Protocol of the Session on January 14, 2013

Meine Damen und Herren! Ich bin zutiefst überzeugt: Ohne diesen modernen Flughafen im Herzen Europas werden es die deutsche Hauptstadtregion, vor allem aber das Land Brandenburg schwer haben, als attraktive und wettbewerbsfähige Region auf der europäischen Landkarte ihren Platz zu finden und zu behaupten. Übrigens wissen das auch die Wählerinnen und Wähler der CDU, der Grünen und der FDP sehr gut. Sie wollen den Flughafen nämlich nutzen, und sie können auch seine Bedeutung sehr gut einschätzen.

(Vogel [GRÜNE/B90]: Wir auch!)

Sie sind da sehr viel klarer orientiert als manche Bundes- und Landespolitiker der genannten Parteien, die sich derzeit in billiger Polemik ergehen. Das hilft uns nicht weiter.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Aus der Sicht des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft ist nach wie vor klar: Der Flughafen kann nur voll funktionsfähig ans Netz gehen, erst recht, wenn es um Fragen der Sicherheit geht, von denen Menschenleben abhängen. Ich will an dieser Stelle ohne Umschweife sagen: Das Landratsamt Dahme-Spreewald handelt in diesen Fragen konsequent und richtig. Kein Mitarbeiter, keine Mitarbeiterin muss sich hier verbiegen. Landrat Stephan Loge und seine Mitarbeiter leisten hervorragende Arbeit, das will ich hier ganz klar betonen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der klare Arbeitsauftrag an Technikchef Horst Amann im August 2012 lautete, vorhandene Missstände schonungslos aufzuklären. Es ist also ausdrücklich sein Job, den Finger in die Wunden zu legen, und genau das hat er getan. Dadurch haben sich

nicht nur Probleme beim Brandschutz bestätigt, sondern es sind weitere Mängel zutage getreten. Diese Mängel sind nicht in den letzten Monaten entstanden, sondern deutlich früher.

Der Auftrag, die gesamte Substanz des Flughafens auf Herz und Nieren zu prüfen, hat Missstände zutage treten lassen, die sonst vielleicht unentdeckt geblieben wären. Mögliche Schadensersatzansprüche werden umgehend geprüft und müssen gegebenenfalls durchgesetzt werden. Auch das gehört dazu. Sollten am Bau Beteiligte ihre Arbeit nicht, nicht vollständig oder fehlerhaft gemacht haben, so müssen sie dafür auch geradestehen.

(Zuruf CDU: Sie auch!)

Auch wenn jeder gefundene Mangel wehtut - diese rigorose Aufklärung ist absolut notwendig, damit wir einen funktionstüchtigen und durchweg soliden Flughafen in Betrieb nehmen können.

Eines bleibt festzuhalten: Primärer Grund für die abermalige Verschiebung der Eröffnung ist und bleibt der Brandschutz. Die Entrauchungsanlage - so, wie sie konzipiert ist - ist nicht funktionstüchtig und damit derzeit auch nicht genehmigungsfähig. Allerdings schien aufgrund externer Prüfergebnisse zunächst eine realistische Chance zu bestehen, durch Modifikation an der Anlage hohe Umbaukosten zu vermeiden. Der Aufsichtsrat hat nach Abwägung aller seinerzeit zur Verfügung stehenden Informationen diese Option mitgetragen.

Im Nachhinein müssen wir klipp und klar sagen: Unsere Einschätzungen nach damaligem bestem Wissen haben sich nicht bewahrheitet. Somit waren unsere Ambitionen hinsichtlich des angepeilten neuen Eröffnungstermins am 27. Oktober dieses Jahres zu hoch.

In den letzten Wochen und Monaten wurde viel über die Funktion und über die Aufgaben eines Aufsichtsrates sowie über die Eigenschaften, die seine Mitglieder mitbringen sollten, gesprochen. Dass dies unterschiedlich gehandhabt wird, konnte man gestern Abend in einer Fernsehsendung über ein gelobtes Projekt in London hören. Dort wurde gesagt, der Aufsichtsrat sei nur einmal im Jahr über das informiert worden, was getan wurde. Demnach gibt es sehr große Unterschiede in der Herangehensweise.

(Frau Schier [CDU]: Da hat es auch funktioniert! - Genil- ke [CDU]: König von England!)

Diese Diskussion ist jedoch legitim; denn kritische Fragen zu stellen gehört zu den Aufgaben der Medien und auch der Opposition.

(Senftleben [CDU]: Danke!)

Meine Damen und Herren, Sie dürfen mir glauben, auch ich selbst habe mir diese Fragen klar und deutlich gestellt und bin zu dem Entschluss gekommen, nicht weniger, sondern mehr Verantwortung wahrzunehmen. Sie wissen, das Projekt des Flughafens Berlin Brandenburg - dies geht sicherlich nicht nur mir so - liegt mir persönlich am Herzen. Deshalb schmerzt mich diese aktuelle Situation außerordentlich.

Ich sage deutlich und klar: Ein Ministerpräsident hat seinem Land und den Bürgern gerade dann zu dienen, wenn die Zeiten

schwierig werden. Alles andere wäre mit meinem Amtsverständnis nicht vereinbar, und deshalb werde ich das auch tun.

(Beifall SPD, DIE LINKE und von Minister Dr. Markov)

Ich sage genauso deutlich: Es gibt zweifellos etliches wiedergutzumachen. Als Vorsitzender des Aufsichtsrates will ich genau das mit vollem Einsatz tun. Dabei ist mir ein übergeordnetes Anliegen besonders wichtig: Ich werde die Geschäftsführung, die dann in Teilen neu sein wird, energisch dabei unterstützen, dass unter den Beschäftigten des Unternehmens wieder ein Klima des Vertrauens wächst. Das gibt es derzeit eindeutig nicht. Daran hat es in der Vergangenheit gemangelt, was auch Grund für manche ungute Entwicklung war.

Das, was wir gemeinsam hinbekommen wollen, wird uns nur in einem Betriebsklima gelingen, in dem Kooperation, gegenseitiger Respekt, fairer Umgang miteinander selbstverständlich sind und ein Geist des gemeinsamen Anpackens herrscht. Ich will so schnell wie möglich erreichen, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Berliner Flughäfen wieder mit Stolz auf ihr Unternehmen blicken und mit Freude zur Arbeit kommen. Wir ziehen alle am selben Strang, und zwar in dieselbe Richtung - das muss ab sofort das Motto beim Bau des Flughafens BER werden, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD, DIE LINKE und von Minister Dr. Markov)

Dieser Geist des gemeinsamen Zupackens muss alle Beteiligten erfassen - die vielen am Bau unseres neuen Flughafens beteiligten Unternehmen sowie die drei Anteilseigner.

In diesem Zusammenhang möchte ich in Erinnerung rufen, dass der Bund bzw. die Bundesregierung ebenso in der Verantwortung standen und stehen werden wie die Länder Berlin und Brandenburg. Das ist manchmal aus dem Blick geraten, meine Damen und Herren.

(Beifall SPD, DIE LINKE sowie von der Regierungsbank)

Deutsche Ingenieurskunst ist zu Recht in der ganzen Welt berühmt und hochgeachtet. In diesem Sinne stehen auch die Unternehmen in der Pflicht. Ob Handwerksbetrieb oder Weltkonzern nur, wenn jetzt alle zusammenrücken, werden wir diesen Karren wieder flottbekommen. Die kontinuierliche Arbeit an diesem neuen Teamgeist ist, glaube ich, das Wichtigste überhaupt.

Es wird zunächst fünf ganz konkrete Veränderungen geben, die ich bewirken will, sofern sich der Aufsichtsrat am Mittwoch dazu entschließt, dass ich den Vorsitz übernehmen soll.

Die erste Veränderung betrifft den Aufsichtsrat selbst. Der Flughafen, meine Damen und Herren, ist ein Projekt der öffentlichen Hand. Deshalb leuchtet die Idee nicht ein, die Erlösung aus der Misere hänge davon ab, dass ein unabhängiger Wirtschaftsexperte an der Spitze des Aufsichtsrates steht. Der Aufsichtsrat muss abhängig sein, nämlich von den Interessen der Bundesländer Berlin und Brandenburg sowie der Bundesrepublik Deutschland. Das will ich hier klar und deutlich sagen.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Insofern bedarf es einer politisch legitimierten Aufsicht. Ich sehe mich in der Pflicht, diese Aufsicht mit aller notwendigen Umsicht

auszuüben. Zugleich bin ich mir der Unterstützung der beiden Aufsichtsratsmitglieder aus Brandenburg, Helmuth Markov und Ralf Christoffers, absolut gewiss.

Klar ist aber auch, dass der Aufsichtsrat möglichst um weiteren technischen und betriebswirtschaftlichen Sachverstand, also um solche Fachleute verstärkt werden muss, die bereits an solchen oder ähnlichen Projekten mitgewirkt haben. Ich sage „möglichst“, weil wir schon bei den Gesprächen gemerkt haben, dass man nicht gerade ansteht, um ein solches Mandat zu bekommen. Nach Übernahme des Amtes werde ich als Vorsitzender gemeinsam mit Berlin und dem Bund zügig einen Vorschlag unterbreiten, wie wir den Aufsichtsrat um diesen Sachverstand ergänzen können.

Der zweite Punkt, den ich als Vorsitzender ändern werde, betrifft die Struktur der Geschäftsführung. Die Verantwortlichkeiten das haben die vergangenen Monate und Jahre gezeigt - sind nicht klar genug geregelt.

(Burkardt [CDU]: Ach!)

In Zukunft sollen drei Geschäftsführer in einer klaren Hierarchie die Fluggesellschaft leiten.

(Burkardt [CDU]: Aha!)

Anders als bisher wird einer von ihnen als Vorsitzende oder Vorsitzender der Geschäftsführung die Gesamtverantwortung tragen.

(Burkardt [CDU]: Das geht nicht!)

Dabei gehe ich davon aus, dass wir in der Sitzung des Aufsichtsrates am kommenden Mittwoch einen Antrag auf Abberufung von Herrn Schwarz als Geschäftsführer diskutieren werden.

Als dritte wesentliche Änderung will ich eine transparentere Informationspolitik durchsetzen. Dazu gehört es, sowohl Sie als Abgeordnete als auch die Öffentlichkeit regelmäßig und zeitnah über alle Vorgänge zum Flughafenbau zu informieren. Insofern begrüße ich ganz ausdrücklich die Initiative der drei Fraktionen für einen BER-Sonderausschuss.

Zudem werden wir regelmäßig Gespräche mit den Bürgermeistern der betroffenen Kommunen führen und sie in die relevanten Themen einbeziehen,

(Senftleben [CDU]: Was haben Sie denn bisher gemacht?)

wobei ich glaube, in dieser Hinsicht war bislang wahrlich nicht alles schlecht.

(Senftleben [CDU]: Seit zehn Jahren!)

Als Vorsitzender des Aufsichtsrates will ich ferner ein neues Berichtswesen installieren,

(Senftleben [CDU]: Zehn Jahre!)

um einen kontinuierlichen Informationsfluss zu gewährleisten. Aber auch außerhalb der Sitzung des Aufsichtsrates will ich fortlaufend und im Detail über alle relevanten Themen rund um die Inbetriebnahme diskutieren und informieren bzw. infor

miert werden. Deshalb werde ich einen regelmäßigen wöchentlichen Besprechungstermin - voraussichtlich jeden Dienstag nach der Kabinettssitzung - einführen, bei dem ich mit der Geschäftsführung und den Mitgliedern der Landesregierung, die sich mit dem Thema BER befassen, alle bedeutsamen Themen erörtern will.

(Senftleben [CDU]: Das ist toll, ganz toll!)