Protocol of the Session on December 14, 2012

(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90)

Deshalb, meine Damen und Herren, muss Europa auch verteidigt werden. Europa hat einen Preis, den zu zahlen wir bereit sein müssen. Das ist im Übrigen Staatsraison für alle Parteien in Deutschland. Unser Kontinent steckt aber in einer schweren Krise: Seit Jahren, vielleicht seit Jahrzehnten ist der öffentliche Sektor schneller gewachsen als die wirtschaftliche Tragfähigkeit. Viele Staaten in Europa sind so in die Abhängigkeit der Finanzmärkte geraten, und diese Abhängigkeit hat durch Spekulation zu einer Krise geführt. Aber Ursache war die Überdehnung der Leistungsfähigkeit der Wohlfahrtsstaaten über das wirtschaftlich Tragfähige hinaus.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Ah, ja!)

Deshalb ist unsere erste Aufgabe für Europa, für Deutschland, aber gerade auch für Brandenburg, den Staat aus den Ketten der Schulden zu befreien.

Am 23. Februar 2010 hat der linke Finanzminister dieses Landes, Helmuth Markov, in einem Interview mit dem Tagesspiegel gesagt:

„Klar und deutlich: Ich bin für eine Klage Brandenburgs gegen die Schuldenbremse.“

Um das noch einmal zu verdeutlichen: Überall in Europa tritt man auf die Schuldenbremse, aber Ihr Finanzminister würde am liebsten gegen die Schuldenbremse klagen. Dies, meine Damen und Herren, ist linke Finanzpolitik, und die schadet unserem Land.

(Beifall FDP und CDU)

Die von den Oppositionsparteien gestartete Initiative zur Aufnahme einer Schuldenbremse in die Landesverfassung haben Sie - die rot-rote Mehrheit dieses Landtages - abgelehnt. Sie speisen uns als Opposition - aber vor allem die Bevölkerung damit ab, dass Sie im Jahre 2014 einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Dass Sie in diesem Haushalt globale Minderausgaben verstecken und dass die Kosten für den Flughafen BER völlig unkalkulierbar sind, verschweigen Sie geflissentlich. Und dass Sie ab 2015 deutlich höhere globale Minderausgaben haben, erinnert eher an Taschenspielertricks. Aber das kann Ihnen, Herr Markov, ja egal sein, Sie regieren dann nicht mehr.

(Lachen bei der Fraktion DIE LINKE und Beifall FDP und CDU)

Das ist unsolide Politik auf dem Rücken der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler dieses Landes. Das, was Sie hier machen, ist

kein echter Konsolidierungspfad - Sie bedienen sich lediglich rhetorischer und finanzpolitischer Tricks. Deswegen ist eine Reduzierung der gegenwärtigen Verschuldung von 18,662 Milliarden Euro dringend geboten. Leider haben Sie unseren Vorschlag, ein Konzept zum Schuldenabbau vorzulegen, abgelehnt.

Das strukturelle Defizit des Landes beläuft sich auf ca. 1 Milliarde Euro, was etwa einem Zehntel des Haushaltsentwurfs entspricht. Das Land hat in den Jahren 2007 bis 2011 im Durchschnitt 9,9 Milliarden Euro ausgegeben. Es ist dieser Landesregierung nicht gelungen, das Ausgabenniveau zu senken. Vielmehr standen Einsparungen Mehrausgaben in anderen Bereichen gegenüber.

Auf der Internetseite des Landes Brandenburg betreut das Finanzministerium eine Rubrik, die sich „Kinderleicht“ nennt. Ich darf daraus einmal zitieren, was über den Haushalt gesagt wird:

„Eigentlich ist es ganz einfach: Es ist wie mit eurem Taschengeld. Damit müsst ihr auch irgendwie haushalten. Das ist ja auch gar nicht so einfach. Ich wette, dass ihr meistens mehr Wünsche habt, als euer Taschengeld hergibt. Stimmt‘s? Handy, Computer, Süßigkeiten, CDs, Kino... Wenn ihr es clever anstellt, teilt ihr euer Geld so ein, dass es reicht, bis wieder neues kommt. Wenn ihr sehr gut damit haushaltet, bleibt sogar etwas übrig, das ihr zurücklegen könnt, und ihr könnt euch später davon etwas Größeres leisten. Wenn ihr aber nicht aufpasst, flutscht euch das Geld nur so durch die Finger. Dann kommt es vor, dass ihr das Taschengeld schon vor Monatsende ausgegeben habt und der nächste Kinobesuch ausfallen muss. Wer sein Geld nicht einteilen kann, kommt fast immer in Schwierigkeiten.“

(Beifall FDP und CDU)

Ja, Herr Minister Markov, so kinderleicht haben Sie das schreiben lassen, und eigentlich ist es auch so einfach. Es erschließt sich mir nur nicht, warum Sie, wenn es denn so kinderleicht ist, nicht in der Lage sind, mit Geld hauszuhalten.

(Zuruf von der CDU: Es ist zu leicht!)

Ihr Haushalt spiegelt genau das Gegenteil wider. Ihr Haushalt zeigt, dass der Geist Ihrer Politik „Verteilen vor Erwirtschaften“ ist. Wir alle aber wissen: Alles, was Sie an Wohlstand verteilen wollen, muss zuerst erwirtschaftet werden. Dafür benötigen die Menschen Rahmenbedingungen, die Sie ihnen verweigern - und dies wird unser Land teuer zu stehen kommen.

Anhand dreier Politikfelder will ich das gern näher erläutern, dreier Politikfelder, in denen Ihre Regierung zeigt, dass sie nicht willens oder in der Lage ist, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen und die Wettbewerbsfähigkeit und Zukunftsfestigkeit unseres Landes zu gewährleisten.

Ich zitiere:

„Gegen Unterrichtsausfall - Lehrer machen ihrem Ärger Luft“!

Ein weiteres Zitat:

„In Brandenburg fällt so viel Unterricht wie noch nie aus,“

(Krause [DIE LINKE]: 1,7! - Zuruf der Abgeordneten Al- ter [SPD])

so die Schlagzeilen von zwei brandenburgischen Zeitungen in den letzten Wochen. Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen über Lehrerproteste, Elternproteste - von den Protesten der freien Schulen ganz zu schweigen. Das brandenburgische Bildungssystem ist nicht gut aufgestellt.

Ich will am Anfang der Bildungsbiografie beginnen: bei der Betreuung kleinerer Kinder. Frau Ministerin Münch, die offensichtlich nicht anwesend ist, wurde am 5. April 2012 in den „PNN“ mit der folgenden Aussage erwähnt: Zu Beginn der Legislaturperiode sei das Verhältnis von Erziehern zu Kindern schon von 1:7 auf 1:6 und in den Kitas von 1:13 auf 1:12 verbessert worden.

(Zuruf des Abgeordneten Krause [DIE LINKE])

Der neue Schlüssel sei im bundesweiten Schnitt immer noch nicht gut, räumte die Ministerin ein.

(Zuruf des Abgeordneten Krause [DIE LINKE])

Das ist in der Tat eine bemerkenswerte Lageanalyse für den Tabellenletzten: noch nicht gut, meine Damen und Herren.

Ich will das hier auch gar nicht so einfach und lapidar abhandeln. Dazu ist das Thema nämlich zu wichtig. Richtig ist: Die Koalition hat zu Beginn dieser Legislaturperiode die Verbesserung des Betreuungsschlüssels, der die Opposition zugestimmt hat, durchgesetzt. Richtig ist auch, dass damit die kitapolitischen Initiativen der rot-roten Regierungskoalition ein Ende gefunden haben.

(Zuruf des Abgeordneten Krause [DIE LINKE])

Ganz im Gegensatz zu dem - Herr Kollege Krause, ich komme gleich zu Ihnen, bleiben Sie ruhig -, was die Linke noch 2009 in ihrem Wahlprogramm quasi als unumstößlich feststellte:

„Es wird mit uns einen Stufenplan zur Verbesserung der Leitungsfreistellung und zur Anerkennung der wirklich geleisteten Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher geben.“

Diese Aussage im Wahlprogramm der Linken ist richtig, das gebe ich unumwunden zu. Auch wir Liberale wollen einen Stufenplan zur Verbesserung der Betreuungsrelation und eine Leitungsfreistellung von Kita-Leiterinnen haben. Dass dem so ist, haben wir als Opposition in mehreren Anträgen bewiesen. Wer aber stand nicht an unserer Seite und machte sich flink vom Acker? - Richtig: die Linke,

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

die dies im Wahlkampf noch großspurig gefordert hat. Das ist linke Politik in Reinkultur. Willkommen in der Realität!

(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90)

Meine Damen und Herren! Frau Ministerin Münch, wir haben Respekt vor Ihrer Arbeit, förderbedürftigen Schülerinnen und Schülern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen. Wir als Liberale haben frühzeitig in dieser Legislaturperiode einen Antrag vorgelegt, der sich mit dem Thema Inklusion - übrigens nicht nur im Schulbereich, sondern in der Gesellschaft insgesamt - befasst hat. Sie haben zur Kenntnis genommen, dass wir als Liberale dem Thema Inklusion offen gegenüberstehen - bei Vorliegen der richtigen Voraussetzungen im Regelschulbereich.

(Frau Lieske [SPD]: Genau!)

Auch das haben wir bereits mehrfach im Plenum dieses Landtages thematisiert.

Meine Damen und Herren! Es ist richtig, alle Kinder mitnehmen zu wollen - Sie haben das vor zwei Tagen nochmals gesagt, Frau Ministerin. Aber genauso wichtig ist es, dass kein Kind daran gehindert wird, sein Potenzial zu entfalten. Das erst ist individuelle Förderung, die wir brauchen: für die Begabten, die Stärkeren und diejenigen, die unsere besondere Aufmerksamkeit brauchen.

(Beifall FDP und CDU)

Leider tut diese Regierung für die Stärkeren unter den Schülern wenig bis nichts. Die Hochbegabten fallen durch den Rost, weil Sie keinen ganzheitlichen Bildungsbegriff haben, den Sie in die individuelle Förderung übersetzen.

Meine Damen und Herren! Über Lehrermangel in Brandenburg und Unterrichtsausfall habe ich am Mittwoch bereits in der Diskussion zum Einzelplan 05 gesprochen. Deswegen lassen Sie mich, Herr Kollege Görke, weil Sie das ja hier auch vorgebracht haben, noch einiges in Ihre Richtung sagen: Sie sind, als Sie Regierungsverantwortung übernehmen wollten, mit einem Wahlprogramm angetreten. Die SPD/CDU-Landesregierung hat am Ende ihrer Regierungszeit 4,4 % des Bruttoinlandsprodukts für Bildung ausgegeben. Nun zitiere ich aus Ihrem Programm:

„Nicht nur 4,4 % des brandenburgischen Bruttoinlandsprodukts wie bisher, sondern 7 % davon müssen in die Bildung fließen.“

Wissen Sie, wo wir sind? Ich würde Sie es gern raten lassen, aber ich kann es Ihnen auch gleich sagen: Das Land Brandenburg gibt ganze 3,79 % des Bruttoinlandprodukts für Bildung und Wissenschaft aus. Damit hat Ihre Regierungskoalition es geschafft, den Anteil im Vergleich zur letzten Landesregierung noch zu senken, und zwar in nicht unerheblichem Maße. Das ist linke Regierungspolitik in der Realität! Sie versprechen viel und halten nichts!

(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90 - Zuruf des Abge- ordneten Günther [SPD])

Sie haben sich bei den Koalitionsverhandlungen so schnell über den Tisch ziehen lassen, dass Sie den Reibungsverlust als Nestwärme empfunden haben, und die Kinder sind die Opfer Ihrer falschen Prioritätensetzung. Dieser Politik ist eine klare Alternative entgegenzusetzen - ja, Herr Kollege Holzschuher und Herr Kollege Görke -, die auf individuelle Förderung aller Kinder setzt, die auf ausreichendes Lehrpersonal und Krea

tivität sowie auf Vielfalt in der Bildungslandschaft setzt. Diese Alternative stellen die Liberalen dar, diese Alternative stellt die Opposition in diesem Landtag dar, meine Damen und Herren!