Das Angebot war, soweit ich weiß, auch nicht auf die Fraktionsvorsitzenden begrenzt, sondern hat die fachpolitischen Sprecherinnen und Sprecher eingeschlossen, sodass auch ein umfassender Austausch erreicht werden kann. Eines ist doch völlig klar: Geschäftsgeheimnisse werden nicht ausgeplaudert, egal ob sie in den internen Sitzungen des Wirtschaftsausschusses, im Haushaltsausschuss oder in diesem sogenannten neuen Format angeboten werden. Ich halte das neue Format im Übrigen auch für kein Wagnis. Also bitte, Frau Gregor-Ness! Da gehen wir kein Wagnis ein. Es ist doch völlig klar: Wenn sich herausstellt, dass das Ganze nur dazu dient, die Opposition einzuseifen oder uns einen Maulkorb umzubinden oder sonst etwas, dann werden wir die Gespräche verlassen. Das ist eindeutig.
Aber ich habe bisher keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass dieses Gesprächsangebot ernst gemeint ist und wir uns in diesen Gesprächen auch darüber verständigen werden, wie die Informationen, die öffentlich sind und die an die Öffentlichkeit sollen, auch schnellstmöglich in das Parlament und die Öffentlichkeit transportiert werden. Eines ist doch klar: Wir als Abgeordnete wollen nicht immer erst in den Medien lesen, was Sache ist, sondern wir wollen es vorher, direkt erfahren.
Wir wollen aber auch, dass die Informationen, die öffentlich sein können, auch öffentlich gemacht werden. Insofern begrüße ich es auf der einen Seite natürlich, dass das Angebot da ist, hier in einer Geheimkammer die VS-NfD-gestempelten Akten der Flughafengesellschaft, Protokolle und begleitende Unterlagen für den Aufsichtsrat usw. einzusehen. Ich begrüße aber auch ausdrücklich, dass uns parallel dazu - jedenfalls wurde es so angekündigt - in den nächsten Tagen darüber hinausgehend dieselben Akten noch einmal in einer weiteren Fassung präsentiert werden, nämlich in einer Fassung, in der die Geschäftsgeheimnisse geschwärzt sind, und dass die selbstverständlich auch - davon gehe ich aus - verwertbar sind. Ich würde es begrüßen und möchte die Forderung erheben, dass diese Akten dann auch den Medien zugänglich gemacht werden, sodass sie sich auch vollumfänglich informieren können. So weit zum Thema Transparenz.
Ich möchte aber auch zum Thema Wirtschaftlichkeit kommen. Frau Gregor-Ness, Wirtschaftlichkeit ist - bitte schön - keine Frage der absoluten Dimension. Selbstverständlich kann ich einen kleinen Landwirtschaftsbetrieb, Herr Folgart, genauso wirtschaftlich betreiben wie einen großen Landwirtschaftsbetrieb, aber er muss in seiner relativen Dimensionierung passen, er muss in das Umfeld eingepasst sein. Ein großer wie ein kleiner Flughafen kann gleichermaßen wirtschaftlich betrieben werden, aber man kann keinen überdimensionierten Flughafen wirtschaftlich betreiben. Frau Gregor-Ness, ich denke, Mitte und Maß sind hier längst verloren gegangen, es ist verloren gegangen, als man sich von der Konzeption des Single-Airports
verabschiedet hat und in eine Diskussion um ein Luftverkehrsdrehkreuz eingestiegen ist und dementsprechend auch das Terminal ausgestaltet hat.
Das Terminal - der Ministerpräsident hat es ja angesprochen ist auf 320 000 m2 ausgebaut worden. Ich denke, das macht auch das ganze Problem der Überdimensionierung des Flughafens deutlich: 320 000 m2 Geschossfläche, aber zu wenig Abfertigungsschalter. Man fragt sich: Wie ist das möglich? - Es ist deswegen möglich, weil dieser Flughafen nach dem Businessplan überhaupt nicht in der Lage sein wird, aus den Start- und Landegebühren, aus den Einnahmen für den Flugbetrieb auch nur ansatzweise seine Aufwendungen zu decken. Also kommt eines zum anderen. Man versucht, über Non-Aviation - so heißt das - die Wirtschaftlichkeit zu steigern. Das heißt: Einzelhandel ohne Ende, die Leute möglichst lange durch die Einzelhandelsgeschosse führen und möglichst viel Umsatz machen. Aber ich sage jetzt schon voraus: Das wird schwierig, das wird vermutlich nicht funktionieren. Das böse Erwachen für viele Einzelhändler wird dann kommen, wenn sie feststellen, dass die Einnahmen ausbleiben, dass diese Zahl von Umsteigepassagieren überhaupt nicht generiert werden kann und dass dieser Flughafen eben nicht in einer Liga mit Heathrow, Orly, München oder Frankfurt spielen wird.
Alle Fakten müssen auf den Tisch, so lautet unser Antrag. Selbstverständlich ist uns klar, und wir haben völlige Akzeptanz dafür, dass viele Informationen erst nach dem 22. Juni gegeben werden können. Die Kostenentwicklungen für die Investitionen - das ist selbstverständlich, woher sollen wir das jetzt schon wissen -, die Ausfallkosten, erste Abschätzungen der Entschädigungszahlungen, Kosten für Lärmschutzmaßnahmen die weiß man allerdings jetzt schon genauer -, die Opportunitätskosten, also die Kosten, die dadurch entstehen, dass man jetzt den Flughafen Tegel weiter betreibt und gleichzeitig die Einnahmen vom Flughafen Berlin-Schönefeld fehlen, das sind Angaben, die wir erst nach dem 22. Juni bekommen können. Wir wollen aber nicht bis zum 12. Juli warten, sondern wollen diese Informationen schnellstmöglich haben. Das heißt für uns das wäre der Wunsch -, dass das angebotene Gespräch auch ganz zügig stattfindet, spätestens am 25. Juni. Denn irgendwann wollen auch die Fraktionsvorsitzenden und die fachpolitischen Sprecher in die Sommerpause gehen.
Wir wollen auch, dass die Informationen beim nächsten Mal schnell und freiwillig gegeben werden. Ich erinnere an die Hauptausschusssitzung, in der das erste Mal offiziell die 3 Milliarden Euro bestätigt wurden, allerdings erst nach mehrmaligem Nachfragen - genauso wie das erste Mal die 250 Millionen Euro Mehrausgaben für den Lärmschutz, wenn dieser gemäß des Planfeststellungsbeschlusses umgesetzt wird, von Herrn Schwarz offiziell bestätigt wurden. Das würden wir Ihnen das nächste Mal nicht so gern wieder aus der Nase ziehen müssen. Wir würden es sehr begrüßen, wenn solche Informationen beim nächsten Mal gleich gegeben werden.
Was wir in unmittelbarer Folge der Aufsichtsratssitzung am 22. Juni noch nicht erwarten können, ist, dass die Auswirkun
gen auf den Businessplan schon detailliert vorgelegt werden können. Hier steckt der Teufel im Detail. Wir werden - das ist jetzt schon angekündigt - erhöhte Investitionskosten haben. Statt 2,4 Milliarden Euro werden es mindestens 3 Milliarden Euro werden, und da wird sicherlich noch etwas hinzukommen.
Das heißt aber in der Folge, dass wir in den darauf folgenden Jahren eine höhere Abschreibung haben werden. Der Kostendeckungsgrad sinkt, wir werden dementsprechend mehr Verluste ausweisen müssen. Der Flughafen hat übrigens im Jahr 2011 74 Millionen Euro Verluste geschrieben. Das ist nur dadurch gemindert worden, dass Gewinne aus dem Vorjahr zur Verlustabdeckung herangezogen wurden, sodass der Bilanzverlust auf 34 Millionen Euro reduziert werden konnte. Wenn wir aber diese Verluste haben, stellt sich das Problem, dass irgendwann einmal das Eigenkapital herangezogen werden muss, um die Verluste zu decken. Alternativ müssten wir die Kredite aufstocken. Dann haben wir das Problem, über das wir noch gar nicht gesprochen haben, das aber auch einmal präsentiert werden muss, wobei ich hoffe, dass dies in dem Gespräch verdeutlicht wird, und zwar, wie es sich mit dem Swap verhält. Dieser Swap verringert - wie ich es wahrnehme - das Kreditvolumen um über 200 Millionen Euro, sodass das Kreditvolumen in der ursprünglichen Höhe überhaupt nicht zur Verfügung steht.
Wir werden möglicherweise auch Probleme mit der EU-Notifizierung bekommen, das ist im Hauptausschuss auch angesprochen worden. Ich weiß nicht, ob es Herr Markov oder Herr Christoffers war, der sagte: EU-Notifizierung ist für uns Tagesgeschäft. Ich entgegne, das ist kein Tagesgeschäft, weil es dazu eine eindeutige...
- Doch, er hat gesagt, das ist etwas ganz Normales und überhaupt kein großes Problem. Ich finde, das wird ein großes Problem, und da können wir uns noch auf etwas einrichten.
Wir werden dem Antrag der CDU zustimmen. Er ist inhaltlich weitgehend deckungsgleich mit unserem Antrag. Dort sind einige Sachen präziser formuliert, dagegen enthält er zu manchen Sachverhalten keine Aussagen. Deswegen halten wir unseren Antrag als selbstständigen Antrag aufrecht. Wir werden dem Antrag von Herrn Christoph Schulze zustimmen, weil wir den Ansatz mit dem Mediationsverfahren als richtig ansehen. Wir werden dem Entschließungsantrag der regierungstragenden Fraktionen - ich habe ich mich auch gefragt, wieso es sich dabei um einen Neudruck handelt, bis ich sah, dass nur eine Kopfzeile verändert wurde, die FDP ist plötzlich als antragstellende Fraktion aufgeführt - und FDP nicht zustimmen.
- Ich habe vorhin einen Neudruck bekommen, bei dem die FDP als Antragsteller mit benannt ist. Vielleicht kann man das klären, vielleicht weiß das Gregor Beyer besser. Ich war darüber etwas verwundert. Der Antrag ist uns etwas zu abwiegelnd, er benennt nicht die Verantwortung des Aufsichtsrates; er vermeidet es geradezu. Deswegen können wir dem leider nicht zustimmen.
Herr Kollege Vogel, ich trage gerne in der Form einer Frage zur Aufklärung bei. Den ursprünglichen Änderungsantrag haben wir damit natürlich zurückgezogen. In dem Neudruck haben wir einen neuen Spiegelstrich, der sich dem Thema der kleineren und mittleren Unternehmen annimmt, eingefügt und dargelegt, dass wir natürlich gerne zeitnah Informationen haben möchten, ob möglicherweise Entschädigungszahlungen anstehen. Das ist der neue Gegenstand, es ist nicht nur die Kopfzeile neu, und natürlich auch die Neuerung, dass wir mit antragstellende Fraktion sind.
Das war keine Frage. - Ich hatte eben schon die Befürchtung, die FDP reiht sich hier in die Phalanx der Manndecker von SPD und Linker ein, die die bisherige Haltung der Aufsichtsratsmitglieder verteidigen wollen. Wenn das nicht so ist, begrüße ich das außerordentlich.
Meine Damen und Herren, wir kommen langsam zum Ende der Rednerliste. Das Schlusswort erhält die Landesregierung, der Wirtschaftsminister spricht.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Verschiebung des Eröffnungstermins des BER war ein einschneidendes Ereignis für die Entwicklung der Region. Das hat der Ministerpräsident, das hat die Landesregierung an mehreren Stellen ganz, ganz deutlich gesagt. Es ist ein Schaden für die Region entstanden, es ist auch ein Imageschaden entstanden, und zwar nicht nur in der Region, sondern auch darüber hinaus. Das ist völlig klar.
Vor diesem Hintergrund habe ich volles Verständnis für Fragen, die gestellt werden: Wie konnte es dazu kommen? Was sind die Auswirkungen? Selbstverständlich sind wir dazu verpflichtet, Aufklärung zu leisten. Der Ministerpräsident hat in der Regierungserklärung als auch im Hauptausschuss mehrfach deutlich gesagt, dass wir diese Aufklärung geben werden, wenn wir die Fakten und Zahlen auf dem Tisch haben.
Selbstverständlich wird nach dem 22. Juni, also nach der Aufsichtsratssitzung, eine umfassende und schnelle Information erfolgen.
Meine Damen und Herren, in einer solchen Situation ist die sachliche Debatte, wie es dazu kommen konnte und welche
Konsequenzen wir daraus ziehen, immer auch mit einem gewissen Maß an politischer Debatte verbunden. Das halte ich für normal. Was ich mittlerweile nicht mehr für normal halte das will ich so deutlich sagen -, ist, dass sich die politische Debatte verselbstständigt und die Fragestellung mittlerweile lautet: Ist Politik überhaupt noch fähig, Politik zu machen?
Herr Dombrowski, Sie haben in der ersten Befassung hier im Landtag eine bemerkenswerte Rede gehalten, und zwar eine Rede, die von der Suche geprägt war nach der Verantwortung der Geschäftsführung, aber auch der politischen Verantwortung und Auseinandersetzung sowie der Bereitschaft, neben der Herstellung von Transparenz daran mitzuwirken, dass der Flughafen so schnell wie möglich ans Netz geht. Sie haben Ihre Strategie verändert. Wer auf die Idee kommt, ein Gesprächsangebot, das der politischen Bewertung der Fraktionen und derer, die daran teilnehmen, dient, als Kamingespräch, als Lagerfeuer, wie ich vorhin gehört habe, oder als Hinterzimmerpolitik zu bezeichnen,
dem sage ich, der hat möglicherweise Angst vor seinem eigenen politischen Selbstverständnis. Das haben Sie ja gar nicht nötig.
Wenn das in eine solche Richtung geht, erwarte ich von einer demokratischen Partei, dass sie dann die Gespräche verlässt. Ich kann Ihnen nur eines sagen: Wir wären doch seitens der Landesregierung - nehmen Sie es mir bitte nicht übel - politisch naiv, wenn wir in dieser Situation eine solche Absicht mit einem derartigen Gesprächsangebot verbinden würden. Deswegen würde ich Sie ermutigen: Haben Sie mehr politisches Selbstbewusstsein. Sie können mit solchen Situationen umgehen.
Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir, noch auf zwei oder drei Sachverhalte einzugehen. Herr Jungclaus, egal, wie oft Sie es behaupten - ein Aufsichtsrat hat nicht die Möglichkeit, der Geschäftsführung in einem operativen Prozess etwas anzuweisen. Auch wenn Sie das 20 Mal jeder Zeitung sagen, ist es nicht der Fall. Zum politischen Willen des Landtages unter anderem zum Schallschutz gibt es mehrere Beschlüsse. Das ist der Handlungsauftrag an die Landesregierung gewesen. Dieser Handlungsauftrag wird als Mitglied der Landesregierung umgesetzt. Als Mitglied des Aufsichtsrates kann ich der Geschäftsführung diese Anweisung nicht erteilen - um das noch einmal klarzustellen.
Zur Genehmigungsbehörde: Ich als Minister dieser Landesregierung werde einen Teufel tun, einer selbstständigen Behörde öffentlich eine politische Weisung zu erteilen.
Das kenne ich von früher. Das wird nicht geschehen. Es mag sein, dass uns nicht passt, dass sich Termine verschieben. Es mag auch sein, dass uns das Ergebnis des Entscheidungsbildungsprozesses nicht passt. In meinem Aufgabenbereich gibt es drei selbstständige Behörden. Ich will Ihnen offen sagen: Würde ich mir anmaßen, bestimmten Organisationen politische Vorgaben zu erteilen, würden wir alle etwas falsch machen. Wenn Sie eine solche Forderung öffentlich vertreten, sage ich Ihnen: Wir haben ein grundsätzlich unterschiedliches Verständnis von Ausübung von Politik.