Protocol of the Session on August 29, 2012

weitern und modernisieren kann. Bürgerwindparks stehen dabei im Fokus, also Windparks, deren Gesellschafteranteile mehrheitlich Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmern und Gründstückseigentümern vor Ort gehören. Der Vorwurf der Opposition, in Brandenburg würde das Investitionsgeschehen erstickt, ist wirklich absurd. Im Gegenteil, wir setzen nicht nur auf eine staatliche und privatwirtschaftliche Investition im engeren Sinne, sondern eröffnen wirklich Möglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger, in gemeinwohlorientierte Anlagen zu investieren und daraus auch den Nutzen zu ziehen.

Meine Damen und Herren, zum Fachkräftemangel: Überall ist vom Fachkräftemangel die Rede. Das einfachste Mittel ist, junge Leute auszubilden und dann im Land zu halten. Die Personalbedarfsplanung sieht vor: Wir werden wieder neue Nachwuchsstellen einrichten. Die Zahlen hat der Finanzminister genannt, deshalb werde ich dies jetzt nicht noch einmal verstärken müssen.

Wir haben den Bereich der Justiz - Stichwort Personalausstattung - um 25 Planstellen für Richter auf Probe verstärkt. Wir haben kurzfristig die Zahl der Richter in der Sozialgerichtsbarkeit um 10 % erhöht. Als Folge der handwerklich schlechten Hartz-IV-Gesetze gibt es einen Berg unerledigter Verfahren. Ich glaube, rot-rote Justizpolitik kann nicht zulassen, dass Tausende Menschen vor diesen Sozialgerichten um ihr Existenzminimum kämpfen. Deshalb wird auch der Doppelhaushalt wieder eine Stärkung der Sozialgerichtsbarkeit vorsehen; das ist im Haushalt auch verankert.

(Beifall DIE LINKE)

Dass Ihnen das nicht ausreicht, meine Damen und Herren von der CDU, konnte ich in der Zeitung lesen. Allerdings kommen von Ihnen immer nur Forderungen, aber keine Finanzierungsvorschläge. Durch eine Schuldenbremse in der Verfassung, Herr Kollege Burkardt, lassen sich keine zusätzlichen Richterstellen finanzieren.

Meine Damen und Herren, besondere Aufmerksamkeit widmen wir den Kommunen in unserem Land auch mit diesem Haushalt. 3,1 Milliarden Euro gehen in die kommunale Familie, das ist fast ein Drittel des Landeshaushalts und im Ländervergleich eine enorme Leistung, Herr Kollege Büttner. Zugleich schafft Rot-Rot den Vorwegabzug bis 2016 vollständig ab, jene wundersame Regelung von 2003, die die CDU noch mit zu verantworten hat. Es bedurfte nicht Ihrer Aktivität, Herr Kollege Büttner, es bedurfte - das sage ich ganz selbstbewusst - des Beschlusses eines Parteitages der Linken, dass wir uns auf diesen Weg gemacht haben. Ich finde es auch gut, dass wir das in der Koalition verabreden konnten.

Meine Damen und Herren, vieles haben wir in dieser Zeit der Finanzkrise, in einer Zeit, in der sich Griechenland, Portugal und viele andere europäische Länder in einer sehr schwierigen Situation befinden, erreicht. Doch die Eurokrise ist bei weitem noch nicht überwunden. Deutschland und auch wir in Brandenburg profitieren noch vom Leistungs- und Währungsgefälle, also von höheren Steuereinnahmen infolge deutscher Sonderund Exportkonjunktur, vom Run auf deutsche Staatsanleihen als Folge der Flucht aus anderen europäischen Papieren.

Aber eine Eintrübung der wirtschaftlichen Entwicklung ist bereits erkennbar. Die Konjunkturerwartungen sind gerade in

Ostdeutschland gedämpft. Wir müssen davon ausgehen, dass die Steuereinnahmen in Zukunft nicht mehr so üppig sprudeln werden. Umso wichtiger ist es, dass wir eine Punktlandung bei der Nettoneuverschuldung hinbekommen, und zwar die Null 2014.

Doch, meine Damen und Herren, das allein wird uns nicht helfen, Schuldenbremse hin, Schuldenbremse her. Unerträglich hoch bleiben die Verbindlichkeiten der öffentlichen Hand, die auch das Land Brandenburg betreffen. Die Spielräume, sie abzutragen, sind dramatisch gering. Der Bund hingegen hat im Rahmen der Eurorettung Bürgschaften von über 480 Milliarden Euro übernommen. Das ist mehr als das Doppelte des gesamten Jahreshaushalts des Bundes und zeigt, was möglich ist, wenn man in der Politik um eine Sache kämpft und wenn man sie will, auch kurzzeitig will.

Leider fallen diese innerstaatlichen Finanzverhältnisse für Schwarz-Gelb offensichtlich nicht in die Kategorie von kühnem Handeln. Vielmehr wird mit Vehemenz sogar der Vorschlag des Instituts für Wirtschaftsforschung bekämpft, mit einer einmaligen 10%igen sogenannten Lastenausgabe für Hochvermögende die öffentlichen Haushalte zu konsolidieren. 230 Milliarden Euro könnten damit erzielt werden, ohne dass jemand ernsthaft um seinen Lebensstandard fürchten müsste, und sei er noch so hoch. Damit könnte der Schuldenstand des Bundes, aber auch der Länder und damit auch der Kommunen erheblich reduziert werden. Diese Idee könnte wirklich zu einem deutschen Exportschlager ganz neuer Qualität werden. Eine einmalige Vermögensabgabe für Millionäre in ganz Europa nach dem Vorbild des deutschen Lastenausgleichs der Nachkriegszeit wäre sinnvoll, um Verwerfungen der Finanz- und Bankenkrise entgegenzuwirken.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Dafür setzen wir uns auch ein.

Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss meiner Rede. Mit dem Geld des Haushalts 2013/2014 wollen wir unser Gemeinwesen düngen, damit es wächst und gedeiht und eine positive Wirkung auf das Land entfaltet - zum Wohle der Brandenburgerinnen und Brandenburger. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Görke. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Bitte, Herr Abgeordneter Vogel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir reden möglicherweise über den letzten Haushalt dieser Legislaturperiode; der Finanzminister versucht ja, um jeden Preis einen Nachtragshaushalt im Wahljahr zu verhindern. Wir reden über einen Haushalt in wirtschaftlich guten Jahren. Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten ist gestiegen. Die Steuereinnahmen brummen. Die Solidarpaktmittel fließen auch 2013 und 2014 mit 800 Millionen Euro noch reichlich. Die Einnahmen aus dem Länderfinanzausgleich steigen - allen Vorhersagen zum Trotz.

Das uns nach Einwohnern und Größe vergleichbare Bundesland Schleswig-Holstein muss mit einer Milliarde Euro weniger auskommen. Schätzungen zu Beginn der Legislaturperiode, dass wir 2020 mit 2 Milliarden Euro weniger auskommen müssen, sind überholt. Inzwischen geht die Landesregierung, vorsichtig geschätzt, von gleichhohen Einnahmen in Höhe von rund 10 Milliarden Euro zumindest bis 2019 aus.

Natürlich gibt es Risiken, und die sind hier nicht verschwiegen worden: Eurokrise, Neuverhandlung des Länderfinanzausgleichs nach 2019. Aber Brandenburg hat auch Potenzial: Die Gehälter liegen bei uns immer noch erst bei rund 80% des Westniveaus, mit steigender Tendenz. Die Einnahmen aus der Erbschaftssteuer erreichen jetzt gerade mal die Höhe der Einnahmen aus der Biersteuer - das zeigt aber auch, wie schwach unsere Vermögensverhältnisse hier sind - nämlich 17 Millionen Euro; sie liegen damit pro Kopf gerade mal bei einem Zwanzigstel der bayerischen Werte.

Die vom DIW dokumentierte systematische Verzerrung bei der Körperschaftsteuerverteilung zulasten der ostdeutschen Länder wird sich mit weiterer Angleichung der Einkommen zwischen Ost und West auflösen.

Natürlich sind weitere Einnahmeverbesserungen möglich, aber die wesentliche Meldung des letzten Jahres war ja, dass sich Herr Markov gegen den Ankauf der Steuersünder-CD aus der Schweiz gesperrt hat und damit keinen Beitrag dazu leisten wollte, dass Steuerhinterziehung an der Quelle bekämpft wird. Er wollte in Kauf nehmen, hier auf Einnahmen zu verzichten.

Aber die Einnahmesituation ist nicht schlecht, und man könnte eigentlich fast ausrufen: „Glückliches Brandenburg!“, wenn man nur die Einnahmen betrachten würde. Ganz im Gegensatz zu Herrn Görke bin ich nicht der Auffassung, dass wir ein Einnahmeproblem haben, sondern wir haben ein Ausgabeproblem im Land.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Denn ein Blick auf die Ausgaben relativiert das Bild ganz beträchtlich. Inzwischen beträgt die Verschuldung des Landes 19 Milliarden Euro, unsere Zinszahlungen betragen rund 600 Millionen Euro pro Jahr. Auch wenn wir in den nächsten beiden Jahren aufgrund der historisch niedrigsten Zinssätze Umlaufrendite heute: 1,1 % - profitieren, heißt das nicht, dass es so bleiben muss. Nur 1 Prozentpunkt Erhöhung der Zinssätze würde mittelfristig zu 200 Millionen Euro höheren Zinsausgaben führen, und das kann bei dem aktuellen Zinsniveau, dem niedrigsten, das wir jemals in Deutschland hatten, raketenartig abgehen.

Jenseits aller Vorgaben aus Schuldenbremse und Europäischem Stabilitätspakt, jenseits aller Überlegungen zur Generationengerechtigkeit als Grundprinzip nachhaltigen Wirtschaftens ist dieses Zinsrisiko allein schon ein unmittelbar einsichtiger Grund, auf Neuverschuldung zu verzichten und in die Tilgung der aufgelaufenen Schulden einzusteigen.

(Beifall GRÜNE/B90 und FDP)

Ich komme auf die Personalausgaben zu sprechen. Die großzügige Verbeamtungspolitik der Anfangsjahre rächt sich jetzt mit steigenden Versorgungsausgaben. Der Wert der Versorgungsansprüche des vor 2009 eingestellten Personals liegt in einer ähn

lichen Größenordnung wie die Schulden des Landes, also bei rund 20 Milliarden Euro. Die Versorgungsausgaben steigen allein in den nächsten vier Jahren um 80 % an, mit noch weiter steigender Tendenz. Ein Nebeneffekt ist übrigens, dass die zunehmenden Pensionszahlungen beginnen, das Bild der Personalausgaben in den einzelnen Ressorts zu verzerren. Da die Zahlungen an die Pensionäre nicht in einem Einzelplan gebündelt werden, sondern diese weiterhin ihren früheren Ressorts zugeordnet bleiben, steigen die Personalkosten in allen Einzelplänen an und erwecken so den Eindruck, als ob das Land immer mehr Geld für Bildung und Polizei ausgebe, obwohl immer weniger aktive Bedienstete bezahlt werden.

(Beifall GRÜNE/B90)

Die Personalausgaben steigen also trotz Personalabbau. Diese systematische Verzerrung muss meiner Ansicht nach gelöst werden. Haushaltswahrheit und Haushaltsklarheit können nur dann entstehen, wenn die Pensionszahlungen aus den einzelnen Ressorts herausgelöst und dem Finanzministerium zugeordnet werden.

(Beifall GRÜNE/B90)

Wahr ist aber auch, dass wir Personal abbauen müssen und dass der Personalbestand in der heutigen Größenordnung nicht gehalten werden kann. Dazu werde ich später noch weiter ausführen.

Mit den sinkenden Bundes- und EU-Mitteln werden die Investitionen in den nächsten Jahren zwangsläufig zurückgehen, auch wenn die Investitionsquote 2013 wegen der geplanten Zuschüsse an die Flughafengesellschaft noch einmal einen Sprung um 1,2 Prozentpunkte nach oben machen sollte. Allerdings denke ich: Das hat sich auch die CDU nicht unter Verbesserung der Investitionsquote vorgestellt.

Ein Blick in die vorliegende Investitionsplanung zeigt allerdings auch, wie unzuverlässig der Investitionsbegriff ist. So ist nach der Investitionsplanung des Landes die angeblich größte Investitionsmaßnahme im Wissenschaftsministerium die Ausreichung von Darlehen im Rahmen der Ausbildungsförderung nach dem BAföG, also die Weiterleitung von Bundesmitteln an die Studierenden. Das greift zwar den gern zitierten Spruch von den „Investitionen in Köpfe statt in Beton“ in cleverer Weise auf, ist aber wohl nicht das, was landläufig unter Investitionen verstanden wird.

(Beifall GRÜNE/B90, CDU und FDP)

Das Beispiel zeigt auch, dass die Diskussion über einzelne Kenngrößen, wie die Investitionsquote, irreführend sein kann, wenn in den Ausgangszahlen Kraut und Rüben vermischt werden.

Trotz sinkender Investitionszuschüsse ist es aber auch in den nächsten Jahren nicht so, dass Brandenburg nicht genug Geld hätte. Dies zeigt nicht nur das aktuelle Beispiel des wasserwirtschaftlich unnötigen Kanals Überleiter 12 in der Lausitzer Seenlandschaft, der 2001 aus Kostengründen nicht gebaut werden sollte; damals hatte man 30 Millionen geschätzt. 2004 waren die Kosten plötzlich auf 6,5 Millionen Euro heruntergerechnet worden. Daraufhin fiel die Entscheidung, diesen Überleiter zu bauen. Inzwischen sind wir bei sage und schreibe 51 Millionen Euro angelangt.

Für sinnlose Prestigeobjekte oder unsinnige Finanzierungskonstruktionen, wie die Public Private Partnership beim Bau des neuen Landtages, ist immer genug Geld zu finden gewesen. Diese Verschwendung muss aufhören. Das Geld muss dort hingelenkt werden, wo es am dringendsten benötigt wird: in die Bildung und in den Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das muss nicht immer mit horrenden Summen verbunden sein; mitunter reicht es, das eigene Köpfchen anzustrengen.

(Beifall GRÜNE/B90)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Doppelhaushalt ist nicht nur der letzte reguläre Haushalt in dieser Legislaturperiode, falls kein Nachtragshaushalt kommt. Er ist zugleich der letzte reguläre Haushalt vor den Landtagswahlen 2014, Landtagswahlen, die ihren Schatten bereits auf diesen Haushalt werfen. Er ist deshalb an vielen Stellen zugleich ein Haushalt des Versteckens unangenehmer Wahrheiten. Die von Rot-Rot behauptete Schwerpunktsetzung auf Schulen und Hochschulen ist behauptet, aber nicht eingelöst.

Wer über den Doppelhaushalt 2013/2014 redet, kommt am Flughafen BER natürlich nicht vorbei und muss über Mehrausgaben in dreistelliger Millionenhöhe reden - Mehrausgaben, die dem Missmanagement in der FBB und dem Versagen des Aufsichtsrates geschuldet sind.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU - Zuruf des Abgeordne- ten Holzschuher [SPD])

Unser Ministerpräsident hat es in der Flughafendebatte letzte Woche geradezu zur patriotischen Pflicht erklärt, sich in puncto Flughafen BER mit Kritik zurückzuhalten, um keine Insolvenz herbeizureden. Aber immer wenn das Vaterland ins Spiel gebracht wird, müssen alle Alarmsirenen heulen.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Dann darf man sich als Politiker nicht bei der Ehre packen lassen, sondern muss umso genauer hinsehen, vor allen Dingen dann, wenn die Landesinteressen mit den Interessen einer privatwirtschaftlich organisierten Flughafengesellschaft gleichgesetzt werden.

„In der gegebenen Ertrags- und Kostenstruktur ist die FBB nicht in der Lage, zusätzliche Kredite aufzunehmen und zu bedienen.“

Dies ist der entscheidende Satz unseres Finanzministers zur Situation des Flughafens BER. Oder auf gut Deutsch: Die Flughafengesellschaft FBB ist nicht mehr kreditwürdig, und wenn nicht ganz schnell Geldquellen gefunden werden, auch bald insolvent. Diese böse Wahrheit findet ihre Entsprechung auch im vorliegenden Haushaltsentwurf.

(Beifall GRÜNE/B90 und CDU)

Dabei ergibt sich die Notwendigkeit, uns mit den Folgen des BER-Desasters im Haushaltsentwurf auseinanderzusetzen, nicht allein aus der absehbar hohen Belastung heraus, die - je nach Betrachtungsweise und Quelle - zwischen den offen im Haushalt veranschlagten 252 Millionen Euro über die vom MdF angekündigten, aber im Haushaltsentwurf nicht aufzufindenden 435 Millionen Euro bis hin zu möglichen 624 Millionen Euro

plus x für die Abwendung einer Insolvenz der Flughafengesellschaft reichen kann. Das ist absehbar mehr Geld, als für alle Kindertagesstätten oder die Hochschulen dieses Landes im Jahr 2013 zur Verfügung stehen wird. Im Gegensatz zum Flughafen allerdings sind Kitas und Hochschulen seit Jahren in der Liste der haushaltspolitischen Schwerpunktvorhaben dieses Landes aufgeführt. Die bis vor kurzem von Wirtschaftsminister Christoffers noch völlig ausgeschlossenen Zuschüsse für den BER sind dies allerdings nicht.

Natürlich ist es richtig und legitim, in der Diskussion die Summen für den Flughafen in ein Verhältnis zu den übrigen Ausgabenpositionen des Haushaltes zu setzen. Sowohl mir als auch all den Menschen an den Fernsehgeräten fallen sofort x Möglichkeiten ein, in welchen Aufgabenbereichen dieses Geld sinnvoller einzusetzen wäre. Ein einziges Beispiel möge genügen: 100 zusätzliche Lehrkräfte kosten 5 Millionen Euro.