Ich muss Ihnen sagen: Die nächste Evaluierung des Verbraucherschutzes in den Bundesländern durch den Bundesverband der Verbraucherzentrale wird kommen. Wenn wir die Strategie, die uns heute vorliegt, ernst nehmen, und wenn alle, die damit zu tun haben, sie auch umsetzen - was abzuwarten bleibt - haben wir zumindest die Chance, wieder bessere Bewertungsergebnisse in diesem bundesweiten Vergleich für unser Land Brandenburg zu bekommen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, diese Strategie - die Ministerin hat es ausgeführt - ist sehr umfangreich, 53 Seiten kleinbedrucktes Papier, insgesamt zehn Handlungsschwerpunkte. Es gibt viele Zielsetzungen, viele Maßnahmen sind definiert, sehr umfangreich auch die aufgelisteten Aufgaben, die die Landesregierung im Rahmen der gesetzlichen Pflichterfüllung umzusetzen hat, sehr umfangreich aber auch - das muss ich an dieser Stelle sagen, Frau Ministerin Tack - das Maß an Unverbindlichkeit in dieser Strategie. Einer Ihrer Schwerpunkte ist ja - Sie haben es noch einmal hervorgehoben - der gesundheitliche Verbraucherschutz, insbesondere auch im Bereich der Lebensmittel- und Futtermittelüberwachung, und sind die damit verbundenen staatlichen Kontrollen der Hersteller durch die Landkreise und das Land.
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal an meine mahnenden Worte hinsichtlich der personellen Ausstattung in der Abteilung Verbraucherschutz im MUGV, insbesondere im veterinärmedizinischen Bereich, erinnern. Ich muss Ihnen ein Beispiel nennen: Die Leitung des Referats Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit in Ihrem Haus, Frau Ministerin Tack, ist nach wie vor kommissarisch besetzt. Oder nehmen Sie den Streit zwischen Brandenburg und Berlin hinsichtlich der Finanzierung der durch das gemeinsame Landeslabor erbrachten Untersuchungsleistungen, der derzeit auf dem Rücken des Landeslabors ausgetragen wird. Es wird morgen dazu ein Gespräch in Berlin geben. Ich bin sehr gespannt, was es ergibt. Hier weigert sich Brandenburg bislang strikt - und weigern auch Sie sich persönlich -, zu bezahlen, was das Land in Auftrag gibt,
obwohl der Staatsvertrag hierzu eindeutige Regelungen vorgibt und eine hälftige Finanzierung des Landeslabors bisher nur für das Jahr 2009 vorgesehen war.
Wenn Sie, Frau Ministerin Tack, in der Strategie versichern, dass die Landesregierung auch in Zukunft alle erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher vor gesundheitlichen Risiken ergreift, dann kann ich nur sagen: Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft eine riesige Lücke, die Sie mit warmen Worten allein nicht werden überwinden können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mich freut natürlich, dass die Hinweise der CDU-Fraktion, die wir im Vorfeld der Erarbeitung der Strategie mit eingebracht haben, aufgegriffen wurden und der Schwerpunkt der Verbraucherbildung auch bei Kindern und Jugendlichen liegt.
Entsprechend den Anträgen meiner Fraktion gab es immer wieder auch hier im Plenum und gibt es grundsätzlich über die Fraktionsgrenzen hinweg keine gegensätzlichen Auffassungen darüber, was die Verbraucherzentrale Brandenburg angeht. Sie leistete in der Vergangenheit gerade für die Brandenburger Verbraucher eine unschätzbar wichtige Arbeit und wird auch in Zukunft als unabhängige Beratungs- und Anlaufstelle für die Verbraucher notwendig sein.
Gestutzt habe ich, als ich in dem vorliegenden Bericht las vielleicht ist das auch zwischen den Zeilen gelesen -, dass die Landesregierung bereits finanzielle Zusagen gibt oder eine Anpassung der institutionellen Förderung verspricht. Das mag vielleicht Ihrem Verständnis entsprechen, Frau Tack. Für mich ist nach wie vor nicht die Landesregierung, sondern ausschließlich das Parlament der Haushaltsgesetzgeber und damit der Landtag derjenige, der über die entsprechenden finanziellen Mittel für die Landeszentrale mit zu entscheiden hat.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die verbraucherpolitische Strategie Brandenburg liegt jetzt vor. Es hat sehr lange gedauert. Deshalb gilt es jetzt, die zahlreichen Ziele und umfangreichen Maßnahmen endlich mit Leben zu erfüllen. Daran werden wir Sie, Frau Ministerin, messen, spätestens dann, wenn Sie dem Fachausschuss Ende 2013 den ersten Erfahrungsbericht vorlegen müssen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Wichmann. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Es spricht Frau Abgeordnete Kircheis.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Bericht zur verbraucherpolitischen Strategie zeigt: Wir haben eine umfassende, zukunftsweisende und zielorientierte Gesamtstrategie für die Verbraucherpolitik in Brandenburg.
Ich freue mich vor allem darüber, dass die zehn inhaltlichen Schwerpunkte des Berichts im Wesentlichen den Eckpunkten unseres Antrags entsprechen. Das zeigt, dass sich die Landesregierung mit der sehr wichtigen staatlichen Aufgabe des Verbraucherschutzes intensiv auseinandergesetzt hat, einer Aufgabe, die der moderne Staat und auch das Land Brandenburg schon lange erfüllt. Das ist umso wichtiger, als das Thema Verbraucherschutz - das wissen wir alle - in der öffentlichen Wahrnehmung in den vergangenen Jahren immer öfter auftauchte. Mit Dioxin verunreinigter Mais aus der Ukraine 2009, Tote aufgrund zu hoher Listeriosebakterienwerte in Rohmilchkäse vor zwei Jahren oder besonders aggressive Coli-Bakterien auf Gurken oder Sprossen - die Liste ist lang.
Aber nicht nur immer wieder auftauchende Lebensmittelskandale, sondern auch gefährliche Haushalts- oder Spielgeräte, die Deregulierung ehemals staatlicher Monopole wie Post, Telefon, Bahn oder Gebietskartelle, zum Beispiel beim Strom, stellen ebenso wie neue Vertragsformen zum Beispiel im Mobilfunk neue Herausforderungen für den Verbraucherschutz dar. So gibt es bundesweit allein rund 2 600 Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen, 15 000 verschiedene Stromtarife, 11 000 ambulante Pflegedienste. Daher hätte ich mir auf jeden Fall gewünscht, dass die intensive Auseinandersetzung der Landesregierung mit dem Verbraucherschutz etwas weniger Zeit in Anspruch genommen hätte. Denn es hat mit der nun vorliegenden Strategie fast anderthalb Jahre länger gedauert, als mit unserem Antrag vom Mai 2010 beschlossen, anderthalb Jahre, in denen der Verbraucherschutz in Brandenburg quasi keine Strategie hatte.
Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich leicht meinen, dass eine derartige Verspätung zeigt, dass dem Verbraucherschutz hierzulande doch nicht eine so hohe Priorität eingeräumt wird, wie es notwendig ist. Ich sage das gerade vor dem Hintergrund enormer Geschwindigkeit, mit der heutzutage immer neue, komplexere Produkte und Dienstleistungen für Verbraucher aufkommen und auch wieder verschwinden.
Positiv hervorzuheben ist in jedem Fall die von uns in unserem Antrag gewünschte breite Beteiligung der Öffentlichkeit, um die Strategie zu erarbeiten. Hier ist das Wissen von Experten gleichberechtigt neben der Meinung der Verbraucher dieses Landes eingeflossen, und das ist gut so. Denn das Wichtigste für eine wirksame verbraucherpolitische Strategie sind mündige Verbraucher, die ihre Interessen selbstbewusst in die eigenen Hände nehmen.
Positiv erwähnen möchte ich auch, dass der Bericht unterschiedliche Verbrauchergruppen berücksichtigt. Denn insbe
sondere Kindern und Jugendlichen fehlt im Gegensatz zu Erwachsenen oftmals die Sensibilität im Umgang mit persönlichen Daten und Informationen. Der bewusste Umgang mit dem Internet und die Beteiligung an sozialen Netzwerken wollen gelernt sein.
Setzt die vorliegende verbraucherpolitische Strategie tatsächlich neue Impulse für den Verbraucherschutz in Brandenburg? Ich sage ja, denn sie definiert klar und deutlich Herausforderungen, Probleme und Ziele für die einzelnen Bereiche des Verbraucherschutzes. Auf der anderen Seite gibt es im vorliegenden Strategiepapier noch zu viele Allgemeinplätze, zum Beispiel:
„Die Landesregierung ergreift alle erforderlichen Maßnahmen“. … „Neue Aufgaben und Entwicklungen werden im Rahmen verfügbarer Ressourcen bewältigt.“
Eine Strategie zeichnet sich gerade dadurch aus, dass sie ein konkretes Ziel anvisiert, indem ganz konkrete Maßnahmen formuliert werden. Je konkreter die Maßnahmen, desto besser kann das Ziel erreicht werden. Das ist wichtig, auch wenn - das muss ich der Vollständigkeit halber erwähnen - 80 % der Verbraucherrechte gar nicht auf Landesebene, sondern auf europäischer bzw. bundespolitischer Ebene entschieden werden. Inwieweit die formulierten Maßnahmen taugen, wird uns in jedem Fall der Ende des nächsten Jahres vorliegende erste Erfahrungsbericht zeigen.
Ich hätte es für wünschenswert gehalten, auch das Problem des juristischen Verbraucherschutzes einmal anzugehen, wohl wissend, dass das ein heißes Eisen ist, aber für die Verbraucherinnen und Verbraucher wird es zunehmend wichtig.
Alles in allem dient die vorliegende Strategie in jedem Fall den Verbraucherinnen und Verbrauchern in Brandenburg, und darauf kommt es schließlich an. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Abgeordnete Kircheis. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der FDP-Fraktion fort. Der Abgeordnete Beyer erhält das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Um die Katze gleich aus dem Sack zu lassen, liebe Frau Kollegin Kircheis, sage ich ganz klar: Nein. Ich hoffe, es haben alle zugehört, damit auch jeder weiß, wozu ich Nein sage. Aber zunächst erst einmal zum Allgemeinen.
„Die Landesregierung wird aufgefordert, bis 2011 eine umfassende verbraucherschutzpolitische Strategie Brandenburg zur Vorlage im Landtag zu erarbeiten.“
So hieß es im Antrag der Regierungsfraktionen vom 25. Mai 2010. Ich verrate sicherlich kein Geheimnis, wenn ich Ihnen sage, dass wir uns derzeit in der Mitte des Jahres 2012 befinden. Derartige Verzögerungen sind wir aber leider gewohnt. Man kann sogar sagen: Im MUGV nichts Neues.
Frau Ministerin, weil Sie Ihre Ausführungen so schön und harmonisch anmoderiert haben, möchte ich Ihnen ein Angebot unterbreiten; denn vielleicht liegt das Problem nicht in Ihrem Haus, sondern in den zu kurz gesetzten Fristen: Lassen Sie uns einfach einmal darüber sprechen, vielleicht können wir uns verständigen. Dann spreche ich auch mit den Regierungsfraktionen, dass wir realistische Fristen festsetzen sollten. Vielleicht ist das tatsächlich die Lösung.
Schließlich wäre es doch schön, wenn wir endlich einmal erleben würden, dass eine vom Ministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz gesetzte Frist eingehalten wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, es würde mich jetzt natürlich reizen - lieber Kollege Bischoff, meines Erachtens waren Sie es -, noch einmal meine nette Strategievorlesung zu halten. Sie erinnern sich: Bei der Energiestrategie 2030 des Landes Brandenburg wurde mir vorgeworfen, ich hätte eine Grundsatzvorlesung gehalten. Diese sogenannte Vorlesung könnte ich jetzt noch einmal halten; denn es trifft alles wieder zu. Leider war die Vorlesung offensichtlich nicht ganz so gut; denn sie hat nicht geholfen. Schließlich sind genau die gleichen Defizite vorzufinden.
Dennoch kann ich feststellen: Im Land Brandenburg mangelt es nicht an Strategien. Wir haben jede Menge Strategien: unter anderem die energiepolitische Strategie und nun auch die verbraucherpolitische Strategie - zumindest liegt ein Bericht dazu vor -, jedoch mangelt es an der Umsetzung. Das ist unser Problem.
Lassen Sie mich nun aus dem Punkt 2 des damaligen Antrags der Regierungsfraktionen zwei der vielen Punkte exemplarisch herausgreifen. Dabei darf ich mir erlauben, Frau Ministerin, relativ frei einige Punkte zu zitieren, weil die Punkte, die in Ihrem Bericht auftauchen, gar nicht so verkehrt sind.
Zunächst zu den Verbraucherrechten: Die Landesregierung erkennt richtigerweise, dass die weitere Verwendung personenbezogener Daten grundsätzlich der Zustimmung der Verbraucher bedarf und nicht, wie oftmals praktiziert - also der Handel mit sensiblen Daten - erst durch Widerspruch der Betroffenen unterbunden werden muss. - Das ist richtig.
Unser Anspruch ist es, dass Datenschutz und Datensicherheit nicht kriminellen Wirtschaftspraktiken zum Opfer fallen. Auch das ist richtig und würde ich sofort unterschreiben.
Die Souveränität der Verbraucher steht für uns im Mittelpunkt, nicht am Rand. - Das ist ebenfalls richtig und würden wir auch unterschreiben.
Auch der Ansatz, strengere Vorgaben an die Beratung freier Finanzdienstleistungsträger anzulegen, ist angesichts immer komplexer werdender Finanzprodukte und der Notwendigkeit, verstärkt private Vorsorge zu betreiben, völlig richtig. Leider fehlt es an Maßnahmen. Was tun wir denn nun?
Der heutige Tag passt zu diesem Thema. Ich weiß nicht, wer von Ihnen heute die deutschlandweite Presse aufmerksam be
obachtet und verfolgt hat. Wir führen seit heute Morgen eine hochinteressante Debatte zum Thema Schufa und Facebook, und zwar konkret bezogen auf die Stadt Potsdam.
Was tun wir denn nun? - Ich hätte mir in Ihrem Bericht und Ihrer Strategie einige halbwegs konkrete Aussagen erhofft, wie wir denn nun vorgehen. Fehlanzeige, es ist nichts zu finden.
Zu den Verbraucherinformationen: Der bestgemeinte Verbraucherschutz verkommt zum zahnlosen Tiger, wenn den Verbrauchern nicht das Recht zukommt, an wichtige Daten zu Produkten und Dienstleistungen zu gelangen, um ihre Kaufentscheidungen an messbaren Fakten auszurichten.
Der Grundsatz ist richtig; den würden wir auch unterschreiben. Aber was tun wir nun? Wie setzen wir das um? - Wir brauchen konkrete Vorschläge. Das fordere ich so oft an diesem Pult. Konkrete Vorschläge sind gefragt; denn Strategien haben wir, wie gesagt, genug.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, trotz der von mir vorgebrachten Kritikpunkte möchte ich insbesondere der Verbraucherzentrale im Land Brandenburg für ihre intensive Mitarbeit an der verbraucherpolitischen Strategie des Landes danken und schlage vor, dass wir den heute hier beratenden Bericht nach der Sommerpause in aller Ausführlichkeit im Fachausschuss - Sie haben es selbst angesprochen - beraten. Das bietet dann vielleicht die Gelegenheit, die eine oder andere Schwachstelle aufzugreifen und eventuell einige wirklich konkrete Vorschläge zu hören, wie wir diese erneute und weitere Strategie im Land Brandenburg tatsächlich umsetzen wollen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. - Das Wort erhält nun Herr Abgeordneter Büchel für die Fraktion DIE LINKE.