Dafür brauchen Lehrkräfte Zeit, dafür brauchen sie professionelle Beratung. Eine immer stärkere Verdichtung von Arbeit, eine Testomanie sowie das Prinzip „immer schneller, weiter, höher“ sind kontraproduktiv. Auch Dauerversagen in Schule produziert Gewalt.
Ich denke, dass wir allen Grund haben, noch einmal über Strukturen nachzudenken. Hier meine ich gar nicht die Gemeinschaftsschule, wenngleich es natürlich auch strukturbedingt fruchtbare Böden gibt. Bei engen Bindungen an Lehrerinnen und Lehrer einer guten demokratischen Schulkultur, der selbstverständlichen und nicht formalen Einbeziehung von Eltern in den Schulalltag, in stabilen sozialen Gruppen und bei weniger Kurswechseln hat Gewalt nicht so große Chancen. Dem ist die Schulvisitation auf der Spur, und natürlich gibt es viele Schulen, die genau das auch versuchen und die für sich Möglichkeiten erschließen. Ich finde, hier sollten wir die Schulen stärken, die für sich jeweils geeigneten Instrumente zu finden. Darüber wollen wir im Ausschuss noch einmal miteinan
der diskutieren, um wirklich in die Tiefe zu gehen und nicht immer nur über Projekte und Evaluation von Projekten zu reden.
Ich bin also eher gegen eine Landesstrategie. Ich bin für noch sehr viel mehr „Klasse! Musik“-Projekte, für sehr viel mehr Sport, für sehr viel mehr solcher Projekte. Kinder, die am Vormittag gemeinsam musiziert haben, verprügeln sich nicht am Nachmittag. Ich bin für Sport, Theater, Kreatives im Ganztag, auch zum Sammeln von Grenzerfahrungen. Und ich bin natürlich für kommunale Bildungslandschaften, aber ohne das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Manchmal ist wirklich weniger mehr. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Sie erinnern sich sicher alle: Als Kinder hatten wir Suchspiele, zwei Bilder, der Auftrag: Finde die fünf Unterschiede! Manchmal konnte man dabei auch etwas gewinnen. Genau so habe ich mich gestern gefühlt, als ich den Entschließungsantrag der Koalitionsparteien gelesen habe. Wo ist eigentlich der Unterschied? Geht es tatsächlich nur darum, dass der Oppositionsantrag eine landesweite Strategie fordert, die Koalitionsparteien aber formulieren, es gebe eine landesweite Strategie und deswegen könne es jetzt nur um die Weiterentwicklung derselben gehen?
Die Strategie, die wir in unserem Oppositionsantrag gefordert haben, hätte selbstverständlich zur Folge gehabt, dass wir noch einmal neu, wenn sie denn vorliegt, im Ausschuss darüber diskutieren - das ist doch völlig selbstverständlich. Aus meiner Sicht klingt das nach Sandkasten. Können wir nicht gerade bei einem solchen Thema dieses Niveau verlassen? Was hindert denn die Koalitionsparteien daran, dem Oppositionsantrag einfach zuzustimmen? Uns jedenfalls wird nichts daran hindern, beiden Anträgen zuzustimmen.
Wie vielfältig die bestehenden Angebote sind, können wir alle den diversen Kleinen Anfragen entnehmen. An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal deutlich sagen - mir war das vorher auch nicht so klar -: Es ist wirklich beeindruckend, was es an Präventionsmaßnahmen auf verschiedenen Ebenen und auch in unterschiedlichen Zuschnitten gibt. Aus meiner Sicht ist es wirklich nicht nötig, neue Präventionsangebote zu erfinden. Die entscheidende Frage ist aus meiner Sicht eine andere. Solange es Gewaltvorfälle gibt, haben wir den optimalen Sättigungsgrad bei der Streuung dieser Präventionsmaßnahmen noch nicht erreicht. Solange es Gewaltvorfälle gibt, und die wird es natürlich noch lange geben, lohnt es sich, darüber nachzudenken, ob wir in der Prävention die jeweils richtige Strategie wählen, ob wir tatsächlich in den einzelnen Fällen in den konkreten Situationen die richtigen Methoden auswählen, die richtigen Leute, die richtige Intensität und - ganz wichtig das richtige, echte Leben rundherum. Das heißt aus meiner Sicht: Wir müssen diese Debatte sowieso immer wieder in unterschiedlichen Konstellationen neu führen. Dass es dabei
manchmal unnötiges Flügelschlagen gibt und nicht alle mit der nötigen Sensibilität vorgehen, liegt in der Natur der Sache.
Wir Bündnisgrüne haben unseren Oppositionsantrag nie so verstanden, dass sich durch die darin geforderte Evaluation eine richtige Präventionsmaßnahme herauskristallisiert, die dann alle übernehmen müssten. Nein, selbstverständlich ist es aus unserer Sicht entscheidend, dass sich die einzelnen Akteure vor Ort, in den Kommunen, den Schulen, den Klassen oder welchen Gruppierungen auch immer - vergessen wir die Kitas nicht -, untereinander über die für sie und für den konkreten Fall passenden Maßnahmen verständigen. Allein dieser Verständigungsprozess ist der erste Schritt der Präventionsmaßnahme. Natürlich muss dieser vor Ort stattfinden.
Aufgabe der Landesebene wäre es - das ist das, was wir unter der Strategie verstanden haben -, dass die Informationen über die verschiedenen Angebote gut aufgearbeitet sind, damit sich alle Interessierten ein möglichst gutes Bild von den bestehenden Angeboten, ihren Rahmenbedingungen und den konkreten Zielsetzungen machen können. Das ist wichtig, damit es zum Beispiel einer Lehrerin, die Hilfe braucht, nicht so geht wie mir angesichts dieser beiden Anträge; ich habe das Gefühl, die Angebote sind nur verwirrend.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich bei meinen Vorrednern, auch bei Ihnen, Herr Hoffmann und Herr Büttner, für die angemessene und sehr maßvolle Art und Weise, wie Sie mit diesem Thema umgegangen sind - gerade was die jüngsten Gewaltvorfälle betrifft - ausdrücklich bedanken. Es bringt überhaupt nichts, Schulen bzw. Lehrer zu stigmatisieren, sondern es geht darum, adäquat zu reagieren und die Schulen in die Lage zu versetzen, mit Gewaltvorfällen angemessen umzugehen.
Für Gewalt an unseren Schulen kann es keine Toleranz geben. Wir dürfen uns keinesfalls daran gewöhnen.
Ziel der Landesregierung ist es deshalb, dafür Sorge zu tragen, dass Gewalt an Schulen offensiv entgegengewirkt wird. Die Sorge für ein angst- und gewaltfreies Schulklima erfordert einerseits, Gewalt zu ächten und Kompetenzen für gewaltfreie Konfliktlösungen zu vermitteln, und andererseits, jedem Anhaltspunkt für Gewalt nachzugehen und auf Vorfälle von Gewalt klar, entschieden und wirksam zu reagieren. Es geht diesbezüglich haben Sie völlig Recht, Frau Große - vor allen Dingen um die Haltung der Lehrkräfte. Sie haben völlig zu Recht daran erinnert. Wir können es nicht auf die vermeintlich Zuständigen abschieben, sondern jeder muss hinsehen und handeln. Deswegen heißt dieser Leitfaden auch „Hinsehen Handeln - Helfen, Angstfrei leben und lernen in der Schule“.
Alle Schulen kennen die im Rundschreiben 6/09 vom August 2009 formulierten Hinweise zur Reaktion auf Gewaltvorfälle
und für Maßnahmen zur Prävention. Für besonders schwere Gewalttaten und krisenhafte Zuspitzungen gibt es Notfallpläne. Besonders in den letzten Tagen haben wir erfahren, wie notwendig diese sind. Es gibt die „Anti-Gewalt-Fibel“ BerlinBrandenburg 2009, es gibt die „Anti-Mobbing-Fibel“ und viele weitere Maßnahmen. All diese Maßnahmen sollen die Schulen unterstützen, Gewalt mit pädagogischen Mitteln begegnen zu können.
Auch Experten zur Gewaltprävention des Beratungs- und Unterstützungssystems Schule und Fachkräfte der schulpsychologischen Beratung stehen den Schulen zur Seite. Als erfahrene und verlässliche externe Kooperationspartner haben sich die Jugend- und Opferschutzbeauftragten der Polizei erwiesen, ebenso die Polizeibeamten des Sachgebietes Prävention. Bei ihnen möchte ich mich ausdrücklich bedanken. Ich werde gemeinsam mit dem Innenminister diese Projekte in den nächsten Wochen auszeichnen.
Diese speziell geschulten Polizeibeamten sind auch bei der pädagogischen Konfliktbewältigung wichtige Ansprechpartner. Im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Polizei und Schule haben wir schon im Jahr 2002 vereinbart, die Kooperation zwischen der Polizei und den Schulen zur Kriminalprävention bei Kindern und Jugendlichen noch intensiver zu gestalten. Denn jede Schule soll die Möglichkeiten zur Prävention und das Handeln nach Gewaltvorfällen thematisieren und mit den Präventionsdienststellen der Polizei abstimmen. Viele Schulen haben sehr konkrete und praxisnahe Kooperationsverträge mit der Polizei ausgearbeitet. Aber es geht auch darum, vor Ort kooperative Netzwerke mit der Polizei, den Jugendämtern, der Erziehungsberatung, den Schulpsychologen und der Jugendgerichtshilfe auszubauen. Auch der Landespräventionsrat „Sicherheitsoffensive Brandenburg“ leistet mit Projektangeboten einen wichtigen Beitrag zur Gewaltprävention.
Ein besonders wichtiger Partner sind die Eltern. In den Schulen, in den Landkreisen, den Städten und auf Landesebene setzen sich die Mitwirkungsgremien von Eltern und Elterninitiativen entscheidend für eine Schule ohne Gewalt ein. Im Rahmen von Schulprogrammen und Konzepten zur Schulentwicklung bilden die Gewaltprävention und der systematische Aufbau von Verfahren und Regeln zur Konfliktschlichtung und zum Interessenausgleich einen wichtigen Schwerpunkt.
Der Fall, den Sie, Herr Büttner, schildern, ist sicherlich einer, bei dem der Schulträger stärker in die Verantwortung genommen werden muss. Der Schulträger muss den sicheren und selbstverständlich auch gewaltfreien Transport der Schulkinder garantieren können.
Wir haben ein breites Spektrum von Instrumenten und Maßnahmen sowie Unterstützungsangebote und Kooperationen im Land. Das, Frau von Halem, ist der feine Unterschied der beiden Anträge. Ich denke, das ist Ihnen nicht entgangen. Es geht nicht darum, eine Strategie vorzuschreiben, sondern darum, aus diesem breiten Angebot das Richtige auszuwählen. Wir sind diesbezüglich nicht weit auseinander.
Trotzdem - auch darauf haben die Vorredner hingewiesen wird es immer wieder zu Gewaltvorfällen an Brandenburger Schulen kommen. Sie finden seit Jahren - wir haben heute be
reits darüber diskutiert - auf annähernd gleichbleibendem Niveau statt. Damit können wir uns nicht zufriedengeben. Deswegen müssen wir unsere Strategie gegen Gewalt an Schulen weiterentwickeln. Wir müssen gute Beispiele im Sinne von Best Practice bekannt machen und unsere Kooperationsnetze stärken. Wir werden deren Wirksamkeit überprüfen und Möglichkeiten suchen, wie es uns gelingen kann, Gewalt an Schulen noch wirksamer zu verhindern.
Wir wissen, welche Wirkungen Maßnahmen haben. Deswegen müssen wir mit Unterstützung der Experten die Weiterentwicklung unserer Methoden in Angriff nehmen. Wichtig ist aber, dass sich jeder Einzelne von uns - ob in der Schule oder außerhalb - verantwortlich fühlt, für ein gewaltfreies Klima zu sorgen. An jeden Erwachsenen ergeht die Aufforderung, selbst als Beispiel zu wirken und mit Zivilcourage jederzeit als Vorbild aufzutreten. Es geht darum, Gewalt zu verhindern, vorbildhaft zu sein und einzugreifen, wenn anderen Menschen Gewalt zugefügt wird. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau von Halem sagt, sie habe sich beim Lesen des Entschließungsantrages die Augen gerieben. Das habe ich nicht getan. Mich verwundert es nicht, dass Sie unserem Ansinnen grundsätzlich zustimmen, sich aber trotzdem bemüßigt fühlen, etwas Eigenes zu machen.
Unser Antrag ist keine Reaktion auf die Anfrage der Kollegen Muhß und Günther. Nein, wir haben diesen Antrag schon vor einigen Monaten vorbereitet und ihn auch der SPD-Fraktion zukommen lassen. Wir hatten die Absicht, bei diesem wichtigen Thema etwas Fraktionsübergreifendes auf den Weg zu bringen, und hätten dies gern gemeinsam bearbeitet.
Die SPD-Fraktion hat dieses Ansinnen damals mit der Begründung abgelehnt, dass ein nennenswerter Anstieg von Gewalttaten an Schulen nicht ersichtlich sei. Deshalb, meinten Sie, sei es nicht notwendig, einen solchen Antrag im Plenum zu stellen.
Aber Sie wissen: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser! Absichern wollten Sie sich dann doch und haben die Anfrage gestellt. Überraschenderweise haben Sie zu Ihrem Leidwesen feststellen müssen, dass die Zahlen Ihre Argumentation widerlegen. Sie haben es nunmehr schwarz auf weiß. Wir haben einen Anstieg von Gewalttaten an den Schulen innerhalb der letzten Jahre um knapp 17 %.
Frau Große, was Sie hier alles aufzählen, wofür Sie alles sind, ist riesig. Sie sind für mehr „Klasse! Musik“-Projekte, für mehr Sozialarbeiter, für mehr Schulpsychologen, für kleinere Klassen, für mehr Lehrer, für mehr Erzieher und wahrscheinlich sind Sie auch noch für mehr Sonne in der Nacht. Kürzer wäre die Liste sicherlich, wenn man aufzählte, was Sie schon geschafft haben. Das alles sind gute Dinge, aber davon ist bis
Aber nun gut, Sie fordern mit Ihrem Entschließungsantrag im Prinzip das, was wir uns an zu ergreifenden Maßnahmen wünschen. Das einzige, was ich nicht verstanden habe, ist Folgendes, Herr Günther: Sie sagen, dass Sie unserem Ansinnen nicht zustimmen können, weil es zu dünn sei. Sie selbst aber stellen einen Antrag, der noch dünner ist, denn darin fehlt nämlich das Entscheidende: die landesweite Strategie.
„Landesweite Strategie“ heißt doch nicht, dass man überall das Gleiche machen muss, sondern es geht darum, dass wir eine Strategie entwickeln, die aufzeigt, wie wir dafür sorgen können, dass Gewaltprävention keine fakultative Veranstaltung ist,
sondern dass sie an jeder Schule in diesem Land stattfindet. Die konkrete Ausgestaltung können wir den Schulen überlassen. Aber wir müssen dafür sorgen, dass dies endlich geschieht. Ich bin mir einigermaßen sicher, dass es darauf hinauslaufen wird, auch wenn Sie vielleicht noch eine Weile brauchen, bis sich diese Erkenntnis bei Ihnen durchsetzt. Diese Zeit sei Ihnen gestattet, um Ihre Halbherzigkeit, Ihre Mutlosigkeit zu überwinden.
Es war zu erwarten, dass Sie unserem Antrag nicht zustimmen. Ich kann Ihnen schon an dieser Stelle mitteilen, dass wir Ihrem Entschließungsantrag dennoch zustimmen werden. Er bleibt zwar in dem entscheidenden Punkt der Entwicklung einer landesweiten Strategie hinter unserem Antrag zurück; aber in allen anderen Punkten sehen wir unsere Forderungen wiederholt. Danke schön.
Es stehen zwei Anträge zur Abstimmung. Als Erstes stimmen wir über den Antrag der Fraktionen von CDU, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in der Drucksache 5/4209 ab. Wer ihm folgen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. Gibt es Gegenstimmen? - Gibt es Stimmenthaltungen? - Der Antrag ist ohne Stimmenthaltungen mehrheitlich abgelehnt worden.
Es folgt die Abstimmung über den Entschließungsantrag der Koalitionsfraktionen in der Drucksache 5/4242. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall.