Protocol of the Session on December 16, 2009

Bereits im I. Quartal nächsten Jahres soll die Ministerin Bericht erstatten, wie die Umsetzung der ersten Forderungen erfolgen kann. Die Bilanz des Bologna-Prozesses soll noch im Jahr 2010 erfolgen. Wir wollen daran Studierende, Lehrende, Gewerkschaften, Experten, das heißt alle hochschulpolitisch relevanten Gruppen, beteiligen. Das gemeinsame Suchen nach Lösungen ist ein Schritt auf dem neuen Weg dieser Koalition. Deshalb werbe ich schon an dieser Stelle für unseren Antrag.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Bildungsstreik in Brandenburg und in Deutschland insgesamt hatte Slogans wie „Bildung für alle“, „Du bist mehr als deine Noten“ oder „Träume brauchen Freiräume statt Lernfabriken“. Hinter diesen Sprüchen steckt grundlegende Kritik an den Verhältnissen in unserem Bildungssystem. Aus unserer Sicht muss diese Kritik ernst genommen werden, weil sie völlig berechtigt ist. Deshalb müssen wir die protestierenden jungen Menschen ernst nehmen. Wir müssen ihnen zuhören und ihre Forderungen aufgreifen. Rot-Rot in Brandenburg hat das getan. Wir haben unsere Schlussfolgerungen aus dem Bildungsstreik gezogen. Wir als Linke gehen auf die Studierenden zu. Ich kann nur jede und jeden auffordern: Tun Sie das mit uns zusammen! - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE sowie vereinzelt SPD)

Wir setzen mit dem Beitrag der CDU-Fraktion fort. Es spricht der Abgeordnete Prof. Schierack.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Anwesende! Sehr geehrte Ministerin! Lieber Herr Jürgens, wie kann in einer von Schwarzmalerei scheinbar düster gewordenen Bildungsrepublik das Leitbild einer neuen Bildungspolitik entstehen? Diese bittere Ironie, die ich hier zeichne, macht die Öffentlichkeit, die uns zuhört, glauben, die Hochschulpolitik schwimme mit dem Kiel nach oben. Tatsache ist aber: Die Hochschulen haben in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, um nahezu alle Studiengänge umzustellen. Ihnen gilt zunächst unsere Anerkennung für die Fortschritte und die Erfolge, die sie in den vergangenen Jahren erzielt haben.

(Beifall CDU sowie vereinzelt FDP)

Aber es gibt natürlich auch Kritik zu üben - auch deswegen sitzen wir heute hier - an empfundenen Überregulierungen und Schwachstellen. Deshalb bitte ich um eine differenzierte Betrachtung der heutigen Diskussion.

Mir scheint, dass die Fachhochschulen sehr viel besser als die Universitäten und diese Universitäten wiederum etwas besser als die Massenuniversitäten den Bologna-Prozess gestaltet haben. Brandenburg gehört zu den Ländern, die den Prozess in den vergangenen Jahren konstruktiv begleitet haben. Hier wurden - im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern - sehr großzügige Regelungen für die Umstellung im Rahmen des Bologna-Prozesses erlassen. Im Jahr 2007 wurde dafür extra ein „Netzwerk Studienqualität Brandenburg“ gegründet, welches im Bund einmalig ist.

Das Ganze zahlt sich heute aus. Dank der klugen und zügigen Umsetzung kommt der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft zu der Analyse, dass Brandenburg bei der Umstellung auf Bachelor und Master die Vorreiterrolle in Deutschland übernommen hat. Der Dank dafür geht an die Präsidenten der Hochschulen und an das Wissenschaftsministerium, welches diesen Prozess begleitet hat.

(Beifall CDU sowie vereinzelt FDP)

Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft kommt zu dem Schluss: In keinem anderen Bundesland sind die Studierenden international mobiler. Die Brandenburger Hochschulen bilden praxisnah und lebenslang aus, fördern die studentische Mobilität und sind attraktiv für Studenten aus aller Welt. So ist der Leibniz-Preis zum sechsten Mal nach Potsdam gegangen. Die Universität und die Fachhochschule Potsdam nehmen im Gründerranking immer eine exzellente Stelle ein. Im Oktober 2009 sind beide Hochschulen - von zehn in ganz Deutschland; 350 hatten sich beteiligt - im Rahmen des Wettbewerbs „Exzellenz in der Lehre“ ausgezeichnet worden. Das alles ist Ausdruck dafür, dass die Umstellung im Rahmen des Bologna-Prozesses in Brandenburg besser gelaufen ist als in anderen Bundesländern. Dafür herzlichen Dank.

(Beifall CDU sowie vereinzelt FDP)

Meine Damen und Herren! Obwohl von den 48 000 Studenten in Brandenburg nur wenige demonstrieren, sollten wir sie dennoch ernst nehmen. Aber ich warne dringend vor einer intellektuellen Schönmeckerfraktion. Deshalb meine ich: die Wirkung

durchaus analysieren und, wo nötig, Korrekturen im System vornehmen, ohne die erreichten Leistungen aufs Spiel zu setzen.

Es muss das Ziel sein, die Lehre zu verbessern. Da bin ich Ihrer Meinung. Ich kann sehr gern meine eigenen Erfahrungen als Studiendekan eines Studienganges an der Hochschule Lausitz, auf die ich nachher in meiner Rede eingehen werde, einbringen. Ich habe mitgewirkt, zwei Studiengänge akkreditieren zu lassen. Das ist nicht ganz einfach; es funktioniert nur gemeinsam mit den Professoren und den Studenten.

Meine Damen und Herren! Ja, es gibt Probleme, aber die sind außerhalb des Hochschulgesetzes zu lösen. Das können die Hochschulen von sich aus. Was kann und was sollte man ändern? Sie haben es erwähnt: Die Kultusministerkonferenz hat Analysen vorgebracht sowie Inhalte und Schwerpunkte dargestellt, die wir ändern können. Ich führe davon sechs auf.

Erstens: Der Inhalt des Bachelorstudienganges sollte einen viel größeren Spielraum als bisher haben: weg vom Detailwissen, hin zu allgemeinbildenden Anteilen. Es sollte eine echte Wahlfreiheit für die Studenten entstehen, damit die wissenschaftliche Neugierde und die Interessen der Studenten geweckt und die Schwerpunkte in eigener Sache gesetzt werden können. Ich bin auch dafür, die Macht der Akkreditierungsagenturen zu reduzieren, denn das ist ein großes Problem. Wenn Sie einen Studiengang akkreditieren, bekommen Sie deutliche Probleme, wenn Sie es freier gestalten wollen.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Es gibt gute Beispiele wie die Hochschule Lausitz oder die Hochschule Brandenburg. Dort müssen die Studenten zunächst ein gemeinsames Semester durchlaufen, damit sie erst einmal die Bandbreite der Wissenschaft kennenlernen, und dann tauchen sie später oder parallel in das fachwissenschaftliche Studium ein.

Zweitens: Ich werbe ausdrücklich um die Akzeptanz des Bachelor- und Masterstudienganges bei den Studierenden, aber auch besonders bei der Wirtschaft und insbesondere bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie müssen erkennen, dass es berufliche Perspektiven mit dem Bachelorstudiengang gibt. Es war immerhin ein Wunsch der Industrie gewesen, junge Menschen schneller in den Beruf zu bringen. Das muss bei den kleinen und mittelständischen Unternehmen auch ankommen.

Drittens: Das Studium im Ausland muss durch Entschlackung erleichtert werden. Es ist schon heute möglich, die Pflicht zu einem Auslandssemester zu integrieren und Projektarbeiten, die im Ausland erbracht worden sind, zu übernehmen und anzuerkennen. Ich erlebe immer wieder bei den Professoren, dass sie häufig kleinkariert die im Ausland erworbenen Semester in Deutschland nicht anerkennen. Auch das kann man schon heute ändern. Meiner Meinung nach sollte man das vom Wissenschaftsministerium initiierte Programm für Kurzzeitstipendien fortsetzen. Auch das ermöglicht eine höhere Flexibilität.

Viertens: Um die Arbeitsbelastung zu reduzieren, müssen mehrere Lehrveranstaltungen zu einem Modul zusammengefasst das ist die Pflicht, das ist schon heute möglich - und mit nur einer Prüfung abgeschlossen werden, damit es nicht zu diesem

Prüfungsmarathon kommt. Aber das ist heute schon möglich. Das kann man doch schon tun. Ich sage auch als jemand, der schon seit langer Zeit vor den Studenten steht: Ich könnte mir vorstellen, beispielsweise über die Anwesenheitspflicht zu diskutieren. Darüber können wir gern diskutieren. Ich bin kein Verfechter der Anwesenheitspflicht.

(Görke [DIE LINKE]: Der Lehrkräfte?)

- Ja, ich bin schon da.

(Görke [DIE LINKE]: Sie sind hier als Abgeordneter!)

- Ja. Es gibt andere Möglichkeiten. Einige Fachhochschulen haben es vorgemacht. Sie fügen ein siebtes und achtes Semester in den Bachelorstudiengang ein, um die Lehre zu entzerren. Auch das ist heute schon möglich.

Fünftens: Der Zugang zum Masterstudiengang muss transparenter sein. Es gibt formal keine Quoten für den Masterstudiengang. Das will ich hier ganz deutlich betonen. Wichtig ist aber eine klare Ansage an die Studenten, bevor sie den Bachelorstudiengang aufnehmen, welche Mindestnote erforderlich ist, damit sie den Masterstudiengang absolvieren können. Diese Note darf nicht während des Semesters verändert werden. Wenn es genügend gute Studenten gibt, die die Mindestanforderungen erfüllen, müssen sie auch einen Masterstudienplatz bekommen, egal wie viele Studenten es sind. Es ist dann Aufgabe der Hochschule zu analysieren, ob sie die richtigen Masterstudienplätze und ob sie sie im ausreichenden Maße haben.

Sechstens: Thema Finanzierung. Ist das Bachelorstudium ein Sparstudium? Viele haben geglaubt, mit der Umstellung werde Studieren in Deutschland billiger. Ich habe davor gewarnt. Experten sagen, bei einer vernünftigen Umsetzung des BolognaProzesses werde es teurer als beim Status quo. Deshalb ist es wichtig, dass wir die Mittel des Bundes für den Hochschulpakt das waren 7 Millionen Euro plus Landesmittel - wie in der Vergangenheit dafür einsetzen. Ich hoffe, diese Landesmittel werden auch in Zukunft dafür eingesetzt, damit die Betreuungsquote in den Hochschulen verbessert werden kann. Ich begrüße das Vorhaben der Linkspartei ausdrücklich, dass sie in den nächsten Jahren 250 neue Mitarbeiter im wissenschaftlichen Bereich einstellen will. Ich werde das gern konstruktiv begleiten.

Meine Damen und Herren! Der Bologna-Prozess darf keine Imagekrise werden. Ich warne noch einmal ausdrücklich vor Schwarzmalerei. In den Bundesländern wird die Bologna-Reform unterschiedlich umgesetzt. Es gibt wenige schlechte Studiengänge, das ist richtig, aber es gibt viele innovative Modelle. In der aktuellen Studentenbefragung - Sie können es nachlesen - äußerten sich die Studenten so zufrieden wie nie zuvor.

Deshalb - ich komme zum Schluss -: Gehen wir offensiv mit dem Bologna-Prozess um! Studenten und Professoren dürfen sich nicht länger als Opfer des Prozesses fühlen, sondern sie müssen zu Akteuren werden. Ich meine aber, diese Dinge können heute schon hochschulintern und im Rahmen der Hochschulautonomie geklärt werden. Dazu muss nicht ein ganzes Gesetz geändert werden. - Danke schön.

(Beifall CDU und FDP)

Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Abgeordnete Melior erhält das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es scheint schwer zu sein, wenn man einerseits sehr dicht an den Lehrenden ist, Herr Professor, und andererseits noch sehr dicht an den Studierenden, Herr Jürgens. Ich versuche jetzt einmal die dritte Sicht, die politische auf das Ganze.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Bologna, das ist mehr als Mortadella und Tortellini, auch wenn beides in Bologna erfunden wurde. Die Bologna-Reform - darüber reden wir hier heute - hat einen tiefgehenden Einschnitt in das europäische Hochschulwesen mit sich gebracht. Mit der sogenannten Bologna-Erklärung bekannten und bekennen sich inzwischen 46 Staaten dazu, einen gemeinsamen attraktiven und transparenten europäischen Hochschulraum zu schaffen.

Mit der Bologna-Reform - ich will das hier nur in Erinnerung rufen, denn es sind nicht alle so sehr mit dem Hochschulthema vertraut - sollten im Wesentlichen drei Ziele erreicht werden: erstens die Einführung eines gestuften Systems aus Bachelorund Masterstudiengängen bei europaweit vergleichbaren Abschlüssen, zweitens die Einführung und ständige Verbesserung von Forschung und Lehre, drittens die Steigerung der Mobilität für Studierende und Wissenschaftler, nämlich die Auslandssemester, die der Kollege Schierack angesprochen hat. Ich begrüße das ausdrücklich.

Am heftigsten umstritten ist die Umstellung der bisherigen Magister- und Diplomstudiengänge auf ein zweistufiges Studiensystem mit Bachelor als Regelstudienabschluss und einem darauf aufbauenden Masterstudium. Deutschland hat dieses Ziel damit verbunden, die Studienzeit zu verkürzen - auch das ist hier schon kurz angesprochen worden -, weil die Wirtschaft Forderungen gestellt hat. Der Wirtschaft waren die Absolventen in Deutschland zu alt. Das hat zusätzlichen Druck aufgebaut.

Doch auf die bisherigen Studiengänge sollte nicht einfach ein neues Etikett geklebt werden, frei nach dem Motto: Lassen wir vom bisherigen Diplomstudiengang zwei Hauptseminare weg, dann haben wir einen Bachelor, und in den Master packen wir die zwei übrig gebliebenen Hauptseminare, zusätzlich noch drei schriftliche Prüfungen, und dann stimmt die Welt. - So war das alles nicht gedacht.

Ein weiteres Problem - auch das ist hier schon kurz thematisiert worden - ist die Stofffülle. Es drängt sich mir persönlich der Eindruck auf - ich habe auch meine Erfahrungen, meine Kinder haben ihr Studium abgeschlossen bzw. stehen kurz davor, es abzuschließen -, dass der Lehrstoff der Diplomstudiengänge zum Teil in einen sechssemestrigen Bachelorstudiengang gepresst wurde. Gleichzeitig wurde der Leistungsdruck durch Anwesenheitspflichten und zusätzliche Prüfungen - Sie erwähnten es bereits - beträchtlich erhöht. Darüber klagen im Übrigen nicht nur die Studierenden, sondern das ist, wie ich selbst in Gesprächen mitbekommen habe, auch eine hohe Belastung für die Lehrenden. Hochschullehrer haben mir glaub

haft versichert, dass sich der Korrekturaufwand durch die vielen Prüfungen deutlich erhöht hat und kaum Zeit lässt, die Lehre zu verbessern.

Diese Entwicklungen sind zu überprüfen und gegebenenfalls zu korrigieren. Eine Möglichkeit ist, das Bachelorstudium auf sieben oder acht Semester zu erweitern. Diese Möglichkeit haben wir mit dem Brandenburgischen Hochschulgesetz ausdrücklich gegeben. Dann sollte und muss die Möglichkeit auch genutzt werden. Zum Teil wird das, wie ich ausdrücklich dazu sagen muss, schon praktiziert. Eine andere Möglichkeit ist, die Stofffülle auf ein vernünftiges Maß zu reduzieren. Die Studierbarkeit der einzelnen Fächer muss dabei aber gewährleistet werden. Der Arbeitsaufwand für Studierende darf nicht zu blinder Paukerei führen. Es reicht vollkommen - das ist hier auch schon gesagt worden, ich wiederhole es dennoch -, wenn jedes Modul mit einer Prüfung abgeschlossen wird und dadurch die Prüfungsfülle ein bisschen gemindert werden kann.

Der wichtigste Punkt, der von den Studierenden kritisiert wird, ist der Übergang vom Bachelor- ins Masterstudium. Viele Studierende haben massive Ängste. Das ist nachzuvollziehen, wenn man sich damit näher beschäftigt. Ängste bestehen vor allen Dingen dahin gehend, ob das Bachelorstudium vonseiten der Wirtschaft und der Arbeitgeber wirklich als berufsqualifizierend anerkannt wird. Natürlich machen die Studierenden mit einem Bachelorabschluss auch die Erfahrung, dass ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt begrenzt sind. Das sollten wir alle ernst nehmen und weiter begleiten. Solange sich der Bachelorabschluss bei den Arbeitgebern nicht als Regelabschluss durchgesetzt hat, ist es auf jeden Fall geboten, diese Ängste ernst zu nehmen.

Leider wird die Diskussion, ob es ein richtiger Abschluss ist oder nicht, stark ideologisch geführt und ist zum Teil von Standesdünkel überlagert. Die Behauptung, nur der Master-Abschluss sei vergleichbar mit dem bisherigen Diplom und Magister und der Bachelorabschluss sei nur ein aufgewertetes Vordiplom, wird nicht richtiger, wenn man sie nur oft genug wiederholt. Über 90 % aller Studiengänge in Brandenburg sind das verbinde ich mit großem Dank an diejenigen, die diese Arbeit geleistet haben - inzwischen auf das Bachelor-Master-System umgestellt. Wir tun also gut daran, mit dem berufsqualifizierenden Bachelorabschluss zu werben. Für die SPD gilt deshalb nach wie vor der Grundsatz: Jede und jeder Studierende mit einem Bachelorabschluss muss die Chance haben, einen Masterstudiengang zu belegen.

(Beifall SPD sowie der Abgeordneten Kaiser [DIE LIN- KE])

Im Brandenburgischen Hochschulgesetz gibt es eine Soll-Vorschrift, nach der die Hochschulen für das Masterstudium neben dem Bachelorabschluss weitere besondere Zugangsvoraussetzungen festlegen sollen. Ich meine, dass diese Formulierung missverständlich ist. Sie verleitet die Hochschulen dazu, aus Kapazitätsgründen eine Mindestnote beim Bachelor als Voraussetzung zum Masterstudiengang zu verlangen. So ist es zumindest in Potsdam praktiziert worden. Aber, meine Damen und Herren, auch ein Bachelorabschluss mit der Note 3,5 ist ein vollständiger und vollwertiger Hochschulabschluss, der zum Masterstudium berechtigt. Besondere Zugangsvoraussetzungen sind für mich daher eher spezielle fachliche Anforderungen, also ein fachbezogener Bachelorabschluss oder besondere Fremdsprachenkenntnisse.

Zuerst sollten wir sicherstellen, dass die Aufnahmekapazitäten für Masterstudiengänge an allen Hochschulen ausgeschöpft werden. Auch diesbezüglich ist von Studierenden immer wieder darauf hingewiesen worden, dass das nicht in jedem Fall passiere. Wenn sie nicht ausreichen, um alle Wünsche nach Aufnahme eines Masterstudienganges zu befriedigen, dann müssen wir hier im Landtag über personelle und räumliche Voraussetzungen diskutieren und mehr Möglichkeiten zur Verfügung stellen. Die Durchlässigkeit muss auch im Studiensystem und nicht nur in der Schule, für die wir es immer fordern, gewährleistet sein; denn nur so können sich Studierende frei entscheiden, wie sie ihr Studium planen und welche Voraussetzungen sie für ihr Leben schaffen wollen.

Ein großes Problem, das wir jedoch nicht mit dem Brandenburgischen Hochschulgesetz lösen können, ist die mangelhafte Studienfinanzierung in Deutschland. Von den über 2 Millionen Studierenden erhält nur etwa ein Viertel, also 25 %, BAföG und davon nur knapp die Hälfte den maximalen Förderbetrag. Das Jobben neben dem Studium ist nicht nur der Hauptgrund für lange Studienzeiten, sondern auch für hohe Abbruchquoten. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, meine Damen und Herren, dass faktisch ein Viertel aller Studierenden in Deutschland in Teilzeit studiert. In § 17 Absatz 4 unseres Hochschulgesetzes steht, dass für Studierende entsprechende Teilzeitstudiengänge einzurichten sind. Doch nicht alle Hochschulen kommen dieser Aufforderung im gewünschten Umfang nach. Auch das BAföG ist in der gegenwärtigen Form nicht für Teilzeitstudierende geeignet. Auch hierüber muss der Bund noch einmal nachdenken.

Sie sehen, meine Damen und Herren, die Bologna-Reform hat eine soziale Dimension, die wir nicht aus den Augen verlieren dürfen. Geld ist nicht alles. Ohne Geld ist alles nichts. Und in der Mitte liegt bekanntlich die Wahrheit.

Die Studierenden fordern zusätzliche Stellen, um die Betreuungsrelation zu verbessern. Gleichzeitig beklagen sie, dass Berufungsverfahren durch die Hochschulen hinausgezögert werden, um Gelder einzusparen. Wir haben im Rahmen der Budgetierung dafür gesorgt, dass es mehr Autonomie gibt. Jetzt wird damit Politik gemacht, und es werden Gelder eingespart. Das darf aber nicht auf Kosten der Lehre gehen. Ob Letzteres zutrifft, kann ich nicht im Detail einschätzen. Aber ich nutze gern die Gelegenheit, um für den Studienpakt für Qualität und gute Lehre zu werben, den meine Partei und die SPD-Bundestagsfraktion vorschlagen. Es ist leider absehbar, dass Brandenburg wie auch andere Bundesländer die Finanzierung seiner Hochschulen aus eigenen Mitteln nicht deutlich steigern können wird. Deshalb müssen der Bund und die Länder den Weg einer kooperativen Hochschulpolitik fortsetzen und mit einem Pakt für Studienqualität und gute Lehre eine gemeinsame Initiative starten.

Nach dem Ausbau der Studienplätze und der Stärkung der Hochschulforschung benötigen wir diesen Studienpakt als dritten gemeinsamen Schritt. Die Hochschulrektorenkonferenz wie auch der Wissenschaftsrat beziffern den jährlichen zusätzlichen Bedarf der Hochschulen mit rund 1,1 Milliarden Euro. Die jungen Menschen haben ein Recht auf eine gute Lehre und auf eine optimale Betreuung. Chronisch unterfinanzierte Hochschulen demotivieren Studierende und produzieren eine hohe Zahl von Studienabbrechern. Das, meine Damen und Herren, können und wollen wir uns nicht leisten.