Protocol of the Session on December 14, 2012

Die brandenburgische Industrie erwirtschaftete im Januar und Februar 2012 einen Umsatz von rund 3,5 Milliarden Euro, 3,1 % mehr als im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres. In der Vergangenheit wurde in Brandenburg eine industriepolitische Strategie erarbeitet, die das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit Brandenburgs stärken soll, das sogenannte Leitbild & Aktionsplan „ProIndustrie“, das im August verabschiedet wurde. Wenn man sich noch einmal mit den einzelnen Punkten beschäftigt, wird man feststellen, dass man schon am ersten Punkt scheitert, nämlich am Punkt Rahmenbedingungen; denn eine der wichtigsten Rahmenbedingungen für eine gute Industriepolitik ist eine gute Infrastruktur. Ihr Leitbild reiht sich in eine Reihe anderer Positionspapiere und Leitbilder im Wirtschaftsministerium ein, die in den Schubladen liegen und auf Umsetzung warten, weil Sie dazu nicht in der Lage sind.

Meine Damen und Herren, ich will noch einen weiteren Punkt ansprechen, der die Menschen in diesem Land umtreibt, die in

nere Sicherheit. - Herr Dr. Scharfenberg scheint auch gerade nicht im Raum zu sein. - Ich bin immer wieder überrascht, welchen Sinneswandel die Linke in Fragen der inneren Sicherheit und beim Stellenabbau bei der Polizei durchgemacht hat. Herr Goetz hat Herrn Dr. Scharfenberg vorgestern bereits mit einem Zitat aus dem Jahr 2007 konfrontiert, als er sich gegen Stellenkürzungen bei der Polizei unter Innenminister Schönbohm ausgesprochen hat. Noch einmal darf ich das Wahlprogramm der Linken zitieren:

„Öffentliche Sicherheit entsteht … schon gar nicht durch radikalen Personalabbau sowie Schließung von Polizeiwachen.“

Richtig, völlig richtig. Da sage ich Ihnen als Polizist: Völlig richtig. Das Problem ist nur, dass Sie nicht das machen, was Sie sagen. Wir erleben in dieser Legislaturperiode unter der Beteiligung der Linken den größten Stellenabbau bei der Polizei in der Geschichte des Landes - von 8 900 auf nun 7 350 Stellen.

(Beifall FDP - Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Wie diese Zahl vor dem Hintergrund der zu geringen Einstellungen erreicht werden soll, bleibt allerdings auch fraglich, Herr Kollege Görke.

Der Wandel, den Sie als Linke durchgemacht haben, ist schon bemerkenswert.

(Schippel [SPD]: Was denkt Ihr, wie es euch gehen würde!)

Ich bin ganz sicher, Herr Kollege Görke, dass die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes das auch merken werden.

Meine Damen und Herren, viel ist dieses Jahr über den BER gesprochen worden. Lassen Sie mich noch einige Bemerkungen zum BER machen.

Als erste Bemerkung möchte ich meinen Dank an diejenigen aussprechen, die dafür gesorgt haben, dass es zum ersten Mal in der Geschichte dieses Landes ein erfolgreiches Volksbegehren gegeben hat, und zwar das zum Nachtflugverbot am BER.

Für mich persönlich halte ich fest: Ich bin gegen ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr. Ich kann verstehen, wenn man das anders sieht, aber für mich überwiegen die wirtschaftlichen Nachteile. Dies werde ich auch denjenigen gegenüber vertreten, die sich für ein Nachtflugverbot eingesetzt haben.

Nun sollen auch alle Brandenburgerinnen und Brandenburger entscheiden. Direkte Demokratie bedeutet eben auch, Verantwortung zu übernehmen; und die Einwohner dieses Landes können das. Ich werde selbstverständlich jedes Ergebnis respektieren. Was aber nicht funktioniert, meine Damen und Herren, ist das Verhalten von SPD und DIE LINKE, einerseits hier in Brandenburg ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr abzulehnen und andererseits dann dem Bund zu sagen, er möge sich bitte kümmern und ein Nachtflugverbot durchsetzen.

(Beifall FDP, GRÜNE/B90 und vereinzelt CDU)

Ich bleibe bei meiner Meinung: Ein Nachtflugverbot würde zu einem immensen Schaden an der Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes führen. Deswegen kann man dagegen sein,

(Zuruf der Abgeordneten Wöllert [DIE LINKE])

man kann auch dafür sein, wenn man sagt, die Interessen der vom Fluglärm Betroffenen wiegen mehr als die wirtschaftlichen Interessen des Landes. Aber diese Spagatposition hier hinzulegen, das ist schon unverschämt. Erklären Sie doch hier, ob Sie für ein Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr sind, oder dagegen. Aber verkaufen Sie die Leute nicht für dumm, indem Sie die Verantwortung auf andere abschieben wollen.

(Beifall FDP, GRÜNE/B90 und vereinzelt CDU)

Eine weitere Bemerkung zum BER: Wir erleben eine Geschäftsführung, die mit Herrn Schwarz an ihrer Spitze nicht in der Lage ist, die Flughafengesellschaft zu führen. Hier sind dringend personelle Konsequenzen erforderlich. Herr Schwarz muss als Geschäftsführer des BER abgelöst werden, und ich erwarte von dieser Landesregierung, dem Gesellschafter Brandenburg, dass Sie diesen Antrag in die Gesellschafterversammlung einbringen, meine Damen und Herren.

(Beifall FDP, GRÜNE/B90 und vereinzelt CDU)

Die Vorziehung der Mittel aus dem Jahr 2015 in das Jahr 2013 ist ein offenes politisches Manöver, um im Jahr 2014, dem Wahljahr, keinen Nachtragshaushalt vorlegen zu müssen, und kann deshalb unsere Zustimmung nicht finden.

Wir sind gespannt, und das nicht in einem freudigen Sinne, welche Überraschungen der BER, die Geschäftsführung und der Aufsichtsrat noch zu bieten haben. Ihre Informationspraxis, Herr Ministerpräsident, ist in den letzten Wochen noch einmal schlechter geworden. Ich kann Ihnen nur dringend empfehlen, das Parlament umfassend und offen über die Vorgänge am BER zu informieren. Ich halte diesen Flughafen für wirtschaftlich notwendig. Und es ist im Interesse des Landes, dass dieser Flughafen so schnell wie möglich in Betrieb geht. Jede weitere Verzögerung ist nicht akzeptabel. Deswegen bitte ich Sie, Herr Ministerpräsident, gerade vor dem Hintergrund der Äußerungen Ihres Kollegen, des Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit, heute Morgen, hier heute zu erklären, welche neuen Informationen es zum Eröffnungstermin des BER gibt. Ich möchte auch vom brandenburgischen Ministerpräsidenten hier informiert werden, wie die aktuelle Situation ist, und nicht über Inforadio oder welche Radiosender auch immer von Herrn Wowereit erfahren, dass der nächste Eröffnungstermin in Gefahr ist. Das müssen Sie hier erklären.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90 - Dombrowski [CDU]: Macht er doch gleich!)

Meine Damen und Herren, der von Ihnen vorgelegte Doppelhaushalt ist in keiner Weise auf stabile Füße gestellt. Sie verschieben die Finanzierungsprobleme in die nächste Legislaturperiode, und Sie haben keine Ahnung, wie Sie die absinkenden Mittel in den nächsten Jahren kompensieren sollen. Das ist keine vorausschauende Finanzpolitik. Ihr Haus ist auf Sand gebaut, und die nächste konjunkturelle Welle wird dieses Haus wegspülen. Dieser Haushalt ist deshalb auch in keiner Weise zustimmungsfähig, da er den falschen Ansatz, einen nachsor

gend kompensatorischen Ansatz, wählt. Wir als Liberale setzen auf einen innovativen Staat, auf einen Staat, der seine Bürger nicht gängelt, der ihnen Chancen für ihr Leben eröffnet. Wir setzen auf einen Haushalt, der den zukünftigen Generationen Gestaltungsspielräume lässt und nicht die Schuldentilgung einfach auf die nächste Generation verschiebt. Dieser Haushalt ist unehrlich und das Ergebnis einer unsoliden Finanzpolitik. Deswegen können wir diesem Haushalt nicht zustimmen. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büttner. - Wir kommen nunmehr zum Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Herr Abgeordneter Vogel hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Abschluss unserer Haushaltsberatungen findet zu einem Zeitpunkt statt, an dem die Verhandlungen zum Schutz des weltweiten Klimas in Doha als gescheitert gewertet werden müssen. Industrienationen und die ihnen nacheifernden Schwellenländer waren zu keinerlei Zugeständnissen bereit, die ihre Art zu wirtschaften in irgendeiner Art gefährden könnten. Lieber nimmt man die Folgen eines sich beschleunigenden Klimawandels von Dürren bis Überschwemmungen in Kauf.

Solidarität ist die Sache der meisten Nationen nicht. Dieses Mal aber hat nicht einmal das eigene Interesse an einer Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 2 Grad Celsius gereicht, um über den eigenen Schatten zu springen.

Das Bestehen unseres Nachbarlandes Polen auf vermeintlichen Verschmutzungsrechten findet dabei sein Vorbild in dem seit Jahren andauernden rücksichtslosen Einsatz unserer Landesregierung für eine möglichst schnelle Verstromung der Lausitzer Braunkohlevorräte. Doch das Motto „Nach uns die Sintflut!“, das Ausblenden langfristiger Folgen gegenwärtigen Handelns, Selbsttäuschung als Prinzip findet man nicht nur in der Energie- und Klimapolitik, und damit sind wir mittendrin im heutigen Thema, in der Diskussion des Doppelhaushalts 2013/2014.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer Geld verteilen will, der sollte erst einmal über Einnahmen verfügen. Diese einfache Wahrheit ist in den meisten Staatshaushalten außer Kraft gesetzt, und 21 Jahre nach seiner Gründung unterscheidet sich Brandenburg da wenig von den anderen Bundesländern.

Inzwischen beträgt die Verschuldung unseres Landes am Kapitalmarkt rund 18 Milliarden Euro. Hinzu kommen rund 20 Milliarden Euro Pensionsverpflichtungen und rund 8,7 Milliarden Euro Verschuldung der Kommunen.

Den Druck, von diesen Schulden wieder herunterzukommen, verspürt hier niemand angesichts einer historisch einmalig niedrigen Umlaufrendite von 1,1 %. Außerhalb der Vorstellung, dass Schulden auch einmal zurückgezahlt werden müssen, liegen aber offenkundig auch die Folgen eines massiven Anstiegs der Zinssätze, der jederzeit möglich ist. Da allein in Brandenburg jährlich zwischen 3 und 4 Milliarden Euro Alt

schulden in neue Schuldtitel umgetauscht werden müssen, kann eine Zinserhöhung sehr schnell gravierende Folgen für den Landeshaushalt haben. Wir Grüne denken, dass nachhaltige Haushaltspolitik bereits an dieser Stelle einsetzen muss.

Wer generationengerechte Politik betreibt, wer sich und seine Nachkommen nicht den Finanzmärkten ausliefern will, muss dafür sorgen, dass die vom Staat innerhalb eines bestimmten Zeitraums zur Verfügung gestellten Leistungen auch innerhalb dieses Zeitraums durch Einnahmen finanziert werden.

(Beifall GRÜNE/B90)

Deshalb treten wir Bündnisgrünen auch für einen ausgeglichenen Haushalt ein. Es ist nicht hinzunehmen, dass der Finanzminister sich in den letzten Jahren aus eingesparten Kreditzinsen ein Polster von 372 Millionen Euro aufgebaut hat und 2013 dennoch 330 Millionen Euro neue Schulden aufnehmen will.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Fürs Land!)

Auch wir Grünen müssen zur Kenntnis nehmen, dass der Flughafen ein großes Loch in den Haushalt reißt, dass hierfür Mittel aus der Rücklage in Anspruch genommen werden müssen. Dennoch wäre es möglich gewesen, die Nettokreditaufnahme auf 60 Millionen Euro zu begrenzen.

(Görke [DIE LINKE]: Das müssen Sie auch kreditieren!)

Allerdings wurden all unsere Anträge bereits gestern abgelehnt. Wir denken, das ist ein großer Fehler, denn wer sich nur die bereinigten Einnahmen und Ausgaben ansieht, täuscht sich leicht über die wirkliche Finanzsituation des Landes hinweg.

Der Finanzminister erreicht seinen ausgeglichenen Haushalt im Jahr 2014 nur durch die Solidarpaktmittel des Bundes und den Länderfinanzausgleich. Völlig zu Recht weist der Landesrechnungshof darauf hin, dass wir unverändert ein strukturelles Defizit von 1 Milliarde Euro haben, das bis spätestens 2019, den Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Schuldenbremse, abgebaut sein muss. Und allein ein ausgeglichener Haushalt im Jahr 2014 reicht eben nicht zur Erfüllung der Bedingungen der Schuldenbremse.

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, wer die jetzt in den Haushalt eingearbeiteten Zahlen der Herbststeuerschätzung betrachtet, der sieht, dass die Einnahmen und damit die Steuerkraft der Geberländer des Länderfinanzausgleichs weitaus schneller wachsen als hier in Brandenburg, und das bedeutet: Wir werden immer weiter abhängig von anderen Bundesländern.

Die aktuellen Zahlen aus der Novembersteuerschätzung weisen zudem allen Beschwörungen von Herrn Holzschuher zum Trotz darauf hin, dass es mit dem Aufschwung in Brandenburg trotz verbesserter Platzierung in irgendwelchen DynamikRankings nicht weit her ist.

Auch wenn die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Brandenburg 2011 um 1,5 % gewachsen ist, so liegen wir damit hinter dem ostdeutschen Zuwachs von 1,8 %, und unverändert haben wir weniger sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze als noch im Jahr 2006. Die Abnahme der Arbeitslosenquote verdankt sich damit in erster Linie dem demografi

schen Wandel, dem zunehmenden Ausscheiden geburtenstarker Jahrgänge aus dem Erwerbsleben, während gleichzeitig die durch den Wendeknick dezimierten Jahrgänge junger Menschen ins Erwerbsleben nachrücken.

Dieser Effekt wird noch verstärkt von der Abwanderung junger Menschen nach dem Schulabschluss. Unser Glück ist nur, dass wir unverändert Zuzug aus Berlin haben, zumeist von Menschen mit einem guten Einkommen, die ihren Arbeitsplatz mitbringen, die nach Berlin einpendeln. Nur dadurch ist es zu erklären, dass das Durchschnittseinkommen der Brandenburger bei rund 70 % des Einkommens der Westdeutschen und damit leicht über dem ostdeutschen Durchschnittseinkommen liegt.

Auf das gesamte Land bezogen verheißt das allerdings nichts Gutes. Während wir hier über Mindestlöhne von 8 Euro oder 8,50 Euro in der Stunde diskutieren, werden weithin Löhne von über 15 Euro, die zu einer späteren Rente über dem Grundsicherungsniveau führen könnten, nicht mehr erreicht. Mit anderen Worten: Flächendeckend ist bei uns Altersarmut vorprogrammiert, und damit verbunden werden wir nach 2020 auch gravierende Einnahmeausfälle des Staates zu verzeichnen haben. Hier rächt es sich, dass über Jahre hinweg so ziemlich jede Ansiedlung gefördert wurde, ohne dass soziale Kriterien wie Tariftreue oder Mindestlöhne zugrunde gelegt wurden. Im Ergebnis blicken wir auf eine Vielzahl von Sumpfblüten im Niedriglohnbereich - seien es Call-Center, Zeitarbeitsfirmen oder Arbeitsplätze im Reinigungs- oder Sicherheitsgewerbe, Firmen, die sich sofort aus dem Staub machen, wenn anderswo die Voraussetzungen für Lohndrückerei bei gleichzeitiger Ausreichung von Fördermitteln für eine Erhöhung der Gewinnmarge besser sind.

Hier müssen wir nicht nur, hier können wir auch umsteuern, denn aufgrund der immer noch hervorragenden Ausstattung des Landes mit Milliardenbeträgen aus EU-Strukturfonds leiden wir nicht an Geldmangel. Und auch der mit über 10 Milliarden Euro ausgestattete Doppelhaushalt 2013/2014 verfügt über ausreichende Mittel, um die seit Jahren beklagten Notlagen im Bildungs- und Hochschulbereich zumindest abzumildern. Aufgrund der historisch bedingten spezifischen Ausstattung der einzelnen Ressorts mit Personal- und Sachmitteln gelingt es einem allein moderierenden Ministerpräsidenten aber nicht, die Mittel dorthin zu lenken, wo sie am dringendsten benötigt werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das grundlegende Manko dieser rot-roten Landesregierung ist, dass sie nach einigen überschaubaren Prestigeprojekten, wie der Einführung des Schüler-BAföG, angesichts der gescheiterten Etablierung eines zweiten Arbeitsmarktes und dem bis heute nur unzureichend umgesetzten Vergabegesetz keine Visionen für das Land entwickelt hat. Da hat Herr Dombrowski völlig Recht.