Protocol of the Session on September 1, 2011

Ein Dekan der Universität Potsdam, der im Ausschuss von diesen mehrfach zuwiderlaufenden Entwicklungen erfuhr, fragte unlängst, ob denn eigentlich den Studierenden diese Bedarfe mal vorgestellt werden könnten. Vielleicht kann die neue Lehrkräftebedarfsplanung auch die Kommunikation verbessern. Trotzdem bleibt deutlich, dass die Absolventinnen und Absolventen mitnichten 1:1 die Bedarfe decken werden.

Zweitens, ländliche Regionen: Dorthin Lehrkräfte zu bekommen ist schon jetzt nicht leicht. Künftig werden wir, wenn wir ehrlich sind, den wenigen Anwärterinnen und Anwärtern auch noch sagen müssen, dass, wenn sie dort ein Haus bauen wollen, es möglichst Räder haben sollte; denn wer weiß, ob ihre Schule in 20 Jahren noch besteht. Die demografischen Hochrechnungen, die es detailscharf eigentlich schon gibt, finden in dem Papier keinen Niederschlag. Die reine Berechnung anhand der Schulamtsbezirke ist zu oberflächlich.

Dritter Wermutstropfen, Besoldungsunterschiede: Das Auseinanderklaffen in der Beamtenbesoldung als Folge der Föderalismusreform wurde gestern schon beklagt. Wir Bündnisgrüne würden das Beamtenrecht am liebsten völlig modernisieren und durch ein modernes Dienstrecht ersetzen. Heute aber liegt die monatliche Anfangsbesoldung eines Studienrates A 13 in Baden-Württemberg um 540 Euro höher als in Brandenburg, in Hamburg um 482 Euro und in Hessen immer noch um 188 Euro höher. Und mit steigenden Besoldungsstufen wachsen die Unterschiede. Da zu glauben, alle Absolventinnen und Absolventen blieben selbstverständlich hier in Brandenburg bzw. die fähigsten Köpfe aus anderen Bundesländern würden selbstverständlich nach Brandenburg strömen, ist verwegen.

Herr Minister Baaske sagte gestern in der Debatte zur Arbeitnehmerfreizügigkeit, wir sollten uns doch nichts vormachen, es sei doch klar, dass Arbeitnehmer aus mittel- und osteuropäischen Ländern nicht zu uns kämen, sondern in andere Bundesländer zögen, das habe natürlich etwas mit der Bezahlung zu tun. Bei den Lehrkräften soll uns das egal sein?

Zuletzt viertens, lebenslanges Lernen für die Schulressourcen: Auch wenn es gelingt, bis zum Ende der Legislaturperiode noch 2 000 Lehrerinnen und Lehrer einzustellen, werden die verbliebenen ca. 14 000, die heute schon im Schnitt über 50 sind, nicht jünger. Diese eklatante Überalterung der Berufsgruppe, die unsere Kinder oder dann Enkel mit Weitblick und Tatendrang auf diese Welt vorbereiten soll, nimmt uns zumindest die Sorge, wir würden bei Ankunft des demografischen Echos das Überhangecho der letzten Jahre produzieren. Nein, dann werden so viele in Rente gehen, dass uns wahrscheinlich eher die Pensionslasten den Schweiß auf die Stirn treiben werden.

Der Fort- und Weiterbildung werden in der Lehrkräftebedarfsund Einstellungsplanung ganze acht Zeilen gewidmet. Innovationstransfer in stagnierende Systeme gelingt so nicht. Ein Beispiel: Nach den miserablen Englischergebnissen beim Ländervergleich letztes Jahr gehen von den 1 000 akut weiterbildungsbedürftigen Englischlehrerinnen und -lehrern dieses Jahr 200 zu einem zweiwöchigen Englischkurs. Fünf Jahre dauert es dann, bis alle mal dran waren. Es gibt auch pädagogisch-didaktischen Nachholbedarf. Ich erinnere nur an das Thema Inklusion. Wie wollen wir die Abkehr vom Frontalunterricht schaffen, wenn wir nicht die Ressourcen haben, den Lehrerinnen und Lehrern, die das vielleicht nie gelernt haben, die nötige Unterstützung zukommen zu lassen?

So, Aperitif beendet, jetzt zur Hauptsache:

(Frau Lehmann [SPD]: Mir geht es schon besser!)

- Schön.

Ich freue mich, dass mein Status des Rufers in der Wüste mit der Analyse, 1 250 Einstellungen reichten nicht, endlich beendet ist. Ich habe mich schon gewundert, liebe Kollegin Große, über die Aussage, die Koalition habe das immer gewusst - gesagt hat sie etwas anderes.

(Beifall GRÜNE/B90)

Dieser Status ist jetzt für uns endlich beendet. Ich freue mich auch deshalb über diese Berechnungen, weil sie als Grundlage für die beiden großen Herausforderungen der nächsten Monate dienen können, nämlich einmal die Novelle des Lehrerbildungsgesetzes, die den privilegierten Bildungsausschussmitgliedern schon vorliegt, und zweitens der Inklusion; denn die wird die Lehrkräftebedarfsplanung verändern, wenn wir auch noch nicht so richtig wissen, wie die Landesregierung sich das dann vorstellt.

Meine Damen und Herren, Sie können Gift darauf nehmen:

(Zurufe: Nein!)

Wir werden uns nicht damit begnügen, die Planung zur Kenntnis zu nehmen. Wir werden sie uns weiterhin sehr genau angucken.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete von Halem. - Die Landesregierung hat Verzicht angekündigt. Damit beende ich die Aussprache. Der Bericht der Landesregierung, Drucksache 5/3820, ist zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und eröffne Tagesordnungspunkt 12:

Zukunft der Lausitz sichern!

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/3841

Die Aussprache wird mit dem Beitrag der CDU-Fraktion eröffnet. Der Abgeordnete Senftleben hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kollegen aus der Lausitz! Ich wage heute einmal, Sie besonders zu begrüßen. Alle anderen begrüße ich genau so herzlich, wenn nicht noch herzlicher, weil es darum geht, gemeinsam zum Thema Lausitz zu sprechen.

Aber bevor ich zum Inhalt komme, Frau Hackenschmidt, möchte ich gerne noch einmal den Zustand der Linksfraktion beschreiben, der anscheinend sehr aufregend ist; denn der Kollege Maresch hat bereits vor Stunden erklärt, man könne einem Antrag, der erst noch im Landtag debattiert wird, auf gar keinen Fall zustimmen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: So ist es!)

Wenn Sie das zur Disziplinierung Ihres Koalitionspartners machen müssen, weil es da vielleicht Sympathien für den Antrag gibt, dann ist das ein Punkt. Aber ich will generell die Frage stellen, ob wir uns als Geschäftsführer im Vorfeld über eine Geschäftsordnung Gedanken machen müssen, wenn im Laufe des Tages noch vor der Debatte alles bekannt gegeben wird.

(Beifall CDU)

Das ist eine Frage für die Zukunft für den Umgang hier im Parlament.

(Zurufe von der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Lieber Kollege Mike Bischoff, ich habe dich jetzt ausdrücklich überhaupt nicht gemeint. Ich schätze deine Arbeit. Ich meinte jetzt vor allem euren Koalitionspartner, weil ich glaube, dass man vielleicht schon einen etwas anderen Maßstab anlegen könnte und auch sollte.

Jetzt kommen wir zu einem weiteren Stichpunkt: Verlässlichkeit. Meine Fraktionsvorsitzende hat gestern in der Regierungserklärung - nein, nicht in der Regierungserklärung, die kommt später irgendwann.

(Heiterkeit)

- Ja, es ist doch schön, wenn Sie alle wach sind und sofort wissen, wohin ich will.

Sie hat gestern in ihrer Rede zur Lesung des Haushalts auf eine alte Regierungserklärung von Herrn Ministerpräsident Platzeck reagiert und das Wort Verlässlichkeit in den Mund genommen, das damals Herr Platzeck in den Mund genommen hatte. Verlässlichkeit, das haben uns Herr Holzschuher und Frau Kaiser gesagt, gebe diese rot-rote Koalition. Ich frage mich nur, warum just heute die Wirtschaft der Lausitz aufsteht und sagt: Die rot-rote Koalition macht einen Eiertanz. - Warum denn, wenn sie so verlässlich ist?

(Beifall CDU)

Herr Maresch, Sie haben heute in Ihrer Pressemitteilung um 15 Uhr und etwas - jetzt haben wir 18.10 Uhr - erwähnt, dass

die Wirtschaft in der Lausitz - unter anderem BASF und wie sie alle heißen - schon längst auf den Weg gegangen sei. Warum hat die Wirtschaft aus der Lausitz Sie heute kritisiert? Weil Sie den Menschen in der Lausitz eben keine Verlässlichkeit zum Beispiel in der Frage der Braunkohlepolitik geben.

(Beifall CDU - Oh! bei der Fraktion DIE LINKE)

Da wir hier den ganzen Tag quasi vis-à-vis von Herrn Minister Baaske sitzen, möchte ich anmerken: Herr Minister Baaske hat sich noch vor wenigen Wochen auf einer Demonstration in Cottbus von den Beschäftigten als der „Braunkohleerhaltungsminister“ feiern lassen.

(Heiterkeit bei der CDU)

- Ja, ja, ja. Jetzt plötzlich hören wir: Das ganze Thema Vattenfall, Braunkohle, ist einzig und allein Unternehmenssache und geht Rot-Rot gar nichts an.

(Zuruf von Minister Baaske)

Herr Minister Baaske, ich nehme an, Sie fahren demnächst nicht mehr als Minister hin, sondern als Privatperson und machen trotzdem dieselbe Aussage, wie Sie das letztens schon gemacht haben. Das ist nicht Verlässlichkeit im Sinne der Lausitz und schon gar nicht in Ihrem Interesse. Ich sage es noch einmal:

(Minister Baaske: Sie sind ein Heuchler!)

- Wir können das gern im Protokoll festhalten lassen, Herr Baaske. An der Tatsache ändert es nichts. An der Tatsache, dass Sie da sind und irgendetwas erzählen und hinterher so nicht handeln, ändert es überhaupt rein gar nichts. Null.

(Beifall CDU)

Man kann gern die deutsch-polnische Freundschaft, die brandenburgisch-polnische Freundschaft hochhalten. Ich wusste aber noch gar nicht, dass man sich mit den Polen schon über die CO2-Lieferung in dieses Land verständigt hat. Plötzlich höre ich heute, es sei alles gar kein Thema mehr. Meine Damen und Herren, wo steuern Sie die Braunkohlebagger in der Lausitz zukünftig eigentlich hin? Ins Jenseits oder woanders hin? Das weiß in der Lausitz keiner mehr.

(Beifall CDU - Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Jetzt komme ich zu einem weiteren Punkt. Es wird gesagt, die CDU wisse mal wieder nicht, was die Menschen so denken.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Das stimmt!)

Das kann man ja so sagen und das nehme ich gern als Hinweis auf, vielleicht noch ein bisschen mehr zuzuhören. Das sollte übrigens nicht allein ich, sondern sollten manchmal auch andere tun. Wenn heute in Lauchhammer, in einer Stadt, die zu DDRZeiten sieben Industriebetriebe mit der Verbundenheit zum Thema Braunkohle hatte, Straßen gesperrt werden müssen, in denen Einfamilienhäuser stehen, und der Anwohner bei einer Heizöllieferung bei der LMBV anrufen und fragen muss, ob man da entlangfahren dürfe, sage ich Ihnen: Da sind Unsicherheiten vorhanden. Deswegen haben wir in den Antrag hinein