Es wurde schon angesprochen, dass es zu Zeitverzögerungen bei Vergaben käme. Nicht nur, dass Sie noch eine Frist von 14 Tagen ins Land gehen lassen wollen, bis überhaupt der Zuschlag erteilt werden kann; Sie wollen auch noch die Widerspruchsmöglichkeit mit einer - übrigens kostenpflichtigen automatischen Nachprüfung durch die Vergabeprüfstelle - die Frist liegt wiederum bei 14 Tagen - verbinden.
Ich könnte es ja verstehen, wenn Sie eine Nachprüfung durch die Vergabestelle auf Antrag fordern würden. Aber das wollen Sie gar nicht, sondern Sie wollen eine automatische Nachprüfung, und das soll zwischen 100 und 1 000 Euro kosten. Ich muss ehrlich sagen: Man müsste es doch dem Unternehmer selbst überlassen, ob er, wenn er einen Ablehnungsbescheid bekommt, vor die Vergabeprüfstelle ziehen will oder nicht.
Es ist nicht ganz von der Hand zu weisen, was Herr Domres gesagt hat: Ihnen von der CDU passt die ganze Richtung nicht. Ihnen passt weder die Debatte über Mindestlöhne noch die über Tariftreuevereinbarungen. Sie wollen nicht das, was wir wollen - das kann ich auch verstehen -, dass etwa auch soziale und weitergehende ökologische Kriterien in die Vergabeentscheidung einfließen. Da Ihnen aber die ganze Richtung nicht passt, erwecken Sie mit Ihrem Gesetzentwurf den Eindruck, noch weiter Sand ins Getriebe streuen zu wollen. Ich denke, das kann in niemandes Interesse sein. Wir müssen uns vielmehr gemeinsam Gedanken darüber machen, wie wir das Verfahren entbürokratisieren können. Das Gesetz enthält viel überflüssi
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Vogel. - Für die Landesregierung setzt Herr Minister Christoffers die Aussprache fort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich eine Vorbemerkung machen: Wir haben im Zuge der Einbringung und Verabschiedung des Vergabegesetzes eine intensive und interessante politische Debatte über die Frage geführt, was eigentlich Sinn und Zweck des Gesetzes ist. Eines unserer Ziele war es, für die Arbeit der Vergabestellen die Rechtsunsicherheit zu beseitigen. Wir hatten schon immer die Bestimmungen der VOB, was wirtschaftliche Angebote betrifft, und wir hatten die Landeshaushaltsordnung zu beachten. Wir alle wissen, dass in der Praxis meist trotzdem das billigste Angebot genommen worden ist.
Wir haben in dem Vergabegesetz - das war eines unserer wesentlichen Anliegen - erweiterte Möglichkeiten geschaffen, um im Rahmen der Abwägung, die geboten ist, auch andere Kriterien als den Preis zur Anwendung kommen zu lassen. Der Preis sollte nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium sein.
Ich glaube, unser Ansatz war und ist ein politischer Erfolg. Eine Reihe von Ländern, zum Beispiel Berlin und MecklenburgVorpommern, geht mittlerweile diesen Weg. Daran wird deutlich, dass ein derartiges Landesvergabegesetz sinnvoll ist.
Zweitens: Herr Vogel, Sie haben völlig Recht: Die Mittel sind noch nicht abgerufen. Wir haben auch nicht gesagt, dass wir sie einfach bereitstellen. Dies erfolgt nur auf Antrag; ein solcher liegt bisher nicht vor. Wir waren bis zuletzt mit den Kommunen im Gespräch über die Frage der Kostensätze. Ich sehe mich außerstande, einen Kostensatz einfach festzusetzen und dann den Kommunen Geld zu überweisen.
Wir haben jetzt einen Vorschlag erarbeitet, er ist gegenwärtig in der Abstimmung mit den Institutionen. Ich bin sehr gespannt, ob man unserer Kostenschätzung tatsächlich folgen wird, und dann werden sicherlich Mittel abfließen. Dafür sind sie eingestellt.
Drittens: Wir haben eine Evaluierung des Gesetzes verabredet, und ich glaube, es ist normal, dass man die Wirkung eines Gesetzes erst einmal eine Zeit lang überprüfen muss, ob es tatsächlich einen Veränderungsbedarf gibt. Ich plädiere sehr dafür, dass wir uns die Zeit lassen
und die Evaluierung abwarten. Wenn es dann Veränderungsnotwendigkeiten gibt, kann und muss man diesen Weg gehen. Herr Homeyer, die Grenzen, die Sie eingeführt haben, halte ich für gerade noch beherrschbar, um es einmal so deutlich zu sagen. Allerdings gehen Sie in der Begründung aus meiner Sicht einen falschen Weg.
Die Diskussion über einen Primärrechtsschutz unterhalb der EU-Schwellenwerte ist nicht durch das Vergabegesetz initiiert worden, sondern 1999 durch ein entsprechendes Bundesgesetz, das genau diesen Primärrechtsschutz unterhalb der EU-Schwellenwerte abgeschafft hat, und nur die auf freiwilliger Basis existierenden Institutionen wie die Vergabekammer hier im Land Brandenburg konnten weiter existieren. Das heißt, nicht unser Vergabegesetz hat die Debatte um Primärrechtsschutz unterhalb der EU-Schwellenwerte ausgelöst, sondern die bundesgesetzliche Veränderung von 1999.
Deshalb gab es 2001 eine Anfrage aus diesem Parlament an die damalige Landesregierung, ob sie gedenke, den unterschwelligen Primärrechtsschutz wieder einzuführen. Darauf war die Antwort der damaligen Landesregierung, dass dies ein dermaßen tiefgehender Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung sei, dass sie diesen Weg nicht gehen wolle. Das ist - nebenbei bemerkt - ein Punkt, den Sie in dem Gesetzesantrag überhaupt nicht thematisiert haben, und trotzdem ist es ein Problem. Sie wiesen in Ihrer Rede darauf hin, dass es dabei sehr viele rechtliche Sachverhalte zu berücksichtigen gibt.
Insofern, meine Damen und Herren, halte ich Ihren Antrag zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht richtig. Wir müssen die Wirkungsweise des Gesetzes überprüfen und die Evaluierung abwarten, um dann zu entscheiden: Gibt es Handlungsbedarf oder nicht? Diese Zeit sollten wir uns nehmen und nicht jetzt eine Regelung einführen, die nicht nur zu einem Aufwuchs von Bürokratie und Personal führen würde, sondern wir müssten mit Sicherheit eine Reihe von Arbeitsabläufen völlig neu gestalten.
Wir haben gegenwärtig bei EU-Vergaben eine Frist von sechs Wochen. Das ist schon kompliziert genug. Die Zeiträume, die Sie in Ihrem Gesetzentwurf angeben, liegen noch deutlich darunter. Ich sage Ihnen: Ich denke, wir teilen alle - wenn auch in unterschiedlicher politischer Ausprägung - den Ansatz, dass wir den Brandenburger Mittelstand soweit es geht am öffentlichen Auftragswesen partizipieren lassen müssen. Das ist doch völlig unstrittig. Ich bezweifle allerdings, dass mit dem von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurf dieses Ziel tatsächlich erreicht wird, …
… weil noch nicht einmal die Notwendigkeit ausreichend dokumentiert werden kann, dass diese Gesetzesänderung tatsächlich notwendig ist.
Recht herzlichen Dank, Herr Minister, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. - Sie hatten ausgeführt, dass das Gesetz mo
Ich wollte gerade sagen, das Gesetz ist am 1. Januar 2012 in Kraft getreten. Ich finde, ehrlich gesagt, keine Bestimmung, nach der geregelt wäre, dass das Gesetz für die Kommunen erst dann gilt, wenn Verordnungen erlassen sind.
Sie haben völlig Recht, Herr Vogel. Das habe ich auch nicht ausgeführt. Ich habe ausgeführt, dass wir aus dem Fonds, den das Wirtschaftsministerium im Etat hat, noch nichts ausgereicht haben, weil noch keine Anträge auf Erstattung von Bearbeitungsaufwand vorliegen. Ich habe nicht gesagt, dass das Gesetz keine Anwendung findet. Das ist ein wesentlicher Unterschied.
Mit der Bitte, auch an Sie als Parlament, den vereinbarten Fahrplan der Evaluierung abzuwarten, um danach auf Notwendigkeiten reagieren zu können, würde ich empfehlen, über den Gesetzentwurf jetzt nicht zu entscheiden. - Danke schön.
Vielen Dank, Herr Minister Christoffers. - Herr Abgeordneter Homeyer von der CDU-Fraktion erhält die Gelegenheit, die Aussprache zu beenden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich hätte nicht erwartet, dass dieser Gesetzentwurf, der eigentlich eine ganz trockene Materie beinhaltet, bei Ihnen, meine Damen und Herren, dazu führt, mir Dinge zu unterstellen, die ich überhaupt nicht in Erwägung gezogen habe.
Ich will hier mitnichten, Herr Kollege Vogel, Sand ins Getriebe streuen, weil ich irgendwelche Grundauffassungen habe. Die Dinge sind eigentlich verhältnismäßig einfach. Ich möchte mich aber an dieser Stelle zunächst einmal bei Minister Christoffers für seinen sachlichen Beitrag und die Befassung mit der Materie bedanken. Er weiß eben um die Dinge, und er weiß auch um die Meinung der Unternehmen sowie der Verbände in dieser Frage. Insofern war das wirklich ein wohltuender Unterschied zum Beitrag von Herrn Kosanke.
Selbstverständlich, Herr Kollege Vogel, wird das Vergabegesetz angewendet, nur eben sehr unterschiedlich, weil noch keine Durchführungsbestimmungen erlassen worden sind, da die Verordnungen noch fehlen. Das führt eben auch zu Unsicherheit im Land. Selbstverständlich bin ich nach wie vor der Mei
nung, dass dieses Gesetz zu Bürokratie geführt hat und zu noch mehr Bürokratie führen wird. Ich habe „Bürokratiemonster“ gesagt, und dazu stehe ich auch. Es war eine politische Bewertung des Gesetzes.
Was will ich? Was wollen wir? Es geht uns einzig und allein darum: Wir möchten mit diesem Gesetz - dabei vertrete ich hier nun einmal als wirtschaftspolitischer Sprecher die Interessen der brandenburgischen Unternehmer - den Rechtsschutz für Unternehmen verbessern, und zwar dergestalt, dass wir sagen: Im Unterschwellenbereich, zum Beispiel bei Bauleistungen, soll es die Möglichkeit geben, auch bei einem Auftragswert von unter 5 Millionen Euro Rechtsschutz in Anspruch nehmen zu können, ohne vor Gericht zu ziehen. Das geschieht in diesem Land bei Auftragsvergaben nach dem neuen Vergabegesetz schon seit Monaten. So ist das eben.
Es gibt Unternehmen, die sagen, da sei etwas nicht sauber gelaufen. Es war eine Straßenbaumaßnahme. Sie finden es sehr kritikwürdig, das der Dritte gewinnt, wenn sie der Günstigste sind. Dazu haben sie eine Meinung und glauben, es sei nicht sauber gelaufen. Um es einmal ganz praktisch zu sagen, Herr Minister Christoffers: Dieses Unternehmen im mittelständischen Bereich muss dann eine Entscheidung treffen, weil es unter 5 Millionen Euro liegt: Gehen wir nun vor Gericht, oder tun wir das nicht? So einfach ist das. Man weiß, dass es vor Gericht sehr lange dauert und es auch nicht so nett ist, sich mit einer Kommune, mit einer Stadt vor Gericht auseinanderzusetzen. Man will ja auch zukünftig noch Aufträge haben. Wir wissen doch alle, wie das läuft. Und dann verzichtet man. Am Ende bleibt Rechtsunsicherheit. Deshalb haben wir diesen Vorschlag gemacht. Es sollte ein Beitrag dazu sein, mit diesem Gesetz die Rechtssicherheit im Land zu erhöhen, nicht mehr und nicht weniger.
Ich kann mich auch damit abfinden, wenn Sie sagen, wir müssen erst evaluieren. Ich befürchte aber, dass, wenn Sie Ihre Verordnungen alle erlassen haben, die Rechtsunsicherheit noch größer wird, und ich denke, Sie werden auch mit zwei Jahren Evaluierung bei diesem Gesetz nicht hinkommen. Warten Sie einmal ab, Herr Minister! - Danke schön.
Danke schön, Herr Abgeordneter Homeyer. - Wir kommen zur Abstimmung. Die CDU-Fraktion beantragt die Überweisung des Gesetzentwurfes in Drucksache 5/5813, Erstes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Gesetzes über Mindestanforderungen für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen (Bran- denburgisches Vergabegesetz), an den Ausschuss für Wirtschaft. Wer dieser Überweisung Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist die Überweisung mehrheitlich abgelehnt.
Da dies der Fall ist, kommen wir zur Abstimmung über den Gesetzentwurf, Drucksache 5/5813, eingebracht durch die CDU-Fraktion, Erstes Gesetz zur Änderung des Brandenburgischen Gesetzes über Mindestanforderungen für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen. Wer dem Gesetzentwurf zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Bei einer Enthaltung ist der Gesetzentwurf mehrheitlich abgelehnt.
Brandenburg - „Europäisch gewachsen“ Bericht zur Umsetzung der „Strategie für die Stärkung von Innovation und Kreativität im Mittelstand“ (EER-Strategie)
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Christoffers, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die letzte Landtagsbefassung mit der EER-Strategie fand im Januar 2011 statt. Damals ging es um die Eröffnungsbilanz, also um den Grundstock der Strategie, und es ging gleichzeitig um die Grundlagen der Brandenburger Mittelstandspolitik für die gesamte Legislaturperiode sowie um die Vorbereitung der nächsten Strukturfondsperiode ab 2014.
Nach gut anderthalb Jahren ist die Zwischenbilanz positiv. Brandenburg ist in den Jahren 2011 und 2012 stärker in den europäischen Prozess eingebunden worden. Ausschlaggebend dafür waren neue oder weiterentwickelte Elemente insbesondere in der Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik und damit in den Kernbereichen der Mittelstandsförderung.
Beispiele aus der Wirtschaftspolitik sind hier die neuen GRWG-Richtlinien, der Brandenburg-Kredit Mikro, die Erweiterung des Innovationsprogramms PROVIEL oder auch RENplus. Aber auch die verbesserten Förderkonditionen beim Innovationsgutschein sollten hier Erwähnung finden.