Das Thema Altern und alternde Gesellschaft ist Gott sei Dank kein Randthema mehr, sondern es beschäftigt, wie wir gerade gehört haben, alle Ressorts und ist mitten in der Gesellschaft angekommen. Alle Bereiche der Politik sind damit beschäftigt.
Auch das von uns im Ausschuss initiierte Gespräch mit dem Seniorenpolitischen Rat hat verdeutlicht, wie wichtig diese Themen sind. Ich habe in dem Ausschuss den Eindruck gewonnen, dass die Themen an sich noch sehr viel politischer werden und die Forderungen der Senioren und Seniorinnen nicht nur thematisiert, sondern auch verdeutlicht werden.
Es geht nicht mehr nur um Pflege und ärztliche Versorgung, sondern es werden auch ganz andere Themen angesprochen. Es werden Forderungen aufgemacht und die Erfahrungen dargelegt, die Ältere haben und die wir nutzen sollten. Es sind noch andere Themen zu bearbeiten, zum Beispiel das Wohnen in ganz unterschiedlichen Formen, die Beteiligung - politische Beteiligung, Beteiligung in der Gesellschaft -, die Arbeit, die Altersarmut und die Erhaltung des ländlichen Raumes - ein für uns im Land ganz wichtiges Thema.
Es geht um echte Teilhabe bis ins hohe Alter. Das müssen wir uns immer deutlich vor Augen führen. Die neu heranwachsende Generation von Alten - so habe ich das einmal genannt; es gibt heranwachsende Junge, und das sind die heranwachsenden Alten; dazu gehöre ich genauso wie alle, die hier im Parlament sitzen - hat natürlich ganz andere Bedürfnisse. Da werden noch ganz andere Forderungen und Herausforderungen auf uns zukommen. Darauf müssen wir alle uns auch einstellen.
Das genau ist bzw. kann das Lebendige in diesem Maßnahmenpaket sein: über diese heranwachsende Gesellschaft von Alten und über die Themen der Hochaltrigen viele Maßnahmen zu entwickeln, die umgesetzt werden müssen. Das ist eine Chance für diejenigen Menschen, die es betrifft, aber auch für die Politik, insbesondere deshalb, weil es alle Fachbereiche und sehr viele - um nicht zu sagen: alle Themen - berührt.
Deshalb sehe ich, genau wie Herr Minister Baaske es gerade gesagt hat, mit großem Interesse den fünf Fachkonferenzen entgegen. Da werden genau diese praktischen Themen eine ganz große Rolle spielen und die Forderungen der Älteren und der Alten ganz deutlich formuliert werden.
Ich möchte es nicht versäumen, dem Seniorenpolitischen Rat ganz herzlich zu danken für seine Arbeit - nicht nur in der Seniorenwoche, sondern jetzt auch bei den Fachgesprächen, die diesen Prozess sicherlich weiterentwickeln werden. Den vielen Aktiven, die sich an dieser Stelle betätigen, sind wir zu großem Dank verpflichtet. Gerade sie sind es, die unsere Demokratie immer weiter leben lassen, nicht nur junge Leute, die hier stehen und ihre Forderungen stellen, sondern auch die Älteren.
Ich möchte zum Abschluss noch einiges zu dem Entschließungsantrag sagen. Dem Eingangstext ist überhaupt nichts hinzuzufügen. Wir begrüßen das Maßnahmenpaket genau so und sind daran interessiert, dass die Leitlinien fortgeschrieben und die Maßnahmen entsprechend umgesetzt werden. Der erste Punkt, der die Fortentwicklung des Seniorenpolitischen Maßnahmenpaketes und die Evaluierung der Seniorenpolitischen Leitlinien betrifft, ist völlig unstrittig; das ist schon im Ausschuss besprochen und zum Jahresende zugesagt worden. Dem zweiten Punkt, bis Ende Oktober 2012 einen ressortbezogenen Bericht über den Stand der Umsetzung der weiteren Entwicklung der konkreten Maßnahmen in den Fachausschüssen vorzulegen, kann ich auch folgen. Ich möchte das aber bitte...
Ich würde mir wünschen, dass wir einen solchen Bericht nicht nur 2012, sondern in jedem Jahr vorgelegt bekommen.
Nur dem dritten Punkt, das muss ich Ihnen ehrlich sagen, kann ich nicht zustimmen. Ich weiß nicht, warum wir erst im April 2014 über den Stand der Verwirklichung der Leitlinien und des Maßnahmenpaketes diskutieren sollten. Dann sind wir als Landtag nämlich so gut wie gar nicht mehr damit befasst, weil bereits im Oktober 2014 der neue Landtag gewählt wird. Ich fände es sehr, sehr schade, wenn nicht wir, der Landtag, der das auf den Weg gebracht hat, damit befasst würde.
Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Abgeordneten Prof. Dr. Heppener von der SPD-Fraktion fort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Minister, ich habe meine Schwierigkeiten mit den „jungen Alten“, den „alten Alten“ und den noch älteren Alten.
Das ist doch gerade das, was wir in unserer Zeit erreicht haben: dass Altsein nicht an der Chronologie, nicht an der Zahl der Jahre festgemacht wird, die jemand auf dem Buckel hat.
Wir wissen: Es gibt viele Individuen, und jeder wird auf seine besondere Art alt. Ich habe gerade in der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ ein Interview gelesen, das mit der 100-jährigen Enkeltochter von Scholem Alejchem geführt worden ist. Da hat jemand, der auch noch keine Ahnung von unserem modernen Altenbild hatte, sie gefragt, warum sie so jung geblieben sei. Darauf sagte sie: Ich bin zu beschäftigt, um alt zu werden. Wenn ich einmal Zeit habe, werde ich mich hinsetzen und alt werden. Aber jetzt habe ich zu viel zu tun.
An diese Menschen, die viel zu viel zu tun haben, um alt zu werden - in der letzten Seniorenwoche wurden auch Zahlen genannt, 874 Veranstaltungen mit 45 000 Besuchern -, wendet sich das Maßnahmenpaket. Ich bin sehr froh, dass wir das haben.
Wir haben uns in der Aktuellen Stunde über die große Bedeutung der Seniorenpolitik in unserem Land Brandenburg unterhalten. Seit Vorstellung der Leitlinien haben wir sehr viel in diesem Bereich geschaffen. Jetzt müssen wir uns hinsetzen und dafür sorgen, so viel wie möglich aus den einzelnen Maßnahmen herauszuholen. Wir müssen die personellen und finanziellen Ressourcen, die in dem Maßnahmenpaket ebenfalls aufgerufen werden, so wirksam wie möglich einsetzen und regelmäßig überprüfen, ob und wie das mit den einzelnen Maßnahmen anvisierte Ziel auch unter ganz besonderen, sich ändernden Bedingungen zu verwirklichen ist.
Deshalb ist klar: Wenn wir das Maßnahmenpaket umsetzen wollen, müssen wir es weiterentwickeln. Es muss ein offenes Maßnahmenpaket sein, weil sich die Voraussetzungen für seine Realisierung von den Akteuren, den finanziellen Mitteln und den Zielstellungen her ändern werden. Das setzt so, wie wir es in unserem Entschließungsantrag vorgesehen haben, den ständigen Dialog um dieses Maßnahmenpaket voraus.
Schon jetzt muss man bei einzelnen Maßnahmen genauer hinschauen, ob sie in ihren Zielstellungen genau genug formuliert sind. Ich denke an die Maßnahme 31 - „Bündnis gesund älter werden im Land Brandenburg“; hier muss sicherlich noch „Futter bei die Kühe“.
Ich denke auch: Gerade mit Rücksicht auf unsere heutige Aktuelle Stunde und des dramatischen Anstiegs der Zahl der Arbeitslosen über 50 Jahre müssen wir in Bezug auf das, was wir in den Leitlinien „Erwerbstätigkeit ermöglichen“ nennen und
wozu wir in den Maßnahmen den Schwerpunkt „Arbeiten“ setzen, auch schauen, was dafür getan werden muss, um ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Erwerbstätigkeit zu halten bzw. sie ihnen zu ermöglichen.
Ich habe aber, was den Dialog und die Umsetzung des Maßnahmenpakets angeht, eigentlich gar keine Bange. Da möchte ich erstens nennen: Von Anfang ist bei uns Seniorenpolitik Politik mit und für Seniorinnen und Senioren. Der Brandenburger Seniorenrat - davon war schon die Rede -, aber auch die Seniorenbeiräte vor Ort und die Seniorenorganisationen sind an der Ausarbeitung des Maßnahmenpakets beteiligt worden, und die Wünsche und Forderungen der Seniorinnen und Senioren finden sich in den Schwerpunkten des Maßnahmenpaketes wieder.
Monika Schulz-Höpfner hat schon den ganzen Komplex dieser Wünsche - angefangen von Wohnen über gesundheitliche Versorgung, Pflege bis hin zu Mobilität - genannt. Ich freue mich schon: Nachdem wir gestern über „Jung und mobil“ diskutiert haben, wird Jörg Vogelsänger jetzt ein Projekt „Alt und mobil“ realisieren.
- Na gut. - All diese Fragen haben wir in unserem Entschließungsantrag niedergeschrieben. Ich finde, dass es wichtig ist, dass wir in den Fachausschüssen auch ressortbezogen zum Maßnahmenpaket Stellung nehmen. Und, bitte schön, Monika, das Maßnahmenpaket gilt von 2011 bis 2014, und da möchte ich nicht erst im Oktober, sondern schon im April 2014 hören: Wie ist es denn insgesamt gelaufen, was haben wir erreicht und wie muss es weitergehen? - Schönen Dank.
Vielen Dank, Frau Prof. Heppener. - Es gibt die Anmeldung einer Kurzintervention zu diesem Redebeitrag. Frau Schulz-Höpfner hat die Möglichkeit dazu.
Liebe Prof. Heppener, ich gebe dir ja in ganz, ganz vielen Dingen Recht. Ich habe auch nicht den Oktober 2014 gemeint - das wäre dann schon der neue Landtag -, sondern den Oktober 2013.
Ich möchte noch einmal klarstellen, dass das Maßnahmenpaket nach meiner Auffassung nicht nur für die aktiven Seniorinnen und Senioren da sein sollte, sondern mir geht es gerade darum, dass man mit einem solchen Maßnahmenpaket eine offene Diskussion führen kann und auch diejenigen aktiviert und vielleicht aus der Einsamkeit holt, die bis jetzt noch nicht aktiv sind. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Schulz-Höpfner. - Wir setzen die Aussprache zum aktiven Altern mit dem Beitrag des Abgeordneten Büttner von der FDP-Fraktion fort.
Vielleicht beginne ich mit zwei anderen Dingen. Liebe Frau Kollegin Heppener, was Sie soeben beschrieben haben, teile ich absolut. Wenn wir über Seniorenpolitik sprechen, habe ich ein gewisses Bild von Senioren vor Augen - das habe ich Ihnen in der letzten Debatte, die wir hier hatten, auch schon gesagt -: Ich habe meine Großmutter vor Augen, die mit 97 Jahren in den Bewohnerschaftsrat gewählt wurde; ich hoffe, die Bezeichnung ist richtig. Ich habe sie letztens angerufen, wollte sie besuchen, und sie sagte mir: Nein, an dem Tag geht es nicht, weil ich eine Kaffeerunde vorbereiten muss. - Dann habe ich gesagt: Okay, an einem anderen Tag. - Nein, da geht es auch nicht, da haben wir Bewohnerschaftsrat. - Dann habe ich gesagt: Ich habe nicht so viel Zeit. - Darauf antwortete sie: Glaubst du denn, du bist der Einzige, der keine Zeit hat? Wir haben auch zu tun!
Genau das sind aber die Seniorinnen und Senioren, die ich im Land gern haben möchte: die bis ins hohe Alter hinein aktiv sind, die sich an der Gesellschaft beteiligen. Und da gibt es eben ganz unterschiedliche Handlungsfelder, über die wir uns unterhalten müssen. Ich will mal aufgreifen - wer es nicht gehört hat -, was der Kollege Günther gerade so ein bisschen despektierlich gesagt hat, als ich als Redner angekündigt wurde: „Das ist ja der Experte.“
Die Frage bekomme ich oft gestellt. Wenn man erklärt, dass man für Seniorenpolitik zuständig ist, bekommt man manchmal einen etwas erschrockenen Blick zugeworfen und wird gefragt: Was hast du denn damit zu tun? - Dann sage ich immer und das sind genau die Handlungsfelder, die Frau SchulzHöpfner aufgegriffen hat -: ärztliche Versorgung, Mobilität im ländlichen Raum, verschiedene Wohnformen. All das sind Themen, die nicht nur mich, sondern alle Eltern interessieren, für die es ein Problem ist, wie ihre Kinder zur Schule kommen.
Das alles sind generationenübergreifende Probleme. Insofern glaube ich, dass es durchaus in Ordnung ist, wenn man vielleicht noch ein bisschen jünger ist, sich mit diesem Thema zu beschäftigen.
Ich finde auch, dass wir in diesem Landtag kein Problem damit haben, welchen Stellenwert wir den Seniorinnen und Senioren im Land einräumen. Wir hatten das Thema letztens in der Aktuellen Stunde gehabt, in der vergangenen Woche gab es dazu ein Fachgespräch im Arbeits- und Sozialausschuss des Landtages. Die Landesregierung hat im Mai dieses Jahres ihr Seniorenpolitisches Maßnahmenpaket vorgelegt. Es ist ein Katalog, der verschiedene Punkte enthält, auf deren Grundlage die Landesregierung die gesellschaftliche Integration der Seniorinnen und Senioren in Brandenburg fördern möchte.
Das Land Brandenburg besitzt neben den familien- und den behindertenpolitischen Leitlinien damit aus unserer Sicht ein drittes wichtiges und bereichsübergreifendes gesellschaftspolitisches Konzept. Insofern begrüßen wir es ausdrücklich, dass die Landesregierung ihre Vorstellungen, wie sie die Interessen einer stetig wachsenden Bevölkerungsgruppe unterstützen möchte, in einem eigenen Papier darlegt.