Protocol of the Session on December 16, 2011

(Beifall CDU und FDP)

Wer bekommt die Einkommensteuer? Wovon leben wir denn hier in Brandenburg?

Ich bin ja froh, dass wir unsere Ertragslage hier in Brandenburg erhöht haben. 52 % unserer Einnahmen bekommen wir von denjenigen, die Steuern zahlen - nicht, weil wir so toll sind. Dass selbst die klaren Worte der Wirtschaftsverbände da überhaupt nichts bewirkt haben; dass unsere Handwerkskammer, unsere IHK, sich diesmal in einem absoluten Gleichklang mit allen Unternehmerverbänden befinden und ausdrücklich davor warnen, dass dies der falsche Weg ist, es ist mir ein völliges Rätsel, dass das spurlos an Ihnen vorbeigeht. Herr Ebert ist ein ausgewiesener Fachmann; der weiß, wovon er redet. Falls ihn jemand hier nicht kennt: Das ist der Chef der Handwerkskammer.

(Zurufe von der SPD)

- Na ja, ich muss es ja nun bald vermuten, so wie Sie mit der heimischen Wirtschaft hier umgehen.

(Beifall CDU)

So etwas habe ich in meiner Amtszeit noch nicht erlebt.

(Oh! bei der SPD)

Das hört sich noch harmlos an. Aber der Chef der IHK, Herr Stimming, findet da deutlichere Worte. Er sagt ganz klar, dass Sie die Grundlagen der sozialen Marktwirtschaft aushebeln. Und das, meine Damen und Herren, ist einzigartig in Deutschland. Das haben Sie nicht in Bayern, und das haben Sie auch nicht in Baden-Württemberg.

Warum sagen die Herren das? Warum sagt unsere heimische Wirtschaft das?

Vielleicht kann ich Sie ja doch noch mit zwei Beispielen überzeugen. Falls Sie der Meinung sind, das seien alles nur wieder herausgezogene Kleinigkeiten, verweise ich im Vorfeld einmal

auf die Antwort auf unsere Anfrage vom letzten Jahr. Das ist ziemlich dick, was hier an wirtschaftlicher Betätigung enthalten ist, und das sind nicht nur Stadtwerke, sondern das sind zum ganz großen Teil Annextätigkeiten. Daraus kann ich gerne noch zitieren.

Ich habe mir einmal erlaubt, zwei andere Dinge herauszusuchen: Gartenpflege in Hennigsdorf. Was hat das mit Daseinsvorsorge zu tun? Diese machen natürlich auch Angebote an Dritte, um Geld zu verdienen - das, was Sie ja den bösen Privaten nicht zugestehen wollen. Haben Sie sich einmal überlegt, wie viele Gartenbaubetriebe es in Brandenburg gibt?

(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Haben Sie sich überlegt, wie viele Existenzen sich seit 1990 gegründet haben, nachdem sie endlich das System des Sozialismus abgeschüttelt hatten und an das System der sozialen Marktwirtschaft, an Wettbewerb und an das Gleichheitsgebot geglaubt haben?

(Frau Alter [SPD]: Das haben Sie nicht begriffen! - Wei- tere Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

- Ich weiß, Sie interessiert das nicht, Herr Görke.

(Widerspruch des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Sie haben, glaube ich, immer auf irgendeine Art und Weise staatliches Geld bekommen. Ich kenne eine ganze Menge Handwerker und eine ganze Menge Selbstständige, die interessiert das schon, Herr Görke. Dass das nicht Ihre Klientel ist, weiß ich.

(Beifall CDU und FDP)

Es sind 830 registrierte Betriebe. Ich glaube nicht, dass wir dort von irgendwelchen Großkonzernen reden. Das sind meistens Ein-Mann-Betriebe oder Betriebe, die maximal zwei bis vier Mitarbeiter haben.

Zu den Stadtwerken Finsterwalde: Diese haben eine Tochter gegründet. Das ist ja auch keine Seltenheit bei uns in Brandenburg. Da gibt es sogar staatliche Unternehmen, die nicht nur Töchter, sondern auch Enkel und Urenkel gründen.

(Zuruf von der SPD)

Das interessiert Sie nicht sonderlich. Normalerweise gehören sie unter Aufsicht des Parlaments, zumindest des Aufsichtsrats. Wenn Sie sich die Beantwortung unserer Anfrage anschauen, begleiten die wenigsten davon irgendwelche Aufsichtsgremien.

(Zurufe von der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Die Stadtwerke Finsterwalde bieten kaufmännische Dienstleistungen an. Wenn Sie sich darunter nichts vorstellen können: Das sind Lohnbuchhaltung und ganz normaler Bürokram eines jeden Unternehmens. Es gibt 2 580 Unternehmen in Brandenburg, die genau identische Leistungen anbieten. Jetzt frage ich Sie, was das mit Daseinsvorsorge zu tun hat, dass die Stadtwerke Finsterwalde diese Dienstleistungen auch noch anbieten.

(Beifall CDU und FDP - Frau Wöllert [DIE LINKE]: Was hat das jetzt mit dem Thema zu tun?)

Meine Damen und Herren, um es vielleicht ein wenig aufzulockern, zum Schluss noch eine Story, die leider Gottes für die Protagonisten nicht ganz so gut ausgegangen ist. Wo sind die Abgeordneten aus Wriezen?

(Zurufe von der SPD)

Die müssten es ja eigentlich wissen. Da gibt es eine Wohnungsbaugesellschaft, die HAGEBA, die der Meinung war, sie muss werben, und zwar mit Rennpferden. Das ist auch ein einmaliger Vorgang in Brandenburg. Der ist dann aufgeflogen, nachdem wir nachgefragt haben.

Hätten wir gewusst, dass das solche Auswirkungen hat - nämlich den Tod des Rennpferdes -, dann hätten wir die Nachfrage nicht getätigt. Fakt ist eines: dass das natürlich Auswüchse sind; aber diese Auswüchse werden nicht bekämpft. Ganz im Gegenteil, diesen Auswüchsen geben Sie jetzt noch die gesetzliche Legitimierung.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Und, meine Damen und Herren, weil immer wieder die Frage kommt: Na, wo können wir denn sparen? Na, genau an solchen Stellen, indem Sie das eben nicht zulassen.

5 Milliarden Schulden haben die öffentlichen Unternehmen in Brandenburg jetzt schon. 5 Milliarden Schulden! Und mir ist völlig klar, warum Sie die wirtschaftliche Betätigung erweitern wollen. Nicht für die Bürger Brandenburgs, nein, sondern um die Haushalte zumindest offiziell zu sanieren,

(Zuruf der Abgeordneten Wöllert [DIE LINKE])

um auf den Markt gehen zu können, redlichen privaten Unternehmen unserer heimischen Wirtschaft unredliche Konkurrenz zu machen, um angeblich die Haushalte zu sanieren. Dazu sage ich Ihnen ganz klar, meine Damen und Herren: Das wird so richtig in die Hosen gehen!

(Beifall CDU)

Den Bereich Wirtschaft würde ich ganz gern an dieser Stelle mit Friedrich Engels abschließen; der sollte ja zumindest hier noch bekannt sein,

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Das hat er nicht verdient! - Lachen bei der SPD)

wo wir ja gerade über Namen reden. - Ja, dass er so falsch verstanden wird, hat er nicht verdient.

(Beifall CDU)

Denn Engels wusste nämlich schon:

„Wenn die Staatsmacht gegen die Wirtschaft angeht, kann der Staat nur kaputtgehen.“

(Bischoff [SPD]: Eine tolle Haushaltsrede!)

Meine Damen und Herren, das haben die Deutschen in ihrer Geschichte schon bitter erlebt, und ich frage mich, warum Sie nicht aus der Vergangenheit lernen. Ich weiß: Wir wollen ja

nicht zurückgucken, um Gottes willen! Das ist nämlich genau Ihr Problem. Aus der Vergangenheit lernen heißt nämlich für die Zukunft: es besser machen und nicht zurück in die Vergangenheit. Ich verstehe nicht, warum Sie die Vergangenheit nicht nur in diesem Bereich, aber auch in diesem Bereich mit aller Macht verdrängen.

Meine Damen und Herren, Bildung und Wirtschaft, das sind die Grundsäulen des Wohlstands und der Freiheit des Einzelnen und der Gesellschaft. An diese Grundsäulen, Herr Ministerpräsident - ich kann es nicht anders sagen -, legen Sie mit Ihrer letzten linken Landesregierung die Axt an.

(Ministerpräsident Platzeck: Ja, ja!)

- Ja, ich habe auf irgendeine Reaktion natürlich gewartet, ganz klar.

Aber es gibt weitere Belege dafür. Wenn Herr Holzschuher uns weismachen wollte, wie toll hier gespart wird - ich weiß nicht, ob Sie denken, dass unser Kurzzeitgedächtnis immer kürzer wird.

(Ja! bei SPD und DIE LINKE - Weitere Zurufe)