Protocol of the Session on February 27, 2013

Zunächst einmal freue ich mich aber, dass wir dank der Linken erneut die Möglichkeit haben, das Thema Strompreise zu diskutieren. Die Menschen in Deutschland sind verständlicherweise verunsichert, da sie nicht wissen, wie weit die Strompreise noch steigen werden. Die plakativ zur Schau gestellte Ratlosigkeit des Duos Altmaier-Rösler lässt die schmerzliche Erhöhung der Strompreise zum Jahreswechsel - besonders für Geringverdiener - bedrohlich erscheinen. Dennoch sollte sich die Brandenburger Landesregierung im Bundesrat klar gegen die Maßnahmen der sogenannten Strompreisbremse aussprechen. Sie sind in ihrer jetzigen Form wirkungslos, sozial unausgewogen und wirtschaftlich schädlich.

Das für die Energieversorgung zuständige „Ministerduo infernale“ hat im letzten halben Jahr alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Dies hat die Verunsicherung bezüglich der Entwicklung der Energiepreise verstärkt und befördert. Sie haben die Anzahl der von der EEG-Umlage befreiten Unternehmen so massiv erhöht, dass wenige viel profitieren und viele spürbar belastet werden. Im Ergebnis möchten Sie nun die Befreiung selbst gern so schnell wie möglich zurücknehmen.

Sie haben die Fotovoltaik verteufelt und damit Arbeitsplätze, insbesondere in Brandenburg, vernichtet. Obwohl die Vergütungstarife für Fotovoltaik inzwischen so niedrig sind, dass neue Anlagen den Strompreis nicht mehr erhöhen, muss die Fotovoltaik weiter als Sündenbock für hohe Strompreise herhalten.

Sie haben die teure Offshore-Windenergie mit Subventionen verhätschelt, mit der Folge, dass die Kosten der Haftungsfreistellung für Offshore-Anlagen den Kleinverbraucher belasten, bevor eine solche Anlage überhaupt Strom liefert.

Last, but not least, und das ist besonders verantwortungslos: Sie haben in der öffentlichen Kommunikation die Höhe der EEG-Umlage unzutreffenderweise mit den Kosten für erneuerbare Energien gleichgesetzt - wohl wissend, dass es sich lediglich um eine Verrechnungsgröße handelt. Dieser Verrechnungsbeitrag EEG-Umlage ist aber so angelegt, dass er steigt, auch wenn die erneuerbaren Energien den Strompreis an der Börse senken und die durchschnittliche Vergütung beständig sinkt. Deshalb sollte es für jeden klardenkenden Minister ein Leichtes sein zu erkennen: Die EEG-Umlage ist kein geeigneter Indikator für die Kosten der Energiewende.

Meine Damen und Herren, wie die Schuldzuweisung des ungleichen Ministerduos an die Adresse des Erneuerbare-Energien-Gesetzes sind auch die vorgeschlagenen Maßnahmen für eine Strompreisbremse kontraproduktiv. Die Ankündigung einer rückwirkenden Tarifänderung verhindert bereits jetzt Investitionen und kostet Arbeitsplätze. Das Ziel des Maßnahmenpakets ist nicht die Begrenzung der Strompreise, sondern das abrupte Abbremsen der Energiewende.

(Beifall B90/GRÜNE)

Wer sich tatsächlich um die Energierechnung Geringverdienender sorgt, der setzt neben den Stromkosten vor allem die gestiegenen Heizkosten ganz oben auf die Agenda. Denn lediglich ein Viertel der in einem Durchschnittshaushalt anfallenden Energiekosten entfällt auf Strom. Die Heizkosten, die sich laut Berechnung der Agentur für erneuerbare Energien in den letzten zwölf Jahren verdoppelt haben, belasten die Haushaltskasse hingegen mit durchschnittlich ca. 105 Euro pro Monat. Zum Vergleich: Die jetzt permanent im Fokus der Kritik stehende EEG-Umlage liegt zurzeit bei 15 Euro pro Monat und Haushalt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, erneuerbare Energien machen unser Land von Preisen fossiler Energie unabhängig. Sie treiben nicht den Strompreis in die Höhe, sondern stabilisieren ihn. Es gibt kein Land in Europa, in dem die Strompreise nicht diskutiert werden, kein Land, in dem sie nicht steigen. In Großbritannien fordert der Energieversorger EDF für den Neubau eines Atomkraftwerks einen Einspeisetarif von umgerechnet 11,6 Cent pro Kilowattstunde, garantiert auf 40 Jahre. Da ist sogar die Kilowattstunde aus der Fotovoltaik günstiger.

Deutschland ist also im Vergleich hervorragend aufgestellt und kann bei bezahlbaren Stromkosten der Abschaltung des letzten Atomkraftwerks 2022 mit Zuversicht entgegensehen. Um dieses Ziel zu erreichen, brauchen wir keine Abschaffung oder Kastration des EEG-Gesetzes, wie von Schwarz-Gelb betrieben, sondern eine kluge und verlässliche Weiterentwicklung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, vor allem auch unter Einbeziehung von Wärme und Speichertechnologien. - Vielen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE sowie vereinzelt SPD und DIE LIN- KE)

Minister Christoffers spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir einige Bemerkungen zu den Redebeiträgen. Ich finde, dass der Beitrag der CDU der beste Beleg dafür ist, dass es gut ist, dass in Fragen der wirtschaftlichen Stabilität und der sozialen Entwicklung eine politische Veränderung stattgefunden hat und Rot-Rot das Land Brandenburg regiert.

(Beifall DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, ich fange gern noch einmal ganz von vorn an. Auch wenn es möglicherweise nicht in Ihr politisches Konzept passt und in diesem Begründungszusammenhang schon gar nicht: Das Land Brandenburg hat den dritten Leitstern nicht dafür bekommen, dass wir quantitativ die erneuerbaren Energien ausgebaut haben, sondern dafür, dass wir unsere Zielstellung in Industrie- und Technologiepolitik umgesetzt haben - das ist ein wesentlicher Unterschied. Insofern ist der Vorwurf, dass die Energiestrategie 2030 nicht zeitkonform sei, schlicht und ergreifend falsch. Ich würde Sie darum bitten, dass Sie einfach einmal mit den Fachverbänden, einschließlich der Unternehmen, der Netzbetreiber, der Speicherfirmen, eine Diskussion führen, damit Sie endlich einmal aufhören, einen Sachverhalt darzustellen, der schlicht und ergreifend falsch ist und Unsicherheit produziert.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Meine Damen und Herren, Sie waren an der Regierung, als es zu der Unterschätzung der Regionalen Planungsgemeinschaften kam. Wir haben sie aufgewertet, wir setzen gemeinsam mit ihnen eine Energiekonzeption um.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein. - Sie stellen die Bundesregierung, und Sie verhindern seit Jahren eine Diskussion, die die rot-rote Landesregierung unmittelbar nach der Energiewende miteingeleitet hat. Wir standen an dieser Stelle und haben gesagt: Die Energiewende ist nicht zum Nulltarif zu haben. Wir haben gesagt, dass die Kosten für private Verbraucher um etwa 200 Euro und für den mittelständischen Bereich um 10 bis 15 % steigen werden. Wir

haben gesagt, dass wir neben den technologischen Konzepten auch ein Gesamtfinanzierungskonzept für die Energiewende brauchen - und zwar für Strom und Wärme -, um Akzeptanz zu erzeugen und auf einen neuen Entwicklungspfad einzuschwenken.

Wenn Sie hier öffentlich erklären, dass die Energiestrategie 2030 der Grund dafür ist, dass Brandenburg höhere Strompreise hat, dann sage ich Ihnen: Das ist falsch, das ist unwahr, und das wissen Sie!

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Wir haben von Anfang an gesagt - damals bestand in dieser Frage noch Einigkeit zwischen allen Fraktionen -, dass die bundesweite Wälzung der Netzausbaukosten einer der zentralen Punkte ist, um einen industrie- und sozialstrukturellen Nachteil des Ostens und des Nordens Deutschlands auszugleichen. Dass es insoweit eine Blockade gibt, ist nicht Brandenburg geschuldet, sondern auch durch das Nichthandeln der Bundesregierung bedingt. Auf diesem Wege wäre jedenfalls sehr schnell eine Entlastung möglich.

Meine Damen und Herren, schauen Sie sich die Realität an: Sie wissen genau, dass wir gegenwärtig auch mit Untersagungsverfügungen zu verhindern versuchen, dass es zu einem Wildwuchs entsprechender Anlagen im Land Brandenburg kommt. Es kann ja sein, dass Sie das alles nicht wahrnehmen. Ich sage Ihnen nur eines: Sie können in noch so vielen Foren sitzen - die energiepolitische Realität im Land Brandenburg wird von den Akteuren anders wahrgenommen. Dafür bin ich ausgesprochen dankbar.

Hinzufügen will ich, dass wir mit allen Beteiligten im Gespräch sind, sowohl mit den Bürgerinitiativen als auch mit den Unternehmen. Wir werden eine Initiative zur Förderung industrieller Großspeicher ab 2014 starten. Damit hätten wir ein zentrales Steuerungsinstrument zur Unterstützung der Energiewende. Das war übrigens auch hier schon mehrfach Thema. Die Bundesregierung lehnt das ab! Sie möchte den Schwerpunkt auf die Speicherung bei Einfamilienhäusern legen. Ich sage Ihnen: Damit werden wir die Energiewende nicht schaffen, weil die Systemintegration - das Kernstück der Energiestrategie 2030 - nur mit industriellen Großspeichersystemen umzusetzen ist.

Ich betone: Auch wenn es nicht in Ihren politischen Kanon passt, werden wir den Weg der Systemintegration und der Konvergenz, also des Zusammenführens von Wärme und Strom, weiter gehen. Das, was wir leisten können, werden wir leisten, insbesondere im Interesse von Versorgungssicherheit, Preisstabilität und Akzeptanz der Energiewende.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Meine Damen und Herren, zurück zum Gegenstand der Aktuellen Stunde: Diese ist vor dem Hintergrund der laufenden Bund-Länder-Gespräche mit dem Ziel einer „Strompreisbremse“ beantragt worden. Wir alle hier sind doch keine politischen Neulinge. Jedem ist klar, dass die gegenwärtige Debatte über die Höhe der Strompreise wesentlich die Akzeptanz der Energiewende bestimmt. Vor diesem Hintergrund wurde eine Einladung zu Bund-Länder-Gesprächen ausgesprochen, die darauf abzielen, schnell Möglichkeiten zu prüfen, um zumindest vor

übergehend eine Kostendämpfung zu erreichen. Aus ihrer politischen Verantwortung heraus haben sich die Länder damit einverstanden erklärt.

Um Ihnen die Voraussetzungen für diese Gespräche zu verdeutlichen, nur so viel: Die Ländervertreter hatten um 09.11 Uhr das angeblich so intensiv abgestimmte Papier der Herren Altmaier und Rösler bekommen, und schon um 10 Uhr begann die Beratung. Sie können sich vorstellen, mit welcher Qualität solche Gespräche von der Bundesseite vorbereitet worden waren.

Wir haben die Gespräche dennoch geführt, weil wir gemeinsam in der Verantwortung stehen, Strom- und Energiepreise dort zu dämpfen, wo es möglich ist, und selbstverständlich auch die Akzeptanzdebatte mit der Bevölkerung weiterzuführen. Frau Tack und ich haben für das Land Brandenburg an den Gesprächen teilgenommen. Dabei haben wir unsere Konditionen sehr deutlich gemacht.

Klar ist: Wir brauchen keine Regelungen, die eine langfristige Überarbeitung bzw. Weiterentwicklung des EEG verhindern.

Zweitens. Wir brauchen industrie- und sozialpolitische Sicherheit und zu diesem Zweck eine Rahmensetzung, die nicht ständig verändert wird. Wir haben zusammen mit anderen Ländern übrigens war auch Hessen auf unserer Seite - durchgesetzt, dass nicht nur über die Vorschläge der Kollegen Altmaier und Rösler gesprochen wird, sondern dass die Länder eigene Vorschläge in die Diskussion einbringen können. Insofern sehe ich dem nächsten Gespräch, das am 19. März stattfinden wird, mit Spannung entgegen.

Unsere Vorschläge haben wir im Landtag bereits mehrfach erläutert. Wir wollen über eine einjährige Aussetzung der Mehrwertsteuer oder der Stromsteuer sofort eine Kostendämpfung erreichen und innerhalb dieses einen Jahres die Fragen eines Finanzierungskonzeptes, eines Technologiekonzeptes und eines Akzeptanzkonzeptes tatsächlich klären.

Zum Finanzierungskonzept: Sie erwähnten den Merit-OrderEffekt im Bereich der Braunkohle. Wissen Sie, warum es so weit gekommen ist? Wir haben im Landtag mehrere Debatten darüber geführt, dass die Problematik der Kapazitätsmärkte endlich entschieden werden muss, damit wir überhaupt in die Lage versetzt werden, den Zusammenhang von fossilen Kraftwerken und erneuerbaren Energien auszugestalten. Diese Diskussion wird seit zwei Jahren erfolglos geführt.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, Sie stellen die Bundesregierung. Werden Sie doch endlich tätig! Nehmen Sie die Forderung der Länder auf und setzen Sie sie um, damit wir in die Lage versetzt werden, die Energiewende tatsächlich auszugestalten.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Was haben wir als Forderungskatalog eingebracht? Notwendig sind stabile Rahmenbedingungen. Es dürfen keine Entscheidungen getroffen werden, die die Weiterentwicklung des EEG grundsätzlich behindern. Wir wollen über die Absenkung von Steuersätzen sehr schnell eine Strompreisbremse erreichen. Wir sind bereit, uns über Vorschläge zu verständigen.

Nebenbei bemerkt: Ein rückwirkender Eingriff in bestehende Vergütungssysteme wird von uns strikt abgelehnt. Wir hatten

so etwas schon einmal; ich erinnere an die industrie- und finanzpolitische Unsicherheit, die sich aus dieser Entscheidung ergab. Das ist erst ein paar Monate her. Man sollte den Fehler nicht zum zweiten Mal machen.

Wir sind bereit, über Ausnahmeregelungen für energieintensive Unternehmen zu sprechen. Allerdings gilt auch dafür: Wir werden das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, sondern die Regelungen auf ein vernünftiges Maß begrenzen, um auch für die mittelständische Wirtschaft in ihrer Breite eine tragbare Situation zu schaffen.

Wir sind selbstverständlich bereit, über solche Sachverhalte wie bestimmte Boni-Regelungen zu reden. Insoweit findet gegenwärtig eine Überförderung statt, und es könnten schnell Möglichkeiten geschaffen werden, auf die Preisbremse zu treten.

Das Land Brandenburg engagiert sich intensiv für ein energiepolitisches Zielviereck mit den Eckpunkten Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit, Preisstabilität und Akzeptanz. Wir haben sicherlich das gemeinsame Ziel der Umsetzung der Energiewende. Ich wäre Ihnen ausgesprochen dankbar, wenn wir auch hinsichtlich des genannten Zielvierecks ein Maximum an politischer Übereinstimmung erreichen könnten. Die Energiewende wird letztlich zu einem der Technologietreiber in Deutschland werden, aber nur dann, wenn wir den ordnungspolitischen und den strukturpolitischen Rahmen so ausgestalten, dass ein für alle Beteiligten akzeptables Ergebnis erreicht wird. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Kollege Bretz hat eine Kurzintervention angemeldet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister Christoffers, ich möchte deutlich machen, dass Brandenburg bei den Energiepreisen im Industriestrombereich den Spitzenplatz einnimmt. Das ist Fakt. Ich möchte deutlich machen, dass Brandenburg beim Strompreis für Privatverbraucher den Spitzenplatz einnimmt. Ich möchte auch deutlich machen, dass Ihre Energiestrategie 2030 eine Strategie des quantitativen Ausbaus ist. Das erkennt man schon daran, dass Sie sich zum Ziel gesetzt haben, 2 % der Landesfläche mit Windkraftanlagen zuzubauen.

(Lebhafte Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Systemintegrative Ansätze können Sie nicht vorweisen. Sie haben, abgesehen von Pilotprojekten, keine sinnvolle Antwort auf die Herausforderungen neuer Speichertechnologien und der Energieverteilung. Das ist Fakt. Niemand in der Bundesrepublik Deutschland hat verordnet, dass Brandenburg energiepolitisch dort steht, wo es gegenwärtig steht.

Der Gipfelpunkt an Dreistigkeit wurde erreicht, als Sie, nachdem die Bundesregierung vorgeschlagen hatte, die EEG-Umlage für den Fotovoltaikbereich zu kürzen, in diesem Hause einen Klamauk veranstalteten und behaupteten, die Bundesregierung habe eine Fehleinschätzung vorgenommen.

(Beifall CDU und FDP)

Die Bundesregierung wollte mit ihrem Vorschlag zur Fotovoltaik die sozialpolitisch richtige Antwort geben; Sie aber haben sie bekämpft. Sie dürfen sich nicht immer die Rosinen herauspicken, sondern Sie müssen auch einmal Wort und Kurs halten. Beides sehen wir bei dieser Landesregierung in keiner Weise. Reden Sie sich nicht heraus! Sie tragen die administrative Verantwortung für diesen Bereich und können sich nicht dauernd mit Verweis auf den Bund aus der Verantwortung stehlen. Das funktioniert nicht. - Vielen Dank.