Protocol of the Session on August 31, 2011

Bei Bedarf erhält die Landesregierung noch einmal das Wort. Herr Minister Markov, bitte.

Zur Frage der globalen Minderausgaben: Ich nehme nur ein Beispiel. Sachsen-Anhalt, CDU-SPD-regiert, arbeitet für 2012 mit globalen Minderausgaben in Höhe von 1 Milliarde Euro bei einem Haushaltsvolumen von etwa 10 Milliarden Euro, etwa wie Brandenburg. Wir haben globale Minderausgaben in Höhe von 48,9 Millionen Euro bei dem gleichen Volumen. Das heißt, dort sind es 10 % und bei uns sind es 0,4 %. Das ist solide und nachvollziehbare brandenburgische Haushaltspolitik.

(Beifall DIE LINKE)

Ihre Klage, dass wir nicht genügend Vorsorge für die Versorgungsfälle betrieben hätten: Ja, 20 Jahre und davon 10 Jahre auch mit Ihnen in der Koalition ist nichts gemacht worden.

(Beifall DIE LINKE)

2010 mit Rot-Rot sind das erste Mal 200 Millionen Euro für die Vorsorge angelegt worden. Seitdem wird jedes Jahr für die neu eingestellten Beamten die Vorsorge automatisch im Haushalt eingestellt. Das ist eine vollkommen andere Finanzpolitik als zu Ihrer Zeit.

(Beifall DIE LINKE)

Das beklagen Sie jetzt. Da muss ich mich wirklich manchmal wundern.

(Frau Dr. Ludwig [CDU]: Wir wissen es nicht mehr!)

Herr Vogel, Personalbedarfsplanung: Ja, ist ja wunderbar. Sie hätten eigentlich sagen müssen: Dieses Land unter Rot-Rot bildet seit langer Zeit in vielen Bereichen das erste Mal wieder aus.

(Beifall DIE LINKE)

Zweitens hätten Sie sagen müssen: Für die in der Personalbedarfsplanung bis 2015 wegfallenden Stellen - diese Stellen fallen weg, das ist auch gemeinsam beschlossen worden, weil auch Funktionen wegfallen, deswegen müssen wir nicht jeden, der in Rente geht, ersetzen - gibt es 3 800 Nachbesetzungen. 3 800 Nachbesetzungen! Das heißt, im Prinzip wird jede zweite Stelle, die wegfällt, weil wir sie funktional nicht mehr benötigen, neu besetzt. Das spielt für Sie offensichtlich keine Rolle. Ich finde, das ist eine grandiose Leistung, dass wir das finanzieren.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE und des Abgeordneten Holzschuher [SPD])

Genau deswegen war es auch möglich, als wir darüber gesprochen haben, welcher Lehrerbedarf da ist. Wir können ihn finanzieren, ohne zusätzliche Mittel einstellen zu müssen, weil wir diese Mittel bisher immer entsprechend den Stellen zugewiesen haben, die Stellen aber nicht ausgelastet gewesen sind. Das ist eine andere Politik, die wir jetzt machen. Wir stellen das Personal ein, das wir brauchen. Wir haben dafür die notwendigen Stellen, und wir haben dafür das notwendige Geld. Worüber regen Sie sich eigentlich auf?

(Beifall der Abgeordneten Wehlan [DIE LINKE])

Das ist für mich nicht ganz nachvollziehbar.

Letzte Bemerkung: Mike, das tut mir leid, da muss ich gegenhalten. Die Buschzulage, wie du das bezeichnet hast, hat hiermit gar nichts zu tun. Das waren zwei vollkommen unterschiedliche Dinge. Das eine ist die Übernahme der Tarifabschlüsse für die Beamten. Das andere war keine Buschzulage. Vielleicht darf ich das an der Stelle einmal erklären: Wenn bisher Beamte aus anderen Ländern kamen, die ein höheres Gehalt bezogen, dann war das so üblich - immer -, dass sie dieses Gehalt behalten haben. Das fanden wir ungerecht, weil wir damit einen Gehaltsunterschied zwischen den Brandenburgern und denen, die zu uns kommen, zementieren. Deswegen hatten wir vorgeschlagen: Wenn jetzt aus anderen Ländern welche kommen, die ein höheres Gehalt haben, dann bekommen sie das gleiche Gehalt wie die Brandenburger. Die Differenz zu ihrem vorherigen Gehalt wollen wir ihnen nicht wegnehmen, sondern wir haben gesagt, das behalten sie, aber bei den nächsten Gehaltserhöhungen für alle Beschäftigten bekommen die, die mehr hatten, nur die Hälfte.

Dabei kann man sich ausrechnen: Nach ungefähr 5 Jahren hätten sich die Gehälter angeglichen. Das wäre gerechter, als es bisher war.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Das ist keine „Buschzulage“, sondern eine Anpassung der Gehälter über einen bestimmten Zeitraum und keine Fortschreibung der höheren Gehälter bei Übernahme von Beschäftigten aus anderen Bundesländern, in denen sie mehr verdienen. Danke schön.

(Beifall DIE LINKE)

Der Abgeordnete Burkardt hat eine Kurzintervention angemeldet.

Herr Minister, meine Damen und Herren! Wenn ich richtig aufgepasst habe, waren Sie, Herr Minister, der Einzige, der sich bei dieser Debatte aufgeregt hat.

(Zuruf der Fraktion DIE LINKE: Nein!)

Die globale Minderausgabe ist von mir überhaupt nicht angesprochen worden, aber dazu wird es bei den Haushaltsberatungen einiges zu sagen geben. Schauen Sie sich einmal an, was Sie für den Finanzplan 2012 vorgesehen hatten und was Sie dann tatsächlich realisiert haben.

Was die Versäumnisse der CDU in 10 Jahren Regierung in Brandenburg betrifft, so darf ich Ihnen versichern: Wir werden versuchen, uns zu bessern und alle Fehler, die wir in der Vergangenheit gemacht haben, mit unseren elf neuen Kollegen abzubauen.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Ludwig [CDU])

Das Dritte ist: Herr Kollege Görke, ich habe überhaupt kein Problem damit, eine Änderungsdrucksache zu den Sitzungen des Finanzausschusses herauszugeben und damit diesen Punkt auf die Tagesordnung zu nehmen, damit wir wenigstens unseren Beitrag zur Zügigkeit der Verabschiedung leisten können. Schönen Dank.

(Görke [DIE LINKE]: Aber keine Anhörung! - Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Herr Minister, gehe ich recht in der Annahme, dass Sie nicht das Bedürfnis haben zu reagieren?

(Minister Dr. Markov: Ich fand das ja sehr positiv, wenn wir das jetzt gleich gemacht haben!)

Wir sind damit am Ende der Rednerliste angelangt und kommen zur Abstimmung. Das Präsidium empfiehlt die Überweisung des Gesetzentwurfs in der Drucksache 5/3750 an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Damit wurde der Überweisung zugestimmt. Ich schließe Tagesordnungspunkt 7.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Gesetz zur Neuordnung von Land-,Amts- und Arbeitsgerichtsbezirken und zur Änderung von Vorschriften der Gerichtsorganisation

Gesetzentwurf der Landesregierung

1. Lesung

Wir beginnen mit dem Beitrag der Landesregierung. Herr Justizminister Dr. Schöneburg spricht zu uns.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, dessen wesentlicher Inhalt darin besteht, dass zwei Gerichte, das Amtsgericht in Guben sowie das Arbeitsgericht in Senftenberg, ihre Eigenständigkeit verlieren und Zweigstellen der jeweiligen Gerichte in Cottbus werden. Der zweite Schwerpunkt dieses Gesetzgebungsvorhabens ist, dass zwei Amtsgerichtsbezirke anderen Landgerichtsbezirken zugeschlagen werden. Das ist, kurz gefasst, der Inhalt dieses Gesetzes.

Noch bedeutsamer ist jedoch, was nicht Inhalt dieses Gesetzes geworden ist. Dafür muss man einen Blick zurück auf die letzten sechs, sieben Jahre werfen. Gestatten Sie mir dazu einige kurze Anmerkungen.

Seit 2005 lastet auf der Justiz, insbesondere der ordentlichen Gerichtsbarkeit des Landes Brandenburg, eine Standortdebatte, die letztlich nicht die auf Langfristigkeit angelegte Strukturreform aus dem Jahre 1993 berücksichtigt, als 42 Kreisgerichte, die in den drei Bezirken Frankfurt (Oder), Cottbus und Potsdam zu DDR-Zeiten bestanden, auf 25 Amtsgerichte reduziert worden sind. Diese Strukturreform - neulich war in der Zeitung von einer „altbackenen“ oder „alten Strukturreform“ zu lesen ist bereits auf Langfristigkeit angelegt gewesen. Dafür möchte ich nur eine Tatsache nennen, denn unsere Strukturen werden immer gern mit denen in Schleswig-Holstein verglichen. Schleswig-Holstein hat bei der Hälfte der Fläche 22 Amtsgerichte und Brandenburg 25. Wir sind dort also sehr gut aufgestellt.

Die Debatte, die über die Standorte geführt worden ist, wurde insbesondere unter zwei Stichworten geführt: einmal Kosteneffizienz und zum anderen die Vorstellung 15 Landkreise - 15 Amtsgerichte. Die Diskussion hat dazu geführt, dass im Jahr 2007 nach den Vorstellungen meines Hauses acht Gerichte geschlossen werden sollten, davon sieben Amtsgerichte und ein Arbeitsgericht. Später waren es vier Gerichte. Es war so, dass dies von der Vorstellung flankiert wurde, ein zentrales Grundbuchamt in Wünsdorf einzurichten, was zu einer riesigen Personalverschiebung sowie zu einer nutzerunfreundlichen Zentralisierung für Rechtsanwälte und Notare, aber auch für rechtsuchende Bürger geführt hätte und auch technisch wohl nicht umsetzbar gewesen wäre.

(Frau Wehlan [DIE LINKE]: Genau!)

Diese Idee des zentralen Grundbuchamtes wäre ein direkter Schlag in die Arbeitsfähigkeit der Amtsgerichte gewesen, weil die Rechtspfleger, die mit der Betreuung der Grundbücher und Grundakten betraut sind, auch andere Aufgaben in den mittleren und kleineren Amtsgerichten wahrnehmen. Die Arbeitsfähigkeit der Amtsgerichte wäre infrage gestellt worden. Das war die Diskussion, die in den letzten Jahren geführt worden ist.

Diese Diskussion hat dazu geführt, dass seit 2005 ein umfassender Baustopp bezüglich vieler Gerichte ausgesprochen wurde, die überhaupt nicht von den unmittelbaren Schließungsvorstellungen betroffen waren. Sie hat dazu geführt - der Oberlandesgerichtspräsident hat dies mehrfach ausgeführt, auch vorige Woche in der letzten Sitzung des Rechtsausschusses -, dass diese unsichere Situation auch Auswirkungen auf die Arbeitsmotivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gerichten und indirekt auch auf Verfahrenslaufzeiten hatte, sowie dazu, dass sich diese unsichere Lage über viele Jahre forciert wie Mehltau über die Amtsgerichte gelegt hat.

Wir wollen mit diesem Gesetzentwurf, wenn er vom Hohen Hause angenommen wird, dieser Diskussion ein Ende setzen. Ich habe einen anderen Blick auf die Problematik genommen und nicht in erster Linie nach Kosteneffizienz oder danach gefragt: 15 Landkreise - 15 Amtsgerichte, sondern ich habe gefragt: Welche Leistung muss die Brandenburger Justiz in einem Flächenland wie Brandenburg erbringen?

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE)

Dabei steht an erster Stelle, dass die Justiz als dritte Gewalt auch die Exekutive zu kontrollieren hat. Im Übrigen ist sie eben nicht, wie die Fraktionsvorsitzende der CDU, Frau Dr. Ludwig, heute Morgen sagte, Verwaltung, sondern sie kontrolliert Verwaltungshandeln.

(Beifall DIE LINKE und SPD - Frau Wehlan [DIE LINKE]: Genau!)

Außerdem hat die Justiz zu gewährleisten, dass die Bürger einen guten Zugang zum Recht haben und, wie es in unserer Verfassung geregelt ist, den Justizgewährleistungsanspruch auf ein zügiges und faires Verfahren garantiert bekommen. Das bedeutet für die Amtsgerichte im Land Brandenburg, dass sie in der Fläche entsprechend aufgestellt sein müssen. Das Herz unserer ordentlichen Gerichtsbarkeit sind die Amtsgerichte, und die Frage ist, ob man rechtliche Konflikte nicht in der Fläche vor Ort besser und mit höherer Effizienz lösen kann, als wenn man 50, 100 oder 150 Kilometer von den Bürgern entfernt richtet.

Ich möchte dies an einem Beispiel deutlich machen. Wir müssen in der Fläche aufgestellt sein, weil aufgrund der demografischen Entwicklung die Zahl der Betreuungsverfahren zugenommen hat. Ich habe mir die Gerichte angesehen. Ich war in Bad Freienwalde und weiß, was die Richterinnen und Richter dort leisten, die für Betreuungsverfahren zuständig sind und durchaus auch einmal außerhalb des Gerichtes tätig werden müssen. Das bedeutet, wenn wir strafrechtliche Konflikte lösen müssen, insbesondere auf dem Feld der Jugendkriminalität, dass der Jugendrichter vor Ort wissen muss, wie seine Klientel „tickt“ um es einmal umgangssprachlich zu sagen -, wo die Brennpunkte sind, um aus dem breiten Strauß der Maßnahmen, die ihm das JGG gibt, die entsprechende spezialpräventive Maßnahme auszuwählen und dann auszusprechen.

Es geht darum, wenn wir mit dem Strafrecht effektiv Kriminalitätsvorbeugung und -bekämpfung betreiben wollen, dass die sozialen Dienste der Justiz entsprechend mit den Strafrichterinnen und -richtern zusammenarbeiten; man könnte diese Beispiele fortsetzen. Deshalb ist es für ein Flächenland wie Brandenburg wichtig, mit der entsprechenden Gerichtsbarkeit in der Fläche präsent zu sein.