeswehr an Schulen nichts zu suchen habe:

„Sie bietet nur eine Ausbildung an, die dazu dient, andere zu töten […]“.

Weitere Protestaktionen dieser Art wurden angekündigt.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie Berufsinformationsveranstaltungen der Bundeswehr an Schulen und Hochschulen in Brandenburg?

Es antwortet Frau Ministerin Dr. Münch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Senftleben, Bildungsinformationstage an Schulen bieten Chancen für eine erfolgreiche Berufs- und Studienorientierung. Angebote der Berufs- und Studienorientierung dienen ausschließlich der Information von Schülerinnen und Schülern. Gezielte Nachwuchswerbung ist in diesem Rahmen grundsätzlich nicht zulässig wer auch immer die Information gibt. Das gilt auch für Informationen über berufliche Entwicklungsmöglichkeiten bei der Bundeswehr. Die Bundeswehr ist eine Berufsarmee, die demokratisch legitimierte Einsätze leistet und in unserer Verfassung erwähnt wird. Als solche ist sie selbstverständlich, wie jeder Arbeitgeber, auf Möglichkeiten, über berufliche Perspektiven zu informieren, angewiesen. Schulen dürfen die Bundeswehr wie jeden anderen Anbieter zu Berufsinformationstagen einladen.

Natürlich weiß ich, dass die Bundeswehr kein Arbeitgeber wie jeder andere ist. Das hat nichts damit zu tun, dass manchmal behauptet wird, es würde Kriegswerbung betrieben. Das tut die Bundeswehr nicht, schon gar nicht in Schulen. Aber Information ist die Voraussetzung für eine differenzierte Auseinandersetzung, auch dafür, dass sich junge Menschen darüber klar werden können, in welche berufliche Richtung sie sich entwickeln möchten. Das gilt natürlich für Fragen der Berufs- und Studienorientierung genauso wie für politische Auseinandersetzungen.

Für eine Verdrängung der Bundeswehr aus der öffentlichen Wahrnehmung oder aus den Schulen gibt es keinen Grund. Die Schulen haben die Möglichkeit, in eigener Verantwortung sachkundige Personen - also auch Vertreter der Bundeswehr -, zum Beispiel im Rahmen der politischen Bildung oder des Geschichtsunterrichts, einzuladen. Die Lehrkräfte sind aber dazu angehalten, für die notwendige Ausgewogenheit zu sorgen.

Gemäß § 17 Absatz 2 der Verwaltungsvorschrift Schulbetrieb darf an den Schulen Informationsmaterial über Berufsgruppen und Wirtschaftszweige verteilt werden - unter der Voraussetzung, dass dies nicht der Werbung dient. - Danke.

Es gibt Nachfragen, als Erstes vom Fragesteller, Herrn Senftleben.

Herzlichen Dank für die differenzierte Antwort. Vielleicht wäre es klug, wenn man diese Dinge bei Ihrem Koalitionspartner schriftlich auslegt, damit auch da ein Erkenntnisgewinn stattfinden kann.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Frau Ministerin, der Schulleiter hatte ausgeführt, dass seiner Ansicht nach die Vertreter der Linksjugend Hausfriedensbruch begangen haben. Wir wissen alle, dass Schulen in diesem Land Orte sind, an denen nicht alles gestattet ist - gerade solche Aktionen nicht.

Deswegen die Frage: Werden Sie als Ministerin oder wird das Ministerium aufgrund dieses offensichtlichen Hausfriedensbruchs etwas unternehmen oder Anzeige erstatten?

Herr Senftleben, ich gehe davon aus, dass der Schulleiter selbst Anzeige erstattet hat. Für das Ministerium gibt es keinen Grund aktiv zu werden, weil es in der Hoheit des Schulleiters liegt, das Hausrecht auszuüben.

(Beifall DIE LINKE)

Weitere Fragen von Herrn Jürgens.

Danke, Frau Ministerin, für Ihre Antwort und auch danke an den Kollegen Senftleben für diese kleine Werbeaktion für solche Aktionen der Linksjugend, die aus meiner Sicht völlig berechtigt sind.

Ich habe zwei Fragen, Frau Ministerin. Zum einen: Ist im Rahmen von demokratischer Willensbildung aus Ihrer Sicht solch ein Protest vor Schulen durchaus berechtigt?

Und die zweite Frage: In Nordrhein-Westfalen gibt es eine Verwaltungsvorschrift, die besagt, dass bei Besuchen der Bundeswehr künftig auch zwingend Vertreter von Friedensverbänden oder Ähnlichem einzuladen sind, um eine Ausgewogenheit auch in der folgenden Diskussion zu schaffen. Halten Sie solch eine Regelung für Brandenburg für sinnvoll?

Herr Jürgens, ich möchte mich inhaltlich zu diesem Protest nicht äußern. Wir leben in einer Demokratie, wo selbstverständlich Meinungsfreiheit herrscht. Ich gehe aber davon aus, dass man sich im Rahmen dieses Bekundens seiner eigenen Meinung an Recht und Gesetz hält. Dazu gehört eben auch, keinen Hausfriedensbruch zu begehen. Es gibt nämlich Instrumente, entsprechend zu reagieren.

Was die Verwaltungsvorschrift in Nordrhein-Westfalen betrifft, denke ich nicht, dass so etwas in Brandenburg notwendig ist, weil die zuständigen Lehrer und die Schüler vor Ort sehr verantwortlich mit dieser Differenzierung umgehen. Wenn es zu Informationsveranstaltungen außerhalb der Berufsorientierung kommt im Rahmen des Unterrichts Politische Bildung oder Geschichte -, gehe ich davon aus, dass dort selbstverständlich auch Vertreter anderer Seiten eingeladen werden, um sich generell über das Thema Bundeswehr ein objektives Bild verschaffen zu können.

Vielen Dank. Eine Nachfrage von Frau Richstein.

Vielen Dank, Frau Ministerin, dass Sie - im Gegensatz zum Kollegen Jürgens - darauf hingewiesen haben, dass solch ein Thema immer ausgewogen behandelt werden muss.

Ich habe zwei Nachfragen. Erstens: Wie wird die Landesregierung in Zukunft der Öffentlichkeit zeigen, dass sie solche Protestaktionen weder inhaltlich noch in der Form unterstützt?

Meine zweite Frage: Einer der Verantwortlichen der Linksjugend hat in der Presse geäußert, dass er aus dem Wirtschaftsministerium eine Liste mit Terminen, zu denen die Bundeswehr zu solchen Veranstaltungen wieder in der Schule sein werde, bekommen habe. Mit welcher Intention gibt das Wirtschaftsministerium eine solche Liste an die Linksjugend heraus?

Frau Richstein, ich sehe keinen Anlass, mich zu Protesten zu äußern, die ich vom Recht auf Meinungsfreiheit für gedeckt halte und als Freiheit der Ausübung des Demonstrationsrechts sehe. Es gibt bestimmte Regeln - das hatte ich eben ausgeführt -, die einzuhalten sind.

Was diese Liste betrifft, so habe ich dazu keine Kenntnis. Dazu müssten Sie den Wirtschaftsminister befragen. Mir ist eine solche Liste nicht bekannt.

Vielen Dank. - Wir sind damit am Ende der Fragestunde angelangt.

(Zuruf)

In der Regel werden die nicht behandelten Fragen schriftlich beantwortet. Ich denke, da sie nicht gestellt wurden - sondern nur zwischendurch und querüber -, bringen wir jetzt unsere Ordnung durcheinander, wenn wir anfangen, Zwiegespräche zu organisieren. Grundsätzlich darf die Landesregierung natürlich immer reden, manchmal stört es aber die Abläufe.

(Allgemeine Heiterkeit)

Wenn Sie jetzt nicht heftig protestieren, schließe ich den Tagesordnungspunkt 2, die Fragestunde.

Ich komme zum Tagesordnungspunkt 3:

Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Justizkostengesetzes und zur Aufhebung der Verordnung über Auslagenpauschsätze nach dem Gesetz über Kosten der Gerichtsvollzieher

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/6669

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses

Drucksache 5/6895

Es wurde vereinbart, hierzu keine Debatte zu führen.

Ich stelle die Beschlussempfehlung und den Bericht in der Drucksache 5/6895 zur Schlussabstimmung. Wer ihr Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Damit ist dieses Gesetz in 2. Lesung verabschiedet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 3 und entlasse Sie bis 13 Uhr in die Mittagspause.

(Unterbrechung der Sitzung: 12.15 Uhr)

(Fortsetzung der Sitzung: 13.03 Uhr)

Meine Damen und Herren! Die Abgeordneten, die da sind, werden nicht gerügt. Aber es sieht schon schlecht aus mit der Anwesenheit, und das vor Schülerinnen und Schülern, die immer pünktlich zum Unterricht erscheinen müssen; das ist durchaus ein Problem. Dennoch begrüße ich ganz herzlich die pünktlich in den Saal gekommenen und damit anwesenden Schülerinnen und Schüler des Humboldt-Gymnasiums Eberswalde. Seien Sie herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)