Protocol of the Session on November 11, 2010

- und dann kommt in Klammern - das ist das Entscheidende -:

„(Dies ist die veröffentlichte Zahl vom MLUV, unsere Nachberechnungen ergeben ein Defizit von 2 889 Bäu- men).“

Ich habe das einmal ausgerechnet: Das sind 963 Bäume pro Jahr als Defizit.

Wir wissen, etwa 4 000 bis 4 500 Bäume werden im Jahr an Alleen - wohlgemerkt nicht Gesamtbestände an Straßen, also keine Baumreihen - gefällt. Wenn man also das Ziel, Pflanzung von 5 000 Bäumen pro Jahr, zugrunde legt, sind wir ungefähr irgendwo im Bereich dieser 1 : 1-Regelung. Es kommt verstärkend hinzu, dass wir aufgrund der Altersstruktur, die unsere Alleen haben, spätestens ab dem Jahr 2030 in einem Bereich sein werden, wo wir eine Zunahme von Alleen bei 5 000 Baumpflanzungen haben. Das ist das eine.

Das Zweite - und da möchte ich auch noch einmal auf das von mir genannte Protokoll zurückkommen - ist die Finanzierbarkeit. Was ist eigentlich das Problem? Dazu findet sich im Protokoll auch eine interessante Aussage, die sich übrigens absolut mit meiner persönlichen Meinung deckt:

„Schwierige haushaltspolitische Lage Brandenburgs verhindert Nachpflanzungen, das wird auch offiziell zugegeben, damit wird der Alleenrunderlass in Frage gestellt. Problem ist hierbei auch die Koppelung an den Haushaltstitel 'Straßenunterhaltung'.“

Das ist genau das, was ich in all den Jahren bei all den Diskussionen immer erlebt habe. Deshalb ist es richtig, dass wir mit dem heutigen Beschlussantrag die Alleen endlich aus der Geiselhaft des Landeshaushalts befreien und konstruktive Vorschläge unterbreiten, wie wir diese Ziele gemeinsam umsetzen können.

Herr Minister, Sie haben im letzten Ausschuss einen bemerkenswerten Satz gesagt; ich habe ihn mir sogar aufgeschrieben. Sie sagten: „Lassen Sie uns uns daran messen, ob wir es schaffen, die 5 000 Bäume oder die 30 Kilometer pro Jahr zu realisieren.“ Das ist genau der Ansatz, den wir brauchen, und eines verspreche ich Ihnen, Herr Minister: Darauf werden wir achten. - Vielen Dank.

(Beifall FDP und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Beyer. Sie sind meiner Mahnung noch zuvorgekommen. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Der Abgeordnete Jungclaus wird zu uns sprechen.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Vertreterinnen und Vertreter der Volksinitiative! Wir alle wissen, Brandenburgs Alleen sind in akuter Gefahr. Selbst mit bester Pflege wird ein deutliches Absinken des Altbaumbestandes an unseren Straßen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten nicht zu vermeiden sein. Ob die nächsten Generationen in Brandenburg noch Alleen erleben können, hängt deshalb maßgeblich davon ab, ob und wie viele Alleebäume nachgepflanzt werden.

Schwarz-Rot hat in der letzten Legislaturperiode ein Alleenkonzept beschlossen, das die Nachpflanzung von neuen Alleebäumen sehr stark einschränkt, und das, obwohl das Naturschutzgesetz ausdrücklich Nachpflanzungen verlangt - rechtzeitig und in ausreichendem Umfang. Konsequenz wäre das ersatzlose Verschwinden von 100 000 Alleebäumen in den nächsten 20 Jahren - etwa ein Drittel des Gesamtbestandes.

Nun hat ein von meiner Fraktion in Auftrag gegegebenes Gutachten des Parlamentarischen Beratungsdienstes festgestellt, dass die Umsetzung des Alleenkonzeptes gegen geltendes Recht verstoßen würde. Das bedeutet, der Landesbetrieb Straßenwesen müsste bei der Umsetzung des Alleenkonzeptes künftig gegen geltendes Brandenburger Naturschutzrecht verstoßen. Dies würde unweigerlich zu Verbandsklagen führen, und eigentlich können wir mit diesen neuen Erkenntnissen heute nicht ruhigen Gewissens über die Beschlussvorlage abstimmen.

Nun muss ich aber in dieser Beziehung der Kollegin Steinmetzer-Mann Recht geben. Leider ist es so, dass bei einer Vertagung die Frist für die Befassung mit der Volksinitiative ablaufen würde. Deshalb haben wir von unserem ursprünglichen Vorhaben Abstand genommen, eine Rücküberweisung zu beantragen.

Ich muss mich aber schon ein wenig darüber wundern, dass Sie uns nun vorwerfen - obwohl wir Ihre Hausaufgaben machen, ein solches Gutachten in Auftrag zu geben -, wir würden es zu spät machen. Sie hatten ja alle Zeit der Welt, es rechtzeitig zu machen.

(Beifall GRÜNE/B90 und FDP)

Unserer Auffassung nach ist die einzige juristisch saubere Alternative die Zustimmung zur Volksinitiative. Beraten und Evaluieren können Sie anschließend immer noch, und eine eingehende parlamentarische Beratung unter Einbeziehung der Ergebnisse des Gutachtens ist dringend notwendig.

(Frau Steinmetzer-Mann [DIE LINKE]: Das haben wir doch gemacht!)

Aber was macht Rot-Rot? Monatelang wurden ehrenamtlich 25 000 Unterschriften für die Volksinitiative gesammelt, und die Linke stellt bereits nach einer halben Stunde Beratung im Ausschuss den Antrag, die Diskussion abzubrechen.

(Oh! bei der CDU)

- Ja, ich finde es äußerst fragwürdig, dass sich Parlamentarier in einem parlamentarischem Gremium, das dazu dient, Argumente auszutauschen, der Diskussion auf diese Art verweigern. Sicher ist es unangenehm, von der Gegenseite die Argumente vorgetragen zu bekommen, die man vor einigen Monaten noch selbst vertreten, aber um der Macht willen über Bord geworfen hat. Schließlich hat die Linke, als sie noch Oppositionspartei war, das Anliegen Volksinitiative „Rettet Brandenburgs Alleen!“ unterstützt. So forderten Sie noch 2008 eine 1 : 1-Nachpflanzung - „..., da sonst künftig nur noch freiwillig und in Abhängigkeit von der finanziellen Situation nachgepflanzt werden müsste“.

(Beifall GRÜNE/B90 und FDP)

Nun hat uns heute ja der Ministerpräsident ein wenig Nachhilfe gegeben, was eine Große Koalition ist, nämlich eine Koalition der beiden größten Fraktionen in einem Landtag. Nach Braunkohlen-Volksinitiative, Personalabbau und CCS nun der nächste Umfaller.

(Beifall der Abgeordneten von Halem [GRÜNE/B90])

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Fraktion DIE LINKE! Sie besitzen 45 % der 56 Koalitionssitze. Haben Sie nach einem Jahr an der Macht den Eindruck, entsprechend diesem Anteil Ihre Position im Regierungshandeln auch nur annähernd wiederzufinden? Ich verstehe nicht, warum Sie sich so kleinmachen.

(Beifall GRÜNE/B90 und FDP)

Ein weiterer wesentlicher Kritikpunkt an der vorliegenden Beschlussempfehlung ist die vorgesehene Finanzierung der Nachpflanzung aus Mitteln des Naturschutzes. Auch dies ist ein klarer Verstoß gegen das Brandenburger Naturschutzgesetz; denn dieses legt fest, der Verursacher hat die Beeinträchtigung zu beseitigen. Daher besteht kein Zweifel daran, dass das Verkehrsministerium für die Ausgleichsmaßnahmen im Alleenschutz aufkommen muss. Hierfür die Naturschutzmittel wegzunehmen ist ein Unding.

Eine ausführliche Diskussion wäre der Sache angemessener gewesen und hätte der Arbeit der Volksinitiative den ihr angemessenen Respekt gezollt. Die Peinlichkeit, nun nachbessern zu müssen, weil ein Verwaltungserlass keine gesetzliche Regelung ersetzen kann, hätte sich die Landesregierung durch eine intensivere Auseinandersetzung mit dem Thema wohl ersparen können.

Meine Fraktion unterstützt jedenfalls das Anliegen der Volksinitiative, und da die Umsetzung des Alleenkonzeptes den zitierten Gutachten zufolge gegen geltendes Recht verstoßen würde, fordern wir den Landtag ebenfalls auf, der Volksinitiative zu entsprechen. Die Beschlussempfehlung des Hauptausschusses werden wir daher ablehnen. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Moment, Herr Minister, es gibt noch den Bedarf einer Kurzintervention vonseiten der Abgeordneten Steinmetzer-Mann.

Herr Jungclaus, zur 1 : 1-Regelung: Ja, es ist richtig, die Linke hat vor der Wahl die 1 : 1-Regelung begrüßt.

(Frau Heinrich [CDU]: Aber nicht nur das!)

Und ich sage Ihnen auch: Der vorliegende Text schließt diese 1 : 1-Regelung überhaupt nicht aus. Es ist nach oben alles offen, wenn jetzt geprüft wird.

(Zustimmung des Abgeordneten Jürgens [DIE LINKE])

Noch etwas: Das Gutachten, das Sie in Auftrag gegeben haben das habe ich vorhin ebenfalls gesagt; hätten Sie zugehört, hätten Sie es auch mitbekommen -, wird jetzt in die Prüfung aufgenommen. Es findet vollumfassend Aufnahme in der jetzigen Behandlung. Von daher können Sie doch ganz zufrieden sein.

(Vereinzelt Beifall DIE LINKE - Oh-Rufe von der CDU)

Herr Abgeordneter Jungclaus, Sie haben nun noch einmal die Möglichkeit, auf die Kurzintervention zu reagieren. Möchten Sie davon Gebrauch machen? - Das möchten Sie nicht. Somit erhält die Landesregierung das Wort. Herr Minister Vogelsänger, bitte.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Ich begrüße die Volksinitiative natürlich auch. Ich finde es gut, dass heute diese Diskussion stattfindet, und ich möchte eines festhalten: Alle Redner haben sich für den Erhalt der Brandenburger Alleen eingesetzt. Das ist erst einmal etwas Positives. Über die Grünen wundere ich mich etwas. Es liegt ein Gutachten vor. Ein Gutachten ist eine Diskussionsgrundlage, darüber kann man diskutieren.

(Jürgens [DIE LINKE]: Das machen wir doch!)

Die im Gutachten aufgeworfenen Rechtsfragen können ohne Weiteres in einer Evaluation diskutiert werden. Das ist doch überhaupt kein Problem, und ich staune, dass die Grünen hier so etwas wie eine Basta!-Politik betreiben wollen. Das war beim Landesstraßenbedarfsplan bereits so, da wollten Sie über Maßnahmen überhaupt nicht diskutieren; und hier ist es wieder so. Ich denke, wir sollten uns im Ausschuss die Zeit nehmen. Ich habe damit auch kein Problem. Wir teilen die Aspekte, die im Gutachten aufgeworfen worden sind, nicht, wir sehen das kritisch. Wir weisen auch auf den 1. März 2010 hin, auf das Bundesnaturschutzgesetz. Dieses findet sich darin nicht wieder, und wir können das Stück für Stück behandeln.

Ich möchte noch etwas zur Finanzierung sagen. Ich bin dankbar, dass die Abgeordneten Vorschläge machen, die zu prüfen sind. Das ist doch die Aufgabe von Abgeordneten: Vorschläge zu machen, die zu prüfen sind.

(Zustimmung der Abgeordneten Hackenschmidt [SPD] - Zuruf von der CDU: Wir auch!)

Zur Alleenkonzeption: Ich bedanke mich ausdrücklich bei der CDU. Sie vergisst nicht, dass sie 2007 in der Regierungsverantwortung war. Die Alleenkonzeption ist Beschluss der Landesregierung und insofern nicht nur bindend für mein Haus, sondern für alle Häuser. Wir wollen das auch Stück für Stück weiter umsetzen, und nach fünf Jahren ist, denke ich, ein guter Zeitpunkt für eine Evaluation, nachzuschauen: Was ist gut gelaufen? Was kann man noch besser machen? Man kann auch Dinge noch besser machen. Es bleibt bei dem Ziel: mindestens 30 Kilometer Alleenpflanzung pro Jahr. Mein Ziel ist das geschlossene Bild. Wenn ich mit Menschen aus anderen Bundesländern spreche, erfahre ich, dass es gerade dieses geschlossene Bild ist, das sie an Brandenburg schätzen.

Wir haben weiterhin die Aufgabe, uns für die Alleen einzusetzen, und ich bedanke mich für den Rückenwind aus dem Parlament. - Herzlichen Dank.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir sind damit am Ende der Aussprache. Ich eröffne die Abstimmung. Wir stimmen zunächst über die Beschlussempfehlung des Hauptausschusses in der Drucksache 5/2233, Volksinitiative „Rettet Brandenburgs Alleen!“ ab. Wer dieser Beschlussempfehlung Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Bei einigen Gegenstimmen und ohne Enthaltungen ist dieser Beschlussempfehlung gefolgt worden.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entschließungsantrag in der Drucksache 5/2292, eingebracht von der CDU-Fraktion, zur Volksinitiative „Rettet Brandenburgs Alleen!“. Wer diesem Entschließungsantrag Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? Bei einigen Enthaltungen und deutlichen Gegenstimmen ist dieser Antrag abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 5 und rufe Tagesordnungspunkt 6 auf:

Altenpflegeausbildung

Antrag der Fraktion der CDU der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN