Protocol of the Session on August 31, 2011

Herr Finanzminister, Sie sind uns die Antwort auf die Frage schuldig geblieben, wie es denn möglich ist, dass der Haushalt nach wie vor auf demselben Niveau verharrt - über 10 Milliar

den Euro -, obwohl Ihre mittelfristige Finanzplanung 2010 ausgewiesen hat, dass wir bei 9,7 Milliarden Euro liegen müssten. Schauen wir uns frühere Prognosen an, stellen wir fest, dass wir noch ganz woanders stehen müssten.

Wir fragen uns ernsthaft: Wo sparen Sie wirklich, wenn wir nach wie vor das Gleiche ausgeben? Sie sparen bei den freien Schulen. Sie sparen bei der Bildung. Sie sparen bei den Investitionen, und zwar so massiv, dass mittlerweile Straßen gesperrt werden müssen, weil die Unterhaltungsmaßnahmen nicht mehr durchgeführt werden können.

(Beifall CDU und FDP)

„Von ihrer Landesregierung erwarten die Brandenburger eine Politik, die gezielt Investitionen in die Zukunft unseres Landes mit solider Haushaltsführung vereinbart.“

Das kann man unterschreiben. Aber wenn ich mir ansehe, was Sie tatsächlich tun, kann ich nur wiederholen: Sie regieren am Volk vorbei.

Damit komme ich zum größten Investitionsprojekt in Brandenburg, nämlich zum Flughafen.

(Ah! bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE - Jürgens [DIE LINKE]: Klare Linie!)

Mit welchem Desinteresse Sie an den Sorgen und Befürchtungen der Bürger hier in Brandenburg vorbeigehen, ist erstaunlich. Es ist sehr gut, dass heute live übertragen wird. Damit bekommen die Brandenburger deutlich mit, wie Sie über sie denken und wie Sie mit ihren berechtigten Fragen und Sorgen umgehen.

(Beifall CDU und FDP)

Das, was Sie hier probieren, ist wirklich lächerlich. Das ist absolut lächerlich. Wir haben immer deutlich gemacht, dass wir einen wirtschaftlichen Flughafen in Brandenburg brauchen.

(Bischoff [SPD]: Super Haushaltsrede!)

Das, was Ihnen überhaupt nicht schmeckt, ist, dass wir uns mit den Bürgern unterhalten.

(Heiterkeit bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Ihre Reaktion darauf ist, wieder ein Schweigekartell zu verhängen. Mit Schweigekartellen kennt sich Brandenburg aus. Ich bedanke mich ausdrücklich bei Herrn Dombrowski, der in der Enquetekommission hervorragende Arbeit leistet, genau dieses Schweigekartell aufzubrechen.

(Zuruf: Lächerlich! - Jürgens [DIE LINKE]: Dann müssen Sie auch alle aufzählen! - Weitere Zurufe von der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Herr Ministerpräsident, dass Sie mir ohne jegliche Kenntnis und ohne auch nur ansatzweise dabei gewesen zu sein, unterstellen, ich handelte verantwortungslos, weil ich das größte Infrastrukturprojekt Ostdeutschlands infrage stelle, finde ich schon erstaunlich. 500 Zeugen waren am Montag dabei, die Ihnen sehr deutlich sagen können, was ich gesagt habe und was ich nicht gesagt habe.

Ihre Reaktion auf diese Anhörung in Rangsdorf zeigt eines: dass Sie peinlichst berührt sind, weil Sie sich sonst immer als derjenige gerieren, der ein offenes Ohr für die Sorgen des „kleinen Mannes“ hat. Das, was wir letzte Woche - inklusive heute - erlebt haben, sind billigste Polemik und leider Gottes auch gezielte Lügen.

(Beifall CDU - Widerspruch bei der SPD und der Frak- tion DIE LINKE)

Ich finde es geradezu skandalös und verheerend, dass Sie nicht mehr bereit dazu sind, zu diskutieren und sich an Inhalten abzuarbeiten. Nein, da wird in billigste Polemik hineingegriffen!

(Lachen der Abgeordneten Alter [SPD] - Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Denkverbote in diesem Land hochzuziehen ist ein Ausdruck von Unfähigkeit auch im Umgang mit Fehlern. Wie ich bereits gesagt habe - übrigens befinde ich mich da in wunderbarer Gesellschaft mit Ihnen, Herr Ministerpräsident Platzeck, mit Herrn Wowereit, mit Herrn Ramsauer und auch mit dem ehemaligen Ministerpräsidenten Stolpe -: Schönefeld als Standort war eine Fehlentscheidung. Das ist so!

(Beifall GRÜNE/B90)

Ja, wir müssen mit den Auswirkungen leben. Schönefeld ist gebaut. Jetzt geht es um die Akzeptanz vor Ort. Und da müssen Sie mit den Leuten reden! Dazu gehört auch, Fragen der Zukunft zu beantworten.

(Beifall CDU)

Da reicht es nicht, in das Land der Fantasien abzutauchen, wenn die Diskussion darauf kommt, diesen Flughafen expansiv auszubauen, wie das übrigens Ihr Kollege Wowereit in Berlin in einem Interview am vergangenen Wochenende angekündigt hat: Er werde nur und ausschließlich mit dem koalieren, der bereit sei, diesen Standort Schönefeld expansiv auszubauen. Herr Ministerpräsident Platzeck, Sie sind Regierung, nicht wir. Wir sind Opposition.

(Zuruf von der SPD: Das ist gut so!)

Wir sind dafür da, die richtigen Fragen zu stellen.

Wenn ich mir angucke, wie die Zahlen der Landesregierung aussehen - das sind nicht unsere Zahlen, das sind Ihre Zahlen -, werden wir innerhalb kürzester Zeit über den Ausbau von Schönefeld diskutieren. Wegducken funktioniert an dieser Stelle nicht, Herr Ministerpräsident Platzeck. Ich kann sehr gut nachvollziehen, dass Sie aufgrund der täglich neuen Erkenntnisse, die es hier gibt, fürchten, dass Ihnen die betroffenen Bürger schlichtweg nicht mehr glauben.

Angesichts des Hintergrundes Ihrer BBI-Historie finde ich es völlig unangemessen und dreist, mir zu unterstellen, aus einer realitätsfernen Standortdebatte politisches Kapital zu schlagen. Sie, Herr Ministerpräsident Platzeck, sitzen im Glashaus!

Ich darf einmal auf ein Interview vom 25.05. verweisen - die Worte sind nicht von mir, sondern vom ehemaligen MP Stolpe -, in dem steht:

„Schönefeld sollte als Single-Flughafen gebaut werden. Auch heute rate ich davon ab, neue Städte zu bauen.“

Sperenberg solle Flughafenerwartungsfläche sein. Das ist nicht von mir, Herr Platzeck; das wissen Sie. Ich finde es ein Unding, dass Sie sich am Montag vor die Bürger gestellt und erzählt haben, eine dritte Start- und Landebahn bereite Ihnen merkwürdige Fantasien. Das ist der Unterschied zwischen uns beiden, Herr Platzeck: Sie bewegen sich im Reich der Fantasien. Wir bewegen uns in der Realität, und wir stellen uns der Realität!

(Beifall CDU - Lachen der Abgeordneten Alter [SPD])

Ich sage es ausdrücklich zum Mitschreiben: Die CDU bekennt sich ohne Wenn und Aber zu ihrer Verantwortung. Sich aber von einem nervösen Ministerpräsidenten vorschreiben zu lassen,

(Oh, oh! bei der Fraktion DIE LINKE)

worüber wir diskutieren, was wir korrigieren oder was wir für die Zukunft debattieren, das geht zu weit!

(Beifall CDU)

Denkverbote hochzuziehen und Entscheidungen als alternativlos hinzustellen hat nichts mit intellektueller Redlichkeit zu tun.

(Ness [SPD]: Das ist keine Haushaltsrede, sondern eine Parteirede!)

Ich sage Ihnen noch eines, Herr Ministerpräsident Platzeck und Herr Holzschuher: Ein Infrastrukturprojekt zur Glaubensfrage zu machen überhöht es auf eine religiöse Ebene, wohin es schlichtweg nicht gehört. Für uns sind Infrastrukturprojekte Objekte, die gemessen werden an ihrer Zweckmäßigkeit, an ihrem Erfolg, an der gesellschaftlichen Verträglichkeit und an der Korrekturmöglichkeit. Das muss geprüft und beurteilt werden.

Ihre Reaktionen darauf lassen wirklich nur eine Schlussfolgerung übrig: Sie wollen nicht über den Inhalt diskutieren. Sie wollen sich wegducken, und Sie wollen Fragen nicht beantworten.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Das, was ich erwarte und einfordere, ist Redlichkeit gegenüber den Bürgern, Entscheidungen zu treffen und zu den Entscheidungen zu stehen und vor allen Dingen den Menschen langfristig zu sagen, worauf sie sich vorzubereiten haben. Wir reden doch nicht nur über ein „Zwei-Milliarden-Projekt“ in Schönefeld. Wir reden über Frau Müller in Caputh. Wir reden über Herrn Meier in Wildau. In Rangsdorf gibt es noch mehr Menschen, die Investitionen getätigt haben, für die sie Kredite in Höhe von 100 000 Euro aufgenommen haben. Sie wollen auch Entscheidungssicherheit. Dazu muss man redlich mit ihnen umgehen.

(Beifall CDU)

Das allererste dabei ist, respektvoll mit den Bürgern umzugehen. Ein respektvoller Umgang heißt, mit ihnen zu reden. Ich vermisse den Ministerpräsidenten Platzeck aus den Jahren 2004/2005. Herr Platzeck, damals haben Sie sich auf die Plätze gestellt und Hartz IV verteidigt. Das ist Ihnen hoch angerech

net worden. Was passiert jetzt? Wir als Brandenburger Union sagen ganz klar: Wir vertreten Brandenburger Interessen. Das sehen wir bei der Landesregierung nicht. In Berlin heißt es: Keine Flugrouten über Berlin! Herr Wowereit regt sich über jede Kleinigkeit auf und schafft es, die Vorteile des Flughafens für Berlin zu vereinnahmen und sämtliche Nachteile nach Brandenburg zu schieben. Das entspricht nicht Brandenburger Interessen.

(Beifall CDU - Zuruf des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Ich hoffe, es wird deutlich, dass wir nicht strammstehen, wenn Sie politisch pfeifen. Ich bin nicht der Dirigent, Herr Ministerpräsident Platzeck, von Ihren Brandenburger Hofsängerknaben. Das ein für allemal dazu! Ich gehe davon aus, dass Sie nach wie vor ein Ehrenmann sind und sich für diese boshaften Unterstellungen der letzten Woche entschuldigen können.

Ihr politisches Handeln, das sich in dieser Frage deutlich macht, zieht sich durch den ganzen Haushalt: Unzuverlässigkeit und Trickserei! Da sind wir bei der Nettoneuverschuldung.

(Jürgens [DIE LINKE]: Das ist billige Polemik!)