Protocol of the Session on August 30, 2012

(Zuruf: Bravo! sowie Beifall CDU)

Wissen Sie, Herr Büchel: Die Zinsen für einen Überziehungskredit sind so hoch, weil es ein kurzfristiger Kredit ist, weil es keinerlei Überprüfungen auf Sicherheiten gibt und weil es einen sehr großen Kontroll- und Bearbeitungsaufwand für die Banken bedeutet, die Kunden, die ihr Konto regelmäßig überziehen, immer wieder zu überwachen. Genau deshalb ist eben dieser Preis etwas höher als für einen Hausbaukredit. Nicht mal den kriegt man für 5 %. Ich weiß nicht, wo Sie leben, Herr Büchel. Wenn ich hier im Landtag von Ihnen höre, der Dispozins müsse bei 5 % liegen, kann ich die Welt irgendwo nicht mehr verstehen - das muss ich ehrlich sagen.

Deshalb sagen wir: Wir lehnen eine gesetzliche Zinsfestlegung ab. Wir sind sehr dafür, dass sich diese Dinge über Transparenz und Wettbewerb am Markt regulieren, und wir sind auch dafür, dass der Verbraucher, der Kunde, auf seinem Kontoauszug besser und genauer darüber informiert wird, wie viele Kosten ihm sein Dispokredit verursacht.

Aber eines dürfen wir doch alle miteinander nicht vergessen: So, wie Sie hier vorn gesprochen haben, fordern wir die Menschen doch eigentlich auf, auf Dauer auf Pump zu leben!

(Görke [DIE LINKE]: Das ist Ihr Horizont! - Zurufe der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

Wenn Sie sagen, ein Dispo dürfe nichts kosten, weil der HartzIV-Empfänger sich auch einen Fernseher leisten können muss ob er Geld hat oder nicht -, denn dafür habe er seinen Dispo bei der Bank, und der dürfe bitte schön auch nichts kosten, und wenn der Dispo ausgeschöpft sei, würde er weiter aufgestockt werden - ist das doch unverantwortlich, was Sie mit den Bürgerinnen und Bürgern machen, Frau Mächtig!

(Beifall CDU - Frau Mächtig [DIE LINKE]: Sie hätten lieber zuhören sollen!)

Wir alle können doch kein Interesse daran haben, dass Menschen, die mit ihrem Monatseinkommen nur sehr schwer über die Runden kommen, sich dauerhaft und immer wieder neu verschulden. Genau in diese Schuldenfalle treiben Sie doch die Menschen, wenn der Dispozinssatz so niedrig - bei 5 % - festgelegt wird, wie Sie das haben wollen, Herr Büchel - das muss ich Ihnen ehrlich sagen.

(Holzschuher [SPD]: Diese Logik kann keiner mehr nach- vollziehen!)

Das ist ein starkes Stück!

Herr Holzschuher, ich weiß nicht, sind Sie für diesen Antrag?

(Holzschuher [SPD]: Ja!)

- Gut, das werden Sie uns dann vielleicht noch erklären.

(Heiterkeit und Unruhe)

Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ein Leben auf Pump kann nicht die Devise sein, jedenfalls nicht für uns als CDU-Fraktion, und ein Dispo ist normalerweise dafür da, eine ganz kurzfristige

(Glocke der Präsidentin)

Finanzklemme zu überbrücken, aber er sollte nie zum dauerhaften Instrument werden. Die Sparkassen bieten deshalb ihren Kunden - wenn sie dauerhaft nicht aus ihren Dispokrediten herauskommen - an, in einen Ratenkredit umzuschulden, der mit Sicherheiten versehen ist und für den man einen vernünftigen Zinssatz bekommt.

Aber auf Dauer mit Dispo auf Pump zu leben kann nicht unser gemeinsames Ziel sein. Wir lehnen deshalb eine gesetzliche Zinsregelung ab. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Wichmann. - Die Aussprache wird mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fortgesetzt. Die Abgeordnete Kircheis wird sprechen.

(Lakenmacher [CDU]: Da sind wir ja gespannt! - Dr. Luthardt [DIE LINKE]: Hoffentlich kein Filmriss!)

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eines habe ich in der internationalen Wirtschaftskrise von 2007 gelernt: Banken dürfen auf keinen Fall pleitegehen, auch wenn sie noch so viele Milliarden Euro oder Dollar verbrannt haben.

(Zuruf von der CDU: Flughäfen auch nicht!)

weil sie Kreditrisiken völlig falsch eingeschätzt haben. Auch wenn sie in ihrem schieren Größenwahn Fehler über Fehler begangen haben, noch immer sitzen Europas Banken auf der unglaublichen Zahl von 1 000 Milliarden Euro fauler Kredite. Na und? - Der Steuerzahler wird es schon richten, auch wenn es ihn am Ende Hunderte von Milliarden Euro kostet.

(Zuruf von der CDU: Flughafen!)

Was macht das schon, auch wenn der Staat dabei Pleite geht, die Sozialsysteme zusammenbrechen, die Bürgerinnen und Bürger ins Elend stürzen? Wen stört es? - Die Hauptsache ist, die Banken sind gerettet. Und, sind die Banken dem Steuerzahler dafür dankbar? Zeigen sie sich gar in irgendeiner nützlichen Form bei dem Steuerzahler für seine Unterstützung erkenntlich? - Nein, das kommt gar nicht infrage. Fehlanzeige! Wenn Bürgerinnen und Bürger einmal unverschuldet finanziell in Not geraten, können sie nicht auf die Solidarität der Banken bauen.

(Unruhe bei der CDU - Frau Mächtig [DIE LINKE]: Hö- ren Sie doch einmal zu, wenn Sie es schon nicht verste- hen!)

Wer seinen Kredit nicht bedienen kann, der fliegt. Wer seinen Dispokredit in Anspruch nehmen muss, der wird abgeschöpft.

Frau Abgeordnete Kircheis, lassen Sie eine Frage von Herrn Beyer zu?

Nein, das ist nicht nötig. - Ich habe durchaus Verständnis dafür, dass Dispozinsen über dem Niveau eines Baukredites liegen, der in der Regel mit bis 4,5 % verzinst wird. Schließlich soll der Verbraucher nur kaufen, was er auch bezahlen kann, denn, wie wir alle wissen, hat gerade das Leben auf Pump in großen Teilen der westlichen Welt mit dazu beigetragen, dass wir überhaupt da sind, wo wir heute nach wie vor stehen.

Frau Abgeordnete Kircheis, es gibt weiteren Fragebedarf bei der CDU. Möchten Sie dem entsprechen?

Nein, die CDU hat ja geredet, es ist alles gesagt worden.

Vielen Dank.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn Banken von ihren Kunden Dispozinsen von bis zu 14 % verlangen, also das Drei- oder Vierfache der Zinsen eines Baukredites, dann kann ich dafür kein Verständnis mehr haben. Hier ist eine gesetzlich vorgeschriebene Grenze notwendig, auch wenn wir alle wissen, dass ein Dispokredit für normale Verbraucher zuweilen nützlich und manchmal hilfreich ist, egal wie sparsam man wirtschaftet. Eine unerwartete Autoreparatur steht an, die Jahresenergieabrechnung flattert ins Haus. Jeder kennt diese Situation.

Aber auch kleine Handwerksfirmen, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, und Kleinstunternehmer wie der Malermeister an der Ecke können schnell in eine kurzzeitige Kreditklemme rutschen. Ein Auftraggeber nimmt es mit der Zahlungsmoral nicht allzu genau, die Lohn- und Gehaltszahlungen für die Mitarbeiter sind zu leisten, und schon wird es schwierig für diejenigen, die als Steuerzahler die Banken gerettet haben, und zwar im Übrigen ohne, dass sie gefragt worden wären. Aus meiner Sicht haben wir hier einen klassischen Fall von Marktversagen. Der Markt verhält sich irrational, die Zinsen bilden das Risiko eben nicht genau ab. Trotz der weltweiten Bankenfastpleite leihen sich die Banken das Geld untereinander immer noch zu einem Zinssatz von 0,5 %. Die EZB pumpt es zu genau 0,75 % auf den Markt, um alle Banken liquide zu halten.

Der beispielhaft erwähnte Malermeister - es könnte auch der Bauunternehmer sein - soll jedoch 12 bis 14 % Zinsen zahlen, obwohl er selbst seine Rechnungen immer pünktlich bezahlt hat, obwohl er sich noch nie abenteuerlich in Investments mit irgendwelchen Swap-Geschäften auf den Kaimaninseln verspekuliert hat oder jahrelang faule Subprime-Kredite vergeben hat. Ich als Steuerzahlerin würde mein Geld lieber dem Malermeister leihen, statt es Instituten wie Hypo Real Estate oder Hypo Alpe-Adria-Bank International anzuvertrauen. Dann weiß ich nämlich, dass ich es in jedem Fall wiederbekomme. Doch faktisch ist es genau umgedreht. Diese Banken haben zwar bewiesen, dass sie nicht sorgfältig wirtschaften können, zeigen uns aber immer noch, dass sie ihren Managern unverschämt hohe Boni für ihre ungenügende Arbeit zahlen.

(Zuruf von der CDU: Das passiert dem Flughafenchef Gott sei Dank nicht!)

Aber sie haben bis heute unbegrenzt Kredit zu niedrigsten Zinsen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, was wir brauchen, sind endlich wirksame Maßnahmen gegen diese Form von Zinswucher bei Dispokrediten. Ich bin froh, dass auch die Bundesverbraucherschutzministerin, Ilse Aigner, dies erkannt hat. Das ist schon viel, auch wenn sie von einer gesetzlichen Obergrenze nichts wissen will. Sie möchte nach eigenem Bekunden im Herbst ein Spitzengespräch über faire Bankkondi

tionen mit Vertretern der Kreditinstitute und anderen Beteiligten führen. Abgesehen davon, dass es sich hierbei um eine reine Absichtserklärung handelt, kann man sich nur fragen: Was soll dabei herauskommen? - Dass die Banken freiwillig ihre Dispozinssätze senken und aus eigenem Antrieb auf Geld verzichten? Das glauben Sie doch nicht wirklich. Insofern hoffe ich, dass wir damit etwas anstoßen können, was am Ende wirklich den Verbraucherinnen und Verbrauchern nützt. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kircheis. Sie haben mit Ihrem Beitrag Kurzinterventionslüste ausgelöst. Herr Abgeordneter Beyer hat als Erster das Wort.

(Zurufe)

Erst Herr Beyer, dann Sie.

(Weitere Zurufe)

Sie müssen warten, ich kann ja nur einem das Wort erteilen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich hätte es zu dieser späten Stunde nicht erwartet. Ich möchte zunächst zu Protokoll geben, dass ich es als ungeheuerlich empfinde, dass bei einer Debatte von einer solch volkswirtschaftlichen Tragweite weder der Finanzminister noch der Wirtschaftsminister hier im Raum anwesend sind. Das erstens.

(Beifall CDU und FDP)

Zweitens. Frau Kollegin Kircheis, ich hätte mir gewünscht, dass Sie eine Zwischenfrage gestatten. Ich hatte nämlich in der Tat nur eine Frage. Ich möchte Ihnen hier die Gelegenheit geben, diese Frage in Form der Kurzintervention zu beantworten. Der Kollege Büchel hat in seinen Ausführungen gefordert, dass der Zinssatz für Dispokredite auf 5 % begrenzt werden soll.

(Zuruf des Abgeordneten Büchel [DIE LINKE])

Das haben Sie wörtlich hier gesagt, 5 %, und das ist nicht Gegenstand dieses Antrages!