Es wird argumentiert, dass die Fußfessel keinerlei Straftaten verhindert. Herr Groß hat das gesagt. Dies ist schlicht und ergreifend unzutreffend; denn neben der erleichterten Möglichkeit, Taten nachzuweisen, ist man beispielsweise bei Taten gegen bestimmte Personengruppen, wie zum Beispiel das frühere Opfer, dank Verhängung von Verbotszonen um dessen Wohnbereich bei der elektronischen Überwachung in der Lage, Herr Minister, diese Taten ganz konkret zu verhindern.
Es wurde hier auch argumentiert, dass beim Vergleich von Personengruppen mit und ohne Fußfessel festgestellt wurde, dass die Fußfessel keinerlei Auswirkungen haben würde. Das möchte ich noch einmal klarstellen: Die elektronische Fußfessel der Kollege Eichelbaum hat es schon eingangs gesagt - ist nur ein Baustein der Resozialisierungskultur. Natürlich bleiben auch die Inhaftierung und die mehrjährige Freiheitsstrafe die ganz unausweichliche und nötige Reaktion bei nicht belehrbaren Intensiv- und Wiederholungstätern. Aber, Herr Minister - das wissen Sie -, Justizvollzugsanstalten sind eben auch Brutstätten für weitere kriminelle Karrieren. Kriminelles Verhalten wird dort oft noch weiter erlernt und manifestiert. Herr Minister, als echte Alternative kann die elektronische Fußfessel dann auch die letzte Chance für einen Bewährungsversager, wie wir ihn nennen, sein, um nicht in die Justizvollzugsanstalt zu müssen, also um nicht dahin zu müssen, wo das kriminelle Verhalten noch verstärkt wird, weil dort klare Machtüber- und -unterordnungsstrukturen herrschen, wo das Recht des Stärkeren gilt und die Gefahr einer, wie man sagt, kriminellen Qualifizierung droht.
Noch kurz zu den angeblichen „hohen Kosten“: Richtig ist, dass die elektronische Überwachung als Resozialisierungskonzept eine Erhöhung der Anzahl der Bewährungshilfestellen voraussetzt. Bei einer Ausgestaltung als Modellprojekt sind die Kosten aber indes sehr überschaubar. Bei einer optimierten Anzahl von Probanden im Verhältnis zu den Projektmitarbeitern sind es ca. 25 Euro am Tag. Eine ersatzweise Unterbringung in den Justizvollzugsanstalten kostet dagegen 90 Euro pro Tag.
Nun beabsichtigt die rot-rote Landesregierung mit dem Strafvollzugsgesetz angeblich eine Stärkung der Resozialisierung. Wir fragen uns, warum Sie dabei so halbherzig sind, Herr Minister. Absichtserklärungen helfen nicht weiter. Schön wäre es, wenn Sie konsequent handeln und heute dem Antrag der CDUFraktion zustimmen würden.
Lassen Sie mich an dieser Stelle auch klarstellen: Die elektronische Überwachung darf nicht dazu führen, Personal bei Justiz und Polizei einsparen zu wollen. Eine erfolgreiche Bekämpfung von Kriminalität mit der Theorie „Technik ersetzt Mensch“ man hört das auch oft seitens des Innenministeriums in Sachen künstliche DNA - kann niemals gelingen.
Meine Damen und Herren, die meisten Probleme und Risiken des Einsatzes der elektronischen Fußfessel sind - da bin ich mir sehr sicher - lösbar. Dies betrifft auch die von meiner Fraktion gewollte und heute hier beantragte Einsatzerweiterung.
Die bestehenden Vorbehalte, die auch heute wieder durchgedrungen sind, werden sich nur dann verlieren, wenn zum Bei
spiel Gerichte und allgemeine Bewährungshilfe ihre ganz eigenen praktischen Erfahrungen machen und auch machen können. Um diese Lösungen zu finden und um diese Vorbehalte abzubauen, um Erkenntnisse für den Langzeitgebrauch zu gewinnen, bedarf es der weiteren wissenschaftlichen Begleitforschung. Deshalb möchte ich hier noch einmal darum bitten, unserem Antrag auf Durchführung eines Modellprojekts auch in Brandenburg zuzustimmen. - Vielen Dank.
Besteht bei der FDP-Fraktion noch Redebedarf für die überzogene Redezeit? - Bei der CDU-Fraktion? - Nicht. Bei der SPDFraktion? - Bei den Linken? - Bei den Grünen? - Dort gibt es auch keine Reaktion. Damit sind wir am Ende der Rednerliste angelangt.
Wir kommen zuerst zur Abstimmung über die Beschlussempfehlung des Hauptausschusses in der Drucksache 5/6234. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einigen Enthaltungen ist die Beschlussempfehlung mehrheitlich angenommen.
Es folgt die Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 5/6304. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist der Entschließungsantrag mehrheitlich abgelehnt.
Es folgt die Abstimmung über den Entschließungsantrag der Fraktion der FDP, Drucksache 5/6309. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Enthaltungen? - Der Entschließungsantrag ist ohne Enthaltung mehrheitlich abgelehnt.
Zum Schluss folgt die Abstimmung über den Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 5/6237. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Gibt es Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Weil es so schön ist: Grundkurs Geschichte, Teil 3: Als die
Bundesrepublik Deutschland 1949 gegründet wurde, ging es darum, ein am Boden liegendes Land wieder aufzurichten. Das galt in Ostdeutschland im Übrigen damals genauso.
- Genau, Kollege Jürgens, Sie nehmen es vorweg. So wird es kommen. Genau dafür brauchte man Leute mit Verwaltungserfahrung, die wussten, wie so etwas funktionieren kann, und die berechtigterweise keine Nazi-Belastung haben sollten. Deshalb wurde 1949 ein Bundeskanzler gewählt, der, als er gewählt wurde, bereits 73 Jahre alt war. Kollege Jürgens, Sie sind mir zuvorgekommen: Es war Konrad Adenauer.
Konrad Adenauer blieb Bundeskanzler bis zum Jahr 1963. Da war er inzwischen 84 Jahre alt. In diesen 14 Jahren als Bundeskanzler hat er einiges erreicht. Ich erinnere daran, dass Konrad Adenauer 1955 nach Moskau geflogen war und die deutschen Kriegsgefangenen zurückgebracht hatte - in einem Alter, in dem alle anderen längst in Rente waren, ihren Ruhestand genossen haben und diesen Einsatz so nicht mehr geleistet haben bzw. nicht mehr leisten wollten.
1958, als Charles de Gaulle Präsident von Frankreich wurde damals 67 Jahre alt, auch er im Ruhestandsalter -, haben Konrad Adenauer und Charles de Gaulle die deutsch-französische Aussöhnung vorangebracht und damit eine tausendjährige Feindschaft beendet - und das im hohen Alter und vor der persönlichen Erfahrung mehrerer Weltkriege, die beide erlebt hatten, und vor der persönlichen langen Erfahrung einer historischen Feindschaft.
Vergleichbares haben wir in anderen Bereichen auch. Wenn sich die Minister, die Ministerinnen und der Ministerpräsident der Landesregierung entschließen sollten, noch 30 Jahre im Amt zu bleiben, dürften sie das - nicht, dass ich das wollte, aber sie dürften es. Das Gesetz lässt es zu, und das ist auch gut so.
Danke, Herr Goetz. Sie haben gerade ausgeführt, dass 1949 Deutschland am Boden lag und der erfahrene und schon an Jahren alte Adenauer Deutschland nach vorn gebracht hat. Kann ich davon ausgehen - da Sie ja jetzt die Verlängerung der Amtszeit für die Bürgermeister wollen -, dass Sie auch die Kommunen in Brandenburg als am Boden liegend empfinden?
Kollege Jürgens, ich weiß nicht, woher Sie kommen. Ich kann nur sagen: Meine Heimatstadt Teltow liegt nicht am Boden. Es geht ihr gut. Das ist auch gut so.
Trotzdem glaube ich - hier sind auch Gäste -, dass es durchaus Sinn macht, in einer älter werdenden Gesellschaft Potenziale, die wir haben, weiterhin zu nutzen.
Ich wollte darauf hinweisen, dass wir eine Reihe von Ministern haben, die auch fortgeschrittenen Alters sind, die älter werden wir alle sind in gleicher Weise betroffen -, und dass diese Potenziale, die vorhanden sind, ausgeschöpft werden sollen.
Der Innenminister denkt darüber nach, Polizeibeamte bis 67 Jahre arbeiten zu lassen - wie lange auch immer -, möglicherweise mit einer früheren Regelung bis 62 Jahre mit der Option für die Polizeibeamten, verlängern oder aussteigen zu können. Man kann darüber reden, wie man all das gestalten will, solange es im Wesentlichen freiwillig geschieht und man die Menschen nicht zwingt, in Rente zu gehen.
Bei hauptamtlichen Bürgermeistern, Oberbürgermeistern wie auch bei Landräten in Städten, Gemeinden und Kreisen liegt eine Art Altersdiskriminierung vor. Das heißt: Wenn Sie sich das Kommunalwahlrecht einmal genau ansehen, steht darin: Vor Vollendung des 62. Lebensjahres kann ein Bewerber antreten. Wenn er im Amt 63 und 64 Jahre alt wird und dann zur Wiederwahl anstünde, darf er nicht mehr antreten. Das ist letztlich nichts anderes als eine Senilitätsvermutung bei Kommunalwahlbeamten. Das kann doch wohl nicht ernsthaft unser Ansatz sein.
Im Gegenteil, wir sind in allen Bereichen darauf angewiesen, dass sich Menschen immer länger und immer stärker in die Arbeitswelt einbringen, dass sie uns mit ihrer Erfahrung zur Verfügung stehen - und doch bitte nicht nur beim Ehrenamt. Beim Ehrenamt nimmt es jeder gern entgegen. Es mag dann auch bitte hauptamtlich gehen, nicht dass man gerade den Älteren unter uns sagt: Ehrenamtlich nehmen wir deine Leistung gern, aber hauptamtlich brauchen wir dich nicht mehr und wollen dich nicht mehr. - Das kann wirklich nicht unser Ansatz sein.
Aus diesem Grund glauben wir, dass mit dem vorliegenden Antrag, den wir gestellt haben, zwar nicht die Welt gerettet und nicht das ganz große Rad gedreht wird, aber ein kleiner Baustein dazu geleistet wird, Altersdiskriminierung in Brandenburg abzuschaffen und diese Potenziale, die sonst ungenutzt blieben, noch eine gewisse Zeit weiter genutzt werden können.
Wir würden uns freuen, im Innenausschuss über dieses Thema reden zu können. Wenn Sie alle sowieso dafür sind, können wir
es im Innenausschuss möglicherweise kurz machen. Ich könnte mir durchaus eine Anhörung vorstellen. Ich weiß, dass in allen Parteien und allen Fraktionen ehemalige Bürgermeister bekannt sind, die aus Altersgründen nicht mehr antreten konnten. Ich kann Ihnen für uns einige benennen, die mit großer Verve bereit wären, anzutreten und zu sagen, wie es ihnen so geht, die auch überzeugend darstellen würden, welche Leistung sie noch bringen würden. Es gibt sogar welche bei der Linksfraktion, Herr Dr. Scharfenberg. Auch da hätten Sie Möglichkeiten, eigene Kandidaten vorzustellen, die das belegen würden.
Meine Damen und Herren: Wir wollen heute nicht abschließend beraten. Das, was wir uns wünschen, ist eine Diskussion im Innenausschuss zu diesem Thema. Dazu bitte ich zunächst um Ihre Zustimmung. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Goetz. - Bevor wir in der Liste der Redner fortfahren, begrüße ich ganz herzlich die Damen des Frauenkreises der Klosterkirche von Doberlug bei uns. Seien Sie herzlich willkommen.