ne, altehrwürdige Struktur. Das macht es manchmal schwer, zusätzliche Mittel in Politik und Wirtschaft zu akquirieren.
Wir hatten am vergangenen Freitag in der Enquetekommission 5/1 eine ausführliche Diskussion zu den Hochschulen in Brandenburg. Der Gutachter Dr. Jens Hüttmann schreibt:
„Die Erneuerung der Hochschullandschaft und akademischen Lehre im Land Brandenburg stellt im Vergleich mit den anderen ostdeutschen Bundesländern insofern einen Ausnahmefall dar, als es zum Zeitpunkt der Umstrukturierung keine Universitäten und lediglich vier Hochschulen gab, die entweder abgewickelt oder neu gegründet wurden.“
Die Viadrina hat eine ganz besonders interessante Geschichte. Sie ist unsere älteste Landesuniversität; sie wurde bereits 1506 gegründet, jedoch 1811 schon wieder geschlossen. Ihrer Neugründung 1990 wurde zugestimmt, weil sie als Mittlerin zwischen Ost- und Westeuropa eine wichtige Brückenfunktion erfüllen sollte. Diese Besonderheit gilt übrigens bis heute. Die Viadrina belegte 2010 mit 20,6 % ausländischen Studierenden im bundesweiten Vergleich den dritten Platz. Selbst von den Mitarbeitern der Viadrina besitzen ca. 30 % einen anderen Pass. Schaut man sich die Studienangebote an, findet man einen zusätzlichen Beweis für die internationale Ausrichtung der Viadrina.
Diese drei Argumente - Studierende, Mitarbeiter, inhaltliche Ausrichtung - sind übrigens auch drei gute Gründe für eine Sonderförderung des Bundes. In der Exzellenzinitiative für Spitzenforschung an Hochschulen ist die Viadrina in der zweiten Runde. Wir hoffen sehr, dass auch diese erfolgreich absolviert wird und dann mehr Geld für Forschung und Lehre zur Verfügung steht.
Damit bin ich bei den aktuellen Herausforderungen für unsere brandenburgischen Universitäten. Der Wegfall der Wehrpflicht und die doppelten Abiturjahrgänge spiegeln sich natürlich auch an den brandenburgischen Hochschulen wider. Verehrte Frau von Halem, Sie sprechen in Ihrem Antrag von 80 000 Bewerbern. Diese Zahl bezieht sich auf einzelne Fächer. Viele Studiengänge bestehen aber aus mehreren Fächern, sodass die tatsächliche Bewerberzahl zwar deutlich geringer, aber - das gestehe ich unumwunden ein - immer noch sehr hoch ist.
Diese Herausforderungen betreffen aber nicht nur Brandenburg, sondern alle Bundesländer. Auch deshalb fordern die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion, über einen „Hochschulpakt Plus“ zusätzliche Studienplätze zu schaffen und Masterangebote auszubauen. Ein Anreiz für gute Lehre soll ein Abschlussbonus sein, der für jeden erfolgreichen Studierenden und jede erfolgreiche Studierende zusätzliche Mittel gewährt. 50 000 zusätzliche Studienplätze sollen so geschaffen werden. Der Ausbau von Masterstudienplätzen soll durch ein bis 2020 befristetes Sonderprogramm unterstützt werden. So lauten die Forderungen der SPD im Bund.
Meine Damen und Herren, ich höre jetzt schon die Kritik aus den Reihen der Opposition - sie ist heute nicht laut genug, aber ich höre sie quasi von Ferne -, wir würden nur wieder mit dem Finger auf den Bund zeigen, müssten aber erst einmal vor der eigenen Tür kehren, das heißt, die vom Bund bereitgestellten Mittel auch für die Hochschulen verwenden.
Noch am vergangenen Mittwochvormittag hätten Sie damit den Finger in eine - zugegebenermaßen große - Haushaltswunde gelegt. In dem von der Regierung vorgelegten Einzelplan 06 standen Einnahmen - von Bundesseite - in Höhe von 15 Millionen Euro Ausgaben in Höhe von 10 Millionen Euro gegenüber. Das konnte und durfte auch für mich so nicht bleiben. Am vorigen Mittwochnachmittag hat der Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur diese Wunde geheilt. So werden die kompletten 15 Millionen Euro auch für Forschung und Lehre ausgegeben.
Anträge dazu lagen auch von der FDP-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vor, allerdings mit Deckungsquellen, denen wir als SPD und Linke nicht folgen wollten. Unter anderem wurde vorgeschlagen, den ohnehin deutlich unterfinanzierten Etat des Verkehrs- und Bauministers weiter zu schröpfen. Im gleichen Atemzug hätten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dann wieder die nicht gebauten Radwege in Brandenburg beklagt.
Meine Damen und Herren! Die jetzt mehrheitlich beschlossene Deckung aus den Rücklagen der Hochschulbaumittel will ich hier ganz klar verteidigen. Leider - das bedauere ich ausdrücklich - sind in den vergangenen Jahren, unter der Vor-Vorgängerin von Ministerin Kunst, die Mittel zum Teil nur zur Hälfte abgeflossen, obwohl die Bedarfe da waren. An der Diskussion, wer daran schuld war, will ich mich ausdrücklich nicht beteiligen, zumal die Ausgaben deutlich gesteigert werden konnten und in diesem Jahr nach Auskunft des Ministeriums die vorgesehene Summe von über 40 Millionen Euro erreichen werden.
So lesen wir dann schöne Schlagzeilen wie in der vergangenen Woche in der „Märkischen Allgemeinen“: Unter der Überschrift „Wissenstempel in edlem Anthrazit“ folgt ein Artikel über den Bau der Golmer Bibliothek mit 6 500 m2 Nutzfläche und Informations-, Kommunikations- und Medienangeboten für die Natur- und Humanwissenschaften. In Wildau ist kürzlich Richtfest für ein neues Gebäude mit Hörsaal, Seminarräumen und Laboren gefeiert worden; es wird 38 Millionen Euro kosten.
Insgesamt fließen im laufenden Haushaltsjahr 2011 - trotz globaler Minderausgabe! - 269 Millionen Euro an unsere Hochschulen. Hinzu kommen 7 Millionen Euro für Großinvestitionen außerhalb der Hochschulhaushalte. Mit der Korrektur im Hochschulpakt 2020, die wir im Zuge der Haushaltsberatung noch beschließen werden, werden es im nächsten Jahr 276 Millionen Euro plus 7 Millionen Euro investiv sein.
Brandenburg - das sind neun Hochschulen mit 50 000 Studierenden. Auch in den kommenden Jahren werden in Brandenburg nicht Milch und Honig fließen.
Zur Wahrheit gehört, dass Wissenschaft, Forschung und Entwicklung noch immer vor allem staatlich finanziert werden. Die Industrieforschung ist deutlich unterentwickelt. Dazu kommen die Probleme des demografischen Wandels und immer enger werdende finanzielle Spielräume der öffentlichen Kassen.
Erfreulich haben sich die eingeworbenen Drittmittel entwickelt. Sie haben noch immer nicht das Niveau der alten Länder erreicht, konnten aber deutlich gesteigert werden. Herzlichen Dank an die Hochschulen, die sich hierbei sehr, sehr bemühen!
Der Präsident der Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde, Herr Prof. Vahrson, sprach vor Kurzem von den „effektivsten Hochschulen in Brandenburg“. Ich will Herrn Prof. Vahrson nicht bewusst missverstehen und ihm unterstellen, dass er meint, die finanzielle Ausstattung reiche und man würde schon das Beste daraus machen. Aber die Bemerkung brachte auch zum Ausdruck, dass auch dem akademischen Bereich die Herausforderungen, die wir in Brandenburg alle miteinander stemmen müssen, bewusst sind. Gerade deshalb sollten wir gemeinsam alles dafür tun, dass die notwendigen Mittel für gute Hochschulen in Brandenburg in den kommenden Jahren ausreichend zur Verfügung gestellt werden, dass möglichst viele junge Menschen nach Brandenburg kommen, hier ihre akademische Ausbildung absolvieren und möglichst auch hier bleiben, damit unser Fachkräfteproblem kleiner wird und die demografische Entwicklung dann nicht ganz so krass zuschlägt.
Die Buttler-Kommission und die Lausitz-Kommission arbeiten und nehmen sehr genau unter die Lupe, welche Weichen in Brandenburg gestellt werden müssen, sodass wir diesen Herausforderungen mit unserer jungen Hochschullandschaft auch gerecht werden können.
Auf die Diskussion zu beiden Berichten freue ich mich jetzt schon, und heute danke ich für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Gäste! Wissensgenerierung und Wissensvermittlung sind die zentralen Voraussetzungen für die Entwicklung einer modernen Gesellschaft. Wissen gilt inzwischen als vierter, aber bedeutendster Produktionsfaktor - neben Arbeit, Kapital und Boden. Daneben besteht ein zunehmendes Interesse der Gesellschaft, aber auch der Menschen an dem Ergründen von Gesellschaft und Natur.
Chancengerechtigkeit des Einzelnen hängt mehr denn je von der individuellen Wissensaneignung und dem Wissen der anderen ab. Zudem ist es eine Frage der Nachhaltigkeit, wenn wir die knapper werdenden Ressourcen so nutzen, dass wir immer höhere Erträge aus unserem Einsatz und unseren Investitionen erzielen. Aber auch dies setzt eine massive Wissensexpansion voraus.
Damit hat sich das verfügbare Wissen der Gesellschaft zur maßgeblichen strategischen Ressource entwickelt und ist ein entscheidender Wettbewerbsfaktor geworden. Aber um unsere Gesellschaft zu einer kreativen, gestalterischen Wissenschaftsgesellschaft zu befähigen, benötigen wir eine aktive, ja lebendige und handelnde Gesellschaft sowie eine Regierung mit Stehvermögen für Bildung, Diskursbereitschaft und Verantwortungsübernahme. Wir brauchen die gesamtgesellschaftliche Bereitschaft, aber auch den Willen der Landesregierung, Bildung tatsächlich als prioritäres Handlungsfeld anzuerkennen und nicht nur immer feierlich davon zu reden.
Nur wenn praktische Politik - ich sage: praktische Politik -, Wissenschaft und Wirtschaft dazu auch bereit sind, werden wir erleben, dass sich für unsere Bildung und unsere Wissenschaft neue Gestaltungsmöglichkeiten in diesem Land ergeben. Die Zukunft unserer Wissenschaftsgesellschaft ist demnach eine Gestaltungs- und Verantwortungsherausforderung. Wir müssen den Menschen immer wieder den engen Zusammenhang zwischen Wissenschaft und Wirtschaft für unseren Sozialstaat, unseren Wohlstand, unsere Sicherheit, unsere Gesundheit, unsere Umwelt und unsere Lebensqualität erklären, wenn wir Geld für unsere Bildung ausgeben wollen. Wir als CDU wollen diese Entwicklung unserer Gesellschaft vorantreiben.
Wir stehen für eine Politik, die Bildung und Wissenschaft tatsächlich und auch praktisch einen zentralen Platz einräumt. Deshalb danke ich der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN für die heutige Aktuelle Stunde.
Denn nach zwei Jahren Rot-Rot ist die Verunsicherung in der Wissenschaftslandschaft greifbar. Das Vertrauen der Hochschulen in die Regierung hat deutlich gelitten. Es gibt bisher keine Vision einer Brandenburger Hochschullandschaft. Stattdessen gibt es Kommission statt Konzeption, Kürzungen statt klarer Planbarkeit. Wo sind denn die übergeordneten Leitlinien der Entwicklung der Hochschullandschaft für das Land Brandenburg bis zum Jahr 2020?
Keine Aussagen! Seit zwei Jahren erwarten das aber unsere Hochschulen. Stattdessen arbeitet eine Hochschulstrukturkommission, die, wenn es gut geht, frühestens im Herbst 2012 ihre Ergebnisse präsentieren wird. Bis dahin wird die große Unsicherheit in diesem Land bleiben.
Meine Damen und Herren! Ja, unsere Hochschulen sind gut profiliert. Durch ihre Attraktivität erreichen sie immer neue Höchststände bei den Studierendenzahlen. Darauf muss jetzt aber die brandenburgische Wissenschaftspolitik reagieren. Die Hochschulen benötigen Planungssicherheit für mehr als eine Legislaturperiode. Sie brauchen ein hohes Maß an Eigenverantwortung und Autonomie sowie eine sachgerechte, nachhaltige Mittelzuweisung.
Die Landesregierung hat bereits im Jahr 2010 mit dem Bruch des Brandenburgischen Hochschulpaktes II und der Entnahme von 10 Millionen Euro aus den Rücklagen das Vertrauen der Hochschulen verspielt.
Und es geht weiter: Im Jahr 2012 drohen weitere Einsparungen von 12 Millionen Euro globaler Minderausgaben. Dagegen wird die schwarz-gelbe Koalition im Bund dem Land Brandenburg im Jahr 2012 mehr Mittel zur Verfügung stellen als je zuvor in der Vergangenheit. Das muss hier deutlich gesagt werden.
Das sind 25,1 Millionen Euro aus den Mitteln der ersten und der zweiten Phase des Hochschulpaktes 2020 und 25 Millionen Eu
ro für den Hochschulbau aus den Entflechtungsmitteln. Diese Mittel werden den Hochschulen aber teilweise nicht sachgerecht weitergegeben. Im Haushalt werden diese Mittel nicht einmal vollständig dargestellt; das wurde bereits angesprochen.
Lediglich 15 Millionen Euro werden angegeben; von diesen werden nur 10 Millionen an die Hochschulen weitergereicht. Das heißt: wider besseres Wissen. Schauen Sie in meine Antwort...
... Ihre Antwort auf meine Anfrage zur Verteilung der Bundesmittel. Darin weist die Landesregierung wesentlich geringere Hochschulpaktmittel aus: nur 15 Millionen anstatt der eben genannten 25 Millionen Euro, um dann wiederum nur 10 Millionen an die Hochschulen weiterzugeben. Nimmt man die globale Minderausgabe hinzu, kann man - je nach Rechenbeispiel von 17 Millionen oder von 27 Millionen sprechen, die nicht sachgerecht an die Hochschulen weitergegeben werden. Diese Mittel müssen die Hochschulen einsparen.
Frau Melior, Ihr Vorschlag, die 5 Millionen Euro beim Hochschulbau einzusparen, ist verfassungswidrig
und hat nichts damit zu tun, langfristig die finanzielle Lage der Hochschulen in diesem Land zu stabilisieren. Das ist das Spiel „linke Tasche - rechte Tasche“.
Unterm Strich bleibt: Wenn der Haushalt 2012, wie eben besprochen, so vollstreckt wird, wird es zu Kürzungen bzw. zur Nichtweitergabe von 17 oder - je nachdem, wie man rechnet 27 Millionen Euro kommen.
Das, meine Damen und Herren, ist das Thema der heutigen Sitzung, und das, bevor die Ergebnisse der Lausitz-Strukturkommission und der Hochschulstrukturkommission auf dem Tisch liegen. Das heißt, es wird gekürzt, ohne eine Vision und ohne eine strategische Leitlinie zu haben. Es wird gekürzt, ohne zu fragen, wie viele Hochschulen und Studenten wir in diesem Land brauchen und ertragen. Es wird gekürzt ohne ein landesweit abgestimmtes Fächerkonzept, ohne planbare Rahmenbedingungen, ohne Entwicklung von zusätzlichen, neuen Studienangeboten, die heute ebenfalls bereits angesprochen wurden. Es wird ohne die Vereinbarung von Maßnahmen zur Weiterentwicklung von Forschung und Lehre gekürzt, ohne den Ausbau von Wissenstransfer in die Wirtschaft und in die Gesellschaft.