Besonders bei den Linken verstehe ich es nicht. Sie sind nun einmal in Brandenburg als einzigem Bundesland in der Regierung. Sie haben nur hier die Möglichkeit, über eine Bundesratsinitiative etwas im Bundesrat anzustoßen. Deshalb müssen Sie diese Gelegenheit wahrnehmen. Wie gesagt, es sind die Regierungskoalitionen, die sich hier bewegen müssen, in Brandenburg und im Bundesrat. Deshalb hoffe ich, dass Sie diese Verantwortung hier endlich einmal übernehmen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Das Wort erhält jetzt die Landesregierung. Herr Minister Vogelsänger, bitte.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Heute sind ein Antrag der CDU und das Ergebnis des Volksbegehrens in der Beratung miteinander verbunden. Das Volksbegehren soll in den Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft überwiesen und dort beraten werden. In diese Beratung wird mit Sicherheit die Stellungnahme der Landesregierung einfließen, die nach den gesetzlichen Vorschriften zu erfolgen hat. Ich begrüße diesen Weg. Er öffnet uns die Möglichkeit, alle mit dem Flughafen BER zur Nachtzeit verbundenen Probleme noch einmal intensiv und sachorientiert zu beraten.
Über 100 000 Stimmen pro Volksbegehren - rund 5 % der Berechtigten in Brandenburg - sind zwar keine Mehrheit, aber doch eine erhebliche Zahl, die man als politisch Verantwortlicher ernst nehmen muss. Das will die Landesregierung. Dieses Ernstnehmen heißt, zunächst eine unvoreingenommene Prüfung der offenen Fragen, vor allem auch der rechtlichen Aspekte, vorzunehmen, zum Beispiel:
Welches sind die Konsequenzen einer Änderung des Landesentwicklungsvertrages oder des Landesentwicklungsprogramms? Welche Rechtswirkung hat das eigentlich? Wie verhält es sich mit der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses nach der Bestätigung durch das Bundesverwaltungsgericht? Was können die Länder Berlin und Brandenburg gemeinsam - aber abgesichert - bewirken? Wollen wir wirklich weitere Flugplätze mit deutlich mehr Verkehr und Lärm an anderen Stellen des Landes? Haben die Bürger das wirklich gewollt? Welche Möglichkeiten - mit welchen Erfolgsaussichten - gibt es, effektiv etwas zur Verbesserung der Nachtruhe für die Bürger zu erreichen?
Dies alles muss im Ausschuss umfassend erörtert werden. Ich erinnere hier nur an die entsprechenden Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes des Landtags. Diese werden Sie mit Sicherheit entsprechend einbeziehen.
Der Antrag der CDU wird diesem Versuch, zu einer sachlichen Debatte beizutragen, in keiner Weise gerecht. Er nimmt das Ergebnis der Beratung vorweg und ist so nicht fundiert. Und glaubwürdig ist die Position der CDU auch nicht.
Denn sie hat sich in der Vergangenheit für die Nutzung der Nachtzeiten stark gemacht. In Regierungsverantwortung sieht das ganz anders aus.
„Unser ursprüngliches Ziel war ein 24-Stunden-Flugbetrieb. In den vorgegebenen Randflugzeiten sehe ich noch Gestaltungsräume. Diese müssen so weit wie möglich genutzt werden.“
So sieht es aus, wenn die CDU in Regierungsverantwortung ist. So viel zu ihrer Glaubwürdigkeit und ihrer hier vorgetragenen Position zum Nachtflugverbot.
Ich wünsche uns allen eine sachorientierte Debatte. Die Abgeordneten haben eine sehr schwierige Entscheidung zu treffen. Ich hoffe, dass mein Haus und ich persönlich Ihnen behilflich sein können. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Minister Vogelsänger. - Das Wort erhält noch einmal die CDU-Fraktion. Herr Abgeordneter Genilke, bitte.
(Schippel [SPD]: So lange ist das mit Junghanns noch nicht her! - Weiterer Zuruf von der SPD: Schon vergessen!)
- Wenn Sie sich über Herrn Junghanns unterhalten wollen, können Sie das tun; aber ich glaube, das ist nicht Gegenstand der heutigen Debatte.
- Nein, wir haben ihn nicht ausgeschlossen. Aber Ihr „Ausgeschlossener“ ist heute auch nicht hier, Herr Schippel. Von daher passt es, nicht wahr?
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich muss einiges klarstellen. Es wurde davon gesprochen, dass wir
schauen sollten, ob wir Optimierungsverfahren entwickeln können, gerade was Anflüge usw. angeht. Obwohl es dafür sicherlich Möglichkeiten gibt, glaube ich, dass wir uns bei aller Herrlichkeit nicht zu viel davon erhoffen sollten. Nichts von dem, was wir an Optimierung schon „herauskitzeln“ konnten, ist einem Nachtflugverbot gleichzusetzen. Das heißt im Umkehrschluss: Alle Optimierungsversuche werden nichts bringen, wenn wir uns die Randzeiten nicht noch einmal anschauen.
Ich glaube auch nicht, dass die Zeiten „unehrlich“ sind, sondern ich habe versucht, sie zu begründen. Insbesondere kann man auf den derzeitigen tatsächlichen Flugverkehr in BerlinTegel verweisen. Man muss doch zur Kenntnis nehmen, dass dort zwischen 23 Uhr und 6 Uhr so gut wie gar nicht geflogen wird. Ich glaube, dass wir Synergieeffekte allein dadurch erzielen, dass wir einen neuen Flughafen haben. Wenn man auf den Rollwegen Optimierungen erreichen kann, nimmt man schon eine ganze Menge Druck heraus. Aber man muss aufzeigen, dass es auch anders geht. Das hat nichts mit Vorwegnahme zu tun, sondern das hat etwas mit politischem Führen zu tun.
Wie die Initiatoren mit den einzelnen Vorschlägen umgehen, ist ihnen freigestellt. Wenn sie bereit sind, auf einige Anregungen einzugehen, braucht es zu diesem Volksentscheid unter Umständen gar nicht zu kommen. Aber es steht uns nicht an, darüber zu entscheiden; das müssen die Initiatoren selbst tun. Wir haben mit den Herren am Montag zusammengesessen, und ich weiß, dass sie verantwortungsvoll entscheiden werden.
Hätte Herr Vogel mich in seiner Intervention darauf angesprochen, wäre ich darauf zurückgekommen; ich hatte es mir aufgeschrieben. Natürlich kann man einen Vorschlag machen, wie Sie ihn unterbreitet haben; das ist aus Ihrer Sicht richtig und sinnvoll. Sie meinen, man könne und müsse das über den Bundesrat lösen. Für meine Fraktion kommt das nicht infrage. Ich glaube, dass man ein bundeseinheitliches Nachtflugverbot nicht durchsetzen sollte. Der Grund ist einfach: Diejenigen, die Flughäfen vernünftig geplant haben, sollen nicht darunter zu leiden haben, dass man hier aufgrund von Fehlplanungen und einer nicht richtigen...
(Frau Lehmann [SPD]: Eine Frechheit! - Holzschuher [SPD]: Und das aus dem Munde eines Politikers der CDU, die die Hauptverantwortung für den Standort Schö- nefeld trägt!)
- Ja, ja. - Wenn hier 80 % der Häuser nicht nach den Kriterien des Planfeststellungsbeschlusses geschützt werden können, dann muss das Ganze eine andere Beurteilung erfahren. Dann reicht es nicht, ein bundeseinheitliches Nachtflugverbot zu fordern. Sie haben jetzt im Bundesrat die Mehrheit. Starten Sie eine Initiative! Wir werden sehen, was dabei herauskommt. Wir lassen wir uns gern von den Folgen überraschen, zu denen Sie uns heute aber noch nicht viel sagen konnten. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Genilke. - Es gibt das Bedürfnis nach einer Kurzintervention. Zu dieser erhält Frau Abgeordnete Wehlan Gelegenheit.
Herr Genilke, ich möchte noch einmal deutlich sagen, dass ich Ihrer Auffassung widerspreche, Sie seien sozusagen „Verfahrensbevollmächtigter“ für die Suche nach einem Kompromiss. Insofern ist Ihr Antrag heute abzulehnen.
Dann noch etwas zum Inhalt: Verehrte Grünen, in Ihrem Entschließungsantrag widersprechen Sie dem Antrag der CDUFraktion mit seinen zwei Punkten in der Sache nicht. Ihnen geht es um ein konsequentes Nachtflugverbot, aber zu dem Punkt „kapazitive Entwicklung und Wirtschaftlichkeit des Flughafens“ verhalten Sie sich in Ihrem Entschließungsantrag nicht. Sie haben einen völlig anderen Aspekt zum Anlass genommen, um Rot-Rot vorzuführen. Es kann nicht sein, Herr Vogel, dass Sie in dieser Art und Weise, die an dieser Stelle wirklich nicht sachgerecht ist, versuchen, die Meinungsbildung zu beeinflussen.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Wehlan. - Herr Abgeordneter Genilke erhält die Gelegenheit, darauf zu reagieren. - Das wird nicht gewünscht.
Damit kommen wir zur Abstimmung. Ich bitte alle Abgeordneten, sich zu konzentrieren; wir haben ein nicht ganz einfaches Abstimmungsprozedere vor uns.
Ich stelle den Antrag der CDU-Fraktion auf Überweisung des Antrags in der Drucksache 5/6686, Akzeptanz für den Flughafen Willy Brandt durch Nachtruhekompromiss (erhöhen), an den Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft zur Abstimmung. Wer diesem Überweisungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? -
(Die Mitglieder der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN signalisieren Ablehnung - Heiterkeit - Frau Stark [SPD]: Wollen Sie Ihren eigenen Antrag ablehnen? - Vo- gel [GRÜNE/B90]: Wir wollten euch Gelegenheit zur Abstimmung geben!)
Wer enthält sich der Stimme? - Bei einer Stimmenthaltung ist diesem Überweisungsantrag mehrheitlich Folge geleistet wor
Wir stimmen jetzt über den folgenden Sachverhalt ab: Beauftragung des fachlich zuständigen Ausschusses, dem Landtag eine Beschlussempfehlung zu unterbreiten. Für den Fall, dass der Fachausschuss keine unveränderte Annahme des Volksbegehrens empfiehlt, wird ebenso um die Vorlage des Entwurfs einer Stellungnahme des Landtages im Sinne des § 36 Abs. 2 Volksabstimmungsgesetz gebeten. - Die Parlamentarischen Geschäftsführer empfehlen die Überweisung des Volksbegehrens „Für eine Änderung des § 19 Abs. 11 des Landesentwicklungsprogrammes zur Durchsetzung eines landesplanerischen Nachtflugverbotes am Flughafen Berlin Brandenburg International (BER)!“ an den Ausschuss für Infrastruktur und Landwirtschaft. Wer dieser Überweisung, wie von den Parlamentarischen Geschäftsführern gewünscht, Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Beides sehe ich nicht. Damit ist das Anliegen des Volksbegehrens einstimmig an den zuständigen Ausschuss überwiesen worden.
Ausatmen und wieder einatmen! - Ich schließe Tagesordnungspunkt 10 und wünsche dem Ausschuss eine glückliche Hand bei der Behandlung des Volksbegehrens.