Protocol of the Session on August 29, 2012

Nach drei Jahren Regierungszeit und dem letzten Haushaltsentwurf stellt man fest, dass Sie genau das Gegenteil gemacht haben.

(Beifall CDU - Widerspruch der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Sie haben sich irgendwie durchgemogelt und konnten sich nicht mal ansatzweise Antworten auf Ihre eigenen Fragen geben. Wo haben Sie Prioritäten gesetzt? Wo, bitte schön, ist die Vision des Landes? Die Linke hat von einem Politikwechsel gesprochen, aber wo ist der? Welche großen Projekte haben Sie gestemmt? Was haben Sie wirklich verändert? Schüler-BAföG, Öffentliche Beschäftigung, Vergabegesetz - das war und ist alles reine Symbolpolitik, aber mehr wollten Sie auch gar nicht.

(Beifall CDU - Widerspruch bei der SPD und der Frak- tion DIE LINKE)

Das Schüler-BAföG, das der Finanzminister als Großtat erwähnt hat, halten nicht einmal Schülervertreter selbst für sinnvoll. Sie werden sich erinnern: Der Schülerrat hat sich damals dagegen ausgesprochen.

(Beifall CDU und FDP)

Ich komme zum öffentlichen Beschäftigungssektor. Der öffentliche Beschäftigungssektor wurde im Wahlprogramm der Linken mit 16 000 Stellen angekündigt.

(Senftleben [CDU]: Ein Erfolg!)

Davon blieben im Koalitionsvertrag noch 8 000 Stellen übrig.

(Senftleben [CDU]: Auch ein Erfolg!)

In der Realität haben noch nicht einmal 1 000 Menschen von Ihrem Programm Gebrauch machen können.

Das Bürokratiemonster Vergabegesetz haben Sie gegen alle Expertenempfehlungen doch nur verabschiedet, um Ihr Wahlversprechen Mindestlohn irgendwie - ich betone: irgendwie umzusetzen.

(Domres [DIE LINKE]: Den Sie nicht wollen!)

Dass dabei enorme Belastungen für Kommunen und Unternehmen verursacht werden, ist Ihnen schlichtweg egal.

(Beifall CDU - Domres [DIE LINKE]: Wir wollen den Mindestlohn, Sie nicht!)

Ich frage Sie: Sind das Ihre großen Erfolge? Ist das der angekündigte Politikwechsel? Und was Sie als Erfolge für sich in Anspruch nehmen, zum Beispiel Wirtschaftswachstum und sinkende Arbeitslosigkeit, ist nun wirklich nicht das Resultat der Landespolitik von SPD und Linke.

(Beifall CDU)

Wenn Sie für das positive Wirtschaftswachstum verantwortlich sein wollen - was ich verstehe, in Anbetracht Ihrer mageren Bilanz -,

(Heiterkeit bei der CDU)

müssten Sie auch für den höchsten Krankenstand Brandenburgs im Ländervergleich Verantwortung übernehmen. Ich kann Sie beruhigen: Sie sind für beides nicht verantwortlich.

(Beifall CDU)

Nein, Sie haben Brandenburg nicht gestaltet, dazu noch schlecht verwaltet. Sie sprechen zwar von Zielen, aber Sie haben keinen Plan.

(Beifall CDU - Domres [DIE LINKE]: Sie auch nicht!)

Meine Damen und Herren, es ist ja nicht so, dass diese Landesregierung zu Beginn der Wahlperiode vor unabsehbaren oder unklaren Perspektiven stand. Die Fakten und Herausforderungen lagen damals wie heute auf dem Tisch. Es war und ist klar, dass im Jahr 2020 viele Dinge eintreten werden, die für Bran

denburg - aber nicht nur für Brandenburg - nur schwer zu bewältigen sein werden.

Sie wussten, dass die Schuldenbremse spätestens 2020 Nettokreditaufnahmen der Länder verbietet. Sie wussten, dass es ab dem Jahr 2020 keine Mittel mehr aus dem Solidarpakt geben wird. Sie wussten, dass 2020 ca. 7 % weniger Bürger hier leben werden und sich der Bevölkerungsverlust danach weiter beschleunigen wird. 2030 werden wir statt heute 2,5 Millionen weniger als 2,2 Millionen Menschen in unserem Land haben. Alles dies war 2009 bereits bekannt und wenig überraschend.

Überraschend waren allenfalls die hohen zusätzlichen Steuereinnahmen und die historisch niedrigen Zinsen. Sie aber haben nichts getan, was man ernsthaft als Lösung der lange bekannten Probleme ansehen kann. Dafür muss man sich nur einmal die Eckdaten der Haushaltsjahre 2011 und 2012 sowie des vorgelegten Doppelhaushaltes für 2013/2014 ansehen. Diese Eckdaten zeigen schonungslos, wie weit Anspruch und Wirklichkeit tatsächlich auseinanderklaffen.

Ministerpräsident Platzeck hat in seiner Regierungserklärung 2009 noch Mindereinnahmen in Höhe von 1,5 Milliarden Euro für diese Legislaturperiode prophezeit. Als Hauptgrund dafür führte er das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der Bundesregierung an. Vergleicht man den Finanzplan 2010 bis 2014 mit den aktuellen Zahlen und Erwartungen, dann hat Brandenburg mehr als 3 Milliarden Euro mehr zur Verfügung als geplant, weil es einerseits rund 2,6 Milliarden Euro Steuermehreinnahmen gab, andererseits bedeuten niedrigere Zinsausgaben - wegen des historischen Zinstiefs, das man wirklich nicht voraussehen konnte - eine Entlastung in Höhe von fast 500 Millionen Euro. So schlecht kann das Wachstumsbeschleunigungsgesetz der Bundesregierung doch nicht gewesen sein.

(Beifall CDU und des Abgeordneten Büttner [FDP] - Zu- ruf des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Aber, meine Damen und Herren, was haben Sie aus diesen hervorragenden Rahmenbedingungen gemacht? Nichts! Das Einzige, bei dem Sie wirklich spürbar sparen, sind die Investitionen in die Zukunft unseres Landes.

(Beifall CDU, des Abgeordneten Büttner [FDP] und der Abgeordneten von Halem [GRÜNE/B90])

Dieser Anteil an den Gesamtausgaben wird bis 2014 im Vergleich zu 2011 von 17 % auf gut 12 % gesunken sein. Sie haben vielleicht das Ziel, den Haushalt zu konsolidieren und zu sparen, aber Sie haben überhaupt keinen Plan, wie das wirklich geschehen soll.

Ministerpräsident Platzeck und Finanzminister Dr. Markov feierten bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfes den Beginn einer neuen Ära, weil Brandenburg erstmals ohne Aufnahme neuer Kredite auskommen soll. Das, was Sie beim gegenseitigen Schulterklopfen und Bejubeln unterschlagen haben, ist, dass Brandenburg beim Eintritt in diese neue Ära nicht Vorreiter, sondern Nachzügler ist.

(Beifall CDU)

Schauen Sie doch einmal in die anderen neuen Länder - mit denen können wir uns vergleichen -, dann werden Sie Folgendes

feststellen: Brandenburg ist in den letzten drei Jahren keinen Schritt vorangekommen und verliert auch mit dem vorgelegten Doppelhaushalt weiter an Boden. Sachsen verzichtet seit 2006 auf die Aufnahme von Krediten und tilgt bereits seine Verbindlichkeiten, jedes Jahr um 75 Millionen Euro. Auch in Mecklenburg-Vorpommern nimmt man schon seit sechs Jahren keine Schulden mehr auf und tilgt in guten Zeiten. In Thüringen hat man die Ära des Schuldenverzichts bereits in diesem Jahr eingeläutet, genau wie in Sachsen-Anhalt, wo man 2014 mit Tilgungen beginnt.

Da klingt es wie Hohn, wenn unser Ministerpräsident meint, Brandenburg könne sich mit der Konsolidierung im Konzert der Bundesländer sehen lassen. In diesem Konzert haben Sie zumindest den falschen Ton getroffen, und das fällt auf.

(Beifall CDU)

Ich möchte daran erinnern: „Keine neuen Schulden!“ - dieses Ziel hatte unsere Fraktionsvorsitzende schon 2009 ausgegeben; sie wurde dafür heftig kritisiert. Sie, meine Damen und Herren, setzen auf Trickserei. Trotz erheblicher Steuermehreinnahmen haben Sie im Jahr 2011 rund 167 Millionen Euro der allgemeinen Rücklage zugeführt, obwohl damit schon in diesem Jahr keine neuen Schulden nötig gewesen wären. Aus dieser Sparreserve bedienen Sie sich und nehmen dazu 2013 noch einmal kräftig Schulden auf. Nur so schaffen Sie es, 2014 einen vermeintlich ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Das ist in etwa so, als ob man in zwei Jahren ein Haus bauen will, aber heute schon einen Kredit dafür aufnimmt und zwei Jahre dafür Zinsen zahlt, um dann im Jahr des Hausbaus sagen zu können: Ich habe in diesem Jahr für das Haus keinen Kredit aufnehmen müssen. - Das ist Unsinn, meine Damen und Herren

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Vielleicht ist das aber auch eine neue Variante des vorsorgenden Sozialstaates, in dessen Genuss auch Kollege Speer kommen durfte.

(Beifall CDU)

Ich kann gut verstehen, wenn sich die Bürger nur am Rande dafür interessieren, ob das Haushaltsvolumen um 200 Millionen Euro oder um 300 Millionen Euro steigt oder sinkt. Auch die Gesamtschulden Brandenburgs von 18 Milliarden Euro oder 19 Milliarden Euro sind für die meisten abstrakte Summen, fernab ihrer Lebenswirklichkeit. Das, was diese Menschen wirklich interessiert und was sie erwarten, sind ordentliche Lebensbedingungen. Die Bürger erwarten ein Land, in dem die Polizei für Sicherheit und Ordnung sorgt und schnell zur Stelle ist, wenn sie gebraucht wird; ein Land, in dem Kinder eine Schulbildung erhalten, die ein hohes Bildungsniveau garantiert, individuelle Fähigkeiten fördert und wohnortnahen verlässlichen Unterricht wirklich sichert; ein Land, in dem Wirtschaft und Wissenschaft so gefördert werden, dass es Wachstum, Fortschritt, Innovationen und damit Arbeitsplätze und Wohlstand gibt;

(Jürgens [DIE LINKE]: Damit sind Sie mit Rot-Rot hier richtig!)

ein Land, in dem die Straßen in einem vernünftigen Zustand sind, in dem in allen Landesteilen gute Zugverbindungen be

stehen und in dem schnelle Internetverbindungen Standard sind.

(Beifall CDU)

Was haben Sie in Ihrem Haushaltsentwurf getan, um diesen nachvollziehbaren Erwartungen der Brandenburger gerecht zu werden? Die Antwort muss ich Ihnen gar nicht geben. Schauen Sie sich doch einfach an, wie die Bürger auf ihre Politik reagieren: Allein in dieser Wahlperiode haben sich Volksinitiativen gegen Ihre Polizeireform, gegen Ihre Hochschulpläne in der Lausitz und gegen Ihre ideologisch motivierten Kürzungen bei den Freien Schulen gegründet und jeweils weit mehr als die notwendigen 20 000 Stimmen erreicht. Im letzten Jahr demonstrierten Tausende vor dem Landtag mit einem Bildungscamp gegen Ihre Kürzungen bei den Freien Schulen, und es gibt eine entsprechende Verfassungsklage. Das ist die Art der Zustimmung, die Sie übersehen oder nicht werten können.

(Beifall CDU)

Dazu kommen die Proteste rund um den Flughafen und die Feststellung, dass sich die vom Fluglärm betroffenen Bürger von ihrer eigenen Landesregierung im Stich gelassen fühlen. Meine Damen und Herren, Sie haben nicht gestaltet. Sie haben schlecht verwaltet. Sie wursteln und mogeln sich irgendwie durch diese Wahlperiode. Von politischen Prioritäten kann man beim besten Willen nichts erkennen.

Herr Ministerpräsident, Sie haben weder das Chaos am WillyBrandt-Flughafen im Griff noch einen Plan für Brandenburg. Ideen oder Reformen sind nicht vorhanden bzw. unausgegoren. Das beste Beispiel sind die Landesbediensteten. Hier wird nach Kassenlage und politischem Druck munter mit den Zielzahlen jongliert; der Finanzminister hat ja eine eindrückliche Vorstellung gegeben. Im Koalitionsvertrag 2009 steht beispielsweise: