Vielen Dank, Frau Abgeordnete Vogdt. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Der Abgeordnete Ludwig hat das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die 3. Novelle des Finanzausgleichsgesetzes liegt vor. Wir freuen uns über diesen Entwurf, der einen Diskussionsvorlauf hatte und zunächst das zusammengefasste Ergebnis der wichtigsten angeregten Veränderungen darstellt. Einiges ist in den vergangenen Monaten ausdiskutiert worden, anderes muss weiter diskutiert werden - auch das, was die SPD-Fraktion infrage gestellt hat -, und es muss dann abgewogen werden. Deshalb konnte es noch nicht Bestandteil einer solchen Gesetzesnovelle werden.
Im Fokus der Veränderungen steht für uns die gesetzliche Neuregelung zum sogenannten Vorwegabzug, der auch hier diskutiert wurde. Dieser den kommunalen Vertretern immer wieder zur Kritik Anlass gebende Vorwegabzug in Höhe von 50 Millionen Euro wird nun abgeschafft. Ich nehme mit Interesse zur Kenntnis, dass die CDU - als damals miteinführende Fraktion ihn heute so kritisch sieht wie wir als PDS-Landtagsfraktion damals schon. Das ist ein Prozess, den ich ausdrücklich anerkennen will.
Dieser Vorwegabzug soll in den folgenden Jahren auf null gesetzt werden. Das zeigt, wie essentiell dieser Koalition die Finanzausstattung der Kommunen am Herzen liegt. Diese Koalition bleibt ein verlässlicher Partner für unsere Kommunen!
Klar ist: Das Geld, welches Kommunen direkt zur Verfügung gestellt wird, kann nun nicht mehr als Bestandteil von Landesinvestitionen oder Landesfördermitteln in einzelne Maßnahmen fließen. Das wissen wir. Wir wollen diesen Weg als ein Mittel zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung gehen, auch deshalb, weil wir wissen, dass die Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen - also die sogenannten Zuweisungen aus dem „Soli“ - bis 2019 auslaufen und bis zu diesem Zeitpunkt degressiv fließen werden; jährlich fließen also rund 40 Millionen Euro weniger in die Kassen der Kommunen - unabhängig davon, was diese Koalition tut, Herr Burkardt. Das Land selbst ist davon ebenso mit 60 % betroffen. Unabhängig davon, was wir tun, müssen wir bis 2019 also jedes Jahr Mindereinnahmen von rund 60 Millionen Euro verkraften.
Deshalb ist es für uns mehr als ein Signal an die kommunale Familie, dass Rot-Rot im Rahmen der landespolitisch gegebenen Möglichkeiten für einen teilweisen Ausgleich sorgen will. Das geschieht nicht verbal, sondern hier in Brandenburg ganz real.
Kürzlich hat das Finanzministerium der Enquetekommission 5/2, die sich in Ihrem Auftrag, sehr geehrte Damen und Herren, mit zukunftsfesten Verwaltungsstrukturen in Land und Kommunen beschäftigt, eine Projektionsrechnung zum kommunalen Finanzausgleich unter der Annahme aller bislang bekann
ten Rahmendaten einschließlich der bisherigen Steuerschätzungen bis 2020 vorgelegt. Daraus geht hervor, dass die Summe des Finanzausgleichs an die Kommunen aus dem Anteil an Steuern und am Länderfinanzausgleich bis 2020 von 1,25 Milliarden Euro auf 1,59 Milliarden Euro - inklusive abgeschmolzenem Vorwegabzug - anwachsen wird. Das ist eine positive Nachricht! Damit geht Brandenburg im Osten einen Sonderweg; keine andere Koalition im Osten hat diesen Weg gewählt. Das beweist, dass dieses Land Verantwortung wahrnimmt, sehr geehrter Herr Burkardt, und sie nicht verweigert.
Dem steht jedoch gegenüber, dass ab 2017 der Rückgang der Solizuweisungen des Bundes auf null eine entgegengesetzte Entwicklung bewirkt. Dies werden die Kommunen in den Jahren nach 2016 bei der zu verteilenden Finanzmasse spüren. Diese gegenläufige Entwicklung ist durch das Land Brandenburg nicht verursacht worden und kann auch in Anbetracht der Landesfinanzen insgesamt sowie der Schuldenbremse nicht kompensiert werden. Sehr geehrte Frau Vogdt, Ihre Frage ist berechtigt; sie lässt sich aber nach allem, was wir heute wissen, nur so beantworten. Umso wichtiger sind die heute im Gesetzentwurf vorgelegten Veränderungen, die diese Positionen bereits aufnehmen.
Ein weiteres Ergebnis der Projektionsrechnung ist es, dass sich die anteiligen Mindereinnahmen bis 2020 so auswirken werden, dass sich im „weiteren Metropolenraum“ - wie er jetzt heißt - die Zuweisungen pro Einwohnerin und Einwohner um 18 Euro und im Berliner Umland um etwa 30 Euro pro Kopf verringern werden. Das wirft die Frage auf, warum diese Effekte entstehen, wer zu den armen und wer zu den reicheren Kreisen gehören wird. Das unterschiedliche Gefälle der Mittelrückgänge in den Kommunen und Landkreisen zeigt nicht zwingend einen Zusammenhang von Soziallasten und Rückgang der Zuweisungen. Insofern denke ich, sollten wir über den Soziallastenausgleich und darüber, wie man ihn bemisst, gründlich diskutieren, um erwünschte Effekte zu erzielen. So habe ich auch die Anfragen der SPD-Fraktion verstanden. Das braucht allerdings noch Zeit.
Dann will ich noch sagen, dass ich die Erhöhung des Ausgleichsfonds - § 16 - begrüße, weil wir damit im Notfall dringend notwendige Investitionen direkt fördern können. Ich freue mich auf die Diskussionen, auch mit den kommunalen Spitzenverbänden, und empfehle Ihnen heute die Zustimmung. - Vielen Dank.
Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Herr Abgeordneter Vogel hat das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Anlass der heutigen Diskussion ist ein dreijähriger Überprü
fungsturnus des kommunalen Finanzausgleichs. Lassen Sie mich vorneweg sagen: Dieser Gesetzentwurf ist bestenfalls Erfüllung einer Pflichtaufgabe; er kratzt noch nicht einmal an der Oberfläche, sondern wischt höchstens ein Stäubchen beiseite.
Es gibt praktisch keine wesentlichen Veränderungen. 5 Millionen Euro werden innerhalb des vertikalen Finanzausgleichs umgeschichtet, das macht 3 Promille von 1,9 Milliarden aus. Insofern reden wir heute nicht über einen großen Wurf, auch wenn die Regierung versucht, es so darzustellen.
In der Gesetzesbegründung selbst wird zum horizontalen Finanzausgleich - und der wäre wirklich wichtig -, nämlich zum Lenk-Gutachten ausgeführt, dass die Meinungsbildung innerhalb der Landesregierung und auch mit den kommunalen Spitzenverbänden noch nicht abgeschlossen ist. Letztendlich wird die entscheidende Frage sein: Wie wird die Solidarität unter den Kommunen ausgestaltet, nicht nur im Rahmen der Abgabeverpflichtung der sogenannten abundanten Gemeinden, sondern in den Verteilungsschlüsseln bei den Schlüsselzuweisungen? Denn auch das muss ja klar sein: Die 18,2 Millionen Euro, die die abundanten Gemeinden in die Verbundmasse abführen sollen, werden in der Diskussion völlig überbewertet. Sie machen gerade mal 1 % des Gesamtvolumens aus. Viel wichtiger ist, wie innerhalb der zur Verfügung stehenden Verbundmasse die Mittel verteilt werden.
Kommen wir aber zunächst zum vertikalen Finanzausgleich. Es ist mehrfach angesprochen worden: Der systemwidrige Vorwegabzug soll von 50 Millionen Euro auf zunächst einmal 30 Millionen und dann bis 2016 auf null abgesenkt werden. Wir haben - wie auch CDU und FDP - in den letzten Jahren wiederholt die sofortige Absenkung auf null gefordert. Wir sehen aber - und so viel Ehrlichkeit muss auch sein -, dass aufgrund des BER-Desasters, aufgrund der Verantwortung der Herren Platzeck, Markov und Christoffers, derzeit nicht das Geld zur Verfügung steht, um den Kommunen tatsächlich auch noch diese 30 Millionen Euro zu geben. Es kann doch niemand davon ausgehen, dass 444 Millionen Euro so aus dem Handgelenk geschüttelt und alle anderen Aufgaben auch noch zusätzlich aufgestockt werden können, sondern das hat nun einmal Konsequenzen, und die treffen an dieser Stelle die Kommunen. Das kann man auch einmal deutlich auf den Punkt bringen. Nachdem aber im Haushaltsentwurf 2014 30 Millionen Euro für den Flughafen eingestellt worden sind, die absehbar nicht benötigt werden, weil nun alles 2013 finanziert werden soll, besteht eigentlich überhaupt kein Problem, im Jahr 2014 den Vorwegabzug auf null herabzusenken.
Es ist mehrfach angesprochen worden, dass trotz des Absinkens der investiven Solidarpaktmittel die Finanzausgleichsmasse insgesamt auf 1,9 Milliarden Euro ansteigt. Es ist wichtig, dass die investiven Solidarpaktmittel zweckgebunden zum Ausgleich und zum Nachholen der Rückstände in der Infrastrukturentwicklung gedacht waren. Wir können nicht damit rechnen, dass wir nach 2019 dafür noch Mittel bekommen. Jetzt kommt es selbstverständlich darauf an, diese Mittel nachhaltig einzusetzen, nicht für Spaßbäder, wo anschließend der Ausgleichsfonds den bedrohten Kommunen zur Seite springen muss.
Kommen wir zum viel spannenderen Teil des horizontalen Finanzausgleichs. Der Finanzminister hat sehr verdienstvoll eine Broschüre, die ich Ihnen allen zur Lektüre anempfehle, veröf
fentlicht: „Kommunalfinanzen? Was ist das denn?“ aus der Reihe „Kinderleicht“. Man lernt aus dem Kapitel „Der kommunale Finanzausgleich“ nicht nur, dass der Finanzminister Moped fährt, sondern er führt darin aus, dass die Kommunen erhebliche Unterschiede in der Finanzlage haben. Ich zitiere das jetzt, das ist mir wichtig:
„Stellt Euch vor, diese Differenzen würden nicht ausgeglichen. Das hätte zur Folge, dass eine Aufgabenerfüllung auf relativ gleichem Niveau in der Gesamtheit aller Kommunen nicht gewährleistet wäre. Oder anders: Das Leben in Bronkow würde sich schlechter gestalten als das Leben in Potsdam. Selbstverständlich will das keiner.“
Nun, wie sieht es denn aus mit dem Leben in Bronkow? - Ich werde es aber nicht mit Potsdam vergleichen, sondern mit Kleinmachnow, weil Potsdam nun doch zu sehr aus dem Rahmen fällt. Bronkow hat 628 Einwohner, das sind 16 Einwohner pro Quadratkilometer. Kleinmachnow dagegen hat 20 000 Einwohner, das sind 1 690 Einwohner pro Quadratkilometer. Ich darf Sie fragen: Wo ist der Finanzbedarf höher, in der Speckgürtelgemeinde mit direktem Zugang nach Berlin oder im ländlichen Raum, der neuerdings als erweiterte Metropolenregion bezeichnet wird, mit langen Wegen, hoher Arbeitslosigkeit usw.? Ich glaube, die Antwort ist klar. Hier muss gehandelt werden, und das Lenk-Gutachten muss ausgewertet werden.
Insofern begrüßen wir auch die Diskussion über einen Sozialkostenfaktor. Wir sind der Überzeugung, dass diese Diskussion jetzt geführt werden muss. Weder wollen noch sollen wir dieses Gesetz zweimal anpacken, sondern wir sollten tatsächlich ein Gesetz aus einem Guss machen, auch wenn es erst im November oder Dezember verabschiedet werden kann. Ich denke, das ist dringend erforderlich. In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine spannende Beratung in allen Ausschüssen. - Danke.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Die Aussprache wird nunmehr beendet mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Dr. Markov hat das Wort.
Frau Vizepräsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese rot-rote Landesregierung und die sie tragende Koalition hätten es sich einfach machen können. Sie hätten es so machen können wie andere Bundesländer. Das können Sie selbst nachschauen. Diese sagen, weil die Gewerbesteuereinnahmen in den Kommunen steigen: Wir stellen um auf eine Bedarfszuweisung. - Das bedeutet für Thüringen im Jahr 2013 eine Minimierung der Zuführung an die Kommunen; im Verhältnis zu 2012 sind es 180 Millionen weniger.
Diese rot-rote Landesregierung hat sich genau für den anderen Weg entschieden. Wir geben unseren Kommunen mehr Geld!
Zweitens: Ich glaube, Sie haben sich verrechnet, Herr Burkardt. Das war kein böser Wille, das unterstelle ich Ihnen nicht.
Ich wiederhole: 2013 bekommen die Kommunen - wenn Sie so wollen - 20 Millionen Euro mehr, weil wir den Vorwegabzug minimieren. Sie haben gesagt, 2014 wären es 10 Millionen. Nein, es sind nicht 10 Millionen, sondern 30 Millionen! 2014 30 Millionen, 2015 40 Millionen und ab 2016 50 Millionen. Wenn Sie das im Rahmen dieser mittelfristigen Finanzplanung zusammenzählen - 50 plus 40 sind 90, plus 30 sind 120, plus 20 sind 140 -, kommen Sie zu dem Ergebnis: Es sind 140 Millionen Euro, die den Kommunen mehr verbleiben.
- Jawohl, Sie haben Recht, ursprünglich hat das Land den Kommunen über diesen Vorwegabzug dieses Geld …
- Ja, Sie waren dabei! Ich finde das wunderbar, weil Sie heute früh die Sozialdemokraten dafür kritisiert haben, dass sie lernfähig sind und jetzt, unter anderen politischen Bedingungen, andere politische Entscheidungen treffen. Ich finde das richtig. Politik muss lernfähig sein. Und ich finde es schön, wenn Sie heute hier dokumentieren, dass auch die CDU lernfähig ist, dass der damalige Entscheid, den Sie mitgetragen haben, falsch war
und dass Sie jetzt sagen: Das wollen wir nie wieder und werden wir nie wieder machen. - Dann erklären Sie das bloß bitte auch Ihren Thüringer Kollegen! Dafür sind Sie nicht verantwortlich, das verstehe ich, aber die CDU stellt ja dort die Regierungschefin. Die Zahlen bei den Kommunen dieses Landes habe ich Ihnen gerade gezeigt.
Sie haben Recht, Herr Vogel: Der horizontale Finanzausgleich ist das Hauptproblem, aber da ist sich die kommunale Familie eben nicht einig. Sie können durchaus einmal nachlesen, was zwischen Herrn Böttcher und Herrn Dr. Humpert debattiert wird. Der Landkreistag hat zwangsläufig vollkommen andere Interessen als der Städte- und Gemeindetag. Und das Land ist es eben nicht, das sagt: „So ist es“, sondern wir versuchen, eine Lösung zu finden, die einen Kompromiss - ich habe das vorhin ausgeführt - herbeiführt, der die unterschiedlichsten Interessenslagen berücksichtigt. Deswegen dauert das viel länger! Beim vertikalen Finanzausgleich sind sich alle sofort einig, weil es da nur die „Knetschi“ vom Land gibt. Aber wenn sie untereinander ausgleichen sollen - da hört das Solidaritätsverständnis eben auf.
Ich finde es richtig, dass diese Landesregierung sagt: Es geht nur gemeinsam! Denn es soll ja auch verfassungskonform sein, damit wir im horizontalen Finanzausgleich nicht permanent mit Klagen konfrontiert sind. Das habe ich erläutert: Wir haben versucht, mit den abundanten Gemeinden einen horizontalen Ausgleich zu schaffen, und wir haben drei Verfassungsklagen. Ich glaube, die werden wir gewinnen, aber trotzdem ist das ein Zeichen von unterschiedlichen Interessenslagen. Deswegen ist der horizontale Finanzausgleich sehr schwierig: weil er langfristige Debatten bewirkt.
Da haben Sie Recht: Bronkow und Kleinmachnow - ja! Sie haben das richtigerweise zitiert, aber Sie haben die Betonung an
ders gesetzt. Da steht: Das Ziel ist, gleichwertige Lebensbedingungen zu schaffen. - Wenn etwas Ziel ist, ist es noch nicht Realität, sondern dann ist es das, was wir anstreben. Deswegen befassen wir uns permanent mit dem Finanzausgleichsgesetz, um wenigstens das zu tun, was wir dazu beizutragen können, damit sich der Bürger in Bronkow - in seiner Stadt - genauso wohlfühlt - und so eine kleine Stadt ist nun mal etwas anderes als Potsdam - wie der Potsdamer in Potsdam. Die Bürger müssen sich da wohlfühlen, wo sie leben. Das ist Aufgabe einer Landesregierung, das ist Aufgabe von Politik und das machen wir.
Die Landesregierung hat 2 Minuten und 37 Sekunden erarbeitet. Von welcher Fraktion gibt es Bedarf, diese Redezeit zu beanspruchen? - Es besteht kein Bedarf. Damit sind wir am Ende der Aussprache angelangt.
Wir kommen zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs in Drucksache 5/5964, Drittes Änderungsgesetz zum Brandenburgischen Finanzausgleichsgesetz, an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen federführend - und an den Ausschuss für Inneres. Wer diesem Überweisungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag einstimmig überwiesen worden.