Protocol of the Session on June 7, 2012

(Beifall GRÜNE/B90)

Mit unseren Nachbarn in Polen, aber auch den anderen osteuropäischen Staaten müssen wir besser zusammenarbeiten. Dabei möchte ich betonen, dass die grenzüberschreitende KfzKriminalität kein Problem der Grenzregion oder der ostdeutschen Länder allein ist. Das ist das klare Ergebnis des aktuellen Lagebildes. Besonders betroffen seien nicht nur die Grenzregionen von Brandenburg und Sachsen, sondern auch die Ballungsräume Berlin, Hamburg und Hannover sowie einige Gebiete Nordrhein-Westfalens. Wir begrüßen, dass sich die Innenministerkonferenz dieses Themas angenommen hat.

Ergo: Der vorliegende Antrag ist im Kern richtig, wenn wir uns auch weiterhin rhetorische Abrüstung und etwas weniger Schwarzmalerei wünschen würden. Besinnen Sie sich Ihrer neuen Farbe Orange. Die soll nach Erschöpfung aufbauend wirken.

(Beifall GRÜNE/B90 und der Abgeordneten Stark [SPD])

Der Innenminister setzt fort. Bitte, Herr Dr. Woidke.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Lakenmacher, wissen Sie, was ich am meis

ten bedaure? Es ist, dass wir offensichtlich nicht in der Lage sind, hier zu diesem wichtigen Punkt, der gerade die Sicherheit der Bevölkerung des Landes Brandenburg betrifft, eine sachliche Debatte zu führen. Das wäre aus meiner Sicht notwendig.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Es ist richtig: Wir haben im letzten Jahr eine weitreichende Polizeistrukturreform umgesetzt. Seit 1. November 2011 arbeitet die Brandenburger Polizei in einer neuen Struktur. Ich möchte hier noch einmal ganz ausdrücklich den Kolleginnen und Kollegen, den Polizistinnen und Polizisten danken, die es möglich gemacht haben, diese notwendige Umstrukturierung der Polizei in relativ kurzer Zeit abzuschließen.

(Beifall SPD und vereinzelt DIE LINKE)

Das war nur möglich durch die Mitwirkung von Personalräten, Gewerkschaften und vielen anderen Beteiligten. Ich denke, es war auch gut, dass wir die Struktur so schnell umsetzen konnten - gut für die Bevölkerung des Landes Brandenburg, aber auch gut für die Kolleginnen und Kollegen innerhalb der Polizei.

Heute ist es von herausragender Bedeutung, dass der Polizeiapparat nach dieser tiefgreifenden Umstrukturierung wieder zur Ruhe kommt, dass sich die neu geschaffenen Organisationseinheiten aufeinander einstellen können und sich Abläufe wieder einspielen können. Die neuen Strukturen müssen eine Chance bekommen, sich zu bewähren. Wir brauchen Zeit, um Erfahrungen in dieser neuen Polizeistruktur zu gewinnen und auszuwerten. Dazu ist es wichtig - das habe ich den Ausführungen der Mehrzahl der Vorredner entnommen -, dass die Polizei auch einmal in Ruhe gelassen wird.

Ich habe von Anfang an erklärt, dass wir die gewonnenen Erfahrungen - das ist auch dem Entschließungsantrag, der Ende 2010 im Landtag angenommen wurde, zu entnehmen - mit der neuen Polizeistruktur im Jahre 2014 evaluieren werden. So viel Zeit müssen wir uns nehmen. Es gibt einen klaren Fahrplan, und an diesem Fahrplan halten wir fest. Alles andere macht zum jetzigen Zeitpunkt keinen Sinn. Deshalb kann ich Sie nur darum bitten, den Antrag der CDU-Fraktion abzulehnen.

Die Polizei muss ihre Arbeit tun können und darf nicht immer und immer wieder aufs Neue mit neuen Reformdiskussionen oder neuen Strukturvorschlägen in Unruhe versetzt werden. Dies würde die Effizienz der Arbeit der Polizei in Brandenburg nicht nur nicht stärken, Herr Lakenmacher, sondern sie auf Dauer schwächen.

Lassen Sie mich noch kurz auf einige Aspekte Ihres Antrags eingehen. Zum einen thematisieren Sie die schlechten Ergebnisse der Kriminalitätsbelastungs- und Aufklärungsbilanz für das Jahr 2011. Auch ich bin mit einigen Ergebnissen nicht zufrieden. Wir haben die zweithöchste Kriminalitätsbelastung aller Flächenländer, und nur zwei Flächenländer - darunter auch ein CDU-geführtes - sind derzeit bei der Aufklärungsquote schlechter als Brandenburg. Wir müssen hier dringend besser werden. Und wir werden besser werden. Das ist die klare Ansage, die ich an dieser Stelle noch einmal treffen möchte. Wir sind hier an der Arbeit.

Aber die CDU beweist wieder einmal ein sehr kurzes Gedächtnis, vor allen Dingen in drei Punkten.

Nummer eins: Nicht richtig ist es, hier einen Zusammenhang mit dem Reformkonzept herzustellen. Ich darf daran erinnern, dass die Probleme, mit denen wir es heute zu tun haben oder die sich aus der Statistik 2011 herauslesen lassen, nicht nur über mehrere Jahre hinweg gewachsen sind, sondern wenn Sie eine Struktur beklagen, müssen Sie dazusagen, dass wir zehn Monate im Jahr 2011 noch in der alten Struktur gearbeitet haben und nur zwei Monate in der neuen. Diese alte Struktur man kann klar ablesen, dass es jedes Jahr eine schlechtere Aufklärungsquote gab, Herr Lakenmacher, seien Sie doch so ehrlich, wenn Sie es nicht haben, gebe ich es Ihnen gerne - ist unter Führung eines CDU-Innenministers entstanden. Auch das sollten Sie dazusagen.

(Vereinzelt Beifall SPD)

Ich denke, dass die neue Struktur - sie ist jetzt seit sechs Monaten in Kraft - beweisen wird, dass sie besser ist.

Kurzes Gedächtnis Nummer zwei: die Stellenausstattung bei der Polizei. Die heutige Stellenausstattung der Brandenburger Polizei geht auf Beschlüsse einer SPD-CDU-geführten Regierung in diesem Land Brandenburg zurück. Erst im nächsten Jahr werden die Anwärter des Jahrgangs 2010 in den Dienst eintreten. Das ist der erste Jahrgang, der unter rot-roter Verantwortung hier beschlossen worden ist.

(Beifall der Abgeordneten Wehlan [DIE LINKE])

Wenn Sie also in Ihrem Antrag die zur Verfügung stehenden Ressourcen kritisch hinterfragen, dann sollten Sie dies ehrlicherweise dazusagen, Herr Lakenmacher, denn es ist die Wahrheit.

Kurzes Gedächtnis Nummer drei, dazu kann ich mich kurzfassen, denn darauf ist Herr Scharfenberg bereits eingegangen: Vom Konzept der CDU zur Polizeistruktur - 8 000 Stellen - ist heute offensichtlich nicht mehr die Rede. Aber das war vor anderthalb Jahren hier noch mit großem Pomp und Circumstance angekündigt worden.

Einen zutreffenden Gedanken in Ihrem Antrag möchte ich gern noch aufnehmen. Sie sagten, dass die Sicherheitslage in Brandenburg durch spezifische Faktoren beeinflusst wird. Das ist richtig. Ich will nur die besondere Situation an der Grenze oder auch im Umland von Berlin nennen. Auch die Entwicklung spezifischer Kriminalitätsformen bereitet uns Sorge. Ich nenne nur die Entwicklung der Diebstahlkriminalität. Diese ist übrigens kein Spezifikum des Landes Brandenburg. Die Diebstahlkriminalität, das zeigt die bundesweite Statistik, hat im letzten Jahr überall im Bundesgebiet drastisch zugenommen.

Solche Faktoren und viele andere ebenso müssen natürlich in der Evaluierung berücksichtigt werden. Die Evaluierung ist für eine umfassende Debatte der richtige Zeitpunkt, und ich sage es noch einmal, auch wenn Sie es nicht hören wollen: Wir werden so viel Polizei in den Orten und in der Struktur der Brandenburger Polizei haben, wie wir zur Bewältigung der Aufgaben benötigen, um die Sicherheit in hoher Qualität für die Bürger dieses Landes weiterhin gewährleisten zu können. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Alles Gute!

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Herr Lakenmacher, interpretiere ich Sie richtig, dass Ihnen drei Minuten Kurzintervention lieber sind als 53 Sekunden, die Sie noch zum Reden hätten?

Sehr geehrter Herr Präsident, richtig interpretiert! Meine Damen und Herren! Herr Innenminister, Sie fordern eine sachliche Debatte. Diese setzt immer voraus, dass man den Antragstext liest. Das haben Sie nicht getan.

(Zuruf von Minister Dr. Woidke)

- Nein. Sie haben den Antragstext nicht gelesen, das muss ich leider feststellen. Wir wollen eine fachlich fundierte Aufgabenund Sicherheitsanalyse. Diese soll die Grundlage dafür sein, den Bedarf an Polizisten im Land Brandenburg festzustellen, nicht mehr und nicht weniger.

(Beifall CDU und FDP)

Wir wollten keine bestehende Struktur verändern oder Ähnliches.

Herr Scharfenberg, bei Ihnen kann ich es ganz kurz machen und Sie einfach an das Jahr 2009 und Ihr Wahlkampfversprechen erinnern: „Es gibt mit mir nicht einen Abbau eines Polizisten im Land Brandenburg.“ Bitte schön, ja?!

(Beifall CDU und FDP - Zuruf von der CDU: Ha, ha!)

Frau Stark, zur Polizeidichte: Anders als die Flächenländer, die Sie immer gern zum Vergleich heranziehen - zum Beispiel Schleswig-Holstein -, hat das Land Brandenburg schon heute, vor Ihrem Personalabbau, eine höhere Kriminalitätsbelastung als diese Länder. Wir haben über 250 Kilometer Grenze im Osten, und wir haben in der Mitte die Bundeshauptstadt Berlin, die uns gerade Probleme mit den Rockern, die herausströmen, macht.

Herr Innenminister, wir werden so viele Polizisten haben, wie wir brauchen. Leider bleibt das mit Ihrer heutigen Ablehnung ein weiterer Leersatz, und wir werden bald erleben, dass uns eine Stellenausstattung mit etwas über 7 000 Stellen - wohl 7 400 - als ganz großer Wurf präsentiert wird, und wir werden feststellen müssen, dass die Sicherstellung der inneren Sicherheit und der Aufgabenerfüllung der Polizei in Brandenburg damit weiterhin und in Zukunft nicht gelingt, weil sie nicht gelingen kann,

(Beifall CDU und FDP)

denn allein mit Ihrer finanzpolitischen Orientierung ohne fachliche Analyse und Fundament ist innere Sicherheit niemals zu machen. Das haben Sie leider nicht begriffen.

Kurz zum demografischen Wandel: Der demografische Wandel ist kein geografischer Wandel.

(Beifall CDU und FDP)

Das heißt, für den Funkstreifenwagen im Revier bleibt der Weg so lang, wie er heute ist, trotz demografischen Wandels. Das große Loblied auf die überlasteten und von Ihrer Struktur- und Abbaureform frustrierten Bediensteten reicht ebenfalls nicht aus.

(Zuruf des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Die Polizeibediensteten - denen ich ausdrücklich danke - und die Menschen im Land Brandenburg sind heute leider die Leidtragenden. Die Polizei bleibt das Sparschwein.

(Beifall CDU und FDP)

Herr Minister, wenn Sie jetzt beabsichtigen, Ihren Redebeitrag wieder auf die Internetseite der Polizei Brandenburgs zu stellen, dann bitte mit unserem Antrag und den Redebeiträgen aller Fraktionen.

(Frau Stark [SPD]: Das wäre toll!)

Es gibt doch nichts zu verheimlichen. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und FDP)

Der Minister wünscht zu reagieren.

Herr Lakenmacher, ich dachte, ich tue Ihnen einen Gefallen, wenn ich auf Ihren Antrag nicht näher eingehe. Ich wollte heute mal nett sein.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)