Protocol of the Session on March 21, 2012

Was heißt das? Allein im Haushaltsjahr 2012 genießen die RWK bei Förderprogrammen mit einem Volumen von weit über 450 Millionen Euro Vorrang. Für fünf Jahre liegen diese Summen weit im Milliardenbereich. Das Ergebnis dieser unglaublichen Konzentration des Landesförderpotenzials ist: Ausschließlich einem einzigen Wachstumskern - Oranienburg/ Hennigsdorf/Velten - attestieren die Gutachter eine positive Standortentwicklung. Fürstenwalde, Neuruppin, Prignitz, Schwedt und Westlausitz erhielten das Prädikat „Schwache Entwicklung“. Das ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs, denn die anderen Ziele konnten laut Evaluation überhaupt nicht analysiert werden.

Zu den Zielen „Abwanderung verhindern und Arbeitsplätze sichern“ hielten die Evaluatoren fest:

„Die Datenauswertung zeigt, dass offensichtlich eine sehr enge Korrelation zwischen der Lage der RWK im Raum und der sozioökonomischen Entwicklung unterstellt werden kann und nachvollziehbar ist. Diese spezifische Lage im Raum einerseits und die demografische Ausgangssituation und die Wirtschaftsstruktur andererseits haben einen großen Einfluss auf die Entwicklung der RWK. Diese und weitere Faktoren erschweren eine vergleichende Evaluation.“

Verständlich zusammengefasst: Kein Hahn kräht danach, ob wir RWK besonders fördern oder nicht. Andere Effekte bestim

men die wirtschaftliche Entwicklung vor Ort. Deshalb kommen dann die Evaluatoren zu dem ehrlichen Ergebnis, das aber niemand hören möchte:

„RWK-Effekte sind nur bedingt zu identifizieren und von anderen überlagernden Entwicklungen zu trennen.“

Wir konzentrieren uns also in der Landespolitik auf Wenige, investieren Unsummen und treiben einen Keil zwischen unsere Standorte. Das Ergebnis ist: Es ist kein Effekt zu erkennen. Von einer positiven Bestätigung des Stärken-stärken-Prinzips sind wir also himmelweit entfernt.

Dieser Bericht benennt auch exakt die Versäumnisse, und unter dem Begriff „Weiterentwicklung des RWK-Prozesses“ werden die Themen aufgeführt, die bisher nicht angepackt wurden: Fachkräftesicherung, Wissens- und Technologietransfer oder Umlandkooperation. Da bleibt einem doch der Mund offen stehen! Sieben Jahre lang fielen Fachkräftesicherung oder Wissens- und Technologietransfer beim RWK-Prozess weitestgehend unter den Tisch.

Wer jetzt denkt, diese vollständige Fehlleistung wird nun beendet, täuscht sich gewaltig. Laut diesem aktuellen Bericht sind manche RWK immer noch weit davon entfernt, das Thema Fachkräftesicherung überhaupt wahrzunehmen. Ein Zitat aus dem Bericht:

„Demgegenüber steht das Thema Fachkräftesicherung in den RWK in Cottbus und Schönefelder Kreuz derzeit noch vergleichsweise weniger im Fokus.“

Da fällt mir nur eine Reaktion ein: unbelehrbar.

Die Förderung der Regionalen Wachstumskerne ist kein Erfolgsprojekt. Der RWK-Prozess krankt an den fehlenden Leistungsanreizen. Für Mitglieder des exklusiven RWK-Klubs besteht keine Gefahr, den Zugang zu den Fleischtöpfen zu verlieren. Gut aufgestellte Standorte außerhalb der RWK sind von einer Landesförderung weit entfernt. Eine Zweiklassengesellschaft wird ohne Grund beibehalten. Für uns ist klar: Ein Abschied vom RWK-Prozess ist überfällig. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Meine Damen und Herren, damit beenden wir die Aussprache zum Tagesordnungspunkt 11, und Sie haben den Bericht der Landesregierung in Drucksache 5/4903 zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Charakteristische Namenszusätze auf Ortsschildern zulassen

Antrag der Fraktion der FDP

Drucksache 5/4758

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres

Drucksache 5/4904

Die Beschlussempfehlung und der Bericht des Ausschusses beinhalten im Wesentlichen, einen Auftrag im Sinne des Antrags der FDP-Fraktion auszulösen.

Es gibt die Beschlussempfehlung, den Antrag der FDP-Fraktion, „Namenszusätze auf Ortsschildern zulassen“, anzunehmen. Wer dem folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Dies ist beides nicht der Fall.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 12 und rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Fonds der Europäischen Union - auch in der Förderperiode 2014 - 2020 Grundlage einer nachhaltigen Entwicklung Brandenburgs!

Antrag der Fraktion der SPD der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 5/4909

Des Weiteren liegt in Drucksache 5/4959 ein Entschließungsantrag der CDU-Fraktion vor.

Der Abgeordnete Domres beginnt die Debatte für die Linksfraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Nicht nur einmal wurde im Prozess der Erarbeitung des vorliegenden Antrags in beiden Fraktionen die Frage gestellt: Wozu brauchen wir einen so langen Antrag? Geht es nicht kürzer? Die Vorlage der Europäischen Kommission, auf die sich der Antrag der Koalitionsfraktionen bezieht, ist mehrere hundert Seiten stark. - Das zur Quantität.

Vor allem geht es um die Qualität dessen, was in Brüssel, in Berlin und Potsdam gegenwärtig diskutiert wird. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als um die Frage: Welche finanziellen und rechtlichen Spielräume haben wir als Brandenburger Landespolitik in der neuen EU-Förderperiode 2014 bis 2020? Die im Jahr 2012 oder spätestens Anfang 2013 anstehenden europäischen Entscheidungen zur mittelfristigen Finanzplanung der EU für die Jahre 2014 bis 2020, speziell zur EU-Strukturförderung und zur EU-Förderung von Landwirtschaft und des ländlichen Raums, bestimmen maßgeblich, ob und wie unser Land ab 2014 die Angleichung der Lebensverhältnisse in Brandenburg mithilfe der EU-Fonds weiter unterstützen kann. Deshalb muss sich dieses Parlament einmischen, und zwar nicht nur heute.

Mit dem Antrag verdeutlichen wir wichtige Eckpunkte, deren vollständige Aufzählung meine Redezeit hier weit überschreiten würde. Auf einige wenige Punkte, die die Fraktion DIE LINKE als zentral betrachtet, möchte ich jedoch eingehen.

Erstens: Die Europäische Kohäsionspolitik soll auch künftig vom Prinzip der Solidarität getragen werden. Die stärkeren Regionen müssen ihren Beitrag zur Angleichung der Lebensverhältnisse in den schwächeren Regionen leisten. So wie Ostdeutschland, darunter Brandenburg, seit 1990 erheblichen Nutzen von der EU-Regionalpolitik hatte, haben jetzt vor allem

Regionen wie Bulgarien, Nordwest- oder Ostpolen einen Anspruch auf erhöhte Förderung.

Zweitens: Zugleich muss es auch für Regionen, die trotz erfolgreicher Entwicklung noch immer einen Rückstand zum europäischen Durchschnittsniveau haben, eine gewisse Unterstützung geben. Zu ihnen gehört auch Brandenburg mit 83,2 % im Jahr 2009. Um Erreichtes zu sichern, brauchen wir für beide Brandenburger Regionen Übergangsregelungen. Dies ist eine zentrale Forderung nicht nur für die Strukturfonds, sondern auch für die Landwirtschaftsfonds zur Entwicklung des ländlichen Raumes.

Drittens: Wir wollen, dass die Regionen auch künftig den Freiraum haben, entsprechend ihrer regionalen Bedingungen Schwerpunkte bei der Nutzung der EU-Fonds zu setzen, das heißt, ohne überbordende Regeln oder Quoten der EU. Der wesentliche Vorzug der EU-Strukturförderung bestand immer darin, dass in den Regionen, ausgehend von den regionalen Bedingungen, passfähige Lösungen und Ansätze entwickelt werden konnten. Dieser Vorzug darf nicht aufgegeben werden.

Aus dem gleichen Grund lehnen wir die Kürzung und die Aussetzung der EU-Förderung wegen Nichteinhaltung makroökonomischer Kennziffern ab. In der kommenden Förderperiode soll das die Regel werden, was der Rat der Europäischen Union am 13. März schon in Bezug auf Ungarn beschlossen hat. Die Regionen werden dafür bestraft, dass die Mitgliedsstaaten den Stabilitäts- und Wachstumspakt nicht einhalten. Im Falle Ungarns betrifft das Kohäsionsmittel in Höhe von 0,5 % des Bruttoinlandsprodukts, also 29 % aller Ungarn zur Verfügung stehenden Kohäsionsmittel. Eine Sanktionierung aus Gründen, die durch die Region nicht abzuwenden sind, lehnen wir grundsätzlich ab. Wie sollen Länder wie Ungarn oder auch Griechenland ihre Defizite abbauen, wenn man ihnen gerade die Mittel streicht, die Wirtschaftswachstum wieder befördern können?

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Die Bundesregierung vertritt in den Verhandlungen mit der EU viele der Brandenburger Forderungen, zum Beispiel in der Frage der Ablehnung einengender Quoten für den konkreten Mitteleinsatz. Es gibt aber durchaus auch wesentliche Fragen, bei denen sich die Positionen unterscheiden. So tritt die Bundesregierung mit anderen Geberländern dafür ein, den für die Jahre von 2014 bis 2020 vorgeschlagenen Haushalt in Höhe von 1,025 Billionen Euro um rund 10 % zu kürzen. Das würde in der Folge zu erheblichen Kürzungen bei den Strukturfonds und der gemeinsamen Agrarpolitik führen. Es würde insbesondere die Übergangsförderung für Brandenburg-Südwest infrage stellen, von einer Erhöhung der für Brandenburg mit seiner 250 Kilometer langen Grenze besonders wichtigen Ziel-3-Mittel mal ganz abgesehen.

Vor dem Hintergrund der Forderung der Geberländer nach deutlicher Reduzierung des EU-Haushaltsrahmens ist folgende Aussage interessant: Nach einer gerade veröffentlichten Studie erzielt die Bundesrepublik aus jedem Euro, den sie in die EU-Strukturfondspolitik investiert, allein durch Exporte nach Polen, in die Slowakei, nach Tschechien oder Ungarn einen Erlös von 1,25 Euro. In diese Rechnung sind nicht einmal die Tausenden und Abertausenden deutschen Arbeitnehmer einbezogen, die durch diese Exporte einen sicheren Arbeitsplatz haben und eben nicht von Sozialleistungen des Staates ihren

Lebensunterhalt bestreiten müssen. Deshalb ist der polnischen Regionalministerin Elzbieta Bien´kowska zuzustimmen, die meinte:

„Wenn wir die Kohäsionszahlungen stark kürzen, schießen sich die Hauptbeitragszahler, nämlich Deutschland, Frankreich und Österreich, selbst ins Knie.“

Elzbieta Bien´kowska ist nur zuzustimmen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie uns gemeinsam etwas dafür tun, dass die Kohäsionspolitik noch stärker dem Prinzip der Nachhaltigkeit verpflichtet ist, den Erfordernissen des Klimaschutzes und der Energiewende gerecht wird, den ökologischen Umbau und den Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge stimulieren kann und eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Bildung, gute Arbeit und Gleichstellung der Geschlechter fördert. - Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Die Abgeordnete Richstein spricht für die CDU-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Im Oktober des vergangenen Jahres hat die Kommission der Europäischen Union ihre Verordnungsentwürfe für die kommende Förderperiode vorgestellt. Seitdem laufen Gespräche und Verhandlungen auf europäischer, auf Bundes- und auch auf regionaler Ebene. Da ist es erst mal grundsätzlich gut und wichtig, dass sich auch der Landtag Brandenburg positioniert. Im Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspolitik haben wir uns regelmäßig über den aktuellen Stand der Verhandlungen berichten lassen. Ich darf in dem Zusammenhang auch daran erinnern, dass wir Ende Mai als Ausschuss nach Brüssel reisen werden, um uns vor Ort mit den Entscheidungsträgern zu treffen und uns informieren zu lassen.

Ich war schon sehr überrascht, dass die Koalitionsfraktionen noch vor dieser Reise einen umfangreichen, bis ins Detail ausgearbeiteten Antrag zu den Europäische-Union-Fonds in den Landtag einbringen. Ich denke, es wäre schlauer gewesen, zuerst mit den Verantwortlichen in Brüssel zu sprechen, dann die Ergebnisse zu bewerten, zu sortieren und im Anschluss daran Schlussfolgerungen zu ziehen. Nun werden wir als Ausschuss mit einem ziemlich detaillierten Landtagsbeschluss nach Brüssel reisen, mit dem wir uns bereits festgelegt haben. Scheuklappen oder Kompass? Das wird sich dann zeigen.

Wie Sie sehen, meine Damen und Herren, hat die CDU nun auch mit einem Entschließungsantrag reagiert, weil wir uns bewusst sind, wie wichtig die Thematik für unser Land ist - zu wichtig, als dass wir Ihre Ansätze unkommentiert übernehmen und mittragen könnten. Wir stimmen jedoch in einigen Punkten überein und die haben wir in unserem Antrag auch aufgegriffen.

Bevor ich ins Detail gehe, möchte ich noch anmerken, dass ein geordnetes Verfahren zur abschließenden Behandlung dieser wichtigen Angelegenheit meines Erachtens anders ausgesehen hätte: Wir hätten es uns gewünscht, dass der Antrag in den Ausschuss für Europaangelegenheiten und Entwicklungspoli

tik sowie in weitere Fachausschüsse überwiesen worden wäre, um dort ein Paket zu schnüren, welches alle Aspekte der zukünftigen Förderlandschaft berücksichtigt. Das wäre wohl der Bedeutung Europas und der Förderperiode 2014 bis 2020 am ehesten gerecht geworden.

Meine Damen und Herren, der wichtigste Punkt für Brandenburg ist mit Sicherheit die Einrichtung der Übergangsregionen. Die damit verbundene dauerhafte Sicherung von zwei Dritteln der aktuellen Mittelausstattung ist elementar für die künftige Förderperiode. Hier haben alle ostdeutschen Bundesländer und die vergleichbaren Regionen in Europa - zum Glück und in bereits bewährter Manier - gemeinsam und erfolgreich gekämpft. Wichtig für Brandenburg ist, dass auch die Phasing-out-Regionen in die von der Kommission vorgeschlagenen Übergangsregelungen aufgenommen werden. Konkret bedeutet das eine 75%ige Kofinanzierung der Europäischen Union. Hier gilt es weiterhin Druck zu machen.