Protocol of the Session on September 26, 2012

(Beifall FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Tomczak. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Linken fort. Herr Abgeordneter Domres, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Tomczak, im Rahmen der Selbstbefassung haben wir jederzeit die Möglichkeit, einen Tagesordnungspunkt auf die Tagesordnung des Wirtschaftsausschusses zu setzen. Vielleicht wäre das auch der richtige Weg, sich tatsächlich einzelne Segmente herauszunehmen, ohne dass der Landtag mit Einzelanträgen befasst sein muss.

In einem hat Prof. Schierack Recht - das steht auch so in der Tourismuskonzeption -: Der Gesundheitstourismus zählt derzeit zu den dynamischsten Teilmärkten im Tourismus und bietet auch für Brandenburg gute Wachstumschancen. Es gilt, die latente Bereitschaft potenzieller Gäste, im Urlaub etwas für

Gesundheit und Wohlbefinden zu tun, aufzugreifen und zielgruppengerechte Angebote zu entwickeln. Das ist die Aufgabe, die steht. Ich denke, dass das Wirtschaftsministerium und auch die anderen Häuser, die damit befasst sind - zum Beispiel das Sozialministerium -, sehr intensiv daran arbeiten.

Wir haben vor einiger Zeit - am 23. März 2011 - hier im Landtag die Tourismuskonzeption diskutiert. Mit Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von der CDU, greifen Sie die Gesundheitstourismusbranche heraus und damit ein wichtiges Segment der Brandenburger Tourismuswirtschaft. Sie wollen für diese Branche unter anderem eine ausführliche Darstellung des derzeitigen Entwicklungsstandes, der Entwicklungspotenziale sowie verschiedener Maßnahmen der Landesregierung zur Potenzialentwicklung, zur Fachkräftesicherung, zur Profilierung und zur regionalen Schwerpunktsetzung erläutert bekommen. Das Herausgreifen eines Tourismusschwerpunktes einer Branche - so, wie Sie es getan haben - und die losgelöste Betrachtung von anderen Segmenten des Tourismus greifen zu kurz und sind nicht zielführend.

Herr Prof. Schierack, Sie selbst haben angesprochen, dass Gesundheitstourismus nicht im luftleeren Raum existiert. Sie haben touristische Infrastruktur und Kulturangebote angesprochen. Das alles gehört dazu und darf bei der Entwicklung von Tourismus natürlich nicht außer Acht gelassen werden. Ich werbe dafür - das ist meine große Bitte hinsichtlich der Tourismusabgabe -, dass Sie Ihre Position noch einmal überdenken; denn damit stärken Sie kommunale Selbstverwaltung und auch den Brandenburger Tourismus.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Zu vernetzt sind in der heutigen Zeit die verschiedenen Felder der Tourismuswirtschaft. Insofern plädiert meine Fraktion dafür, Tourismuspolitik ganzheitlich zu betrachten und den mit der Landestourismuskonzeption 2011 bis 2015 eingeschlagenen Weg nicht zu verlassen. Der Brandenburger Tourismus kann nur erfolgreich sein, wenn konsequent an der Umsetzung der in der Tourismuskonzeption formulierten Schlüsselstrategien gearbeitet wird. Ich kann nicht erkennen, dass dies nicht geschieht. Die Gäste- und Übernachtungszahlen der vergangenen Monate belegen dies sehr deutlich. Die Aktivitäten im Bereich der Servicequalität belegen das ebenso nachdrücklich. Ich denke, dass der im Oktober stattfindende Tag der Brandenburgischen Tourismuswirtschaft auch wieder deutliche Akzente setzen wird.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich möchte keine Gegensätze aufmachen, wo keine sind. Bisher ist die Tourismuspolitik - das sage ich durchaus anerkennend fraktionsübergreifend sehr konstruktiv betrachtet worden. Dies hat sowohl die Tourismuswirtschaft als auch die Interessenvertretung der Tourismuswirtschaft wohlwollend zur Kenntnis genommen. Ich möchte, dass dies so bleibt.

Das von Ihnen angesprochene Thema ist wichtig, aber eben auch nicht neu und schon gar nicht singulär zu betrachten, was ich bereits sagte. Deshalb plädiere ich dafür, im Rahmen der Halbzeitbewertung, Herr Kollege Tomczak, die im März 2013 vorgestellt wird, auch die von Ihnen aufgeworfenen Fragen ausführlich zu diskutieren.

Die Tourismusstrategie beschreibt auch Aufgaben, Handlungsfelder und Maßnahmen im Gesundheitstourismus. Dazu zählen die Erarbeitung eines Strategie- und Umsetzungskonzeptes

„Gesundheitstourismus Marke Brandenburg“ und die regionale Schwerpunktbildung sowie individuelle Spezialisierung wie etwa die Fortführung der individuellen Profilierung der Heilbäder und Kurorte - zum Beispiel über Spezialisierung bei Indikation und ortsgebundenen Heilmitteln - oder die Entwicklung hin zum Qualitätsmerkmal Komforttourismus.

Dabei geht es um die konsequente Barrierefreiheit der Orte und Angebote, die im Zuge des demografischen Wandels klar an Bedeutung gewinnen wird. Ebenso wird eine medizinischtherapeutische Grundsicherung in Urlaubsorten für große Teile der künftig älteren und dennoch aktiv reisenden Bevölkerung zu einem wichtigen Auswahlkriterium werden. Daran erkennt man, dass ein ressortübergreifender Ansatz richtig und wichtig ist.

Zu den angesprochenen Handlungsfeldern zählen aber auch die Optimierung der Vermarktung und des Vertriebs von Wellnessund Gesundheitstourismusangeboten sowie die Festigung und der Ausbau von Kooperationsstrukturen. Sie sehen, wir liegen nicht so weit auseinander und Sie sind nicht so weit von der Landestourismusstrategie entfernt.

Meine Damen und Herren, in einem halben Jahr werden wir an dieser Stelle die Halbzeitbewertung der Landestourismuskonzeption und den Entwicklungsstand im Gesundheitstourismus diskutieren. Vielleicht werden Sie, meine Damen und Herren von der CDU, dann resümieren - so, wie es vor kurzem Ihr Ehrenvorsitzender aus dem schönen Bad Saarow hinsichtlich der rot-roten Wirtschaftspolitik getan hat - und sagen: Rot-Rot macht eine gute Tourismuspolitik. - Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Domres, auch für die Punktlandung. - Herr Abgeordneter Vogel wird für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die Aussprache fortsetzen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Bereich des Gesundheitstourismus erfreut sich in der Tat wachsender Nachfrage. Laut Qualitätsmonitor der deutschen Tourismuswirtschaft gewinnt das Thema Gesundheitstourismus stark an Bedeutung und ist auf ein langfristiges Wachstum ausgerichtet. Brandenburg tut daher gut daran, diesen Bereich weiterzuentwickeln und hier vor allem neue Nischenmärkte zu identifizieren und zu besetzen. Insofern unterstützten wir die Initiative der CDU-Fraktion in diese Richtung voll und ganz.

Herr Domres und auch andere Vorredner! Ehrlich gesagt kann ich die Kritik daran, dass dieses Thema auf die Tagesordnung des Landtages gesetzt wird, nicht begreifen. Worüber diskutieren wir denn hier im Landtag? - Wenn ich mir die heutige Tagesordnung anschaue, stelle ich fest, dass wir uns - wenn wir uns nur an dem ausrichten, was die Koalitionsfraktionen zu bieten haben - diese Sitzung komplett sparen könnten.

(Beifall GRÜNE/B90, CDU und FDP)

Dann hätten wir lediglich die Pflichtaufgabe der Überweisung des Dritten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen

Finanzausgleichsgesetzes zu behandeln gehabt. Das wäre tatsächlich unsäglich.

(Beifall des Abgeordneten Prof. Dr. Schierack [CDU])

Ich denke, das ist ein Thema, das diesen Landtag beschäftigen muss. Wenn wir uns schon einmal die Zeit nehmen können, uns mit dem Tourismus und der Tourismuskonzeption der Landesregierung und des Landes insgesamt auseinanderzusetzen, dann ist das ganz prima.

(Beifall GRÜNE/B90, CDU und FDP)

Ich möchte aber konzedieren, Herr Domres - das halte ich ausdrücklich fest -, dass Sie sich der Diskussion nicht verweigert, sondern einen Diskussionsbeitrag geliefert haben, den ich inhaltlich voll und ganz unterstützen kann; denn klar ist: Wir können den Gesundheitstourismus nicht völlig separat betrachten, sondern müssen ihn in Verbindung insbesondere mit Natur- und Kulturtourismus sehen. Diesbezüglich haben wir in Brandenburg einiges zu bieten und in der Vergangenheit bereits einiges entwickelt.

Ich selbst war einmal für Großschutzgebiete zuständig und kann Ihnen sagen, dass wir beispielsweise im Biosphärenreservat Spreewald besondere Angebote für Sehbehinderte und Blinde entwickelt haben. Im Naturpark Hoher Fläming gibt es besondere Angebote für Rollifahrer und andere Gehbehinderte. Insofern haben wir, denke ich, schon etwas zu bieten.

Jenseits dieser Verknüpfung von Naturtourismus, Kulturtourismus und Gesundheitstourismus ist jedoch auch die Möglichkeit - das ist vielleicht ganz wichtig - zu sehen, dass wir in Brandenburg und Berlin einen Cluster Gesundheitswirtschaft haben. Vor allem die Bereiche molekulare Diagnostik und personalisierte Medizin können die technologische Führung der Region Berlin-Brandenburg unterstreichen und gemeinsam mit den Unternehmen aus dem Bereich Gesundheitstourismus innovativen Produkten und Dienstleistungen den Weg auf den Markt ermöglichen. Die in dem Antrag geforderte enge Zusammenarbeit mit den Senatsverwaltungen für Wirtschaft, Technologie und Forschung in Berlin wird daher von uns voll und ganz unterstützt.

Neue Modelle im Gesundheitssystem sind jedoch in der Regel zunächst einmal nur für Selbstzahler realisierbar, was wir zur Kenntnis nehmen müssen. Großzügige Kassenfinanzierungen werden nicht möglich sein. Insofern wird es natürlich wichtig sein, hier eine Kombination mit den Bereichen Wellness und Kosmetik dort anzubieten, wo das möglich ist. Eine Kooperation zwischen Unternehmen der Tourismusindustrie - Industrie ist vielleicht ein wenig übertrieben - und den vor allem in Berlin, aber auch in Brandenburg ansässigen Biotechnologieunternehmen wäre daher zu begrüßen.

Den Erfolg einer konsequenten Ausrichtung am Thema „Gesundheit“ für Menschen mit Handicap in Verbindung mit Natur und Kultur kann man heute schon am Beispiel des komplett barrierefreien Hotels der Fürst-Donnersmarck-Stiftung in Rheinsberg erkennen. Dieses Hotel hat nicht nur eine 97%ige Auslastung, sondern auch eine gewaltige Ausstrahlung in den Ort und in die Region. Dort wurde mehr getan als lediglich die Absenkung der Bordsteinkanten an den Fußgängerüberwegen. Dort hat sich eine Vielzahl von Pflegediensten angesiedelt. Zu

dem wurden unter anderem barrierefreie Schiffe für Rollifahrer entwickelt. Das ist auch in der Kultur des Ortes spürbar. Leider ist das einer der ganz wenigen Orte, an denen es etwas Derartiges gibt. Insofern kann man diesbezüglich noch mehr bieten.

Große Teile des Angebots werden bisher durch die Kliniken im Gesundheitssektor erbracht. Jedoch gibt es attraktive gesundheitspolitische Programme für den zweiten Gesundheitsmarkt also für die Selbstzahler - nur in Ansätzen. Hier erwarten wir in der Tat von der Landesregierung Vorschläge und Strategien. Wir finden natürlich auch, dass die aus unserer Sicht derzeit unklaren Managementstrukturen auf Landesebene den gesteckten Zielen bisher nur unzureichend gerecht werden.

Nach dieser Vorrede dürfte klar sein, dass wir dem sehr guten Antrag der CDU gern zustimmen. - Recht herzlichen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90, CDU und FDP)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Herr Minister Christoffers erhält das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion möchte heute beschließen lassen, dass die Gesundheitsbranche zielgerichtet weiterentwickelt wird. Ich finde, das ist ein richtiger Ansatz. Vor dem Hintergrund, dass heute noch ein Parlamentarischer Abend zur Tourismuswirtschaft stattfindet, ist das sicherlich anlassbezogen. Zudem bin ich - nebenbei bemerkt - auch sehr froh darüber, dass dieses Parlament über Tourismus und Tourismuspolitik debattiert.

Dass der Gesundheitstourismus national und international im Trend liegt und einer der Zukunftsmärkte ist, haben Sie alle bestätigt. Diese Auffassung teilen wir ausdrücklich. Insofern gibt es auch in dieser Grundsatzfrage keinerlei Dissens.

Allerdings bin ich ein wenig überrascht, dass Sie offensichtlich ein Stück weit übersehen haben, dass dies bereits fester Bestandteil der Landestourismuskonzeption 2006 und 2011 war und ist und in der Zeit seit 2006 sehr viel passiert ist. Unter anderem konnten die Zahl der Erholungsorte erhöht und die Attraktivität der meisten Thermen gesteigert werden. Das Netzwerk Gesundheitstourismus hat seine Arbeit aufgenommen und gestern mit großer Beteiligung eine Konferenz durchgeführt, auf der genau die Fragen in den Mittelpunkt gestellt wurden, die Sie heute als Antrag einbringen. Die steigenden Gästezahlen in den staatlich anerkannten Orten bestätigen diese Maßnahmen.

Zugleich hat sich das touristische Marketing grundlegend verändert. Wir sprechen heute nicht mehr isoliert von einzelnen Themenfeldern. Auch in Brandenburg können wir derzeit von Markenwerten und Profilthemen sprechen. Beides zusammen ergibt den Kontext einer zielgerechten Kundenansprache. Mit der Tourismus-Marketing-Gesellschaft haben wir eine Institution, die sehr gute Arbeit leistet.

Meine Damen und Herren, die Landestourismuskonzeption hat einen hohen Grad an Verbindlichkeit für die Touristiker. 110 Maß

nahmen gemeinsam umzusetzen erfordert eine Steuerung. Wir sind deshalb sowohl mit den Ressorts der Landesregierung als auch mit den touristischen Spitzenverbänden in einem permanenten und intensiven Monitoring über alle Themenfelder.

Im Ergebnis dieses Agierens wird eine Halbzeitbilanz der Landestourismuskonzeption vorgestellt, die ich gemeinsam mit der Branche auf der nächsten ITB präsentieren möchte. Insofern, meine Damen und Herren, ist die Zeitachse des von Ihnen eingeforderten Berichts - Januar und ITB Mitte März - möglicherweise zu kurz, als dass heute ein erneuter Antrag im Parlament Bestätigung finden sollte, der einen zusätzlichen Bericht innerhalb des Monitorings abfordert, das ohnehin im März veröffentlicht wird. Insofern, meine Damen und Herren, danke ich für die Gelegenheit, hier über die Tourismuspolitik des Landes sprechen zu können.

Ich möchte noch einmal auf Folgendes verweisen: Im März wird es nicht nur den von Ihnen geforderten Bericht, sondern die Halbzeitbilanz der Landestourismuskonzeption auf der ITB gemeinsam mit der Branche geben. Dann werden wir uns mit Sicherheit auch im Ausschuss über alle und viele weitere Themen gemeinsam verständigen müssen. - Danke schön.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Danke, Herr Minister Christoffers. - Bevor wir die Aussprache fortsetzen - ich merke gerade, dass wir das gar nicht tun -, begrüße ich Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Finow, natürlich auch ihre Lehrerin, ganz herzlich bei uns. Seien Sie herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Prof. Dr. Schierack verzichtet auf die Nutzung der ihm verbleibenden Redezeit. Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt.

Wir kommen zur Abstimmung. Meine Damen und Herren Abgeordnete, Ihnen liegt in Drucksache 5/5986 der Antrag, Gesundheitstourismusbranche zielgerichtet weiterentwickeln, eingebracht durch die CDU-Fraktion, vor. Wer dem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und eröffne Tagesordnungspunkt 6:

Förderinstrumente entbürokratisieren - Verlässliche Rahmenbedingungen für die Brandenburger Unternehmen schaffen!