Protocol of the Session on August 30, 2012

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/5818

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE. Der Abgeordnete Büchel hat das Wort.

Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Am 5. Juli 2012 haben die Notenbänker der Europäischen Zentralbank den Leitzins in der Eurozone auf einen historischen Tiefstand auf ganze 0,75 % - gesenkt. Das war wahrlich eine wirklich historische Entscheidung. Erstmals seit der Gründung der Europäischen Währungsunion liegt somit dieser Satz unter 1 %. Somit können sich die Banken sehr günstig, günstiger als nie, Geld von der EZB leihen. Jedoch merkt der Kreditnehmer genau davon nichts, eher im Gegenteil. Wenn das Girokonto überzogen wird, werden im Land Brandenburg bei den unterschiedlichen Kreditinstituten mal schnell bis zu 13 % für Überziehungszinsen fällig. Und das ist Abzocke.

(Beifall DIE LINKE)

80 % der Haushalte erhalten von ihrer Bank einen Dispokredit. Jeder sechste Bankkunde steht mit seinem Girokonto im Minus. Das Volumen der Überziehungskredite liegt bei 41 Milliarden Euro. Jeder Prozentsatz Dispozins macht also 410 Millionen Euro Kosten im Jahr für den Bankkunden, aber interessanterweise dann natürlich auch zusätzlichen Gewinn für die Banken aus.

Das Problem, meine sehr geehrten Damen und Herren, verschärft sich doch dadurch, dass die Betroffenen vor allem Erwerbslose, Geringverdiener sowie oft Alleinerziehende sind, denn sie haben oft keine Rücklagen. Der Dispo ist für sie häufig die einzige und leider auch die letzte Möglichkeit, dringend notwendige Ausgaben wie beispielsweise die Reparatur der Waschmaschine oder eventuell den Kauf von Schuhen für die Kinder zu ermöglichen.

Aber auch - werte Kollegen der CDU, ich würde mich sehr freuen, wenn Sie sich dieses Themas etwas ernsthafter annehmen würden -

(Zurufe von der CDU)

die sogenannte Mittelschicht in unserer Gesellschaft ist immer öfter auf diesen Dispo angewiesen.

Sie können sich sicher sein: Niemand, wirklich niemand möchte gern einen Dispokredit in Anspruch nehmen, aber viele Menschen sind eben leider - unter anderem durch die Finanzund Wirtschaftskrise, durch Arbeitslosigkeit, durch lange Krankheit etc. - in eine finanzielle Notlage geraten, sind oft unverschuldet in eine schwierige Lebenslage versetzt worden.

(Heiterkeit und Unruhe bei der CDU)

Ich habe wirklich gehofft, dass die CDU bei diesem Thema etwas mehr Verständnis zeigt.

(Görke [DIE LINKE]: Das ist Kindergarten Große Grup- pe da drüben!)

Auch, wenn ich weiß, dass wir vielleicht finanzpolitisch unterschiedliche Auffassungen haben, denke ich, dass das Anliegen von Verbraucherinnen und Verbrauchern und somit die gesamtwirtschaftliche Situation von Menschen und im Wirtschaftskreislauf auch für Sie von Interesse sein sollten.

Herr Abgeordneter Büchel, es gibt Fragebedarf.

Ich lasse keine Frage von Herrn Bretz zu, weil Herr Bretz mir durch seine Zwischenrufe ziemlich deutlich signalisiert hat, dass er nicht wirklich an einem Dialog interessiert ist.

(Beifall DIE LINKE - Frau Wöllert [DIE LINKE]: Am besten erst noch einmal in die Kinderstube!)

Im Umkehrschluss, meine Damen und Herren, heißt das, dass sich die Banken zum Teil genau auf Kosten der Menschen, die diesen Dispokredit in Anspruch nehmen müssen, sanieren und somit auch noch die Situation derjenigen eher verschlimmern, statt zu helfen. Das halten wir als Linke wirklich für skandalös. Daher ist eine Begrenzung der Dispozinsen längst überfällig. Nach den Vorstellungen von uns - der Linken - sollte der Zinssatz für den Dispo bei maximal 5 % über dem Leitzins liegen.

(Lachen und vereinzelt Beifall bei der CDU)

Werte Kollegen der CDU-Fraktion, Sie geben mir doch Recht: Selbst bei diesem Zinssatz müssen die Banken nicht am Hungertuch nagen.

Zinsen müssen angemessen sein, Zinsexzesse auf Verbraucherkosten darf es nach unserer Auffassung definitiv nicht geben. Deswegen wollen und müssen wir dieser Dispoabzocke endlich ein Ende machen. Daher ist es wichtig, richtig und notwendig, dass sich die Landesregierung auf der Bundesebene aktiv für den Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher für eine gesetzliche Regelung zur Begrenzung der Zinssätze einsetzt.

(Beifall DIE LINKE)

Aber genauso wichtig ist es, dass wir - viele von uns sind Kommunalvertreter und somit auch in Aufsichts- und Verwaltungsräten von kommunalen Sparkassen vertreten - genau auch dort diese Problematik aktiv ansprechen und entsprechende Initiativen auf den Weg bringen.

Ja, Dispokredite gehören nicht erst seit der Finanzkrise zu den teuersten Krediten, denn leider haben Verbraucherinnen und Verbraucher - insbesondere genau diese Zielgruppe der Kreditnehmer - nicht die entsprechende Lobby auf der Bundesebene. Sie sind diesen Banken regelrecht ausgeliefert. Die schwarzgelbe Bundesregierung hat es bisher versäumt,

(Oh! bei der CDU)

diesem Wucher bei den Dispokrediten endlich ein Ende zu bereiten.

(Beifall DIE LINKE)

Das Problem ist die mangelhafte Regulierung. Wenn Sie jetzt den Kopf schütteln, meine Damen und Herren von der CDU, bin ich etwas verwundert, weil inzwischen schließlich auch Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung - insbesondere Bundesministerin Aigner von der CSU - erkannt haben, dass dies ein Problem ist. Frau Aigner hat deutlich gemacht, dass sie auf faire Konditionen, Transparenz und mehr Wettbewerb dringt. Nun kann und muss sie entsprechend handeln. Ich kann sagen: Von uns würde sie dafür Unterstützung erhalten, wenn sie da tatsächlich für die Verbraucher agiert.

Nach unserer Auffassung sind die überhöhten Dispozinsen in keiner Weise zu rechtfertigen, die Argumentation der Kreditinstitute halte ich für nicht zielführend. Der niedrige Leitzins muss auch positiv für Verbraucherinnen und Verbraucher spürbar sein. Damit würden die Kreditinstitute eben auch ihrer sozialen Verantwortung gerecht.

Wir haben soziale Verantwortung, wir haben die Verbraucherinnen und Verbraucher im Blick, und darum agieren wir und haben heute genau diesen Antrag zur Tagesordnung gestellt.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Büchel. - Wir setzen mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Herr Abgeordneter Burkardt hat das Wort. - Nein, Herr Abgeordneter Wichmann hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muss ehrlich sagen: Ich bin sprachlos.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Der Antrag an sich ist ja schon nicht zu gebrauchen, aber wenn ich die Rede des Kollegen hier vorn höre, frage ich mich: Haben Sie sich irgendwann - in einem Grundkurs Betriebswirtschaft/Marktwirtschaft womöglich - überhaupt damit beschäftigt, wie solch ein Zinssatz in einer Bank zustande kommt?

(Büchel [DIE LINKE]: Ich stehe mitten im Leben! - Wei- tere Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

- Dazu kommen wir gleich noch.

Wir sind uns natürlich alle hier im Raum einig, dass der Dispo

zinssatz, wie er bei vielen Banken erhoben wird, zu hoch ist das ist völlig klar -,

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Das war die Kernaussage!)

wenn Sie sich ansehen, wie sich der Leitzins entwickelt hat und dass dies sich nicht in einer Absenkung der Dispozinssätze widerspiegelt. Da sind wir uns völlig einig. Aber wenn Sie als Instrument hier vorschlagen, einen gesetzlichen Zinssatz festzulegen, dann stellen sich mir alle Nackenhaare auf. Ich muss ehrlich sagen: Sie - alle durch die Bank, die Redner der Regierungsfraktionen - haben vorhin beim KAG gesagt, die Dinge müssten vor Ort entschieden werden

(Beifall CDU)

da, wo wir als Gesetzgeber eigentlich zuständig sind, einzugreifen. Und jetzt fangen Sie an und wollen als Parlament den Banken, Sparkassen, Raiffeisen- und Volksbanken die Zinssätze diktieren.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Luthardt [DIE LINKE])

Wir haben uns im Vorfeld dieser Diskussion die Mühe gemacht, mit dem Ostdeutschen Sparkassen- und Giroverband und dem Verband der Raiffeisen- und Volksbanken zu sprechen, und sie gefragt, was sie von Ihrem Antrag halten. Beide sagen: Lassen Sie bitte die Finger von so einer verfehlten Politik und so einem Ansatz!

(Vereinzelt Beifall CDU - Görke [DIE LINKE]: Damit man weiter abzocken kann!)

Wenn Sie hier als Linke behaupten, die Sparkassen in Brandenburg würden ihre Kunden abzocken, muss ich ehrlich sagen: Das ist ein starkes Stück, Herr Görke! Ich bin selbst Mitglied des Verwaltungsrats der Sparkasse Uckermark - stellvertretender Verwaltungsratsvorsitzender -, und ich muss ehrlich sagen: Dass Sie sagen, die Sparkassen in Brandenburg zockten die Leute ab, ist schon ein starkes Stück!

Herr Abgeordneter Wichmann, gestatten Sie eine Frage?

Ich gestatte Herrn Görke keine Zwischenfrage, weil ich gern in meiner Rede fortfahren möchte.

(Zuruf: Bravo! sowie Beifall CDU)