Protocol of the Session on May 18, 2011

Zum Zweiten, meine Damen und Herren, werden Sie über inzwischen fast zwei Jahrzehnte in fast jeder Kita-Debatte darüber informiert. Herr Büttner, so sieht das Teil aus. Sie bekommen es immer in Ihr Fach gelegt.

(Die Abgeordnete zeigt die Broschüre.)

Ich habe nur das von I/2010. Darin haben wir drei verschiedene Themen dazu, unter anderem eins von dem wunderbaren Herrn Salman Ansari, der durch die Kindertagesstätten zieht. Das Ministerium hat einen sehr schönen Film darüber gemacht, wie dieser Chemiker bei Kindergartenkindern frühkindliche Bildung und Erziehung leistet und wie das Forschen dokumentiert wird. Es gibt sehr viele Beiträge dazu. Dieses vom MBJS herausgegebene, vom Landesjugendamt getragene, von zahlreichen Praxisberaterinnen und Konsultationskita-Mitarbeiterinnen herausgegebene, an jede Kita geschickte, im Internet stehende Kompendium solcher wunderbaren Sachen, das ist eben unser Weg. Wir müssen nicht den sächsischen und sachsen-anhaltinischen gehen.

(Beifall DIE LINKE)

Wir haben eine Form gefunden, wie wir das in unserem Land gemeinsam mit den Erzieherinnen und Erziehern vernünftig gestalten können. Dort erfährt man kindgemäß aufbereitet, ob

sich der Zucker schneller in warmem oder in kaltem Wasser auflöst, warum die Eisberge schwimmen, warum die Fensterscheiben schwitzen, wie man mit Gläsern Musik machen kann und warum die Bienen summen und wie sie das machen usw. Das alles kann man dort erfahren, und man erhält auch Angebote, wie man das mit Kindern erwerben und erlernen kann.

Ich verweise hier im Übrigen auch auf die Fortbildungsangebote durch die Konsultationskitas und auf Angebote des Berlinbrandenburgischen Fortbildungswerkes im Jagdschloss Glienicke. Auch das haben Sie nicht erwähnt.

Was den Blick ins Leben betrifft, Herr Kollege Büttner: Schauen Sie sich die Kitas an! Dort gibt es inzwischen Lerninseln, dort gibt es Bildungsinseln, dort gibt es Experimentierräume, natur- und waldpädagogische Ansätze und natürlich auch die von Ihnen präferierte Kooperation mit dem „Haus der kleinen Forscher“ oder mit dem Exploratorium oder mit der KinderUni oder mit inzwischen ganz vielen Anbietern, die sich auf den Weg gemacht haben.

Auch die Träger der Kindertagesstätten haben diese Entwicklung maßgeblich unterstützt, und zwar mit enormem Eigenengagement der Erzieherinnen und Erzieher. All denen sei einmal gedankt.

(Beifall DIE LINKE)

Im Übrigen finde ich, dass die Grundschule durchaus dort hinsehen könnte - Stichwort: Bildungskette -, denn im didaktischen Bereich gibt es von der Kita viel zu lernen. Natürlich brauchte es dazu Vor- und Nachbereitungsstunden und all das, was Sie genannt haben. Warum aber, verehrter Kollege Büttner von der FDP, wollen gerade Sie als Liberaler das alles in so feste Formen gießen, wie Sie es in Ihrem Antrag fordern? Ich bin davon überzeugt, dass die Kitas in diesem Lande schon auf dem Weg sind und dass wir diesbezüglich politisch kaum Handlungsbedarf haben; es sei denn in finanzieller Hinsicht, aber dahin gehend haben Sie uns Vorschläge erspart.

Im Grunde haben wir doch eine Situation - Herr Büttner, ich erinnere Sie an Ihre eigenen Reden, in denen Sie für die Schule immer die totale Freiheit einfordern -, dass ein hohes Maß an Selbstständigkeit besteht, die sehr viel Kreativität freisetzt. Lassen Sie uns das doch bitte nicht durch Berichte aus dem Ministerium, wie Sie es einfordern, und irgendwelche aktionistischen Maßnahmen nach dem Motto: „Jetzt machen wir alle mal in Sachen Naturwissenschaft“ gefährden.

Wir lehnen Ihren Antrag ab, und das in fröhlicher Überzeugung, weil wir den Kitas vertrauen. Vertrauen war eines der finnischen Schlüsselwörter. Erinnern Sie sich an unsere schöne Reise in der vorletzten Woche. Ich finde, Vertrauen ist hier wirklich gerechtfertigt. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Die Abgeordnete von Halem spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf den Anfang kommt es an - das pfeifen die bildungspolitischen Spatzen längst von allen Dächern. Was in den ersten Jahren versäumt wird, kommt uns später teuer zu stehen. Das haben wir hier schon oft gehört und wissen es - zumindest in der Theorie.

Um ein bisschen Praxis zu sehen, war der Bildungsausschuss vor zwei Wochen in Finnland. Sie sollen hier ruhig auch etwas davon haben. Der Betreuungsschlüssel ist dort bei den unter Dreijährigen 1:4 und bei den über Dreijährigen 1:7, und das kostet auch in Finnland Geld. Ein Drittel der Erzieherinnen hat eine Hochschulausbildung. In Finnland gibt es einen ganz anderen gesellschaftlichen Konsens über die Relevanz von Bildung und dementsprechend auch eine andere finanzielle Schwerpunktsetzung. Es spricht nichts dagegen, sich auch hierzulande für einen anderen Stellenwert von Bildung einzusetzen, anstatt nur während des Wahlkampfes so zu tun, als sei einem das wichtig.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD und der Linken, Sie wissen sehr genau, dass wir die Verbesserung des Betreuungsschlüssels goutieren. Sie wissen aber auch, dass das nicht das Ende der Fahnenstange für diese Legislaturperiode gewesen sein kann. Im Hinblick auf die Betreuungsrelation stehen wir im bundesweiten Vergleich immer noch auf einem der allerletzten Plätze. Vonseiten der Oppositionsfraktionen sind mehrere Vorstöße gemacht worden, weitere Verbesserungen im Kita-Bereich in die Wege zu leiten: Stufenpläne für mehr Qualität, ausreichende Sprachförderung usw. - leider alles Rohrkrepierer, sie schafften es nicht einmal in den Ausschuss.

Nun stellen wir noch einen Antrag. Ja, wir wissen sehr genau, dass Mathematik und Naturwissenschaft einer der sechs gleichrangigen Bildungsbereiche ist, die in den „Grundsätzen elementarer Bildung in den Einrichtungen der Kindertagesbetreuung im Land Brandenburg“ benannt sind. Wir wissen auch, dass in diesen Grundsätzen zur Kindertagesbetreuung festgehalten ist, dass jede Einrichtung in ihrer Konzeption darzulegen hat, wie sie die mathematischen und naturwissenschaftlichen Kompetenzen aller Kinder unterstützt. Es wird beobachtet, welche Fähigkeiten und Vorlieben die Kinder auf mathematischer und naturwissenschaftlicher Ebene zeigen. Die Ergebnisse werden dokumentiert und zur Zusammenarbeit mit den Eltern genutzt, heißt es weiter. Genannt sind auch Beispiele guter Praxis; ein paar haben wir schon gehört. Ich habe mir Folgende herausgepickt: Wie wird das Ei im Brutkasten zum Küken? Wie lösche ich Flammen durch Luftentzug? - Sicher sehr spannend.

Wir wissen, dass die allermeisten Kinderbetreuungseinrichtungen das alles hervorragend umsetzen, und ich möchte an dieser Stelle deutlich sagen: Kita-Bashing ist nicht unser Auftrag und nicht unsere Zielsetzung. Aber wir wissen aus unseren Besuchen in den Kindertagesstätten auch, dass die Verbesserung des Betreuungsschlüssels nur ein erster Schritt sein kann. Das ist nicht das, was denen wirklich hilft. Netzwerke müssen aufgebaut, Kooperationen mit externen Partnern, Unternehmen und Stiftungen gesucht, organisiert, umgesetzt und dokumentiert werden. Das kostet Zeit. Dafür brauchen die Einrichtungen eine bessere Unterstützung, zum Beispiel in Form von besseren

Weiterbildungsmöglichkeiten und besserer Leitungsfreistellung und auch eines weiter verbesserten Betreuungsschlüssels.

Noch etwas haben wir in Finnland gesehen: Entscheidend für die Bildung ist, frühzeitig und ausreichend Anregungen zu geben, dem Wissensdrang und Experimentiergeist von Kindern die richtigen Angebote zu machen. Darin zu investieren ist wichtiger und erfolgversprechender, als Sanktionen und ausgefeilte Prüfungsmechanismen à la Grundwortschatz-Katalog zu entwickeln. Begreifen Sie diesen Antrag als weiteren Baustein auf dem Weg hin zu einem Stufenplan für mehr Qualität in den Kindertagesstätten. Springen Sie über den Schatten Ihrer kleinteiligen Kritik und stimmen Sie zu!

(Beifall GRÜNE/B90 und FDP)

Frau Ministerin Münch spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Sie haben zweifellos ein wichtiges Thema aufgegriffen, meine Damen und Herren von den Grünen und der FDP. Ich freue mich, dass Sie uns in einer Sache bestärken, in der wir seit Jahren erfolgreich arbeiten. Das zeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Ich empfehle den Antragstellern, ihren eigenen Forscherdrang etwas zu stärken. Denn ein Blick in den Bildungsplan der Kindertagesstätten hätte deutlich gemacht, dass es längst eine pflichtige Aufgabe der Kitas ist, Kindern mathematische und naturwissenschaftliche Bildungsgelegenheiten zu eröffnen. Dazu braucht es diese vielen Beispiele nicht. Es wird in den Einrichtungen im Land längst praktiziert.

Bei einem Blick auf die Kita-Seite unseres Internetportals hätten Sie entdeckt, dass dort nicht nur praktische Anregungen, sondern auch Beiträge renommierter Wissenschaftler zur naturwissenschaftlichen Bildung, die exklusiv für Brandenburg geschrieben wurden, zu finden sind.

Ich möchte Ihrer Erinnerung gern weiter auf die Sprünge helfen und auf die Tagungen und Ausstellungen zum Thema Naturwissenschaft und Mathematik verweisen. Im Jahr 2005 gab es die Mitmach-Ausstellung „Mathe-Kings“ im Bahnhof Potsdam, gefolgt von den Fachtagungen zu diesem Themenkomplex in den Jahren 2008, 2010 und 2011. Außerdem haben wir 2009 und 2010 ein Landesmodellprojekt zur Entwicklung von Konzepten naturwissenschaftlicher Bildung realisiert, das MBJS hat den wirklich eindrucksvollen Film „Entdeckergeist“, der aus diesem Modellprojekt entstanden ist, in Auftrag gegeben und gefördert. Sie können sicher sein, dass damit das Thema weder für mich noch für die Kitas abgeschlossen ist; denn der Weg weist ja genau in die richtige Richtung. Brandenburg kooperiert schon seit mehreren Jahren mit der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“, Herr Büttner, die Sie ja auch angesprochen haben. Ministerpräsident Platzeck hat 2010 die Schirmherrschaft für das Projekt in Brandenburg übernommen, und Staatssekretär Jungkamp hat in Vertretung im letzten Monat 23 Einrichtungen, die die Qualifizierung erfolgreich absolviert haben, ausgezeichnet. Die Auftaktveranstaltung zur Weiterentwicklung der Inhalte für die 6- bis 10-Jährigen haben wir ebenfalls besucht und werden auch dieses Projekt unterstützen; denn es ist absolut sinnvoll, diese guten Ansätze aus der Kita weiter in den Primarschulbereich zu übertragen.

Das MBJS realisiert zurzeit gemeinsam mit der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ und dem Jugendbildungszentrum Blossin die Idee einer Lernwerkstatt für Kinder und ihre Pädagogen. Das innovative Bildungskonzept haben wir aus unserem Landesmodellprojekt entwickelt. Bereits Ende letzten Jahres wurde in Blossin ein Forschungsbereich für Kinder und ihre Erzieherinnen auf dem Außengelände geschaffen. Es wird weiter fortgesetzt. Die Lernwerkstatt in Blossin kann von älteren Kindergartenkindern und Hortgruppen sowie von Grundschulklassen und Pädagogen genutzt werden.

Sie sehen also - ich fände es schön, wenn wir hierauf noch den letzten Rest Aufmerksamkeit verwenden könnten -, dass wir bei diesem wichtigen Thema die Anschlussfähigkeit von Bildungsprozessen im Blick haben. Ich danke Ihnen für diesen Antrag, der mir Gelegenheit gegeben hat, das Engagement der Pädagoginnen und Pädagogen für die naturwissenschaftliche Bildung gerade der jungen Kinder darzustellen, da wir mit innovativen Konzepten und erfolgreichen Projekten auf einem guten Weg sind, den Forschungsdrang in Kindertagesstätten zu stärken. Ich empfehle, diesem Antrag nicht zuzustimmen, weil er schlicht und ergreifend nicht notwendig ist. - Vielen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Das Schlusswort erhält der Abgeordnete Büttner; er spricht für die FDP-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sozialdemokraten und Linke tun das, was sie meistens tun: Sie bewahren den Status quo und wollen sich nicht weiterentwickeln. Sie wollen auch keine weitere Maßnahmen, die für die Zukunft unserer Kinder sinnvoll sind.

(Widerspruch bei SPD und DIE LINKE)

- Ja, damit müssen Sie jetzt leben. Sie haben genug ausgeteilt, nun müssen Sie auch mal einstecken.

(Beifall CDU und FDP - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Na, das ist ja mal ein sinnvoller Ansatz für einen Pädagogen!)

- Ja, Frau Kaiser, regen Sie sich wieder ab!

(Beifall CDU - Frau Kaiser [DIE LINKE]: Nein, wieso denn? Ich amüsiere mich! - Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, Frau Kollegin Lieske, eines habe ich nicht ganz verstanden. Selbstverständlich, Kita ist keine Schule - das will ich auch überhaupt nicht -, da haben Sie völlig Recht. Ich glaube im Übrigen auch, dass wir in unseren Schulen, insbesondere unseren Grundschulen, Veränderungen vornehmen müssen, damit sich Kinder auch dort mehr bewegen, damit sie in den Grundschulen spielerischer voranschreiten können. Insofern wollen wir das gar nicht.

Aber Forscherdrang in Kitas hat ja nichts mit Schule zu tun; es hat etwas mit einfachen, praktischen Dingen zu tun. Was passiert eigentlich, wenn die Milch in den Kaffee kommt oder Ähnliches? Insofern glaube ich, dass es sinnvoll ist, dass man im stärkeren Maße, Frau Ministerin, Initiativen unterstützt, dass

man das auch weiter in die Kitas hineinträgt. Sie haben einige Beispiele genannt, Frau Lieske, von Kitas, in denen es funktioniert. Ich könnte Ihnen genau die gleiche Anzahl an Beispielen von Kitas nennen, die noch gar nichts davon gehört haben, Frau Ministerin. Es geht auch nicht um ein Aufdrängen oder darum, etwas in ein Korsett zu zwängen, sondern darum, diejenigen, die Engagement in den Kitas zeigen, zu fördern und zu unterstützen. Das sollten Sie tun.

Liebe Frau Kollegin Große, ich habe drei Kinder in einer Kita. Erzählen Sie mir bitte nichts vom Leben. Erzählen Sie mir bitte nicht davon, dass ich in eine Kita gehen soll. Ich bin ständig in Kitas unterwegs, und ich gehe davon aus, dass Sie das auch sind. Ihnen wird auch dort immer wieder von den gleichen Problemen berichtet: dass der Betreuungsschlüssel eben nicht ausreicht, dass Sie die tollsten Programme nicht aufzunehmen brauchen, wenn Sie nicht an den Betreuungsschlüssel herangehen. Sie haben doch gerade darüber gesprochen!

(Beifall FDP und GRÜNE/B90 - Zurufe der Abgeordne- ten Große [DIE LINKE])

Sie haben offensichtlich den Anfang auch schlichtweg nicht verstanden. Es geht nicht darum, feste Formen zu schaffen, ein Programm einfach nur zu nehmen und es hineinzugeben. Es geht darum, ein weiteres Programm noch besser und im stärkeren Maße zu implementieren. Und es geht auch nicht darum, dauernd irgendwelche Berichte vom Ministerium produzieren zu lassen.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE - Unruhe im Saal)

Es geht darum, einen Bericht zu formulieren, damit wir wissen, was geschehen ist.

(Glocke des Präsidenten)

Das soll die Landesregierung tun.

War denn eigentlichen die Verbesserung des Betreuungsschlüssels die einzige oder die letzte kitapolitische Maßnahme, die diese Landesregierung in dieser Legislatur auf den Weg gebracht hat? Was kommt denn noch? Wo sind denn die neuen Ideen? Wo sind denn die neuen Initiativen? Sie wollen doch überhaupt nicht mehr darüber sprechen! Fällt Ihnen nicht mehr ein? Das ist schade, insbesondere für unsere Kinder. - Danke.

(Beifall FDP, CDU und GRÜNE/B90 - Frau Große [DIE LINKE]: Sie hören nicht zu!)

Meine Damen und Herren, wir kommen damit zur Abstimmung über den Antrag der FDP-Fraktion und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 5/3184, Forschungsdrang in Kindertagesstätten stärken. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? Enthaltungen? - Ohne Enthaltungen ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 14 und rufe Tagesordnungspunkt 15 auf: